Schwäbisch für Spezialisten

Hallo,

also ich bin ja selber „vo dr Aalb raa“ und kann den Dialekt noch ganz gut. Aber
jetzt kamen mir doch Zweifel: Die Frau meines Gartennachbarn kommt nicht vom
anliegenden Dorf, sondern von einem Dorf ein klein wenig weiter weg, ziemlich
allein in einer Waldlichtung liegend, wo einer der härtesten Dialekte der Gegend
gesprochen wird. Und wir haben uns letztlich öfter über Rosen unterhalten, die
sie stets als „Roasa“ bezeichnet. Das will mir nun überhaupt nicht in den Kopf,
denn niemand habe ich das in dieser Gegend je so aussprechen hören, es sagt ja
auch niemand (auch nicht sie) „Hoasa“ zu Hosen. Allerdings hat man einen „groaßa
Honger“, wenn man lange nichts gegessen hat, das ist wieder Allgemeingut. Ebenso
wird jeder sagen: „Dui lesst ihre Kendr vrwahrloasa“. Aber nie nicht Hoasa, und
ich meine auch nicht „Roasa“.
Wo liegen die Unterschiede? Warum verändert sich das eine „-osen“ in „-oasa“, das
andere „-osen“ in „-osa“? Irgendwas liegt da im Dunkel der Sprachgeschichte …
Weißt Du was, Fritz?

Danke Euch allen,

Bolo

Hallo Bolo!

Ich bin zwar nicht Fritz, aber vielleicht erlaubst Du, dass ich auch meinen Senf dazu gebe:

Du schreibst stets „groaßa“ (auch: „Roasa“, „Hoasa“). Ich weiß nicht ganz, was Du damit ausdrücken willst. Steht bei Dir „oa“ für den Diphton, den man z. B. von französisch „voila“ kennt, oder den Vokal aus englisch „board“? Ich persönlich kenne eher „graoßa“ (wie in Mao Tsetung). Aus irgend einem Grund klingt in meinen Ohren „Raosa“ weniger falsch als „Haosa“, obwohl ich nicht glaube, eine der beiden Aussprachen jemals gehört zu haben. In die selbe Kategorie passt Aora (Ohren), vor allem in Aoraklemmer (Ohrwurm).

Meine Großeltern müttlerlicher und väterlicherseits unterschieden sich in der Aussprache solcher Laute deutlich. 10 km Luftlinie.

Ich erinnere mich daran, dass wir bei der korrekten Aussprache von Aalen (Aala, Ôla, Aola,…) schon mal über ähnliche Laute gesprochen haben. Wo bist Du denn her? Ostalb?

Michael

Hallo Michael,

Ich bin zwar nicht Fritz,

… aber vielleicht wirst Du’s noch ? :wink:

aber vielleicht erlaubst Du, dass
ich auch meinen Senf dazu gebe:

Aber selbstredend! Sonst hätte ich ja auch den Fritz direkt anmailen können.

Du schreibst stets „groaßa“ (auch: „Roasa“, „Hoasa“). Ich weiß
nicht ganz, was Du damit ausdrücken willst. Steht bei Dir „oa“
für den Diphton, den man z. B. von französisch „voila“ kennt,
oder den Vokal aus englisch „board“?

Ja, genau, so wie ich’s geschrieben habe. Das ist die Ausdrucksweise der Gegend.

Ich persönlich kenne eher
„graoßa“ (wie in Mao Tsetung).

Das ist mehr Richtung Stuttgart zu Hause, das kenne ich von Verwandtschaft dort.

Aus irgend einem Grund klingt
in meinen Ohren „Raosa“ weniger falsch als „Haosa“, obwohl ich
nicht glaube, eine der beiden Aussprachen jemals gehört zu
haben. In die selbe Kategorie passt Aora (Ohren), vor allem in
Aoraklemmer (Ohrwurm).

Würde bei uns Oara bzw. Oaraklemmr heißen.

Meine Großeltern müttlerlicher und väterlicherseits
unterschieden sich in der Aussprache solcher Laute deutlich.
10 km Luftlinie.

Ja, sowas gibts bei uns auch.

Ich erinnere mich daran, dass wir bei der korrekten Aussprache
von Aalen (Aala, Ôla, Aola,…) schon mal über ähnliche Laute
gesprochen haben.

Ja, genau. Da unterschied sich die Aussprache aber m. E. nicht so sehr wegen der
Distanz der Disputanten, sondern deswegen, weil sie teils aus Aola *duck* waren
und teils eben nicht.

Wo bist Du denn her? Ostalb?

Hoirna, wannd’ woisch, wa dees isch.

Gruß
Bolo

Schwäbisch (?) für Spezialisten
Hallo, Bolo,

ich halte es fast für ausgeschlossen, dass sich ein braves schwäbisches Unterkiefer zu solch einer Lautung überreden ließe.

die sie stets als „Roasa“ bezeichnet. Das will mir nun überhaupt nicht in den Kopf,

Mir auch nicht. Und meine Vermutung geht dahin, dass besagte Nachbarin nicht nur aus einem abgelegenen Waldlichtungswinkel stammt, sondern auch noch „auswärtige“ Vorfahren hat.

Bayern vielleicht?
Aber auch da zweifle ich, denn „a Roas“ ist eine Reise und keine Rose, und ein „Schoaß“ wird im Standarddeutschen auch mit „ei“ geschrieben.

Gruß Fritz

Hi Fritz,

ich halte es fast für ausgeschlossen, dass sich ein braves
schwäbisches Unterkiefer zu solch einer Lautung überreden
ließe.

Eben das hat mich ja so unsicher gemacht. Du solltest diesen Unterkiefer mal
sehen – oder noch besser: hören! Das ist astrein!

die sie stets als „Roasa“ bezeichnet. Das will mir nun überhaupt nicht in den

Kopf,

Mir auch nicht. Und meine Vermutung geht dahin, dass besagte
Nachbarin nicht nur aus einem abgelegenen Waldlichtungswinkel
stammt, sondern auch noch „auswärtige“ Vorfahren hat.

Gar nie nicht! Wie schon gesagt: astrein! Ab und zu habe ich das Vergnügen, im
Nachbargarten ihre Mutter zu hören – da steigt sogar meine Frau aus, die nur
wenige Kilometer entfernt geboren und aufgewachsen ist (wie ich). Allerdings
wurde bei ihr zu Hause Verfeinertes (Vater von Waiblinger Gegend) und Vermischtes
(Mutter aus Oberpfalz/lange in München und Schweiz gelebt) gegeben.

Bayern vielleicht?

Neinein, das ist hundertprozentig, und Bayerisches würde ich auch sofort
erkennen, selbst wenn es nur ein wenig in die Gegend von Günzburg oder
„Weißahoara“ ginge.

Aber auch da zweifle ich, denn „a Roas“ ist eine Reise und
keine Rose, und ein „Schoaß“ wird im Standarddeutschen auch
mit „ei“ geschrieben.

Obwohl letzteres gar kein Sch mit ei ist, sondern ein F mit urz.

Gruß
Bolo