Seit wann existiert die Marktwirtschaft ?

Hallo zusammen,

ich würde gerne mal weit in die historische Entwicklung der Marktwirtschaft zurückreisen^^ Mich würde einfach mal interessieren, seit wann es die Marktwirtschaft auf dem Planeten Erde gib? Gibt es Untersuchungen dazu? Die Marktwirtschaft wird einem ja gerne als eine Entwicklung der moderne verkauft aber wenn man das ganze mal detaillierter vor Augen führt, dann sind ja im klassische Handel so wie ihn die Römer vollzogen haben zumindest „Marktwirtschaftliche Tendenzen“ zu entdecken, oder? Auch wenn die Römer mit dem Begriff mit Sicherheit nichts anfangen konnten.
Wann gab es denn die erste Wirtschaftsform die man als freie Marktwirtschaft bezeichnen kann?

Liebe Grüsse :slight_smile:

Welche Antwort da ‚richtig‘ ist, hängt stark von der Betrachtungsweise ab.

Erstmal muss klar sein, was mit ‚Marktwirtschaft‘ bzw ‚freier Marktwirtschaft‘ definiert ist.

Wenn man es sehr allgemein sieht, ist der auch frühe Tauschwirtschaft (meine Pfeilspitze gegen 5 kg frisches Mammut) schon Marktwirtschaft sofern ein ‚Markt‘ für beide Güter vorhanden war d.h. einige Pfeilspitzenmacher und einige Fleischbesitzer anboten.

Wenn man es sehr eng fasst, bedingt die ‚freie Marktwirtschaft‘ einen Staat, der dem Handel bewusst (!) seinen ‚freien‘ Lauf läßt und einen Markt mit weitgehender Transparenz durch etwa aktiven Vorgehen gegen Monopole garantiert. Einen solchen Staat gibts erst seit rund 100 Jahren. Aber das ist sehr diskutierbar.

Hallo!

dein Beispiel mit den Römern ist doch nicht falsch. Nur es begann sicher viel früher.
Man kann bereits den Tauschhandel der ersten Frühmenschen als „Marktwirtschaft“ bezeichnen. denn wenn man durch ersten Tausch Ware gegen Ware feststellte, das bestimmte Waren (die man selbst hatte oder herstellte) bei anderen besonders begehrt waren, so wurden diese Waren sicher verstärkt hergestellt und angeboten.
Das war die Grundlage für einen Markt, eine Marktwirtschaft. Sicher immer noch als Tausch, aber irgendwann kamen dann auch geldwerte Zahlungsmittel wie Metalle.

Bis das dann in größerem Maßstab (Handel über weite Strecken, Aufbau von Handwerksbetrieben/Manufakturen/Industrie vergingen Jahrtausende.

Klassische Marktwirtschaft in heutigem Sinne begann wohl mit der Industriellen Revolution .

MfG
duck313

Vielen herzlichen Dank euch beiden,

dann wäre es ja in der Tat so dass unser heutiges Wirtschaftssystem (zumindest in Grundzügen und wenn man die Sozialkomponente mal igoniert) eigentlich zeitgleich auch das älteste ist. Finde ich sehr faszinierend. :smile: Das System hat sich definitiv bewährt^^ Damit wäre die „freie Marktwirtschaft“ wenn man sie mal ganz simpel und von den Basics her betrachtet eigentlich auch schon „immer da“. Eben seit dem die Menschen Handel treiben. Damit auch noch vor den Römern.
Wobei die Römer ja sowieso sehr fortschrittlich waren, da gabs ja auch bereits einfache Kredite (habe ich zumindest mal gelesen).

Liebe Grüsse :smile:

Das ist natürlich hochgradig eine Angelegenheit von Definitionen und Perspektiven.

Tauschhandel und „Marktwirtschaftliche Elemente“ sind so alt wie die Menschheit.
Von einer Marktwirtschaft würde ich aber (-> Definitionen und Perspektiven) nur dann sprechen, wenn nicht nur getauscht wird, sondern massenweise gezielt für den Markt produziert wird.

Das eine Datum gibts auch dafür nicht, zumal es nicht nur eine Zeitfrage, sondern eine Zeit-Raum-Frage ist.
Mit Giovanni Arrighi würde ich die norditalienischen Stadtstaaten so etwa im das 15. Jahrhundert als Anfang setzen. Später war der Ort dann weiter nördlich (Holland, England), und so richtig global wurde es erst seit dem 19. Jhdt.

Gruß
F.

Ahhn okay logisch, diese Definition ist natürlich nachvollziehbar denn in dieser Entwicklungsstufe konnten die Menschen natürlich noch nicht den Markt vorhersehen und entsprechend planen bzw. genau das produzieren. Es wurde eben schlicht getauscht.

Liebe Grüsse :smile:

Und wie würdest Du den Handel mit Seide und Gewürzen bezeichnen, oder den Getreidehandel von den südlichen Ländern in den Norden? Die gehen in der Geschichte wesentlich weiter zurück und sind teilweise Kontinente überschreitend.
MfG
airblue21

Das fand doch schon sehr viel früher als ab dem 15. Jahrhundert statt. Spontan fallen mir da etwa die Terra sigillata und das Garum der ollen Römer ein, welche neben hochspezialisierten Handwerkern auch schon Großbetriebe kannten.

:paw_prints:

Zum Garum: https://de.wikipedia.org/wiki/Garum#Handel

:paw_prints:

Da müsstest du sagen, was du konkret meinst.
Die Ostindien-Kompanien beispielsweise ab dem 17. Jhdt. sehe ich als das, was ich als „später dann weiter nördlich“ angerissen habe (weil v.a. von mittelwest-/nordeuropäischen Ländern ausgehend). Das halte ich noch nicht für eine globale Marktwirtschaft, sondern für Früh- oder Mischformen davon.
Ist natürlich auch wieder eine Definitionsfrage. M.E. ist es aber nicht sinnvoll, Produktionsformen, die unmittelbar auf politisch-militärischem Zwang (Kolonialismus) beruhen, bereits als genuine „Marktwirtschaft“ zu bezeichnen, auch wenn die Produkte dann auf Märkten der Kolonialherren gehandelt werden und auch dafür produziert wurden. Aber es fehlt beispielsweise weitgehend ein Arbeitsmarkt in den Produktionsländern, der m.E. wesentlich dafür ist, um sinnvoll von einer genuinen „Marktwirtschaft“ sprechen zu können.

Und, wie gesagt, Tauschhandel und (auf bestimmte Produkte oder bestimmte Handelsrouten) begrenzte marktwirtschaftliche Elemente, sehe ich natürlich immer schon. Darunter würde ich z.B. die Stichworte „Seidenstraße“ oder „Swahili-Kultur“ einordnen, die du vielleicht meinen könntest.

Swahili ist ein gutes Stichwort, um das ein bißchen auszuführen: da wurde an der ostafrikanischen Küste über Jahrhunderte massiv Handel mit Asien betrieben, so dass über die Swahili bis in den Ostkongo hinein Produkte für Märkte in Asien hergestellt wurden. Dennoch wäre es gänzlich absurd, Ostafrika ingesamt eine „Marktwirtschaft“ für diese Zeit zuzusprechen. Aber „marktwirtschaftliche Elemente“, klar.

Gruß
F.

Auf die Römer hat der UP ja schon hingewiesen.
Dem widerspreche ich auch gar nicht.

Gruß
F,

Doch das tust du, wenn die die italienischen Stadtstaaten im 15. Jt. als Anfang annimmst.

:smile_cat:

Sag mir doch nicht, was ich tue, Mönsch! :wink:

Ich habe gar nicht widersprochen, sondern sogar bestätigt, dass sich „marktwirtschaftliche Elemente“ quasi „immer schon“ finden (wo sich Privateigentum, zirkulierende Tauschmittel und Handel über größere Strecken finden: das ist vielleicht die Minimaldefinition). Allein die Bibel ist voll von Zeugnissen davon.
Die Ursprungsfrage „seit wann existiert die Marktwirtschaft“ fragt m.E. aber nach einem bestimmten sozial- und wirtschaftsgeschichlichen Zeit-Raum, sonst hat sie wenig Sinn.
Die Antwort „Seit den Römer“ erschiene mir halt nicht sonderlich plausibel. Damit leugne ich aber doch nicht die Aspekte, die du anführst bzw. die der UP angeführt hat.

Gruß
F.