Schwerbehinderte: Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit

Hallo zusammen, ich benötige `mal Hilfe in einer Frage des Arbeitsrechts:

Eine schwerbehinderte Arbeitnehmerin (50%) hat laut Arbeitsvertrag eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden. Die AN teilt sich diese Stelle mit einer zweiten Kollegin ohne Schwerbehindertenstatus. Die Arbeitszeit verteilt sich in vier Tagen auf Früh- und Spätschicht ; Freitags wird wechselweise gearbeitet. Im Rahmen der normalen Arbeitswoche wird die arbeitsvertragliche Zeit von 30 h nicht erreicht.

Wenn eine der beiden AN Urlaub hat bzw. krank ist, soll die verbleibende AN die Arbeiten alleine ausführen, dabei kommt dann in Summe eine Arbeitszeit von 33 Stunden zum Tragen, wobei an 4 Tagen in zwei Blöcken zu 4,5 h und 4 h gearbeitet werden soll. Damit wird die normative Arbeitszeit um 0,5 überschritten. Mit diesen Stunden soll die fehlende Arbeitszeit aus Absatz 1 ausgeglichen werden.

Hieraus ergeben sich folgende Fragen:

  1. Ist die vertragliche wöchentliche Arbeitszeit für AG und AN verbindlich oder kann der AG bei Schwerbehinderten eine Flexibilisierung der Arbeitszeit an-weisen.

2, Wie ist die Überschreitung der wöchentlichen Arbeitszeit für eine schwerbehinderte AN generell zu bewerten?

  1. Wie ist die Überschreitung der täglichen normativen Arbeitszeit um 4 x 0,5 h pro Woche zu bewerten?

  2. Wie lange ist die Arbeitszeit von 33 Stunden ohne Begrenzung durchführbar? (Extremfall lange Krankheit der Kollegin)

5.Innerhalb welcher Zeit sind die anfallenden Stunden auszugleichen?

  1. Gibt es weitere rechtlichen Aspekte, die für den Sachverhalt relevant sind?

Danke für alle hilfreichen Antworten im voraus

GVO

Hallo,

Deine Fragen lassen sich wie folgt beantworten:

  1. Es kommt darauf an. Zwar kann bei Teilzeit bis zum Erreichen der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten nicht der § 124 SGB IX
    http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_9/__124.html
    herangezogen werden, aber aus einer Teilzeitregelung nach § 81 Abs. 5 SGB IX
    http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_9/__81.html
    kann der Anspruch auf Einhaltung der vereinbarten Arbeitszeit resultieren, sofern dies aus behinderungsbedingten Gründen notwendig ist. Dies muß dann aber vom behandelnden Arzt bescheinigt werden.

  2. Da nach der Fallschilderung die durchschnittlich zulässige wöchentliche Arbeitszeit von 48 Std. sowie die tägliche Höchstarbeitzszeit von 10 Std. nicht überschritten wird, liegt kein Gesetzesverstoß vor.

  3. Wie lange eine erhöhte Arbeitszeit „durchführbar“ ist, hängt von den behinderungsbedingten Einschränkungen (siehe 1.) und ob sich die betroffene ANin wehrt.

  4. Der Ausgleich der Überstunden hängt von den speziell geltenden tariflichen und/oder vertraglichen Bedingungen ab. Die Frist des § 3 ArbZG
    http://www.gesetze-im-internet.de/arbzg/__3.html
    ist auf diese Fallkonstellation nicht anwendbar.

  5. Folgende Aspekte können eine Rolle spielen:
    Gilt im Betrieb ein TV ?
    Gibt es im Betrieb einen BR/PR ?
    Gibt es im Betrieb eine SBV ?
    Hat die betroffene ANin Kontakt mit örtlich zuständigem Integrationsamt/Integrationsfachdienst ?

&Tschüß
Wolfgang

Hallo Wolfgang,

vorab erst einmal vielen Dank für die Mühe, die Sie sich mit der Antwort gegeben haben!

Leider scheint das Recht hier doch einseitig gegen die Interessen und Lebenswirklichkeit von Schwerbehinderten ausgerichtet zu sein.
Im Prinzip würde es ja im Extrem auf einen Monat bedeuten:
AG läßt AN 3 Wochen zu 48h arbeiten und schickt den AN in der vierten Woche nach Hause.So bringt man Leute auch zur eigenen Kündigung…

Habe selbst noch ein wenig gesucht und das hier gefunden:

Wie weit geht das Wei¬sungs¬recht in be¬zug auf die Zeit der Ar¬beits¬leis¬tung?
Der Ar¬beit¬ge¬ber kann durch Ar¬beits¬an¬wei¬sung, d.h. ein¬sei¬tig auf¬grund sei¬nes Wei¬sungs¬rechts, die zeit¬li¬che La¬ge der Ar¬beit fest¬le¬gen. Das be¬trifft vor al¬lem die Ver¬tei¬lung der ver¬trag¬lich fest¬ge¬leg¬ten wöchent¬li¬chen Ar¬beits¬stun¬den auf die ein¬zel¬nen Ar¬beits¬ta¬ge.
BEISPIEL: Ei¬ne Se¬kretärin hat ei¬nen 40-St¬un¬den¬ver¬trag. Nor¬ma¬ler¬wei¬se ar¬bei¬tet sie von Mon¬tag bis Frei¬tag, je¬weils acht St¬un¬den. Auf¬grund ei¬nes Großpro¬jekts er¬teilt der Ar¬beit¬ge¬ber die An¬wei¬sung, dass die Se¬kretärin vorüber¬ge¬hend am Sams¬tag vier St¬un¬den ar¬bei¬ten muss, wofür sie am Mitt¬woch vier St¬un¬den früher ge¬hen kann. Ei¬ne sol¬che Wei¬sung ist durch § 106 Ge¬wO ab¬ge¬deckt und da¬mit rech¬tens.
Zwar geht auch hier der Ar¬beits¬ver¬trag im Prin¬zip vor, doch muss er dann auch kon¬kre¬te Re¬ge¬lun¬gen ent¬hal¬ten, al¬so z.B. fest¬schrei¬ben, dass der Ar¬beit¬neh¬mer nur von Mon¬tag bis Frei¬tag ar¬bei¬ten muss.
Den Um¬fang der Ar¬beits¬stun¬den pro Wo¬che kann der Ar¬beit¬ge¬ber al¬ler¬dings nicht ein¬sei¬tig per Wei¬sung fest¬le¬gen, denn ob man 20, 30 oder 40 St¬un¬den ar¬bei¬ten muss, ist prak¬tisch im¬mer im Ar¬beits¬ver¬trag und/oder in ei¬nem ein¬schlägi¬gen Ta¬rif¬ver¬trag fest¬ge¬legt. Will der Ar¬beit¬ge¬ber da¬her Über¬stun¬den an¬ord¬nen, braucht er da¬zu ei¬ne ent¬spre¬chen¬de ar¬beits¬ver¬trag¬li¬che Ermäch¬ti¬gung, al¬so z.B. ei¬ne Ar¬beits¬ver¬trags¬klau¬sel, die ihm die An¬ord¬nung von (be¬zahl¬ten) Über¬stun¬den er¬laubt. Nähe¬re In¬for¬ma¬tio¬nen hier¬zu fin¬den Sie un¬ter dem Stich¬wort „Über¬stun¬den, Mehr¬ar¬beit“.
Außer¬dem er¬ge¬ben sich auch dann, wenn der Ar¬beit¬ge¬ber im Prin¬zip Über¬stun¬den an¬ord¬nen kann, in¬halt¬li¬che Gren¬zen sei¬nes Wei¬sungs¬rechts ausTa¬rif¬verträgen, falls die¬se ver¬bind¬lich tägli¬che und wöchent¬li¬che Höchst¬ar¬beits¬zei¬ten vor¬schrei¬ben, und aus dem Ar¬beits¬zeit¬ge¬setz (Arb¬ZG).
Und wenn es ei¬nen Be¬triebs¬rat gibt, braucht der Ar¬beit¬ge¬ber vor der An¬ord¬nung von Über¬stun¬den prak¬tisch im¬mer des¬sen Zu¬stim¬mung. Denn Über¬stun¬den ändern fast im¬mer die „be¬triebsübli¬che Ar¬beits¬zeit“ und sind da¬her mit¬be¬stim¬mungs¬pflich¬tig gemäß § 87 Abs.1 Nr.3 Be¬trVG. Nähe¬re In¬for¬ma¬tio¬nen hier¬zu fin¬den Sie un¬ter dem Stich¬wort „Mit¬be¬stim¬mung in so¬zia¬len An¬ge¬le¬gen¬hei¬ten“.

Quelle: http://www.hensche.de/Rechtsanwalt_Arbeitsrecht_Handbuch_Weisungsrecht.html

Entschuldigen Sie bitte die vielem Bindestriche - ist beim Kopieren passiert …

Vielen Dank noch einmal

GVO

Guten Tag,

ich empfehle Ihnen meine Antwort nochmals sorgfältig durchzulesen und ggfs. auch die unter 5. gestellten Fragen zu beantworten, da diese Äußerung

so undifferenziert völlig falsch ist. Die entsprechenden Anspruchsgrundlage des § 81 Abs. 5 SGB IX zur Begrenzung von Überstunden/Mehrarbeit habe ich Ihnen mitgeteilt.
Der von ihnen zitierte Beitrag ist eben auf schwerbehinderte AN nicht 1:1 übertragbar.

&Tschüß
Wolfgang