Schwäb. Redewendung "Mer hot em derfür dau"

Hallo zusammen;

in einem „Konferenzaufsatz“, einer im Jahr 1900 verfassten Beschreibung der Lebensbedingungen und Sitten in einem Dorf auf der schwäbischen Alb, findet sich eine kritische Beschreibung des damals unter den Dorfbewohnern noch sehr präsenten Aberglaubens, u. a. auch beim Umgang mit Krankheiten. Textauszug:

„[…] Wer das Wasser nicht halten kann: Nimm Klauen von einem Bock, brenne es zu Pulver und giebs dem im Trank zu trinken etc. etc. Mit solchem Blödsinn ist ein Teil unserer Einwohnerschaft noch belastet und auf Schritt u. Tritt kann man hören: Mer hot em derfür dau d. h. Blut gestillt, den Schmerz genommen u. s. w. […]“

Wie könnte man diesen schwäbischen Ausdruck, der wörtlich übersetzt "man hat ihm dafür getan" lauten würde, treffend ins Hochdeutsche übertragen?

„Man hat sich um ihn gekümmert.“ - „Man hat das Nötige für ihn getan.“ - …
trifft den Sinn des schwäbischen Ausdrucks ja nicht wirklich.

Danke im Voraus für Eure Ideen!

Es grüßt
Renardo

Hallo ,
als lupenreiner Hesse kann ich nur nach dem Bauchgefühl gehen - „Man hat etwas Gutes für jemanden getan“ - wäre meine Auslegung.
Gruss
Czauderna

Hi

Man hat ihm etwas dafür/dagegen gegeben (ein Mittel)

Die Schwaben sind etwas sparsam - nicht nur mit Worten :grin:

Je nach Zusammenhang kann das einfache ‚dau’ nämlich auch heißen

‚Man hat ihn dafür bestraft‘
,Man hat sich bei ihm dafür gerächt‘

Gruß h

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Richtig.

In einigen Unterarten des Erzgebirgischen (wo man das Schwäbische mühelos* versteht), gibt es diese Wendung auch.

(*) wenn man sich etwas Mühe gibt.

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Hallo,
aha, so ist das, aber passt es dann zu dem Text im Eingangsbeitrag?
"Blut gestillt und Schmerz genommen steht doch nicht für Bestrafung oder Rache
Gruss
Czauderna

genau :slight_smile: der Gesamtzusammenhang ist wichtig für die richtige Übersetzung

Hallo zusammen,

Danke für Eure Beiträge!

In dem Konferenzaufsatz eines anderen Dorfes aus dem Jahr 1900 bin ich auf eine Erklärung der betr. Redewendung gestoßen. Der dortige Dorflehrer berichtet über die damals noch sehr verbreitete Anwendung von „Sympathie“:

„Bei äußerlichen Krankheiten wird einfach Sympathie getrieben. Es giebt Leute, besonders Frauen, welche Sprüche gegen Zahnweh, Haarwurm, böse Finger, Nagelfloß, Gliederweh, Gliedschwamm u. s. w. kennen. Zeigt ein Kind Ansätze der englischen Krankheit […], so läßt man dafür „thun“. Um das fließende Blut einer Wunde zu stillen, soll man die 3 höchsten Namen sagen u. 3 mal auf die Wunde blasen oder auch 3 verschiedene Grassorten darauf binden. Bei einem „Überbein“ z. B. wird an drei Samstagen folgender Spruch gesagt: […]“

"(jemandem) dafür tun (lassen)" hatte damals also eine sehr spezielle Bedeutung, nämlich, dass man einen „Heiler“ / eine „Heilerin“ herbeiholte oder aufsuchte, der / die mit „Sympathiemitteln“, also zauberartigen Beschwörungsformeln und kuriosen Heilmitteln, heilenden Einfluss auf die Krankheit nehmen sollte.

Es grüßt
Renardo

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