Schwarzwald im 16. Jahrhundert

Hallo!
Ich hoffe, in diesem Brett kennen sich Leute mit so was aus :smile:

„Im 17. und 18. Jahrhundert gab es noch einen überall im Schwarzwald natürlichen und lebendigen Wald aus Tannen, Buchen und Fichten. Er wurde allerdings aus ökonomischen Gründen abgeholzt.“

Um 1520 müsste es also erst recht noch ein eher bunter Wald gewesen sein und vermutlich auch dicht, weil die drastische Abholzung sich nich in Grenzen hielt? Oder hatten die Waldglashütten auch da schon radika(h)len Tribut gefordert?

Gruß,
Eva

Servus Eva,

vermutlich hatte der Schwarzwald schon seit langer Zeit (über 2 000 Jahren) allenfalls etwa 50% Laubholz. Freilich unter dem Nadelholz sicherlich fast ausschließlich Weißtannen, auch Lärchen und Kiefern, aber kaum Fichten.

In der Rodungs-/Siedlungsperiode des 11.-12. Jahrhunderts wurde die „Buntsandsteingrenze“ in den deutschen Mittelgebirgen überschritten, teils nur für kurze Zeit (knapp hundert Jahre): Mit wachsender wirtschaftlicher Bedeutung der ersten Städte kam es bereits Mitte des 13. Jahrhunderts wieder zu einer Rückzugsbewegung, die meisten Wüstungen liegen im Buntsandstein (und ähnlich unfruchtbaren Mittelgebirgslagen) und sind Mitte des dreizehnten Jahrhunderts wüst gefallen. Die Ausdehnung der Siedlungen zu dieser Rodungsperiode war übrigens nicht nur von Köhlerei und Glaswirtschaft geprägt - das Roden hatte auch den Zweck, Siedlungsraum zu gewinnen.

Anfang-Mitte des 13. Jahrhunderts - noch vor der Blüte des Venezianerglases - beginnt die Waldwirtschaft mit Glashütten, in denen das grünliche, blasige „Waldglas“ erschmolzen wurde.

Im fünfzehnten Jahrhundert dürften bereits bedeutende Rodungen im Schwarzwald bestanden haben. Die systematische Aufforstung der Kahlschläge mit schnell wachsendem Nadelholz ist aber jünger, wohl nicht vor dem 17.-18. Jahrhundert.

Die Hollandflößerei entlang des Murgtales wurde sicherlich auch mit Laubholz betrieben - die Bedeutung großer Tannen in Sagen wie dem „Holländer Michel“ und Erzählungen wie dem „Kalten Herz“ dürfte wesentlich von dem Bild geprägt sein, das der Schwarzwald im 19. Jahrhundert bot - obwohl freilich natürliches Vorkommen von Tannen sein Bild und seinen Namen schon um die Zeitenwende geprägt haben.

Im fünfzehnten Jahrhundert, von dem die Rede ist, gab es im Schwarzwald sicher schon weitläufig gerodete Täler mit Viehwirtschaft - immerhin konnten die aufständischen Bauern sich bereits 1525 auf „alte“ Freiheiten und Rechte berufen. Allerdings im Wald selber einen höheren Anteil an Eichen, Buchen, Ahorn etc. als seit dem 18. Jahrhundert.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Hallo,

Die Hollandflößerei entlang des Murgtales wurde sicherlich
auch mit Laubholz betrieben - die Bedeutung großer Tannen in
Sagen wie dem „Holländer Michel“ und Erzählungen wie dem
„Kalten Herz“ dürfte wesentlich von dem Bild geprägt sein, das
der Schwarzwald im 19. Jahrhundert bot - obwohl freilich
natürliches Vorkommen von Tannen sein Bild und seinen Namen
schon um die Zeitenwende geprägt haben.

Im Murgtal gibt es ja auch Papier- und Holzindustrie. Kann das so weit zurück einen Einfluss auf das Bild gehabt haben?

Cheers, Felix

Servus,

die Murgtäler Holzindustrie aus dem unteren Murgtal bis Gernsbach stammt in ihrer heutigen Form aus den Jahren ab 1868, als bis Gernsbach die Eisenbahn gebaut wurde. Die Zufuhr von Freudenstadt - Baiersbronn her erfolgte noch bis zum Lückenschluss der Bahn 1898 durch Flößerei - die Straßen und Wege waren für schwere Fuhrwerke ungeeignet. Zu diesem Zeitpunkt waren übrigens ein wichtiges Produkt der Murgtäler Sägewerke Eisenbahnschwellen, die man schlechterdings nicht aus Fichtenholz machen kann.

Es geht also um Zeiträume, in denen sich das Erscheinungsbild des Nordschwarzwaldes (abgesehen von den Asphalt-Schneisen und den Massenhotels der 1960er/70er Jahre) nicht mehr wesentlich geändert hat: Die systematische Aufforstung mit schnell wachsendem Nadelholz wurde bereits im 18. Jahrhundert begonnen, als Forstwirtschaft im heutigen Sinn anfing. Die starke Fichtenlastigkeit lässt sich wohl kaum der Papierindustrie zurechnen - Fichte ist ein Massenholz, mit dem man sehr vieles machen kann. Sogar Ständer für Venedig wurden aus oberschwäbischer Fichte gemacht, als Schussenried noch von der Eisenbahn bedient wurde. Ich habe übrigens zufällig grad heute auf dem Hohloh-Turm gestanden und fand es recht erfreulich, was für ein buntes Mosaik da auf den Weihnachten 1999 geworfenen Flächen heranwächst - gar so schwarz ist der Schwarzwald in dem Eck nicht mehr.

Ich denke, man kann der Murgtäler Holzindustrie keine besondere Wirkung auf das heutige Landschaftsbild zurechnen - allenfalls künftig könnte sie eine Auswirkung haben: Im Zusammenhang mit der heute noch im Vergleich zum Tourismus, der im Nordschwarzwald bessere Tage gesehen hat, sehr bedeutenden Holzwirtschaft regt sich in der ganzen Region erbitterter Widerstand gegen das Nationalpark-Projekt.

Nun, wer leben wird, wird sehen.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder