Hallo Branden,
Kein Mensch wird einem 50jährigen, der sagt, dass er Briefmarken
sammelt, seit er 5 ist (und nicht :seit er 5 war), auch nur einen
Augenblick ernsthaft unterstellen, er sei noch nicht einmal 6 Jahre
alt.
In der Tat kaum, es sei denn, er ist unbestechlich und lässt sich von läppischen Äußerlichkeiten nicht beeinflussen
Aber im Ernst: Ich glaube, Manuela hat recht:
seit er Briefmarken sammelt, ist er zufrieden ==> d.h., er tut es noch heute, und er ist es noch heute
seit er 5 ist, trinkt er Milch ==> analog, d.h., er ist heute 5 Jahre alt, und trinkt Milch
Aber die Variante Manuelas: „Seit ich fünf Jahre alt WAR, macht mein Vater Sonntags immer mit mir Ausflüge“ geht grammatikalisch nicht und ergibt auch keinen Sinn.
Die Konjunktion „seit“ verbindet m.E. ein vergangenes Ereignis mit einem späteren Zustand. Daraus müsste grammatikalisch folgen, dass beide Verben zumindest in zeitlicher Konkordanz, wenn auch nicht in gleichem tempus stehen müssen:
„Seit er hier war, habe ich ihn nicht mehr gesehen.“ Das tempus des Hauptsatzes steht für zutreffende Abgeschlossenheit zum Zeitpunkt der Äußerung (perfekt, konstatiert), das des Nebensatzes für rekurrent zutreffende Feststellung, über deren Abgeschlossenheit mangels hellseherischer Kraft sich nichts sagen lässt; beide bewegen sich aber in zeitlicher Verbundenheit, wenn auch in verschiedenen tempora.
Ich möchte drambeldier zustimmen:
„hier wird ein Zeitraum [der mit ‚seit‘ eingeleitet wird] mit einem Zeitpunkt [Hauptsatz] verknotet, deshalb wirken beide Varianten ein wenig schräg [sind falsch!, sowohl grammatisch als auch logisch]. Korrekt wäre wohl:
Seit ich 5 Jahre alt geworden bin,“ [macht mein Vater mit mir Ausflüge]. Ha! Ein ungewohntes Beispiel für den Sinn einer Grammatik!
Da drängt sich mir eine weitere Frage auf: Könnte es sich beim gewohnten Ausdruck um eine Art umgangssprachlicher Ellipse handeln, à la „Ich habe keine Zeit!“
Aber das frage ich mal separat.
Grüße
Heinrich