Selbständigkeit aufgeben mit Insolvenz oder ohne?

Hallo,
ich werde meine Selbständigkeit aufgeben müssen. Ich erhalte zu wenige Aufträge, bekomme die Rechnungen nicht rechtzeitig bezahlt und bin so immer wieder in Engpässe geraten. Nun kommen gar keine Aufträge mehr und ich kann die laufenden Kosten nicht decken.
Bisher weiß ich, dass ich mich beim Gewerbeamt abmelden muss und dem Finanzamt die Meldung zukommen lassen muss. Außerdem muss dann ein abschließender Steuerbescheid gemacht werden, auch für die Umsatz- und Gewerbesteuer?!
Meine Schuldenbilanz beläuft sich auf 30t€ nur bei der Bank. Ist es sinnvoll Insolvenz anzumelden (welche?) oder sich versuchen mit der Bank zu einigen? Ich bin Einzelunternehmer, habe keine Angestellten.
Einen neuen Job habe ich noch nicht in Aussicht. Hatte mich jedoch freiwillig arbeitslosenversichert, so dass ich hoffe beim Arbeitsamt Unterstützung zu bekommen.

Sie sind in einer kritischen Phase, da kann man viele Fehler machen. Darum unbedingt sich einem Ratgeber anvertrauen. Aber welchem? Rechtsanwalt für Insolvenzrecht ist immer angesagt. Kostenpunkt ca. 200,- EUR für die Erstberatung.
Aufstellung aller Verbindlichkeiten, bevor Sie dorthin gehen.
Vergleichen können Sie sich nur dann, wenn Sie auch etwas anbieten können.
Sie können auf Zeit spielen, indem Sie alle anschreiben und Ihre derzeitige Zahlungsunfähgikeit kundtun mit der Bitte, sich noch 14 Tage zu gedulden…usw.
Bitte, ich mache hier keine Rechtsberatung!!! Darum mein Hinweis ----> Anwalt.

Frage: Was wollen Sie danach tun? Hat Ihre Selbständigkeit wirklich keinen Sinn mehr?
Was sind denn die Ursachen Ihrer Schulden?
Wenn für Sie das Thema wirklich erledigt ist, dann bleibt nur der Anwalt. Der macht für Sie auch die Insolvenzanmeldung mit allem drum und dran.
Kostenpunkt liegt bei rd. 1.500 EUR, die der aber vorher haben will. Das ist das Problem, wenn Sie ohnehin kein Geld mehr haben.

So schnell wie möglich wieder in Arbeit und Brot zu kommen ist unbedingt erforderlich, wenn Sie ohne Anwalt weitermachen. Aber die Gläubiger geben eben erst Ruhe, wenn die Lage geklärt ist. Insolvenzanmeldung können Sie auch selber machen, Infos gibt es im Internet genügend.
Was das Gericht hierfür benötigt, ist von Bundesland zu Bundesland etwas verschieden.
Wenn Sie zu Ihren Gläubigern einen „guten Draht“ haben, können Sie selbstverständlich auch mit jedem individuelle Vereinbarungen treffen. Wenn Sie nichts haben, also nichts was man zu Geld machen kann, sind Sie ja am längeren Hebel. Doch bedenken Sie, durch eine saubere Insolvenz sind Sie nach einigen Jahren schuldenfrei. Und sofort ist der Zahlungsdruck von Ihnen weg.

Gruß von
Karl Rapp
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Manchmal meint man es geht nicht weiter. Meine Erfahrung hat gezeigt, daß in jeder Situation, so schlimm es auch erscheinen mag, immer auch einen neue Chance versteckt ist.
Hier meine persönliche Meinung, ohne hier den Eindruck einer Rechtsberatung, oder Steuerberatung erwecken zu wollen. Hierfür sind die Anwälte, Steuerberater und Ämter zuständig.
Aus Ihren Schilderungen kann ich nicht erkennen, was Sie gemacht haben und was die Ursachen für die schleppende Zahlungsmoral sowie das Ausbleiben von Kunden sein kann. Bei einer ausführlichen Analyse findet man erfahrungsgemäß immer einige Anhaltpunkt, was man vielleicht verbessern könnte oder ob man vielleicht einen Teil Ihres Geschäftes veräußern könnte. Wichtig ist, daß Sie sich Einkünfte sichern, um finanziell beweglich zu sein. Ich persönlich würde, wenn es möglich ist, mit dem Arbeitsamt sprechen, und mich vorerst arbeitslos melden. Wenn Sie etwas über Ihr Geschäft einnehmen, wird das, soweit ich weiß mit dem Arbeitslosengeld teilweise verrechnet. Auch bin ich der Meinung, daß man erlittene Verluste ggf. steuerlich geltend machen kann. Hierzu würde ich mit meinen Steuerberater sprechen. Ob und inwieweit eine Insolvenz für Sie vorteilhalft sein kann, kann ich nicht beurteilen, hier könnte man mit einer karitativen Schuldnerberatung sprechen, was normalerweise kostenfrei ist. Wenn es wirklich zu einer Insolvenz kommen sollte, müßten Sie meiner Meinung nach sowieso versuchen zuerst eine gütliche Einigung hinzubekommen. Falls die Bank wirklich Druck macht, könnte man ja über ein P-Konto nachdenken. Ich persönlich würde versuchen einen Insolvenz zu vermeiden, wobei eine saubere Insolvenz auch ein gangbarer Weg sein kann, einen neuen Anfang zu gestalten. Das muß man aber im Einzelfall sehen, 6 Jahre sind auch eine lange Zeit.

Sie haben ein Problem was aber nicht unlösbar ist, Ihr Steuerberater hätte anhand Ihrer Bilanzen schon längst Alarm schlagen müssen.

Ansonsten schließe ich mich der Meinung von Herrn Rapp an, bis auf die Aussage dass der Anwalt sofort seine Kosten bezahlt haben will bzw. Sie keinen Rechtsbeistand bekommen, jedem Bundesbürger steht Rechtsbeistand zu, auch wenn er mittellos ist, früher nannte man das Armenrecht, also, Beine in die Hand, ab zum Anwalt oder lieber erst zur Schuldnerberatung und es wird eine vernünftige Lösung geben,

viel Glück und Erfolg dabei,

freundliche Grüße,
Wolfgang Schindel

Hallo Unbekannte,
neben allem Vorgesagtem würde ich dazu raten, die Schuldnerberatung aufzusuchen. Die Entscheidung Insolvenz und wenn welche, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Das ist ein längerer Prozess… Wenn Sie freiwillig eine Pflichtversicherung bei der Arbeitsagentur bezahlt haben, dann melden Sie sich doch bitte gleich arbeitslos! Dort ist man für Sie zuständig sobald Ihre wöchentliche Arbeitszeit unter 15 Stunden die Woche fällt. Das wird wohl der Fall sein, wenn Sie keine Aufträge mehr haben. Sie müssen dazu ihre Firma nicht abmelden.
Viel Erfolg und freundliche Grüße,
Birgitt Torbrügge

Hallo Birgitt!

Die Entscheidung Insolvenz und wenn welche, hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Ich wußte gar nicht, daß ein Einzelunternehmer die Wahl zwischen verschiedenen Arten der Insolvenz hat. Welche Arten sind es denn?

Um die Frage gleich selbst zu beantworten: Es ist eine Regelinsolvenz, also keine Privatinsolvenz. Darüber sollte der Fragesteller froh sein, denn mit etwas Sachverstand läßt sich eine Regelinsolvenz deutlich zügiger zur Verfahrenseröffnung bringen, als dies bei einer Privatinsolvenz gelingt.

Dies unabhängig davon, ob eine Insolvenz überhaupt sinnvoll ist. Bei „nur“ 30 T€ Verbindlichkeiten muß man sehen, daß man mit einer Insolvenz die persönliche Bonität für ein Jahrzehnt in den Keller schickt. Es ist auch nicht unbedingt davon auszugehen, daß Arbeitgeber bei einem ehemals Selbständigen in der Insolvenz Schlange stehen. Deshalb sollte vorrangig und sehr zügig geprüft werden, woran die Selbständigkeit krankte, ob und wie man die Sache auf ein erfolgversprechendes Gleis schieben kann. Möglicherweise handelt es sich um die unter Einzelkämpfern verbreitete Vertriebsschwäche. Dafür spricht die Aussage des Fragestellers, daß „keine Aufträge kommen“. Aber Aufträge kommen zumeist nicht von alleine. Man muß sie aktiv akquirieren. Um noch etwas zu reißen, muß man mit der Bank reden. Dafür braucht man ein überzeugend schlüssiges Konzept. Sonst wirft die Bank bereits verlorenem Geld kein weiteres hinterher.

Zunächst aber muß der Unternehmer wissen, was er will. Viele in ähnlicher Situation sind derart ausgebrannt und wollen einfach nicht mehr, so daß nur noch die Insolvenz bleibt.

Gruß
Wolfgang

Hallo, das tut mir sehr leid!
Nach meiner Kenntnis braucht ein Einzelunternehmer keine Insolvenz anmelden. GGfs. käme aber eine Privatinsolvenz in Frage?
Auf alle Fälle versuchen, mit der Bank eine Klärung herbeizuführen- die sitzen einem sonst ewig im Nacken. Gibt es einen Steuerberater? Eventuell den mit ins Boot nehmen.
Eine Schuldnerberatung ist bei den Bankgesprächen manchmal hilfreich, da dort auch Anwälte Unterstützung bieten. Gute Tipps gibt es auch im Schuldnerforum.
Viel Glück.
MFG
Buki

Servus,

bist Du so lieb und gibst noch eine Quelle dafür, dass § 11 InsO nicht für insolvente Einzelunternehmer gilt?

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

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Hallo Iris!

Nach meiner Kenntnis braucht ein Einzelunternehmer keine
Insolvenz anmelden.

Wenn ein Einzelunternehmer einen anderen Lösungsweg als die Insolvenz findet, kann er diesen anderen Weg gehen. Der Gf einer Kapitalgesellschaft hat weniger Freiheitsgrade und ist ggf gezwungen, Antrag auf Eröffnung des Inso-Verfahrens zu stellen. Wählt aber der Einzelunternehmer die Insolvenz, ist es eine Regelinsolvenz und nicht die Verbraucher-/Privatinsolvenz. Im Ergebnis ist es aber kein Unterschied, weil der Einzelunternehmer mit seinem Privatvermögen haftet.

Auf alle Fälle versuchen, mit der Bank eine Klärung
herbeizuführen- die sitzen einem sonst ewig im Nacken.

Lt. Ursprungsposting ist die Bank der einzige Gläubiger. Großartigen Klärungsbedarf gibt’s da nicht. Die Bank will ihr Geld. 30 T€ ist dabei eine eher unglückliche Größenordnung. Das liegt im Bereich eines gewöhnlichen Pkw und ist von Normalverbrauchern durchaus irgendwie abstotterbar. Wären es eine, besser noch zwei Nullen mehr vor dem Komma, ließe es sich leichter reden, weil die Bank von vornherein wüßte, daß sie ihr Geld nicht wiedersieht.

Gibt es einen Steuerberater?

Das kann, muß aber nicht hilfreich sein. In vielen Fällen dient der Steuerberater als Hiwi, um trotz elementarer kaufmännischer Defizite des Unternehmers über die Runden zu kommen. Ob sie es mit einem kaufmännischen DAU zu tun hat, wird die Bank im Laufe der Zeit mitgekommen haben. Kommt es in solchen Fällen zu Zahlungsproblemen, hilft es wenig, mit irgendwelchen Beratern aufzutauchen.

Man muß (hurtig!) klären, ob das Gewerbe in überschaubarer Zeit auf einen erfolgversprechenden Weg zu bringen ist. Gibt es diesen Weg, muß man ihn der Bank glaubhaft präsentieren.

Natürlich sind auch die Chancen einer abhängigen Beschäftigung abzuklopfen. Erst nachdem alle Informationen auf dem Tisch liegen, nachdem man auch weiß, ob es womöglich um das Dach über dem Kopf geht, lassen sich brauchbare Vorschläge für die nächsten Schritte erarbeiten.

Eine Schuldnerberatung ist bei den Bankgesprächen manchmal hilfreich…

Schuldnerberatungen sind Anlaufstellen für Verbraucher. Solange es um das Thema Selbständigkeit geht, kann man mit einer Schuldnerberatung wenig anfangen. Man braucht betriebliche Zahlen und ein Konzept, wie man aus desaströsen Zahlen etwas glaubhaft Tragfähiges macht.

Beruhte die Selbständigkeit auf Wolkenkuckucksheimen der Sorte Scheinselbständigkeit oder von einem Auftraggeber abhängiges Subunternehmertum, werden vorhersehbar auch Konzepte nicht mehr weiterhelfen. Dann geht es um die Frage Insolvenz oder Vergleich mit der Bank mit tragbaren Raten. Sobald das Wort Insolvenz im Raum steht, weiß eine Bank, daß sie im Regelfall irgendwas zwischen ganz wenig und nichts bekommt. Das wirkt sich förderlich auf die Gesprächsbereitschaft aus.

Gruß
Wolfgang