Selbständiger Freiberufler in der GKV

Hallo Zusammen

Eine Person möchte sich auf freiberuflicher Basis selbständig machen (in IT-ähnlicher Branche mit Projekt-bezogener Tätigkeit) und freiwillig versichert in der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben (ist er z.Zt. als Angestellter auf Grund Überschreitung der Versicherungspflichtgrenze ebenfalls).
Nun heißt es auf der Seite der Krankenkasse bei der er bleiben möchte, dass ein hauptberuflich Selbständiger, welcher Anspruch auf Krankengeld ab der 7. Woche haben möchte, Beiträge in Höhe von 14,6% + Zusatzbeitrag 0,9% + Pflegeversicherung 2,6% von seinem Einkommen zu entrichten hat. Also im Grunde genommen die gleichen Betragssätze (%) wie ein Arbeitnehmer, nur das er den Arbeitgeber-Anteil dann halt auch selbst tragen muss.
Ferner muss er im Gegensatz zu einem Arbeitnehmer auch als Mindestbeitrag 310,43 € entrichten (+Zusatsbeitrag, +Pflegeversicherung), was also einem Einkommen von 2126,25 € entspräche. Verdient er also weniger als diese 2126,25 € aber mehr als 1417,50 €, zahlt er prozentual also deutlich mehr (bis zu ca. 21,9% + Zus.btr + PV bei 1418 €). Verdient er jedoch unter 1417,50 € / Monat kann er u.U. den geringeren Mindesbeitrag von nur 206,96€ (+Zusatsbeitrag, +Pflegeversicherung) geltent machen, was prozentual bei z.B. 1417 € wieder ca. 14,6 % (+ Zus.btr + PV) entspricht und dann mit fallendem Einkommen prozentual gesehen wieder entsprechend steigt.
Zwischen 1417,50 € und 4.125,00 €/Monat zahlt er Beiträge in Höhe von 14,6% (+ Zus.btr. + PV). Der Höchstbetrag ist dann bei 602,25 €/Monat gedeckelt was wiederum den 14,6% von 4.125,00€ entspricht.
Die Informationen auf die ich mich beziehe habe ich von dieser Seite der AOK:
https://www.aok.de/hessen/beitraege-tarife/krankenversicherung-selbststaendige-und-freiberufler-245086.php

Frage Nr.1) Habe ich das soweit richtig verstanden?

Nun kann es aufgrund der Projekt-bezogenen Tätikeit sein, dass die Person in einem Jahr sehr gut verdient (sagen wir z.B. 100.000 €/Jahr) und im folgendem Jahr vielleicht weniger gut (z.B. nur 20.000 €/Jahr)
Bezügl. der Einstufung heißt es:

„Die Beitragseinstufung wird ab sofort aufgrund des Einkommensteuerbescheids berechnet.“

Findet dann jährlich eine Nachberechnung (ähnlich der Veranlagung bei der Einkommenssteuer) für die tatsächlichen Beitrage zur KV statt oder nur wenn im laufendem Jahr mit dem geringeren Einkommen eine Reduzierung auf Grund nachfolgender Regelung beantragt wird? :

„In einer Selbstständigkeit läuft nicht immer alles nach Plan. Sollte
eine unverhältnismäßige Beitragsbelastung infolge eines Gewinneinbruchs
von mehr als 25 Prozent zum letzten Einkommenssteuerbescheid entstehen,
ist eine Reduzierung des Beitrags unter Vorbehalt möglich. Als Nachweis
ist generell ein aktueller Vorauszahlungsbescheid vom Finanzamt
erforderlich. Zusätzlich wird eine aktuelle Gewinn- und Verlustrechnung
benötigt. Die Neueinstufung erfolgt zum nächsten Monatsersten nach
Ausstellung des Vorauszahlungsbescheids. Der Vorbehalt endet mit dem
Einkommensteuerbescheid, der den Zeitraum des Gewinneinbruchs
beinhaltet. Soweit dieser Einkommensteuerbescheid niedrigere oder höhere
Einnahmen als bei der Gewinn- und Verlustrechnung ausweist, erfolgt
gegebenenfalls eine Beitragsgutschrift oder eine Nachzahlung.“

Die Person weiß ja am Anfang eines Jahres gar nicht wie gut das laufende Jahr wird und möchte natürlich möglichst von Beginn des Jahres an viel zu hohe Beiträge zur KV auf Grund eines „fetten Vorjahres“ vermeiden.

Frage 2.) Kann man diesen Antrag pauschal am Anfang des Jahres stellen damit eine Berechnung auf Grund des tatsächlichen Jahres-Verdienstes spätestens mit dem Einkommenssteuerbescheid für das Jahr erfolgt? Oder wird sowieso jedes Jahr nachverechnet?

Viele Grüße,
ausssi

Hallo,
du hast das mit Beitrag und Krankengeld richtig verstanden.
Was die Einstufung betrifft gilt folgende Regelung, jedenfalls kenne ich sie so aus der Praxis.
Wenn sich jemand neu selbständig macht, dann stellt die Kasse zunächst mal den Status fest - hauptberuflich Selbständig oder nicht, das muss festgestellt werden.
Hauptberuflich Selbständig - Der Versicherte wird grundsätzlich mit dem Höchstbeitrag eingestuft !!
Auf Antrag kann die Einkommens bezogene Einstufung erfolgen, d.h. der Selbständige schätzt sein Einkommen und wird nach vorläufig eingestuft. allerdings unter Berücksichtigung der Mindestbeitragsbemessungsgrenze.
Diese Einstufung gilt bis zur Vorlage des ersten Einkommensteuerbescheids.
Danach wird die Einstufung ggf. rückwirkend geändert ab Beginn - wenn allerdings zwischenzeitlich Krankengeld bezogen wurde, geht das natürlich nicht.
Das hat zur Folge, dass es ggf. zu Nachzahlungen kommen kann, aber auch, wenn die Schätzung mehr als die Mindestbeitragsbemessungsgrenze betrug, eine Rückzahlung ist möglich. Diese neue Einstufung wird nun endgültig und gilt bis zum nächsten Einkommensteuerbescheid. Ist das Einkommen dann höher gewesen in der Vergangenheit, dann wird die Einstufung nach diesem höheren Einkommen für die Zukunft vorgenommen, ist es niedriger gewesen, dann wird ebenso verfahren, dies wieder bis zum nächsten Bescheid, usw, usw.
Aber immer wird die Mindestbeitragsbemessungsgrenze berücksichtigt.
Gruss
Czauderna

Hallo,
vielen Dank für die Antwort.
Das scheint ja eigentlich ein faires Prinzip zu sein, da man für ein Jahr auch Beiträge, gemessen am Einkommen für ein Jahr bezahlt. Nur, im Gegensatz zur Einkommensteuer, halt Zeitversetzt. Das gibt einem ja auch die Möglichkeit im „guten Jahr“ Rücklagen für die Beiträge des Folgejahrs zu schaffen, falls es dann nächtes Jahr ein „weniger gutes Jahr“ wird. Wird das nächste Jahr tatsächlich ein weniger gutes Jahr, so zahlt man dann folglich für das übernächste Jahr geringere Beiträge. Und zwar auch, wenn dieses übernächste Jahr dann wieder ein "gutes Jahr wird.

Nun gibt es da ja aber auch noch die Möglichkeit der Reduzierung wegen Gewinneinbruchs (mehr als 25%) im laufendem Jahr (auf Antrag und mit den genannten Nachweisen und unter Vorbehalt)… Ist das nicht irgendwie eine „Lücke“ im System? Nehmen wir mal folgenden Fall an; Mann hatte in den vergangenden 2 Jahren den Zyklus ‚schlechtes Jahr‘ > ‚gutes Jahr‘. Im laufendem Jahr hätte man also hohe Beiträge, die die niedrigen Beiträge im eigentlich gutem Vorjahr kompensieren würden. Nun liegen im laufendem Jahr die Voraussetzungen vor (Gewinneinbruch 25% absehbar) und man beantragt die Reduzierung (unter Vorbehalt). Tatsächlich wird das laufende Jahr am Ende auch ein ‚schlechtes Jahr‘ und somit ergibt die Nachverrechnung keine bzw. nur geringe Nachzahlung. So hätte man dann für das ‚gute Jahr‘ auch nur geringere Beiträge gezahlt. Wurde das nicht die Möglichkeit eröffnen die Krankenkassenbeiträge immer gering zu halten in dem man nach einem gutem Jahr regelmäßig im darauf folgendem Jahr weniger Aufträge annimmt ?

Gruß,
ausssi

Hallo,
ja, auch hier gilt - wer sich auskennt im System, der findet auch die Schwachstellen bzw. die berühmten „Hintertürchen“ - die Frage ist halt - wer macht so etwas auch tatsächlich in der Praxis - wer solche Klimmzüge macht, nur um an der Krankenversicherung zu sparen, dem muss es in seiner Selbstätigkeit auch sonst nicht unbedingt gut gehen - und die Begründung „…Wurde das nicht die Möglichkeit eröffnen die Krankenkassenbeiträge immer gering zu halten in dem man nach einem gutem Jahr regelmäßig im darauf folgendem Jahr weniger Aufträge annimmt ?..“ - also, ob das wirklich jemand macht, gute Aufträge ausschlagen wegen der Krankenversicherung ???.
Gruss
Czauderna

Hallo,
ja, zugegben; das mag sich komisch anhören - vielleicht habe ich das was ich da eher im Hinterkopf habe nicht so ganz richtig preisgegeben…
Die freiberufliche Tätigkeit über ich nachdenke birgt potentiell ein erhebliches Risiko von sehr stark schwankenden Jahreseinkommen. So habe ich derzeit ein Angebot für eine 3-Monatige Tätigkeit (Inbetriebnahmetätigkeit im Ausland) ein Einkommen von rund 90.000 € (Tagessatz zu 1.000 € ) zu erzielen. Um solche Angebote in Zukunft öfter zu erhalten bedarf es wohl auch erst mal eines gewissen Netzwerkes, was naturgemäß viel Zeit zum Aufbau benötigt. Auch eine gewisse Portion Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein oder auch gerade verfügbar für einen solchen Auftrag zu sein, spielt da mit rein. Wenn es dann im nächsten Jahr nicht zu einen solchen Auftrag kommt, kann es gut sein dass mit nur ein paar Klein-Aufträgen es sehr spärlich wird. Dann möchte man ja nicht nur Hauptsächlich für die Krankenversicherung arbeiten (wegen der hohen Beitrgäge auf Grund des guten Vorjahres). Außerdem spielt da auch mit rein, das ich gar nicht mehr ausschließlich darauf aus bin wie ein Hamster im Laufrad zu ackern um Kohle zu scheffeln. Denn das habe ich die letzten 10 Jahre getan. Ich habe seit meinem Eintritt ins Berufsleben immer sehr gut verdient, allerdings auch immer für sehr harte Bedingungen. Es war bei allen meinen bisherigen Arbeit leider immer so, das es nur „alles oder nichts“ gab. Gerne würde ich in meinem (Angestellten-) Job z.B. meine Jahresarbeitszeit ordentlich reduzieren (selbstverständlich mit analoger Gehaltsreduzierung). Aber die bisherigen Arbeitgeber haben bisher immer abgewunken. Ich kann mir deshalb sehr gut vorstellen nach einem gutem Jahr, im darauf folgendem Jahr auch mal nur das nötigste zu machen und 'ne Menge Freizeit zu genießen. Auch spielt da mit rein das es mir die letzten 10 Jahre ermöglicht haben ein ordentliches finanzielles Polster aufzubauen. Das möchte ich natürlich nicht schmälern da es ja auch zur Altersversorgung beitragen soll und um gar keine Zukunftssorgen mehr zu haben reicht es noch nicht (leider müsste ich noch ca. 25 Jahre in die Rente einzahlen). Die Kapitalerträge hieraus würden aber auch schon ein wenig zur Grundsicherung des Lebensbedarfs beitragen, zumal die Eigentumswohnung mittlerweile auch abbezahlt ist. Ich schweife hier wohl gerade ziemlich ab, aber in erster Linie sind es die Beiträge zur KV und in zweiter Linie die Beiträge zur RV die mich extrem Beschäftigen in der Frage ob ich den Sprung in die freiberufliche Tätikeit wagen soll…
Viele Grüße,
aussi

P.S.: Zwischen dem Höchstbeitrag und dem Mindestbeitrag (inkl. Zus.beitr. und PV) besteht auf Jahr gesehen immerhin ein Unterschied von ca 4.500 € / Jahr. In einem mageren Jahr würde ich diesen Betrag, der ja u.U. aus dem Vermögen fließen muss, lieber zur Grundsicherung des Lebensbedarfs einsetzten als für KV-Beiträge. :wink:

P.P.S:

Diese Frage ziehlte eigentlich darauf ab ob die gesetzl. Krankenversicherungen da Mechanismen (in Form von nachlesbaren Regeln) haben um diesen dann evtl. mehrfach vorkommenden nicht stattfindenen Ausgleich der „guten“ mit den „schlechten Jahren“ zu verhindern.