Schwäbisch 'es hot' und 'es geit'

Liebe Dialektiker,

im Zusammenhang mit einer anderen Frage aus dem Deutschbrett bin ich über etwas gestolpert, was ich selber nicht sicher sagen kann, weil mein eigenes Schwäbisch aus zu vielen verschiedenen Regionen kommt (zwischen Fünfbronn/Schwarzwald, Gündelbach am Stromberg, Friedrichshafen am Bodensee und Schussenried in Oberschwaben alles dabei…):

Kann man „(e)s hot“ und „(e)s geit“ regional voneinander abgrenzen, oder werden die beiden Verben „hau“ und „gäa“ in diesem Zusammenhang zumindest gegendweise parallel verwendet? Falls ja: Gibt es einen semantischen Unterschied?

Über Einfälle und Zuwürfe freut sich

Dä Blumepeder

Servus Peter,
„geit“ kommt regional auch im Bairischen vor mit der Bedeutung „gibt“.
In den bairischen Regionen kommt „'s hot“ und „'s geit“ nebeneinader vor und hat wie Hochdeutschen eine unterschiedliche Bedeutung (wobei man Sätze finden kann, die man sowohl mit „hat“ und „gibt“ sagen kann).
Bei „gäa“ denk ich an gehen. Das ist aber wohl net gemeint, oder?
Was heißt „hau“?
Pfiat Gott,
Roland

Servus Petetr,
ich muß vielleicht Beispiele bringen.
„s hot heint gschnim“ kann man nicht mit „geit“ sagen.
„s hot heit gscheid Schnää/Schnäa auf da Strass“.
Da liegt der Schnee gerade schon auf der Straße.
„s geit/gibt heit gscheid …“ könnt man auch sagen wobei
„gibt“ auch heißen kann, dass etwas noch kommt.
„s gibt/geit heit Pfannakuacha“ da heißt es, dass es heute welche geben wird. Der Satz mit Schnee würde dann heißen, dass es heute noch Schnee geben wird. Das kann man wiederum net mit „hot“ sagen, da es ja etwas beschreibt, das momentan schon so ist.
Hawe d’Ehre,
Roland

Weder noch
Wenn dann eher: S geit (gitt) heit schee Schnee
Oder aber: S hot heit schee Schne gän (gää).

Geit und Gää stammt wohl aus der oberschwäbischen Dialektgegend zwischen Sigmaringen und Ravensburg, wobei man diese ausdrücke wohl noch im Kißlegger u Wangener Raum anzutreffen sind.

Grüßle
Bernd Stephanny

Hallo Roland,

der Verweis auf die im Deutschbrett begonnene Diskussion ist mir ein bissel zu mager geraten:

Mir geht es nur um eine der vielen verschiedenen Bedeutungen von haben (hau) und geben (gäa), nämlich die Verwendung für das Hochdeutsche „es gibt“ - das dort nur mit „geben“ formuliert werden kann.

Mir scheint, als gehöre im Schwäbischen „(e)s hot“ in das Gebiet der römischen Besatzungszone südlich und westlich des Limes, während „(e)s geit“ im Altwürttembergischen daheim sei. Das „(e)s hot“ würde auch zu frz. „il y a“ und span. „hay“ passen.

Weil mein eigenes Schwäbisch aber aus vielen verschiedenen schwäbischen Regionen und mit einem Schlag Alemannisch zusammengepuzzelt ist, kann ich nicht sicher sagen, ob das wirklich so ist.

Die parallele Verwendung von „es geit“ mit „es hot“ kann auch mit einer Annäherung an das Hochdeutsche zu tun haben.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Servus,

die Beispiele, die Du mit „hot“ anführst, beziehen sich auf „haben“ als Hilfsverb für das Perfekt.

Weiter westlich von Dir aus, im Gsibergischen, im Allgäu und nördlich des Bodensees würde man sagen „Huier hots (bzw. hets - je nach Gegend) aber au an Huraschnai“, während das im Neckartal wohl hieße „Diesjohr geits an Mordshaufa Schnai“.

Die Grenze zwischen diesen beiden in gleichem Zusammenhang verwendeten Verben ist das, was ich suche - ich bin dabei nicht sicher, ob das eine topographische oder eine semantische Grenze ist, ob also irgendwo im Schwäbischen für „es gibt“ parallel „(e)s hot“ und „(e)s geit“ verwendet wird, ggf. mit einem semantischen Unterschied, der sich im Deutschen nicht wiedergeben lässt, weil dort nur „geben“ in diesem Zusammenhang verwendet wird.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Servus,

Z’Kisslegg ond z’Wanga hots an Hûfa scheane Föhla; schon in Schussenried, wo man (trotz einiger Übergänge zum Alemannischen wie „gsei“ für „gwäa“ noch klar im Schwäbischen liegt), wird „s hot“ für „es gibt“ verwendet.

Nach Norden zu, in Richtung des Altwürttembergischen, bleibt „geit“, bloß das Partizip Perfekt gäa ändert sich irgendwo zum fränkischen gewwe mit dem Übergang gäba - gäbe. Aber welche Formen im Einzelnen von „geben“ auch verwendet werden, das „es hat“ wird wohl nicht örtlich parallel verwendet?

Je mehr ich mir die regionale Verteilung vorzustellen versuche (im Raum Reutlingen - Tübingen - Rottenburg gilt glaube ich auch „es hot“), desto wahrscheinlicher kommt mir eine Grenze „es gibt - es hat“ vor, die ungefähr dem Limes folgt.

Aber jeder Einzelfund ist besser als diese meine speculationes.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Servus Peter,
zur Verbreitung von „geit“ weiß ich nur, dass es zum Beispiel auch im Pinzgau üblich war. In den bairischen Gegenden wird „geit“ immer mehr durch „gibt“ ersetzt.
Hawe d’Ehre,
Roland

abgeschwoffen…

Über Einfälle und Zuwürfe freut sich

Moinsen.
Da auch zugeworfen werden darf:
Die schweizer Bahn hat mal das Halbtaxabo (sowas wie die Bahncard) beworben mit „´s hätt solang´s hätt“.
Sprich: Der Vertrieb des angegebenen Produktes ist kontingentiert.

Demnach geht das „hot“ im Süden ähnlich weiter (was Dich sicher nicht überrascht).

Hier heisst das ganz anderster:
A: Son die Weck weg?
B (Bäcker): All all!
A: Wer woar denn do do?

Grußerl

zb

Birgit Kraft
Servus Roland,

da wir jetzt wohl doch nicht mehr zu der ursprünglichen Frage kommen, noch eine nette Variante aus dem Alemannischen:

Dort gibt es nicht bloß kein „b“, sondern auch keinen Umlaut im „gît“. Die Dame, die auf den Etiketten des hochberühmten Rothaus Bräu aus dem Schwarzwald abgebildet ist, heißt Birgit Kraft. Aber bloß ihre Landsleute verstehen, dass ihr Name soviel bedeutet wie „Bier gît Kraft!“

Sehr zum Wohle!

Dä Blumepeder

1 Like