Schulwahl, gut fürs Kind contra gut für die Familie

Dazugehören, das tun, was andere tun, Freunde in der Schule haben, die man ohne großen Aufwand auch außerhalb der Schule treffen kann - das alles sind in meinen Augen schwer wiegende Faktoren, die ihr nicht außer Acht lassen solltet.

Für mich stünde das, was ihr die Waldorfschule möglicherweise bietet, nicht im Verhältnis zu dem, was sie dafür verlieren würde.

Und das ist der tägliche Stress, der jeden Morgen aufs Neue an euch nagen wird. Die Frage, warum sie nicht einfach da sein kann, wo der Bruder auch ist, wird sich möglicherweise häufiger stellen, als ihr euch wünscht.

Und: Ein Schulwechsel, weil’s in der Waldorfschule vielleicht doch nicht so gut läuft, wie erhofft, wäre auch blöd.

Jule

Hallo,

ich würde gerne mal eure Meinung hören…

unsere Tochter wird nächstes Jahr eingeschult.
Sie ist ein sehr wissbegieriges, willensstarkes Mädchen, malt, singt, tanzt, erfährt die welt durch anfassen.
Aufgrund vieler Aspekte wäre sie meiner Meinung nach ( und nach Kindergarten und anderen ) auf einer Waldorfschule am besten aufgehoben.

Wir wissen nicht, ob sie dort überhaupt einen Platz bekommt ( sie war früher entwicklungsverzögert, ist aber alles mittlerweile ok, aber ob sie sie mit dem hintergrund aufnehmen?).

Nur : Uns würde das mehrere hundert Euro schulgeld kosten, Geld, was wir dann nichtmehr haben um es zu sparen oder uns was zu gönnen. Der Bus dorthin fährt um halb sieben, und wir müssen auch noch zur haltestelle laufen. Um halb drei wäre sie zurück, würde dann aber tags 90 minuten im Bus sitzen. Also ein langer Tag. Auch erfordert die Schule finanziell und zeittechnisch wesentlich mehr einsatz als eine normale Grundschule.

Unsere Grundschule ist ganz gut, der älteste geht dorthin, aber der ist auch ein ganz anderer Typ- dorthin kann sie laufen, grad mal 800 meter entfernt. Die OGS kostet uns dortr nichts, weil sie mit dem kindergartenbeitrag der jüngsten abgegolten wird.

Also, was macht man jetzt ? Das für sie schulisch bessere Modell wählen, mit sehr viel Aufwand, kosten und Zeitdruck durch frühes aufstehen ? Oder das schulisch vll nicht ganz passende Modell, was aber für unsere Familie viel einfacher wäre?

Ich freue mich über jeden Beitrag, gerne auch über Erfahrungswerte , was Waldorfschulen betrifft. (wäre die Hiberniaschule in Herne).

lg
Brenna

Hallo

In Walddorfschulen wird mehr Wert auf musische Bereiche gelegt und diese auch gefördert. Allerdings empfinde ich den üblichen Kunststil in Walddorfschulen auch nicht unbedingt als erstrebenswert - aber die Förderung von Musik ist wirklich super.

Ist „willenstark“ ein Synonym für „Sturkopf“? Dann würde sie sich in einer Walddorfschule wahrscheinlich wohl fühlen, weil auf die Bedürfnisse einzelner Kinder mehr eingegangen wird, als an anderen Schulen. Das führt aber auch dazu, dass Walddorfschüler mitunter eine ausgeprägtere Ich-Bezogenheit haben und äusserst selbsbewusst daherkommen können (Selbstbewusstsein ist toll, solange es nicht in Arroganz umschlägt).

Allerdings: Eine Schule in der Nachbarschaft ist gold wert - das Kind kann schnell nach Hause laufen, die Chancen auf Freunde, die in Fussdistanz wohnen ist gross. Ist der Bus ein Schulbus mit andren Kindern der Schule? Wenn nicht, ist 1.5h täglich auch ziemlich blöd.
Auch ein neugieriger, wissbegieriger Mensch ist in den ersten Jahren der Walddorfschule nicht unbedingt richtig am Platz - zu langsam geht es vorwärts und zu wenig konkret ist der Unterricht. Wenn ich an die Schulhefte meine Cousinen denke, packt mich heute noch das kalte Grausen (Grässliche Farben, Geschichten über Wichtel etc.) - beide Mädchen wurden später jedoch massiv gemobbt (aus unterschiedlichen Gründen) - auch Mobbing kann in Walddorfschulen vorkommen.

Walddorfschulen sind nicht nur teuer, es wird oft auch vorausgesetzt, dass die Eltern sich engagieren (Flohmarkt machen, Kuchen backen für Schulfeste etc.) - habt ihr für sowas Zeit und Lust? Die Kinder werden mit einem Weltbild konfrontiert, dass vielleicht nicht unbedingt das Eure ist (Religion, Naturheilkunde, Vegetariertum, Heile Welt etc.) - könntet ihr das aushalten?

Zusammengefasst: Eine Walddorfschule mag insgesamt Kindgerechter sein - aber die Vorteile einer normalen, staatlichen Schule (die nicht den Ruf einer sog. „Problemschule“ hat) um die Ecke überwiegen jedoch .
Das Geld für die Walddorfschule würde euch offenbar fehlen - wenn eure Tochter (aus welchen Gründen auch immer) - keine überragenden Leistungen erbringen könnte, könntet ihr sie das unbewusst spüren lassen - das wäre ein ungeheurer Druck.
Ihr kennt die Schule um die Ecke von eurem Sohn und findet sie ok, also lasst eure Tochter dort hingehen.

Gruss, Sama

Nicht böse sein, aber das spricht eher gegen eine Waldorfschule.

:paw_prints:

Hallo!

Du hast überhaupt keine Argumente genannt, die für eine Waldorfschule sprechen, und ich kenne auch keine. Hast du mal dein Kind gefragt? Ich könnte mir denken, dass deren Altersgenossen sich eines Tages fragen, warum dieses Kind nicht auf der Schule für „normale“ Kinder ist. Ist es irgendwie „anders“? Wenn sich das Kind dann fragt, warum es von seinen Eltern, euch, nicht auf die Schule für die „normalen“ Kinder gelassen wird, obwohl es vermutlich dazu fähig wäre, warum es mit dem Bus fahren muss, was andere nicht müssen, und man es mit 90 Minuten Freizeitentzug bestraft, und warum es von seinen Altersgenossen gehänselt und ausgegrenzt wird, und keine Freunde findet, weil es nicht auf die Schule für „normale“ Kinder geht, wird es euch fragen, warum ihr ihm das angetan habt.

Grüße

Andreas

P.S.: Nimm nicht ernst, was ich schreibe. Ich will dich nur provozieren.

Liebe Brenna,

ich bin selbst Lehrer und hatte mal mit dem Gedanken gespielt an eine Waldorfschule zu wechseln, da ich unserem Schulsystem und der pädagogischen Ausgestaltung des Unterrichts sehr kritisch gegenüber stehe. Mein Antwort in aller Kürze:

Da du anscheinend nicht von einer antroposophischen Grundhaltung durchdrungen bist lass es bitte bleiben.

Die Steiner-Pädagogik geht davon aus, das kleine Kinder noch nicht lernfähig sind, das sich das Gehirn erst entwickeln muss, bevor es lernen kann. Deshalb machen Sie in der ersten Jahren mehr oder weniger nur Spiele, sollen sich selbst entdecken. Von Jahr zu Jahr wird dann „angezogen“ und für die Abschlüsse müssen die Kinder dann ganz schön „keulen“. Das klingt gut, entspricht aber nicht der Realität der kindlichen Entwicklung. Es ist nämlich erwiesen, das gerade kleine Kinder ein besonders hohes Lernniveau haben. In der Pubertät - mit der physiologischen Umgestaltung unseres Gehirns - geht dieses verloren und baut dann wieder auf. Sprich: Kinder müssen und sollen bis Klasse 7 viel und intensiv lernen können, dann folgt idealer Weise eine Phase in der der Stoff höchstens gefestigt werden kann und danach kann das Kind wieder neues Aufnehmen. Ausserdem sind die Einstellungskriterien für Waldorf-Lehrer sehr „ungewöhnlich“. In der Waldorf-Lehrerausbildung geht es mehr darum „sich selbst zu entdecken“, als darum eine bestimmte Pädagogik zu lernen. Entsprechend herrscht in Waldorfschulen oft noch der klassische Frontalunterricht. Von daher rate ich grundsätzlich von Waldorfschulen ab, wenn man nicht selbst absolut von der Philosophie überzeugt ist.

Nun muss ich wieder ein klein Wenig zurückrudern. Ich las nämlich gerade im Internet, das die Hibernia-Schule zwar zu den Waldorfschulen gehört, aber ein eigenständiges Konzept hat. Die Kinder machen zeitgleich eine Berufsausbildung. Klingt erstmal gut. Frag dich mal durch wer Erfahrung an der Schule gemacht hat: gute wie schlechte …

Was merkwürdig ist:

http://www.erziehungskunst.de/nachrichten/inland/hiberniaschule-in-herne-tritt-aus-dem-bund-der-freien-waldorfschulen-aus/

… aber auf der eigenen HP steht noch das sie eine Waldorfschule sind … ???

Ohne deine Tochter näher zu kennen - ich bin begeisterter Fan von Gesamtschulen, einem Schulmodell, das die Entscheidung über den Abschluss und den späteren Berufsweg möglichst weit nach hinten verlagert, in eine Zeit, wenn das Kind sich im Klaren ist was es kann und was es nicht kann und was es will und was es nicht will.

Hallo Brenna

Das ist so ein großer Nachteil für das Kind, dass ich diese Schule gar nicht in Erwägung ziehen würde.
Außerdem kenne ich die Entwicklung einiger Waldorfschüler und halte diese Schulform nur unter sehr gewissen Bedingungen für empfehlenswert.

Von diesen mir bekannten Waldorfschülern sind im Laufe der Zeit fast alle auf eine normale Schule gewechselt und fanden es dort wesentlich besser, mussten aber ein Jahr zurückgestuft werden. Und das war kein Zeichen dafür, dass die Waldorfschule besser auf langsamer lernende Kinder einging, sondern dass die Didaktik dort einfach nichts taugte.

Sie lernten da allerdings Stricken und Häkeln. Das hat meine Tochter sehr bedauert, dass sowas bei ihnen im Lehrplan nicht vorkam (von mir wollten sie es irgendwie nicht lernen, da hatten sie immer was wichtigeres zu tun).

Viele Grüße

Ich rate Dir ganz dringend ab. Wir hatten das auch mal in Erwägung für unseren Sohn gezogen und haben uns unsere Waldorfschule angeschaut. Macht das auch, hört genau zu, was die so erzählen. Das Konzept der Waldorfschule ist antropohisch. Die sind der Meinung, dass man Kinder auf gar keinen Fall Druck aussetzen sollte. Da bekommt man tatsächlich so Sachen zu hören, dass man morgens kein Radio hören soll, weil das die Kinder zu sehr beeinträchtigt, bevor sie morgens in die Schule gehen. Und da wirst Du gefordert - Waldorfschulen erwarten, dass Du Dich als Elternteil sehr, sehr intensiv beteiligst. Das wird zwar in normalen Grundschulen auch erwartet, dass Eltern sich engagieren, aber nicht in diesem Ausmaß. Und, wie schon von Dir erwähnt, kostet es auch noch Geld. Was auf alle Fälle dagegen spricht, sind diese Erfahrungen von mir: Als ich noch als Chefsekretärin gearbeitet habe, hatten wir 3 mal Praktikanten aus einer Waldorfschule. Die konntest Du alle vergessen, völlig unselbständig, die saßen immer einfach rum, bis man einen exakten Arbeitsauftrag erteilt hat. Und solche Schulen sollen fürs Leben vorbbereiten? Da kann ich nur lachen. Mein Mann, der auch immer mal Praktikanten in seinem Betrieb hat, konnte das nur bestätigen. Gerade, wenn sie wißbegierig und aufgeweckt ist, solltet ihr sie einfach in die Grundschule geben, schon allein die Anfahrt jeden Morgen ist doch für alle Beteiligte der reine Stresse. Sollte sich herausstellen, dass sie musisch überaus begabt ist, solltest Ihr das fördern und sie evtl. nach der Grundschule in eine Musikschule mit gymnasialer Oberstufe schicken, in unserer Stadt gibt es sowas. Nochmal kurz und knapp: Ich würde das nicht machen. Davon abgesehen, muss ich ohnehin wundern, dass die sie überhaupt aufnehmen würden. Normalerweise machen die zur Bedingung, dass die Kinder bereits den Waldorf-Kindergarten besucht haben. Schick sie einfach in die normale Grundschule. lg Lilo

Hallo,
meine Erfahrungen mit dem Schulsystem und Lehrern haben mich zu der Meinung gebracht, dass es nicht auf die Art/das Konzept der Schule ankommt. Egal ob Waldorf, Montessori oder normale staatliche Schule - es kommt am meisten auf die konkreten Lehrer/innen an, die Dein Kind dann hat. Entweder es passt oder es passt nicht.
Auch in normalen staatlichen Schulen kann man auf Lehrkräfte treffen, die individuell auf die Kinder eingehen und sie fördern.

Beatrix

Auch wir sind vom Konzept von integrierten Gesamtschulen angetan gewesen. Wir haben unseren Sohn - obwohl er eine Gymnasialempfehlung hatte - auf eine IGS geschickt. Wir bedauern das in keiner Weise, er ist jetzt seit ein paar Wochen auf einem staatlichen Oberstufengymnasium und möchte da sein Abitur machen. Den Vorteil einer IGS sehe ich vor allem darin, dass man rechtzeitig entscheiden kann, wie es weitergehen soll. Nach Hauptschulabschluß abgehen und Ausbildung anfangen (was man in der heutigen Zeit allerdings nicht unbedingt empfehlen sollte)? Dann Realschulabschluß und sich erneut entscheiden können - Abitur? FOS? Ausbildung? Da steht einem wirklich alles offen. lg Lilo

Hallo,

doch leider wird mitunter bereits ab der 5.Klasse genau diese Fähigkeit sich selbst zu strukturieren an den GS Schulen vorausgesetzt.

Kids die das nicht von Anfang an mitbringen, haben dann zu dem Zeitpunkt, wenn sie es endlich könnten, bereits verloren.

Da hilft auch das viele Gelaber nicht, jedes Kind würde nach seinem individuellen Lernverhalten betreut und gefördert.

Selbst dann, wenn sie einen solchen Ruf hat, jedenfalls solange es nur der Ruf ist. - Solche Rufe halten sich manchmal jahrelang, auch wenn er schon lange nicht mehr zutrifft. Ein neuer Direktor, ein paar Lehrer gehen in Rente und neue kommen, das kann ein Schulklima komplett ändern.

Hi,

ich persönliche halte nicht viel von Waldorf-Schulen, das ist aber schlicht eine persönliche einstellung. Ich bin eher sachlich unterwegs und möchte meinen Kopf in eine rechtwinklige Ecke schlagen, wenn ich höre, dass eben diese den Geist einschränken…

Ich selbst habe sowohl staatl. Grundschule als auch staatl. Gymnasium besucht. Im Alter von 16 Jahren hatte ich die Ehre mit zwei Schülerinnen der Hibernia Schule in eine Ferienfreizeit zu fahren und es hat sich, zumindest zu der einen, eine dauerhafte Freundschaft entwickelt.
Ich kann in diesem Fall nicht berichten, dass ich die beiden als unselbstständig empfunden hätte. Aber beide waren übermäßig sozial eingestellt. Beide haben sich ausnutzen lassen, weil sie es nicht anders kannten als zu helfen. Klingt ja erstmal gut, oder? Aber leider ist diese Einstellung unserer heutigen Gesellschaft echt ungeeignet.

Wir durften einen Tag, wie hatten ELternsprechtag, die Waldorf-Schule besuchen. Ich muss echt sagen, dass ich shockiert war, wie weit hinten die im Lernstoff waren. ICH konnte dem Matheuntericht problemlos folgen (und das soll was heißen…). In einer Stunde mussten wir die Klasse verlassen, weil ein „schlimmer Zwischenfall“ diskutiert werden musste:
ein Lehrer hatte bei der begutachtung einer Klausur Zuhause versehentlich Kaffee in ein Heft verkleckert. Die Eltern des betroffenen Schülers haben sich massiv beschwert, weil der Schüler so aufgelöst war, weil der Lehrer damit schließlich zeigen würde, dass er den Schüler weder wertschätzt noch respektiert… Ist klar, oder?

Die Ausbilungen, die die Schüler damals dort machten, waren alle eher altbacken. Ich erinnere mich daran, dass Schneider und Tischler angeboten wurden (andere weiss ich nicht mehr).
Die Schüler erhielten kein Gehalt, machten aber Lohnarbeiten. Unsere Mädels haben Schneiderin gelernt und erzählten, dass sie regelmäßig Kleidung für Kunden nähten, die dafür recht viel zahlten. Fand ich eher fragwürdig.

Meine Freundin hat dort letztendlich ein Abi gemacht, auch ein sehr gutes und hat dann Medizin studiert. Sie hatte aber am Anfang wahnsinnige Schwierigkeiten mit dem Studium. Sie ist wirklich intelligent, aber war einfach mit dem drumherum an der Uni überfordert. Sie kannte die Welt der staatl. Ausbildung halt nicht. Ni
Ich weiss, dass einige der anderen Schüler noch weitere Ausbildungen machen wollten, aber Schwierigkeiten hatten mit deren Abschlüsse Stellen zu bekommen. Waldorf Abis waren nicht so gut angesehen.
heute ist meine Freundin übrigens fertige Ärztin. Sie schlägt sich mittlerweile ganz gut, weil das Studium sie geerdet hat. Aber sie wird auch heute noch viel ausgenutzt, die Waldorf-Schule ist meines Erachtens zu behütet um später bestehen zu können.

Ich würde keines meiner Kinder auf eine Waldorf Schule schicken wollen.

Gruß
Tina