Hallo,
Man kam
zu dem Schluss, dass wohl die Mehrzahl der Soldaten
absichtlich vorbeigeschossen haben muss, sonst währen die
Opferzahlen viel höher gewesen als geschichtlich belegt.
Ja, solche „Selbstversuche“ hat es immer wieder gegeben. Ich halte das, wenn es um moderne Waffen, Soldaten und Gefechte geht, für durchaus möglich; für das 18. Jahrhundert würde ich das aber bezweifeln.
Zum einen standen die Soldaten wahrscheinlich unter einem viel höherem psychischen Druck, da sie sich aufrecht stehend dem feindlichen Feuer aussetzen mußten und nicht, wie moderne Soldaten, dem natürlichen Instinkt folgen konnten und Deckung gesucht haben.
Dann wiederum bezweifel ich, daß es überhaupt ernsthaft möglich war, mit diesen Waffen halbwegs präszise auf Entfernungen von über 50 bis 75 Meter zu zielen (und das noch unter Zeitdruck), egal ob auf den Mann oder vorbei.
Ein weiterer Punkt wäre noch, daß die damaligen Soldaten überraschend schlecht ausgebildet waren was das Schießen angeht. Laden und Exerzieren wurde bis zum Erbrechen geübt, aber nur „trocken“. Die meisten Soldaten dürften in ihrer Ausbildung keinen scharfen Schuß abgegeben haben. Als Resultat düften fast alle Schüsse auf dem Schlachtfeld verissen worden sein, wenn es sich nicht gerade um eine kampferfahrene Einheit gehandelt hat.
Die Trefferquote anhand der verbrauchten Munition zu errechnen ist auch extrem ungenau, da die Soldaten dazu tendierten, ihr Gewehr wieder und wieder zu laden ohne zu feuern. 70% aller Vorderlader, die nach Gettysburg (der letzten großen Schlacht, in der Vorderlader die Hauptbewaffnung waren) eingesammelt wurden, waren mindestens 2x geladen; eine Waffe war sogar nicht weniger als 13x geladen.
Ebenfalls sind die Ladegeschwindigkeiten, die man vielfach in Büchern liest, maßlos übertrieben. Diese sind in der Regel aus den Instruktionen abgeschrieben und stellen somit das Maximum dar, was in der Ausbildung angestrebt wurde, aber werden in der Schlacht kaum der Realtität entsprochen haben.
viele Grüße,
Ralf