Schwieriges Kind in Zirkusgruppe.Lang

Hallo liebe Experten!

Ich würde zu folgendem Problem gerne mal eure Meinungen und/ oder Ideen hören da ich eigentlich keinen pädagogischen Hintergrund habe ausser der Tatsache dass meine Mutter Lehrerin ist :smile:

Für ein Nachbarschaftshaus leite ich als „Assistentin“ zusammen mit einem anderen Allroundjongleur einen Kursus „Zirkus“ ( Einmal wöchentlich, 20 Doppelstunden,19 Kinder von 8 bis 12, Endziel: Zirkusvorstellung mit Akrobatik, Jonglieren, Pois, Ball- und Tonnenlaufen, Einradfahren usw… Die Kinder haben sich natürlich freiwillig für den Kursus angemeldet)

Mittlerweile sind wir auf der Hälfte und kriegen immer mehr Probleme mit einem Jungen ( Brendon 10 Jahre alt)
Er stört eigentlich ständig, kann sich total nicht konzentrieren, friemelt an anderen Kindern rum, zieht durch seine Kommentare alle Andacht auf sich und ist leicht gewalttätig.
Ein paar Beispiele:

Obwohl er der kräftigste in der Gruppe ist ist er sehr weinerlich. Beim letzten Mal das wir Akrobatik geprobt haben war er Untermann und eines der anderen Kinder musste auf ihm stehen. Er hat sich eine halbe Stunde lang beschwert dass er Schmerzen habe (obwohl wir gecheckt haben dass die Übung korrekt ausgeführt wurde.
Beim Diabolo spielen fiel ein Diabolo von einem andren Kind neben ihn worauf er dasselbe mit dem Fuss wegkickte und sich lautstark beschwerte.
B.schmeisst Requisiten durch die Gegend…AHHH
Wenn man ihn auf sein Verhalten anspricht sind immer die anderen Schuld.
Beim frei üben kann er sich nicht alleine beschäftigen und seine Koordination ist auch nicht so toll.
Mit anderen Kinder zusammen arbeiten kann er auch nicht.
Mir erscheint so ein Verhalten nicht wirklich normal für ein Kind in dem Alter.

Jetzt hat sich mein Kollege schon mehrmals in aller Ruhe mit ihm zusammengesetzt und ihm erklärt dass das so nicht geht und hat versucht hinter die Gründe seines Verhaltens zu kommen.
Reaktion seinerseits: Dann schmeiss mich doch raus.
Nach einem Telefonat mit der Mutter stellte sich heraus dass ihm sowas wohl auch schon mit anderen Aktivitäten so ergangen ist. Familienhintergrund: Eltern geschieden…hmmm.

Jetzt stellt sich für uns volgendes Problem. Einerseits haben wir wirklich nicht sie Zeit und Lust uns ständig um ihn zu kümmern und tyrannisieren zu lassen, ist auch nicht wirklich unsere Aufgabe, schliesslich sind wir keine Schule und der Kurs ist für Kinder die Spass haben an diesen Dingen und keine Therapiegruppe. Der Rest der Gruppe ist übrigens super. Viele sind motiviert und lernen schnell.

Trotzdem möchten wir ihm doch noch eine Chance geben sodass seine Frustrationen die er so mit sich rumschleppt nicht noch grösser werden und er endlich mal was auf die Reihe kriegt.

Da ich das Gefühl habe dass viele der Probleme auf seine überschüssige Energie zurückzuführen sind hatte ich folgende Idee.
Meine Idee ist jetzt um ihn eine halbe Stunde früher kommen zu lassen (die Zeit würde ich mir dann nehmen) und ihn in der Zeit durch Aufwärmen und danach mit einer Art Zirkeltraining schonmal ein bisschen auszupowern.

Was haltet ihr von der Sache? Ist das zu einfach gedacht? Ein Versuch kann ja nicht schaden aber ein paar fachkundige Meinungen würden mich schon interessieren.

Liebe Grüsse aus Den Haag,
Katharina

Hallo Katharina,

Für ein Nachbarschaftshaus leite ich als „Assistentin“
zusammen mit einem anderen Allroundjongleur einen Kursus
„Zirkus“ ( Einmal wöchentlich, 20 Doppelstunden,19 Kinder von
8 bis 12, Endziel: Zirkusvorstellung mit Akrobatik,
Jonglieren, Pois, Ball- und Tonnenlaufen, Einradfahren usw…
Die Kinder haben sich natürlich freiwillig für den Kursus
angemeldet)

Zunächst mal respekt für Dein Engagement.

Meine Idee ist jetzt um ihn eine halbe Stunde früher kommen zu
lassen (die Zeit würde ich mir dann nehmen) und ihn in der
Zeit durch Aufwärmen und danach mit einer Art Zirkeltraining
schonmal ein bisschen auszupowern.

Was haltet ihr von der Sache? Ist das zu einfach gedacht? Ein
Versuch kann ja nicht schaden aber ein paar fachkundige
Meinungen würden mich schon interessieren.

Das ist schon mal ein guter Ansatz. Des weiteren würde ich versuchen, mit allen Kindern auszumachen, dass die Kaspereien nicht beachtet werden und der Junge die Zuwendung der Gruppe nur erhält, wenn er mitmacht. Habt ihr evtl. einen Raum, in dem er unbedeklich „stören“ kann, während die anderen z.B. ihr freies Training machen? Sowas wäre im Zusammenhang mit der extra halben Stunde vorher, wodurch ja auch sichergestell wäre, dass er sich nicht begründet benachteiligt fühlen kann, sicher unterstützend.

Gruß, Karin

Hallo Katharina,
ich finde es erst mal toll, dass ihr nicht den normalen Weg geht und ihn gleich rausschmeißt, sondern Ausdauer haben wollt. Sollte allerdings die Situation für die ganze Gruppe nicht mehr tragbar sein, dann müsst ihr euch wohl doch für den einfachen Weg entschließen.

Allerdings würde ich mir vorher ein paar Fragen stellen:

  1. Fühlen sich die anderen Kinder auch gestört? Welche Meinung haben sie zu dem Fall?
  2. Was kann Brendon gut? Gibt es eine Möglichkeit seine Fähigkeiten zu bestärken und das Gute mehr zu betonen als das SChlechte? Vielleicht hilft es ihm ja, eine kleinen Job zu bekommen, wo er die Verantwortung trägt und ihm gezeigt wird, dass er wichtig ist in dieser Gruppe?
  3. Welche Rolle spielt Brendon in der Gruppe? Ist er mit den anderen befreundet oder eher der Außenseiter? Wie könnte man ihn in die Gruppe integrieren?

Einfach nur ein paar Fragen und kleine Tipps, die funktionieren können, aber nicht müssen. Es gibt keine Patentrezepte für menschliches Verhalten. Wichtig ist, dass ihr als Gruppenleiter eine poistive Einstellung zu ihm behaltet und nicht jedesmal die Hände über dem Kopf zusammenschlagt, wenn ihr ihn nur seht, denn dann hat er keine Chance mehr.

Dass in seinem Fall die Scheidungsgeschichte ein Grund für sein Verhalten ist, kann möglich sein. Aber da ihr keine Therapiegruppe seid, wie du richtig bemerkt hast, hilft euch das nicht so viel weiter. Denn die allgemeinen Gruppen- und Umgangsregeln gelten für Brendon genauso wie für alle anderen. Da würde ich auch keine Ausnahme machen.

Ich hoffe, dass hilft Dir ein bißchen. Vielleicht kennst Du ja doch noch jemanden in Deiner Nähe, der Dir da weiterhelfen kann, falls gar nichts mehr geht.
Liebe Grüße und viel Glück
Daniela

Hallo Katharina

Hört sich etwas nach ADS an. wenns so wäre, könnte er sich selber nicht unter kontrolle halten. Ein paar Fragen (auf den ersten Blick komische, aber erklärung ginge zu lange) dazu:
Hat er lange Wimpern und einen etwas wie aufgeblasenen Bauch?
Hat er trockene Haare oder sogar trockene haut, eventuell sogar Hautprobleme?

Bin gespannt

Gruss
Beat

Hallo Katharina,

mein Tip: nehmt Brendon für voll

Das bedeutet geht mit ihm und der Situation um als wäre er ein Mensch. (Du behandelst ihn wie ein 10jähriges Problemkind)
Keine Sonderbehandlung, keine wirkliche Ausnahme.
Eine Verwarnung aussprechen, auf die Konsequenz hinweisen, vergewissern ob ihm die Konsequenzen klar sind, Bedauern ausdrücken, daß man ihn Ausschließen muß wenn es nicht besser wird und Hilfe anbieten um die Situation zu verbessern…aber…entscheiden MUSS Brendon.

Wenn Brendon das Gefühl hat für voll genommen zu werden, Zuwendung erarbeiten zu können über Leistung und Disziplin, wird er evtl. seine derzeitige Zuwendungstaktik verlassen.

Wenn ihr ihm noch einen Sonderstatus einrichtet wird er umso mehr von der Gruppe isoliert und bekommt einen Rebellenstatus offiziell verliehen.

Brendon hat zwar Probleme, aber es sind nicht eure Probleme, wenn ihr ihn für voll nehmt, wenn ihr mit ihm umgeht wie mit jedem anderen Menschen gebt ihr ihm eine Möglichkeit aus seinem Problemkreis herauszubrechen.
Es kann aber auch sein, daß er einfach noch nicht so weit ist, auszubrechen, dann ist es besser er spürt die Konsequenz weil sie ihn dort hin führt.

gruß D.K.

Wenn alles andere fehl schlägt, kann folgendes helfen:

Jedesmal, wenn es zu so einer Störung kommt, dann stell die Kinder im Kreis. Befrage sie, was sie von dem Verhalten ihres Kollegen halten. Lass sie darüber abstimmen, ob sie es gut finden oder nicht. Dann gib dem Betroffenen das Wort. Er soll begründen, warum er das gemacht hat und sich ggf verteidigen.

Kann aber auch nach hinten losgehen… also Vorsicht! Nur wer die Gruppe wirklich kennt kann entscheiden, ob so eine Vorgehensweise auch tatsächlich von Erfolg gekrönt sein könnte.

Ich hab bis jetzt nur gute Erfahrungen gemacht. Dem Sörenfried wurde seine „Rolle“ vor Augen geführt. Er erkannte, daß er mit seiner Tour nicht wirklich so gut ankommt, wie er dachte und testet andere Verhaltensmuster aus, bis die Gruppe ihn annimmt.