schwerhörig, aber starrsinnig (längerer text)

hallo,

mein vater ist 74, aber noch sehr fit, agil, beruflich selbstständig (werkstatt) und immer mit seinem lieferwagen unterwegs - soweit so gut!

allerdings ist er ziemlich schwerhörig und das wird rapide schlimmer - so schlimm, dass alle die mit ihm zu tun haben (mutter, kunden, nachbarn, ich) immer alles mehrfach + mit steigender lautstärke sagen schreien müssen. das ist extrem nerv raubend, total peinlich + macht (wenn man länger mit ihn sprechen muss) einen rauen hals.

er beurteilt seine hörschwäche aber nicht so stark und macht alle anderen und irgendwelche haaresträubenden faktoren dafür verantwortlich: wir würden besonders leise mit ihm sprechen, undeutlich, in komischem dialekt, nicht in seine richtung, aus zu großer entfernung, ja manchmal sogar unvermittelt, wenn er grad gar nicht damit gerechnet hat (!!!). auch das klingeln seines handys habe sich irgendwie von alleine auf ‚leise‘ gestellt; er merke nur noch die vibration. oft geht er nicht ans telefon, weil er’s ja nicht hört, aber alle anderen müssen dann 6 - 10 x klingeln (mit außenklingel zur hofbeschallung) ertragen, und das dann oft wiederholt nach 5 minuten. ihr könnt euch ja vorstellen, dass bei uns die nerven blank liegen, aber er versteht das nicht - klar, denn von der ganzen aufregung kriegt er ja nur ein bruchteil mit :wink:

ich (nicht nur ich) hab schon versucht, mit ihm ganz ruhig und vernünftig darüber zu reden, aber ein hörgerät kann er sich nicht vorstellen, auch nicht integriert in seine brille (die er halt nicht immer tragen muss). und außerdem höre er ja gar nicht sooo schlecht.

weiß jemand, wie man da vorgehen kann? argumente scheinen nix zu bringen, schimpfen auch nicht. manchmal würd ich ihm am liebsten ne polizeikontrolle auf den hals hetzen, die ihm einen hörtest bei der führerscheinstelle verordnet. das würde sicher ziehen, denn seine mobilität ist ihm sehr wichtig. er dürfte doch mit hörgerät weiter auto fahren, oder?

ich bin gespannt auf eure antworten …
gruß, pit

Du musst mit den Wölfen heulen, nur lauter

besonders leise mit ihm sprechen, undeutlich, in komischem dialekt

das klingeln seines handys auf ‚leise‘ gestellt

Eben. Alle Merkmale der Schwerhörigkeit übertreiben, bis IHM der Kragen platzt. Wobei man sich das nicht anhören sollte, sondern wortlog geht. Konsequent. Immer.

Gruß

Stefan

Hallo,

nur so als Anmerkung. Auch taube Menschen dürfen ohne Weiters Auto fahren.
Da gibt es keine Einschränkungen. Sind wohl auch die besseren Autofahrer, weil sie sich nicht vom Mitfahrer oder Radio ablenken lassen.
Das ist also kein Grund nicht mehr Auto fahren zu dürfen.

Allerdings würde ich mich da gar nicht so rein steigern. Rede normal mit ihm. Wenn es ihn ausreichend ärgert, dass er nichts mehr mit bekommt, wird er schon ein Hörgerät tragen. Und wenn nicht, kannst du es eh nicht ändern aber sparst dir die Stimme.
Gruß Jenny

Huhu!

Naja, die Frage ist immer der Leidensdruck, den man hat.

Ich bin selber schwerhörig (hochgradig, sogar), und bis ich 18 war, wollte ich keine Hörgeräte, und bin meiner Umgebung hochgradig auf die Nerven gegangen.

Mit 18 merkte ich dann, das es doch eine super Idee wäre, mir Hörgeräte anzuschaffen, weil ich in der Schule nicht mehr mitkam, und mich nicht besonders gut mit Leuten unterhalten konnte.

Bei alten Leuten kommt wohl häufig noch hinzu, das sie sich alt fühlen, wenn sie Hörgeräte tragen müssen/sollen.

Und das man selber kaum mitbekommt, wenn man graduell immer Schwerhöriger wird, weil man sich an die kontinuierliche Verschlechterung gewöhnt.

Abgesehen davon ist Hörgeräte tragen bis man sich eingewöhnt hat eher anstrengend.

Die einzige Methode (auch wenn sie nicht nett ist) ist seinen Leidensdruck zu erhöhen - in dem man z.B. das Telefon auf eine erträgliche Lautstärke stellt, und sich weigert, laut mit ihm zu sprechen.

Und ihm bewusst machen, das es eine größere Schande und Peinlichkeit ist, das alle hinter seinem Rücken sagen, das er ein tauber Alter ist, der sich das nicht eingestehen will, als Hörgeräte zu tragen.

Ihr könntet ihm mitteilen, was ihr über ihn denkt, und ihn zu einem Hörtest überreden. Vielleicht überzeugt ihn das Ergebnis.

Ich selber jedenfalls bin 28, trage seit 10 Jahren Hörgeräte und kann das jedem Schwerhörigen nur empfehlen - mir ist erst aufgefallen, wie sehr meine Lebensqualität ohne Hörgeräte gelitten hat, als ich welche bekommen habe.

Ohne Hörgeräte bin ich ein Sozialkrüppel, mit bin ich kaum von einem Normalhörigen zu unterscheiden. (Abgesehen von den spacigen silbernen Hörgeräten und den transparent-orangen Ohrstücken.)

Auf Hörgeräte zu verzichten obwohl man welche braucht ist kein Zeichen von Jugend, sondern einfach nur dumm.

Viele Grüße!
Ph.

Macht Euch keine Mühe mehr. Redet in normaler Lautstärke, macht den Fernseher leiser auf normale Lautstärke, dreht er auf, verlasst den Raum. Will er wissen, worüber Ihr lacht, wiederholt den Witz in normaler Lautstärke, kann er es immer noch nicht verstehen, wird er irgendwann nachgeben. Am besten nach einer Erkältung, da kann man es immer noch darauf schieben, dass er nicht mehr so gut hört. Da ist der Stolz und die Eitelkeit im Weg. Nur, je länger er wartet umso schwieriger wird die Gewöhnung an die Geräte. Da er noch arbeitet, wäre ein Gerät, das Geräusche in den Hintergrund verfrachtet, ideal für ihn. Hab ich auch. Muss er vielleicht zu zahlen, aber das ist es schon wert. Lasst Euch beraten. Es gibt wirklich gute Hörgeräte auf dem Markt.

es geschehen noch zeichen und wunder!!!

heute hat er mir das ergebnis seines hörtests beim HNO-arzt gezeigt (auf beiden ohren nur noch ca. 40% hörkraft). ich wusste überhaupt nichts davon, dass er zum doc geht - hat mir auch muttern nix gesagt, wobei ich aber nicht weiß, ob sie es wusste.

auf meine frage nach dem warum antwortete er: weil ich immer so viel mit ihm schimpfe".

sein nächster schritt ist jetzt eine beratung beim hörgeräteakustiker, und danach ein gespräch mit der privaten KK.

ich danke euch allen für eure antworten.
lg, pit