Schwäb.? "Stopfausnacht"

Hallo zusammen;

in einem sog. „Konferenzaufsatz“, einem Bericht über die Alltagsgepflogenheiten in einem schwäbischen Dorf im Jahr 1900, findet sich die folgende Passage:

Aberglaube: In der Stopfausnacht wirft der Dienstbote seinen Schuh rückwärts über den Kopf; steht der Schuh aufrecht, so bleibt er (der Dienstbote) in seiner Stellung, liegt er, so wechselt er seinen Platz.

Zum Begriff „Stopfausnacht“ konnte ich bislang nirgendwo irgendetwas finden. Ich wäre daher für jeden Hinweis, der mich weiterführt, dankbar.
Danke im Voraus für Eure Mühe!

Es grüßt
Renardo

Servus,

das ist sicher eine von den Rauhnächten zwischen Weihnachten und Epiphanias, in denen die alten Götter noch ein bissle umgehen dürfen (als „Muetes Heer“ = Wotans Heer) und man auch bei solchen eigentlich heidnischen Orakelspielen noch ein Auge zudrückt. Das aber wirklich bloß ein Hinweis - keine Idee, wie man bestimmen kann, welcher Abend das ist: Ob das nach dem Kalender geht oder nach der Lage der Samstage/Sonntage in den Zwölfnächten?

Schöne Grüße

MM

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Schmeller nennt verschiedene Nächte (… macht zum Begriff „Stopfaus“ aber leider keine Angaben):

grafik

Gruß
Kreszenz

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@aprilfisch der Hinweis auf die Rauhnächte war gut :slight_smile: und @Kreszentia s Ergänzung hilft nochmal weiter, denn die Dreikönignacht ist die vom 5. auf den 6. Januar - sie ist die letzte der Rauhnächte

Interessant ist, dass offenbar auch die Thomasnacht = Wintersonnwende, die noch vor Weihnachten liegt, dafür in Frage kommt.

Laut https://www.katholisch.de/artikel/1729-die-rauen-naechte (und anderen Quellen) zählte die Thomasnacht regional zu den Rauhnächten:

Die Thomasnacht, die längste Nacht des Jahres, galt vor allem in Süddeutschland und Österreich als erste Raunacht – auch Rumpelnacht genannt. Sie gehört zu den „Zwölfnächten“, deren Zeitspanne regional unterschiedlich war: vom Thomastag bis Neujahr oder von Weihnachten bis zum Dreikönigstag.

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Hallo Kreszentia, Hallo Hexerl und Aprilfisch;

habt vielen herzlichen Dank!

Im Kontext des „Orakelns“ bin ich kürzlich in Hermann Fischers „Schwäbisches Handwörterbuch“ auf das Verb „losnen“ gestoßen:

I.: horchen, lauschen, heimlich zuhören
II.: = Los ziehen. Befragen wegen des oder der Zukünftigen, an Andreas (30. Nov.) oder Thomas (21. Dez.)

Das „Losnen“ oder „Lausnen“ bezog sich aber - i. Gs. zur Darstellung in Fischers Handwörterbuch - auch auf andere Themen:
„An Weihnachten wird „glausnet“ d. h. es werden zwölf Zwiebel aufgelegt, welche die 12 Monate darstellen. Der erste Zwiebel bedeutet den Januar etc. Ist der Zwiebel trocken, so giebts einen trockenen Monat; ist er feucht, so giebts einen nassen Monat.“
(Konferenzaufsatz Grabenstetten)

Es grüßt
Renardo

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Ergänzender Fund:

„Die Erforschung der Zukunft durch das Schuhwerfen erfolgt in den Losnächten der Adventszeit und in den Zwölften, namentlich zu Andreas, Thomas, Weihnacht, Silvester und Dreikönig, vereinzelt auch am Matthiastag und in der Brautnacht […].“

„Schuhwerfen“ in: Bechthold-Stäubli, Hanns (Hrsg.): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Walter de Gruyter & Co, Berlin u. Leipzig 1927-1942. Unveränd., digit. Nachdruck. Fröhlich & Kaufmann, Berlin 2021. Band 7, S. 1355.

Direkt zum Begriff „Stopfausnacht“ leider noch immer nichts …

Es grüßt
Renardo

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Könnte es dialektisch oder einfach ein Tippfehler sein, und das Ende der Fasnacht gemeint?

Hallo Kudo:

„(Aberglaube: In der Stopfausnacht wirft der
Dienstbote seinen Schuh rückwärts über den
Kopf; steht der Schuh aufrecht, so bleibt er

Danke für Deine Mühe!

Es grüßt
Renardo

Das ganz bestimmt nicht.

Fastenzeit ist Fastenzeit, mit einer gotzigen Ausnahme: Dem Funkensonntig, dem ersten Sonntag in der Fastenzeit, an dem das vorchristliche Winteraustreiben gefeiert wird, indem man auf einem großen Holzstoß - jeder Ort hat seinen Platz für „den Funken“, und man kann diese Plätze weithin gegenseitig sehen, und wenn man auf den jeweiligen Äckern ein bissle tiefer gräbt, dürfte man an jedem einzelnen Funkenplatz fündig werden - eine Strohpuppe „Winter“ verbrennt. Ziemlich nahe zu der Feier der Kalenden des März, an denen zu Chalandamarz in Graubünden die Brunnen mit rituellem Kuhglockenschlag „aufgeweckt“ werden.

Der Funkensonntag ist mit vielen Gebräuchen verbunden, aber es würde hier auf Abwege führen, sie alle zu berichten.

Schöne Grüße

MM

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