Hallo
Es gibt in Deutschland sehr viele Menschen, die mit Patriotismus à la „wir sind die Tollsten“ nicht viel anfangen können - immerhin hat Deutschland eine komplette Bruchlandung mit diesem Sujet hingelegt. Diese Erfahrung fehlt in der Schweiz.
Ausserdem, die AfD und die SVP sind nicht direkt vergleichbar, eher die AfD und die Schweizer Demokraten (SD): grosse Parolen und keinerlei Erfahrung mit dem Regieren und alleinige Fokussierung auf ein einziges Thema. Da ist die SVP doch schon ein bisschen vielschichtiger.
Die SVP ist eine alte Partei (ursprünglich eine reine Bauernpartei aus den protestantischen Gebieten der deutschsprachigen Schweiz - da gibt es also einen alten Wählerbestand) und noch immer wählen überwiegend auf dem Land lebende Menschen aus den deutschsprachigen Regionen die SVP, in den Städten hat sie es schwerer.
Die SVP schützt die schweizer Bauern und das ländliche Umfeld, wo sie nur kann und arbeitet insgesamt sehr stark mit einem stark romantisierten Heimatbild (Bergromantik, eine ausgeprägte Geschichtstümelei, kleines Land, dass von der bösen EU bedroht wird), das in Deutschland so gar nicht möglich ist.
Städte und Stadtbewohner kommen im traditionellen SVP-Bild nicht vor, Akademiker übrigens auch nicht.
Der SVP gelingt merkwürdigerweise der Spagat, auch die KMU an sich zu binden und zb sich gegen weitere Arbeitnehmer- und Verbraucherrechte und sonstige Regulierung der Wirtschaft einzusetzen (solange die Grenzen zu bleiben für Importe und ausländische Mitarbeiter) und ist selbstverständlich für mehr Strassen, billigeres Benzin und weniger Verkehrskontrollen.
Die SVP hat es die letzten Jahre gut verstanden, ihre Anhänger zu erziehen und kann somit nach und nach immer radikalere Forderungen stellen. Mit dem alten Christoph Blocher hat sie auch ein äusserst charismatisches Zugpferd und der der Nachfolger (Toni Brunner) scheint auch recht beliebt zu sein - ein schenkelklopfender Witzbold, der somit „nah am Volk“ ist - etwas, dass keine andere Partei zu bieten hat.
Die Partei hat zusätzlich zu diesen Punkten auch sehr viel Geld für Kampagnen - in manchen Gegenden hängen fast ausschliesslich SVP-Plakate. Ausserdem haben nahestehende Personen (Zb Tito Tettamanti - ein Millionär und Wirtschaftsliberaler) bereits mehrere Zeitungen gekauft, deren Redaktionen ausgewechselt wurden und somit zu Sprachrohren der Partei umfunktioniert wurden - wer sich nicht genug empört und das Abo kündigt wird nach und nach mit dem Stil und den Meinungen vertraut - eine Berlusconisierung der Medien nenne ich das.
Die AfD ist im Vergleich nichts als ein kleiner Haufen „empörter Bürger“.
Gruss, Sama