Schweizerische Volksparte vs. AfD

Vielleicht, weil wir Deutschen im Gegensatz zu den Schweizern mit der betont nationalistischen „Bewegung“ des GröFaZ vor 60 Jahren so grandios auf die Schnauze gefallen sind?

Mir stellen sich jedenfalls immer die Nackenhaare auf, wenn mir jemand mit „Nationalgefühl“, „Patriotismus“ und „Deutschlands Größe“ kommt.

merimies

Guten Abend liebe Forumgemeinde,

in der Schweiz ist die schweizerische Volkspartei (SVP) ziemlich beliebt und ist die stärkste Partei im Nationalrat (Nationalrat = wie in Deutschland Bundestag).

Laut Wikipedia ist die Partei nationalkonservativ und rechtspopulistisch. Und ist somit vergleichbar mit AfD.

Meine Frage: Warum wird AfD in Deutschland so verpönnt, obwohl anscheinend nationalkonservative und rechtspopulistische Parteien sehr erfolgreich ein Land mitregieren können.

Viele Grüße
Alex

Hallo

Es gibt in Deutschland sehr viele Menschen, die mit Patriotismus à la „wir sind die Tollsten“ nicht viel anfangen können - immerhin hat Deutschland eine komplette Bruchlandung mit diesem Sujet hingelegt. Diese Erfahrung fehlt in der Schweiz.

Ausserdem, die AfD und die SVP sind nicht direkt vergleichbar, eher die AfD und die Schweizer Demokraten (SD): grosse Parolen und keinerlei Erfahrung mit dem Regieren und alleinige Fokussierung auf ein einziges Thema. Da ist die SVP doch schon ein bisschen vielschichtiger.

Die SVP ist eine alte Partei (ursprünglich eine reine Bauernpartei aus den protestantischen Gebieten der deutschsprachigen Schweiz - da gibt es also einen alten Wählerbestand) und noch immer wählen überwiegend auf dem Land lebende Menschen aus den deutschsprachigen Regionen die SVP, in den Städten hat sie es schwerer.
Die SVP schützt die schweizer Bauern und das ländliche Umfeld, wo sie nur kann und arbeitet insgesamt sehr stark mit einem stark romantisierten Heimatbild (Bergromantik, eine ausgeprägte Geschichtstümelei, kleines Land, dass von der bösen EU bedroht wird), das in Deutschland so gar nicht möglich ist.
Städte und Stadtbewohner kommen im traditionellen SVP-Bild nicht vor, Akademiker übrigens auch nicht.

Der SVP gelingt merkwürdigerweise der Spagat, auch die KMU an sich zu binden und zb sich gegen weitere Arbeitnehmer- und Verbraucherrechte und sonstige Regulierung der Wirtschaft einzusetzen (solange die Grenzen zu bleiben für Importe und ausländische Mitarbeiter) und ist selbstverständlich für mehr Strassen, billigeres Benzin und weniger Verkehrskontrollen.

Die SVP hat es die letzten Jahre gut verstanden, ihre Anhänger zu erziehen und kann somit nach und nach immer radikalere Forderungen stellen. Mit dem alten Christoph Blocher hat sie auch ein äusserst charismatisches Zugpferd und der der Nachfolger (Toni Brunner) scheint auch recht beliebt zu sein - ein schenkelklopfender Witzbold, der somit „nah am Volk“ ist - etwas, dass keine andere Partei zu bieten hat.

Die Partei hat zusätzlich zu diesen Punkten auch sehr viel Geld für Kampagnen - in manchen Gegenden hängen fast ausschliesslich SVP-Plakate. Ausserdem haben nahestehende Personen (Zb Tito Tettamanti - ein Millionär und Wirtschaftsliberaler) bereits mehrere Zeitungen gekauft, deren Redaktionen ausgewechselt wurden und somit zu Sprachrohren der Partei umfunktioniert wurden - wer sich nicht genug empört und das Abo kündigt wird nach und nach mit dem Stil und den Meinungen vertraut - eine Berlusconisierung der Medien nenne ich das.

Die AfD ist im Vergleich nichts als ein kleiner Haufen „empörter Bürger“.

Gruss, Sama

Hallo

Die AfD fokussiert sich nicht auf ein Thema. Sie haben [durchaus mehrere][1]. Aktuell dominiert natürlich die Asylpolitik die jeweilige Berichterstattung über die AfD.

vdmaster
[1]: http://www.alternativefuer.de/programm-hintergrund/programmatik/

Hallo vdmaster,

ich sehe eher ein totschweigen, als eine Berichterstattung über die AfD.
Lange wird das aber nicht mehr gut gehen, denn nicht jeder hat ein „Refugees Welcome“ Schild gebastelt.
Wenn Steuer- und Abgabenerhöhungen kommen, die Kriminalität und die Arbeitslosenquote steigt werden hoffentlich auch die Gut-Menschen erkennen, dass unkontrollierte Zuwanderung auch Probleme mit sich bringt.

Gruß, Joshi

Hallo Sama

Danke für die Aufklärung, das war mir neu. dafür ein :heart:

merimies

Als ich in den 70er Jahren begann, meine Sommerurlaube in Finnland zu verbringen, fiel mir in finnischen Buchhandlungen auf, dass finnisch-deutsche Sprachführer, Reiseführer usw. das Bild vermittelten, als wäre der typische Deutsche mit Wadenstutzen, Krachledernen, Trachtenjacken und vor Allem Hut mit Gamsbart bekleidet. Ich fand das eher lustig, war es doch mit der (damals) in Deutschland weit verbreiteten Vorstellung vergleichbar, dass man sich in Finnland vor Eisbären in Acht nehmen müsse.

Gruß merimies

Im SPON berichtete eine Chinesin über ihren Besuch auf dem Oktoberfest. Im Kommentarbereich schrieb jemand sinngemäss dass er sich dafür schäme dass sie als Gast den schrecklichen Anblick von tausenden Bier trinkenden Deutschen erleben musste. Darauf sagte ein anderer, dass genau das typisch deutsch sei. Im Urlaub im Ausland können wir gar nicht genug von fremden Kulturen bekommen und flippen aus wenn wir durch Zufall in ein Volksfest geraten, aber wenn in Deutschland Brauchtum gepflegt wird ist das total bäh.

„Wir waren in Sydney bei diesem tollen Italiener und da waren nur Italiener. So authentisch! In New York waren wir beim Chinesen, da waren lauter Chinesen, so authentisch! In Singapur sind wir am Paulaner vorbei, da sassen nur Deutsche. So ekelhaft, da sind wir aber schnell weiter!“.

So isser, der Deutsche.