Seinen persönlichen Sinn finden

Hallo Freunde der Philosophie,

warum auch immer sind wir seit 2 Jahren von Todesfällen nur so umgeben. Es starben Personen aus meiner Familie, dem weiteren Freundeskreis und aus dem direkten Freundeskreis, sowie Nachbarn. In Summe komme ich auf aktuell 10 Todesfälle - 6 davon junge Menschen vom 2ten bis zum ca. 40 Lebensjahr. Gerade letzte Woche verstarben 2 junge Menschen.

Der Tod an sich bereitet mir wenig Angst. Allerdings stellt sich mir immer mehr die Frage was wirklich wichtig ist, was man selbst hinterlassen möchte. Ich will irgendwas bewegen, habe aber keine Idee was genau.

Mich würde interessieren, wie Ihr für Euch diese Frage angegangen seid und was Ihr für Antworten gefunden habt. Vielleicht hilft es mir ja meinen Weg zu finden.

Gruß,
Alexandra

Hallo Alexandra,

Du kannst den nur finden, wenn Du einmal bei ihm schon gestartet bist. Du hast Dir wohl irgendwann im Leben einen Sinn vorgestellt, erblickt, verfolgt oder erarbeitet, jedoch dürfte das lange her sein, weil man für gewöhnlich den Sinn des Lebens unter andren Dingen verschüttet oder verschüttet bekommt. Sicher ist, dass er nicht ganz erreichbar ist, sonst wäre das Leben nicht das Leben. D. h. es wird auf etwas hinzuarbeiten sein, das auf dieser Welt so nicht zu haben ist, und zugleich wird das in einer Art geschehen müssen, die bereits kleine Erfolge zeitigt, da man ja nicht sicher sein kann, ob es morgen noch weitergeht. D. h. der Weg muss wenigstens ein bisschen das Ziel sein.

Es gibt eine unerträgliche Leichtigkeit des Sterbens - z. B. dass man nicht zu einer Arbeit gehen muss, dass man niemandem zu dienen hat, dass man wenig bis nichts für sich tun oder denken kann. Daher wird der Sinn des Lebens wenigstens gewisse Dinge enthalten, die wir als wahrscheinlich annehmen dürfen: auf sich selber reflektiert haben, die wichtigsten Menschen mit Nachrichten versehen haben, gewisse Botschaften gehört und angenommen haben, gewisse Dinge erahnt und vergessen zu haben, die Schmerzen und das Leiden einigermassen würdig ertragen haben, und bei all dem etwas von dem zu spüren, was nicht haben ist, sondern sein - und was das sowohl individuell für einen ganz allein als auch universal für alle und zu jeder Zeit sein kann.

Das alles geht nur, wenn in der Vergangenheit bereits ein Ansatz dazu da ist. Man kann ihn ausbauen und erleichtern, indem man auch eine Kultur des Todes ein Stückweit pflegt und zulässt, bspw. Angehörige auf dem Friedhof besucht und sich ausmalt, wo man einst begraben sein will oder könnte. Man kann auch in sich gehen und überlegen, was „Zeit“ für einen ist, was man liebt oder was man noch mehr lieben möchte. Man kann auch Rituale entwickeln, z. B. eine regelmässige Andacht oder eine regelmässige Verbindung zur Natur eingehen. Wichtig sind natürlich Beziehungen, aber wo und wie oder wieviel muss jeder selber herausfinden. Wichtig ist schliesslich auch eine Art Öffentlichkeit, denn im Tod kannst Du einst nichts mehr verbergen.

Sicher ist: Das alles bedeutet einen Aufwand. Es ist zwar ein angenehmer Aufwand (wer spaziert schon nicht gerne, auch wenn es auf dem Friedhof ist), aber doch nicht jedermanns Sache. Stell Dir vor, Dein Arbeitgeber gibt Dir für einen Tag die Aufgabe, auf den Boden zu liegen und still zu sein, aber Du kriegst für den Tag keinen Lohn - ein eher unangenehmes Vorhaben. Und doch würdest Du am Boden auch wichtige Erfahrungen machen. Ähnlich ist es, wenn man sich mit dem Tod beschäftigt, man wird kaum dafür bezahlt (es wäre denn, man schleppte die Särge anderer…)

Gruss
Mike

Servus,

die Frage nachdem Sinn des Lebens. Warum bin ich und was muss ich tun um mein Lebenssinn zu erfüllen… fragen die sich jeder mal gestellt hat oder zum. sich selbst eine Antwort darauf gegeben hat.

Die Frage ist nicht, was der Sinn des Lebens ist, sondern was du aus deinem Leben machst, so dass du sagen kannst, das du ein erfülltes Leben hattest. Du solltest Spaß haben, dich freuen über Sachen, über Personen lachen mit Freunden etc. … auch Erfahrungen die du gemacht hast, die du an deine Nachfahren oder andere Nachfahren weiter geben kannst.

Zum. stelle ich mir es so vor, dass das für mich der Sinn des Lebens ist.

mfg,

Hanzo

Hallo Alexandra,
meine ‚erkenntnis‘ (klein geschrieben, weil sie klein ist) ist einfach. Im Großen ist alles völlig egal - ‚Sinn‘ ist für mich eine zeitlich begrenzte Angelegenheit.

Für mich ist das Hauptprinzip eines jeden Lebewesens:
‚Wohl erlangen, Leiden vermeiden‘
Schon Einzeller suchen den Ort der ihrem Leben förderlich ist und versuchen Orte zu vermeiden die abträglich sind.
Und das bleibt so, bis zum Menschen. Daher sehe ich einen Sinn darin mir und anderen zu helfen genau das zu tun. Ein wenig mehr ‚Wohl‘ und weniger ‚Weh‘. Dabei beurteile ich das ‚Wohl‘ ob es nachhaltig ist. Nur kurzfristiges ‚Wohl‘ hat auch nur wenig Substanz. Und manchmal kann kurzfristiges ‚Weh‘ zu langfristigem ‚Wohl‘ führen. Diese Abwägung ist die Herausforderung die es für mich spannend hält.

Ganz praktisch engagiere ich mich als Freiwilliger bei einer humanistischen Organisation für Sterbebegleitung, kaufe ab und an ein Stück Land für ‚meine‘ Orang Utans und unterstütze einige Kinder damit sie zur Schule gehen können. Alles keine großen Dinge - aber soviel wie ich kann. Mehr erwarte ich von mir nicht. :wink:.
Viel Erfolg bei deiner Suche…lux

Hi pollux,

Für mich ist das Hauptprinzip eines jeden Lebewesens:
‚Wohl erlangen, Leiden vermeiden‘

Danke für diesen klaren Sinn, ich habe davon mehr gelernt als von allen anderen.

Gruß
C.

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sinnfrei

Hallo Pollux,

danke für die Antwort - wir engagieren uns auch - aktuell versuchen wir rund um unser Haus ein Reich für Tiere und Blumen zu schaffen die auf den roten Listen stehen - mit Erfolg. Davor habe ich 12 Jahre Pfadfinderarbiet gemacht, ab und an päppeln wir mal ein Tier hoch und versuchen uns im Ort einzubringen und im unseren Umfeld zu helfen so gut es uns gelingt, Freunden und Gästen ein offenes Haus zu geben und ihnen schöne Stunden hier zu ermöglichen indem sie gut bewirtet werden - aber ist es das? Kann das alles sein oder gibt es da nicht was größeres, bedeutenderes gewaltigeres - keine Ahnung wie man das nennt. Ich will keine Mutter Theresa werden, aber kann man nicht mehr erreichen/machen. Ist es wirklich der Sinn im Kleinen seinen Teil dazu beizutragen?

Gruß,
Alexandra

Hallo Alexandra.

… aber ist es das?

na ja, letztlich wirst das nur du entscheiden können… ‚ob es das ist‘.
Ich finde das schon sehr viel… alles was jemand macht finde ich ‚viel‘ - denn ich gehe davon aus, dass es das ist, was jemand leisten kann.

Kann das alles sein oder
gibt es da nicht was größeres, bedeutenderes gewaltigeres -

Ich weiß nicht was du als ‚größer, bedeutender gewaltiger‘ definierst. Aber egal welche ‚gewaltigen, bedeutenden und großen‘ Dinge ich mir auch anschaue - die alle bestehen aus sehr vielen, sehr kleinen, sehr ‚langweiligen‘, teils sehr frustrierenden Schritten.
Aber jeder dieser Schritte muss gemacht werden und ob man letztlich wirklich da ankommt wo man hin will hängt neben der ganzen, wenig glamourösen Arbeit auch noch vom Glück ab.
Ich finde, was du beschreibst ist schon sehr viel - leider wird dir meine Meinung wenig bringen - dein eigenes Gefühl ist da ausschlaggebend. Vielleicht hilft dir der Gedanke, dass auch ‚Mutter Theresa‘ wahrscheinlich viele Hinterteile gesäubert hat. Profan? Ja, und sehr bedeutend, wenn das jemand nicht mehr alleine kann.
Gruß…lux

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Hallo Pollux,

danke für den Gedankenaustausch. Das hilft mir sehr.

Ich gehöre zu den unsteten Personen die immer etwas machen müssen und die von einem inneren Motor angetrieben werden und immer weiter wollen, weil sie wissen, dass man weiter kommen kann und Spaß daran haben. Vielleicht ist das aber auch mein Problem bei meiner Sinnfrage. Vielleicht ist das was wir machen tatsächlich schon eine Menge und wie Du beschreibst, das was gerade möglich ist. Und vielleicht sollte man sich damit dann auch einfach mal zufrieden geben - zumindest für eine Weile.

… aktuell könnte ich mir vorstellen bei der DRK-Rettungshundstaffel mit zu machen oder beim THW … aber auch das wirds vermutlich nicht für ewig sein.

Zufrieden - zufrieden bin ich in weiten Stücken insbesondere dann, wenn ich rund ums Haus sehe, wie sich bei uns die Wildtiere ansiedeln und auch die eine oder ander wilde Pflanze seinen Platz erobert, aber ich bin eben immer auf der Suche nach Dingen, wie man die Welt noch verbessern/verändern könnte oder anders formuliert, was kann ich der Welt zurück geben?

Gruß,
Alexandra

Hallo

[Philosophie]

[Todesfälle]

[Frage was wirklich wichtig ist]

[habe aber keine Idee was genau]

und

Mich würde interessieren, wie Ihr für Euch diese Frage
angegangen seid und was Ihr für Antworten gefunden habt.
Vielleicht hilft es mir ja meinen Weg zu finden.

Diese Frage kann ich nicht angehen, weil sie sich
mir nicht stellt. Daher kann ich nur mutmaßen.

Was glaubst Du denn , was Dir fehlen könnte
(denn es muß sich ja um etwas nicht-vorhandenes
handeln, von dem Du meinst, daß es vorhanden sein
müßte)?

(Wie alt bist Du?)

Grüße

CMБ

meine alte Frage
Wie kann ein Lebewesen WISSEN, dass es Wohl erlangt und Leid erfährt? Sind Menschen nur „Maschinen“ oder gibt es ein Selbstgefühl und ein damit zusammenhängendes BEWUSSTSEIN, gibt es eine „Qualia“ (siehe Wikipedia) oder suchen viele Menschen nur blind nach dem „Sinn des Lebens“ seit Jahrtausenden???

Dies ist meine alte Frage, die ich schon mal gestellt habe: Mechanik oder Wesen???

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Diese alte Frage beschäftigt heutzutage Psychologen und besonders Hirnforscher. Eine Menge Material dazu findest Du bei Richard David Precht in „Wer bin ich und wenn ja wie viele?“ (Goldmann Verlag).

Man ist sich klar darüber, daß viele unserer Handlungen aus dem Unterbewußtsein heraus gesteuert werden, und zwar in derselben Weise wie bei allen(?) Wirbeltieren. Das ist ein Erbe der Evolution.

Wo die Grenze zwischen Unterbewußtsein (Mechanik) und Bewußtsein (Wesen) liegt, wird sich möglicherweise nicht ermitteln lassen, denn das Unterbewußtsein würde damit diese Eigenschaft verlieren. Unser Gehirn ist offenbar ein Hochleistungs-Simulationsrechner, der uns aus dem Unterbewußten heraus bereits über die Steuerung und Filterung unserer Wahrnehmungen und des Gedächtnisses nach Strich und Faden „belügt“.

Vielleicht werden wir über eine wie auch immer entstandene Prägung aus dem Unterbewußtsein heraus gesteuert, auch bezüglich der jeweiligen Abwägung zwischen „Wohl“ und „Leiden“.
Vielleicht werden wir auch niemals darüber Gewißheit haben - oder das, was wir dafür halten.

Gruß
Cassius

Möglicherweise unterscheiden sich ja Mechanik und Wesen gar nicht wirklich, sondern nur graduell in ihrer evolutionären Selbstorganisation? Wie sich Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften nur graduell unterscheiden und kein wirklicher Widerspruch sind, trotz unterschiedlicher Sprachspiele und verschiedener Interpretationen der WAHRHEIT?

Wenn es nicht NUR ein Unterbewusstsein gäbe, sondern auch ein Überbewusstsein und dazwischen das individuelle Selbstbewusstsein, sozusagen als „ganze“ VERNUNFT des Menschen, was wäre dann der Sinn des Lebens?

Könnte man dann nicht viel besser den Lebenssinn von Sokrates begreifen, der nach Bewusstseinserweiterung über die großen Zusammenhänge des Lebens strebte, und nach Selbsterkenntnis, in seinem lebenslangen Lernprozess?

Gruß
C.
PS: Die Rechtschreibprüfung von WWW unterstreicht „Überbewusstsein“ rot, soll heißen, dass es das nicht gibt, bezogen auf den Stand der Wissenschaft.

Hallo
In Erinnerung an einen großen Puppenspieler zitiere ich Hans Frannek*. „Es kommt darauf an, im Leben eine Spur zu hinterlassen.“
Irgendwie streben wir danach, etwas Dauerhaftes zu hinterlassen, auch wenn wir nach unserm Tod nichts davon haben. Der Weg ist das Ziel.
Mit meiner Freundin erhoffe ich mir einen möglichst langen Weg. Aber ein Ziel? Wenn es ein Ziel gäbe, wäre danach nichts Erstrebenswertes da.
Ein Förster erfreut sich an den aufwachsenden Bäumen. Eltern an Kindern. Planer an der Gestaltung von Landschaft, Landschafts- und Naturschützer am Erhalt von dem, was sie als wertvoll empfinden.
Ich empfinde den Tod von geliebten und/oder geschätzten Menschen als Abbruch ihres Weges. Wenn sich jemand findet, der dort weitermacht, wo sie aufhören mussten, ist meine Welt in Ordnung.
Grüße
Ulf

*in meiner Jugend habe ich auch bei ihm Puppenspiel gelernt. War nicht mein Ding von Dauer. Aber irgendwie hat er gewusst, dass einer seiner 4 Zöglinge in seine Fußstapfen tritt. Das hat ihm Kraft und Lebensmut gegeben.