Hi,
wenn ich Hilfestellung" im Zusammenhang mit „Hausaufgaben“
höre, dann verstehe ich darunter, dass Eltern die Hausaufgaben
für die Kinder machen (haben wir ja oft genug hier oder in
anderen Brettern, dass jemand postet „Mein Kind hat XY als
Hausaufgabe, ich versteh das nicht, erklärt mir wie das geht,
damit ich das mit meinem Kind machen kann“).
Ja, das trifft aber nicht auf mich zu und auch nicht in dem was ich geschrieben habe. Ich verstehe unter Hilfeleistung, dass ich den Raum für die Hausaufgaben zur Verfügung stelle (Zeit, Arbeitsplatz) und ggf. da bin um Verständnisfragen zu beantworten, bzw. auf den richtigen Weg zu schubsen, auf Fehler aufmerksam mache oder noch besser das Kind darauf sensibilisiere sie selber zu erkennen.
Da ich auch für andere Kinder Hausaufgabenbetreuung / Nachhilfe gebe, weiß ich, dass dies nicht immer so geregelt ist. Viele Kinder haben keinen Ort in der Wohnung, wo sie ihre Schulaufgaben ungestört erledigen können, keiner achtet darauf dass sie sie überhaupt erledigen. Viele Kinder verstehen die Aufgaben nicht und es ist keiner da der ihnen hilft.
Dieser Reflex
wird noch dadurch verstärkt, wenn er im Zusammenhang mit dem
Begriff Grundschule auftaucht (Grundschüler sind ja nach der
Meinung vieler Lehrer und va Eltern damit überfordert,
gleichzeitig Schreiben, Kursivschrift und Rechtschreibung zu
lernen und müssen vor solcher und weiterer Überforderung
beschützt werden).
Habe ich so noch nicht erlebt. Ich finde zwar dass Kinder damit überfordert sind, wenn sie am gleichen Tag zwei Tests / Klassenarbeiten schreiben (womöglich noch in zwei verschiedenen Sprachen), sie bis 16h in der Schule sind und anschließend noch Hausaufgaben machen müssen und Referate in Gruppenarbeit gehalten werden müssen ohne ihnen die Möglichkeit gegeben wird sich gemeinsam vorzubereiten, aber die Grundvoraussetzung ist natürlich die Sprache.
Was verstehst Du unter Kursivschrift? Ich vermute Schreibschrift?
Natürlich muss, je kleiner das Kind ist, jemand dabeisitzen
und darauf achten, das die Hausaufgaben gemacht werden. Aber
das Kind soll sie tun. Und Fragen sollten schon gestellt
werden dürfen und auch beantwortet werden - sofern das Kind
nicht die Antwort verlangt, damit es fertig ist und spielen
gehen kann. Die Antwort des Erwachsenen solte zum
Selberforschen ermuntern und auf den richtigen Weg stupsen,
aber nicht die Lösung wegnehmen. Und wenn das Kind eben nicht
auf die richtige Lösung kommt, oder nur fast, dann ist es ok,
wenn es die Hausaufgabe halb gelöst vorzeigt (das erste selbst
geschmierte Marmeladenbrot erinnert ja auch eher an eine
Atomkatastrophe als an etwas essbares. Mami freut sich, und
das Kind ist stolz und isst. Oder schimpft Mutti und macht ein
neues Brot?). Ich wiederhole mich: wenn ich die Hausaufgabe im
Unterricht vergleiche, und es kommen lauter richtige Lösungen,
dann denke ich, dass jedes Kind die Aufgabe verstanden hat.
Wenn ich Fehler höre, weiß ich, dass nicht jeder alles
verstanden hat, und wiederhole noch einmal.
Ja, genau das meine ich doch. Ich habe nur den Fokus darauf gelegt, dass es eben nicht immer Muttis oder Vatis gibt, die dies tun! Dabei meine ich nicht nur die Eltern, die dem Kind den Stoff vorkauen und auf dem Silbertablett präsentieren, sondern auch die Eltern die NIX tun - weder unterstützen, noch dem Kind die Arbeit abnehmen, einen Schreibtisch zur Verfügung stellen, ihnen die Zeit dafür zur Verfügung stellen oder überhaupt in irgendeiner Form Interesse zeigen. Deswegen meine Meinung, dass dies in der Schule stattfinden soll - damit alle Schüler die gleichen Voraussetzungen haben.
Der Umstand, dass die Schüler eben von ihren Eltern nur mit
perfekten Hausaufgaben in die Schule geschickt werden, ist ein
Teil der Ursache dafür, dass Lehrer oft zu schnell arbeiten.
Ja, dem stimme ich zu. Schaue Dir aber auch mal eine Schule an, wo die Eltern sich nicht beteiligen - da geht gar nichts! Am schlimmsten trifft es den Klassen, wo es bei den Eltern different wird. Die Lösung ist auch hier: schaffe dem Schüler einen Raum in der Schule und entziehe die Hausaufgabe vom Elternhaus in die Schule!
Es ist natürlich nicht der einzige Grund: jeder Schüler ist
anders, und deswegen muss es eben für die Erledigung der
Hausaufgaben die Möglichkeit geben, mit der eigenen
Geschwindigkeit zu arbeiten. Und wenn ds hausaufgabenerledigen
dann wieder in der Schule in der gleichen Gruppe stattfindet
mit Aufsichtsperson, wo wieder die gleichen viel schneller
sind als man selber, dann hat man den gleichen Frust, und dann
kommt noch dazu, dass man immer der letzte ist, der zum
Spielen darf… oder der Einzige, der nicht fertig ist und zu
Hause noch weiterarbeiten muss… oder derjenige, der dafür
verantwortlich ist, dass alle zu spät zum Spielen können oder
Zusatzaufgaben machen müssen, bevor das Sppielen losgeht. (Wie
willst du das sonst mit der Aufsicht organisieren?)
Bei uns funktioniert das so: es gibt einen Hausaufgabenraum („Study Hall“), wo alle Schüler hingehen um ihre Hausaufgaben zu erledigen. Dort gibt es eine, manchmal mehrere Lehrer und / oder Erzieher. Wer stört, muss ein Protokoll schreiben (also stört niemand). Wer mit den Aufgaben fertig ist, lernt für Klassenarbeiten, wiederholt Lernstoff oder liest ein Buch. Keiner darf spielen oder den Raum verlassen, weil er mit den Schulaufgaben fertig ist. Kein Schüler bekommt so mit, ob jemand „fertig“ ist, denn fertig ist man praktisch nie. Es ist ein Raum des Lernens - und es beeindruckt mich zutiefst wie sehr die Schüler das annehmen.
Und was das mit den Konsequenzen angeht: man lernt beim
Hausaufgaben machen auch viele viele weitere Fähigkeiten außer
Selbständigkeit und MAthe oder Deutsch oder … - man lernt
etwwas über Konsequenzen und Selbstdisziplin. Wenn ich mich
nicht heute hinsetze und Hausaufgaben mache, dann habe ich sie
morgen im Unterricht nicht und die Lehrerin schimpft und/ oder
ich habe am nächsten Nachmittag doppelt soviel Hausaufgaben
und / der ich bin der einzige in der Klasse, der den neuen
Stoff noch nciht kann. Und ich lerne, dass es sinnvoller ist,
mich gleich hinzusetzen undHausaufgaben zu machen. Denn dann
habe ich im Anschluss mehr Freizeit, als wenn ich erst eine
Stunde ausweiche und vor mir herschiebe und dann Hausaufgaben
mache.
Ja, aber das ist ein langer Prozess. Die Prognastination beherrschen viele Erwachsene noch perfekt.
Und für mich sind Kinder keine kleinen Erwachsenen - aber sie
sind für mich weniger hilflos und schwach als vermutlich für
viele andere.
Sie sind nicht hilflos und schwach, aber sie befinden sich in einer enormen Entwicklungsphase, die nicht gleichverteilt unterstützt wird.
Viele Grüße