Selbstmord als Gemeinschaftserlebnis

Hi,

zufällig gerade im TV: Einer, der sich planmäßig umbringt, alle dabei einbezieht. Der Mann ist manisch-depressiv und Arzt… er sei „austherapiert“.

Wieso geht der nicht los und nutzt seine Fachkenntnisse, um in irgendeinem entfernten Land anderen zu helfen?

Den Freitod konnte er dann wohl durchführen in einer Einrichtung, die dafür anscheinend angedacht ist.

Gruß
Istiden

Hallo Istiden,

Wieso geht der nicht los und nutzt seine Fachkenntnisse, um in
irgendeinem entfernten Land anderen zu helfen?

Warum fragst du uns das?

Leider habe ich keine näheren Infos zu dem Artikel hier, wo es um hochintelligente Menschen ging, die ihr Können nicht für das Wohl der Gesellschaft verwendeten, sondern einfach und bescheiden blieben. Eine Intelligenzbestie im Plebejermantel… Hoffentlich habe ich den Artikelbaum in etwa richtig im Kopf :wink:

Ein Kommentar dazu war, dass es eine Katastrophe sei, wenn jemand mit seinem Können ‚nichts‘ macht und andere, die gerne der Gesellschaft an vorderster Front helfen würden mit ihrem ‚beschränkten‘ Kopf trotz größter Anstrengung scheiterten. Ich glaube, es kam auch der Begriff ‚Zwangsarbeit für die Gesellschaft‘ vor…

-> http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,…

Wie würdest du argumentieren, wenn du der Arzt wärest und den Vorwurf bekämest?

Wie sieht die Biografie des Arztes aus?

Was hat das menschliche Umfeld des Arztes getan um ihm zu helfen, oder allgemeiner, wie wurde er behandelt?

Den Freitod konnte er dann wohl durchführen in einer
Einrichtung, die dafür anscheinend angedacht ist.

Um was geht es (dir) eigentlich?

Grüße Roman

Hallo Mensch 3.11,

Wieso geht der nicht los und nutzt seine Fachkenntnisse, um in
irgendeinem entfernten Land anderen zu helfen?

Warum fragst du uns das?

Ich habe danach gefragt, weil es mir merkwürdig erscheint, wenn eine Person den Selbstmord offiziell plant und (per TV) begleiten lässt… und da kam es mir in den Sinn: Wieso macht so eine Person, die körperlich gesund ist, nicht etwas Sinnvolles, statt so viel Energie in den Todesplan zu stecken, dabei ein Fernsehteam die Vorbereitungen dazu bis zum letzten Moment filmen zu lassen und den Löffel - mit Hilfe anderer Leute - abzugeben?

Dabei erscheint es mir auch als merkwürdig, dass alle Leute seine Entscheidung akzeptieren bzw. hinnehmen sowie auch merkwürdig, dass so ein Mensch, der psychisch krank ist, nicht auf eine Geschlossene eingewiesen wird… wieso hat man das nicht gemacht? Sind alle in seinem Umfeld auch krank im Kopf?

Ein Kommentar dazu war, dass es eine Katastrophe sei, wenn
jemand mit seinem Können ‚nichts‘ macht und andere, die gerne
der Gesellschaft an vorderster Front helfen würden mit ihrem
‚beschränkten‘ Kopf trotz größter Anstrengung scheiterten. Ich
glaube, es kam auch der Begriff ‚Zwangsarbeit für die
Gesellschaft‘ vor…

Ich bin nicht dafür, dass man Zwang anwendet, um so einen dazu zu bewegen, anderen zu helfen… nicht jeder Intelligente ver(sch)wendet sein Leben darauf, seinen Tod zu planen und sich dabei von seinen Nächsten begleiten zu lassen bis zur Eingangstür einer Institution, die mich ein wenig an den Film „soylent green“ erinnert; da gibt es eine Sterbefabrik, wo Lebensmüde totgespritzt werden - so auch dieser Mann.

Ich frage mich, ob das nicht zweifelhaft ist, wenn andere einen körperlich gesunden Menschen, der eine psychische Erkrankung hat, dabei aktiv helfen, ihn zu töten.

Wie würdest du argumentieren, wenn du der Arzt wärest und den
Vorwurf bekämest?

Ich bin nicht psychisch krank, nicht unzurechnungsfähig sowie nicht suizidplanend.

Wie sieht die Biografie des Arztes aus?

Schwul (das Wort wurde nicht offen benannt, aber es wurde gesagt, er habe ein paar eher nicht so langanhaltenden Beziehungen zu Männern gehabt), studierter Arzt, einmal erfolgreich und richtig wohlhabend, dann gescheitert daran… hatte in einer manischen Phase wohl Ausraster und landete da mal im Knast, aber anscheinend war das nix Großes, eher in dem Stil, jemanden eins auf die Nase geben. Und in einer weiteren manischen Phase wollte er mal durch eine selbst gegründete Organisation die Welt retten.

Was hat das menschliche Umfeld des Arztes getan um ihm zu
helfen, oder allgemeiner, wie wurde er behandelt?

Er galt als „unheilbar“ erkrankt. Ich denke also, dass er Therapie(n) gemacht hat, aber ein behandelnder Arzt/ Therapeut kam nicht in der Doku vor, soweit ich das sah.

Den Freitod konnte er dann wohl durchführen in einer
Einrichtung, die dafür anscheinend angedacht ist.

Findet Ihr, dass man in Deutschland auch solche Todesstätten, wo man sich Gift spritzen lassen kann, einrichten sollte?

Würdet Ihr einem psychisch kranken Nächsten (Freund, Freundin) dabei helfen, den eigenen Tod vorzubereiten und das hinnehmen, wenn er/ sie es absolut und unbedingt WILL, sterben?

Gruß
I.

Freiheit?

Ich habe danach gefragt, weil es mir merkwürdig erscheint, wenn eine Person den Selbstmord offiziell plant und (per TV) begleiten lässt…

Es gibt halt Exhibitionisten, die unbedingt etwas noch-so-absurdes tun müssen, um Aufmerksamkeit zu kriegen.
Mit „Schniedel öffentlich zeigen“ kann er ja keinen mehr hinterm Ofen vorlocken.

und da kam es mir in den Sinn: Wieso macht so eine Person, die körperlich gesund ist, nicht etwas Sinnvolles, statt so viel Energie in den Todesplan zu stecken, dabei ein Fernsehteam die Vorbereitungen dazu bis zum letzten Moment filmen zu lassen und den Löffel - mit Hilfe anderer Leute - abzugeben?

Psychiatrische Erkrankungen können deutlich schlimmer als körperliche Leiden sein.
Und dass er seine Energie auf sowas vergeudet ist vielleicht besser als das, was er sonst damit machen würde.
Er könnte ja auch statt dessen einen Giftgasanschlag auf Hamburg planen - da ist mir wirklich wohler, wenn er sowas anstellt. Kommt wenigstens kein Unschuldiger bei zu Schaden.

Dabei erscheint es mir auch als merkwürdig, dass alle Leute seine Entscheidung akzeptieren bzw. hinnehmen

Das nennt man Toleranz gegenüber Andersdenkenden.
Außerdem, wer einmal mit Psychisch Kranken zu tun hat und gesehen hat wie da der Justizapparat läuft, der ist froh, wenn die nix Anderes tun außer sich selbst die Birne wegzupusten!

sowie auch merkwürdig, dass so ein Mensch, der psychisch krank ist, nicht auf eine Geschlossene eingewiesen wird… wieso hat man das nicht gemacht? Sind alle in seinem Umfeld auch krank im Kopf?

Geht vielleicht nicht?

Ich frage mich, ob das nicht zweifelhaft ist, wenn andere einen körperlich gesunden Menschen, der eine psychische Erkrankung hat, dabei aktiv helfen, ihn zu töten.

Aktiv helfen oder nur machen lassen? Das sind 2 Paar Schuhe.
Trotzdem, ich kenne die Details nicht, weiß nicht wo hier die „Unterlassene Hilfeleistung“ beginnt.
Aber beim Stichwort „austheraphiert“, wenn es dazu gerichtliche Gutachten gibt, dann wird es schwer, den Begriff „Hilfeleistung“ überhaupt noch sinnvoll anzuwenden.

Findet Ihr, dass man in Deutschland auch solche Todesstätten, wo man sich Gift spritzen lassen kann, einrichten sollte?

Wenn’s freiwillig ist, warum nicht?
Ist mir ehrlich gesagt lieber als dass man Leute rumrennen läßt, die bei nächster Gelegenheit einen Wagen klauen und dann mit Vollkaracho in ein Einkaufszentrum donnern.

Würdet Ihr einem psychisch kranken Nächsten (Freund, Freundin) dabei helfen, den eigenen Tod vorzubereiten und das hinnehmen, wenn er/ sie es absolut und unbedingt WILL, sterben?

In die Verlegenheit bin ich bisher nicht gekommen.
Aber in gewissen Konstellationen kann es bei stark psychisch Kranken -neutral betrachtet- manchmal tatsächlich für alle Beteiligten das Beste sein, wenn sie nicht mehr leben.

Gruß,
Michael

Hi,

Selbstmord ist immer eine heitle Angelegenheit.
Depressive Menschen haben einfach kein „Sozialgefühl“ mehr.
Einigen ist es egal, was ihre Nächsten denken werden oder zumindest kommt das Denken hoch „Sie werden mich nicht ewig vermissen“ oder „Sie werden früher oder später drüber hinweg kommen“. Sprüche die man oft genug hört.
Es geht meistens nur noch um sich selbst. Warum liebt mich keiner? Warum sagt keiner mal, wie gut ich etwas gemacht habe? Warum??? … Fragen die man sich als „gesunder“ Mensch zwar auch ab und zu stellt, aber diese Fragen werden nicht der Mittelpunkt des Lebens.

Warum sollte man, wenn man sich solche Fragen schon stellt, noch sein Fachwissen nutzen?
Naja, manche würden erstmal garnicht auf den Gedanken kommen, sowas zu tun. Es ist meistens keine Option.

Nunja, den Freitod haben viele Menschen bereut, als es eigentlich schon zu spät war. Z.b. überleben einige Menschen den Sprung von der Golden Gate Bridge und sagen danach, dass sie es bereut haben zu springen. Man erkennt eben aufgrund der Depression nicht mehr alles.

mfg,

Hanzo

Hallo!

Nachdem ich deinen Beitrag nicht ganz verstanden habe, habe ich im Internet nach der Reportage gesucht und auf dieser Seite gefunden: http://www.videoportal.sf.tv/video?id=4565f15b-383e-…

Die meisten deiner Fragen beantworten sich nach den ersten fünf Minuten.

Findet Ihr, dass man in Deutschland auch solche Todesstätten,
wo man sich Gift spritzen lassen kann, einrichten sollte?

Diese Frage vor diesem Hintergrund zu diskutieren, ist etwas schwierig. Es gibt qualvolle körperliche Erkrankungen, die unabwendbar mit dem Tod enden, etwa dem Tod durch Ersticken nach einer fortschreitenden Lähmung. Und ich denke für solche Fälle sollte die Möglichkeit einer aktiven Sterbehilfe gegeben sein.

Peter

Hi miteinander.

Wusstet ihr das Suizid statistisch beweisbar genetisch programmiert ist?
Das durch dieser Statistik sogar Verwandtschaft von Völker feststellbar ist?

Gruß.

Balázs

Frei Tod?
Nun ja,
hier wird rumpsychologisiert. Eine philosophisch anthropologische Antwort fällt auch mir schwer. Wie frei ist der Mensch in dieser Entscheidung wirklich?
Der alte Freud hatte so eine Idee vom Todestrieb. Ob das stimmt lass ich mal, bei allem Zweifel, so stehen. Ich glaube eher an die Selbstaktualisierungstendez zum Leben.
Geschichten dieser Art hört man schon mal, wie jener der sich schlachten ließ. Eine Art sexueller Perversion. Dann einige Sektenanhänger die kollektiv Selbstmord machten. Sonnentempler, Davidianer z.B. Ich komme ins Grübeln über das Wort Selbstmord.
Was ist mit jenen Soldaten, die in ihrem Hurrapatriotismus kollektiv „Selbstmord“ begehen? Sie verwenden natürlich eine andere Deutung.
Ich hörte mal von einem römischen Recht, wo jede das Recht auf seinen Freitod hatte, wenn es ihm gelang zu überzeugen. Dem stimme ich auch persönlich zu. Die Argumentation des Sokrates über seinen Tod fand ich hochinteressant. Auch Seneca berichtete über das „rosa Bad“.
Was das Wort „Aus-therapiert“ anbelangt, erinnere ich mich an die Analyse von Carl Rogers (Gesprächstherapie) über den Fall Ann West. Wenn die behandelnden Ärzte wirklich verstanden hätten, hätte sie gerettet werden können, so sein Fazit. Sie wurde von einer Ärztegruppe in der Klinik fallengelassen. „Wir können ihr nicht helfen, lassen wir sie sterben“. Und diese Konferenz soll sie mitbekommen haben - soweit ich mich erinnere.
Verändern durch verstehen, wäre auch im Fall dieses im TV gezeigten Arztes m.E. möglich gewesen. Davon bin ich überzeugt. Mir erschien die Begleitung und Ja Sagerei als eine „repressive Toleranz“, nicht als Verstehen.

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Hallo,

Wie frei ist der Mensch in dieser Entscheidung wirklich?

Das fragte ich mich auch. Kann ein Mensch, der psychisch stark beeinträchtigt ist, überhaupt zu einer solchen Freiheit gelangen? Oder ist er nicht in seiner Destruktivität quasi darauf festgelegt, nur den einen Weg noch zuende zu denken, sich selbst auszulöschen? Und welches „Selbst“ wäre das (noch)?

Was ist frei daran, sich zu vernichten? Was frei daran, andere in den Vernichtungsplan in aller Konsequenz einzubeziehen … ja, einzuschließen, also vielleicht auch sie einen Teil weit zu zerstören?
Einige der Beteidigten schienen doch zerrissen, man spürte auch hier und da eine Verzweiflung, sogar eine Wut, meine ich bemerkt zu haben in den Haltungen und Aussagen.

Der alte Freud hatte so eine Idee vom Todestrieb. Ob das
stimmt lass ich mal, bei allem Zweifel, so stehen.

Freud ist für meinen Geschmack zu sehr auf Triebe festgelegt und daher auch für mich nicht unbedingt der Richtige, um sich dem zu nähern.

Ich glaube
eher an die Selbstaktualisierungstendez zum Leben.

Ja, und der Selbstmörder hat nicht mehr den Funken an Bedürfnis oder Motivation, sich selbst zu aktualisieren - und das ist m.E. nicht gottgegeben oder eine Art genetische Zeitbombe, die man nicht ausschalten kann, sondern liegt an der Erkrankung der Psyche, aus der dieser Todeswille überhaupt erst hervorgeht.

Ich hörte mal von einem römischen Recht, wo jede das Recht auf
seinen Freitod hatte, wenn es ihm gelang zu überzeugen. Dem
stimme ich auch persönlich zu. Die Argumentation des Sokrates
über seinen Tod fand ich hochinteressant. Auch Seneca
berichtete über das „rosa Bad“.

Nun, vielleicht hat der Mann in der Doku ja auch überzeugt? Ich denke aber eher nicht - er hat nur einfach seinen Plan durchgezogen, und ich denke, dass er es tat wie der Richter und der Henker an einem Verurteilten… er hat sich selbst verurteilt (für seine manischen Auswüchse z.B.) und sich dann auch selbst „hingerichtet“ - so kam es mir vor: Ist nur eine mögliche Sichtweise.

Was das Wort „Aus-therapiert“ anbelangt, erinnere ich mich an
die Analyse von Carl Rogers (Gesprächstherapie) über den Fall
Ann West. Wenn die behandelnden Ärzte wirklich verstanden
hätten, hätte sie gerettet werden können, so sein Fazit.

Ich denke, dass genau ist sehr oft das Problem.

Sie
wurde von einer Ärztegruppe in der Klinik fallengelassen. „Wir
können ihr nicht helfen, lassen wir sie sterben“. Und diese
Konferenz soll sie mitbekommen haben - soweit ich mich
erinnere.

Ein Todesurteil… jedoch, diese Frau war anscheinend auch körperlich in einem sehr desolaten Zustand.

Verändern durch verstehen, wäre auch im Fall dieses im TV
gezeigten Arztes m.E. möglich gewesen. Davon bin ich
überzeugt.

Schade, dass man dazu nicht mehr in der Doku erfahren hat. Für mich wäre es gerade das gewesen, was mich besonders interessiert hätte: Wie haben die behandelnden Ärzte/ Therapeuten das wahrgenommen?

Mir erschien die Begleitung und Ja Sagerei als eine
„repressive Toleranz“, nicht als Verstehen.

Ja. Das empfand ich auch als irritierend, auch als beklemmend und sogar teils als abstoßend.
Möglicherweise hat der Mann wirklich eine so große Festung um sich errichtet, dass es keinem Menschen gelingen konnte, sich ihm verstehend anzunähern. Dann wäre die Frage, wie kann man da überhaupt noch handeln? Zwangseinweisen? Medikamente? Das ist ja hier durchaus die Praxis, sofern man die Gelegenheit hat, die Selbstmordkandidaten vor ihrem Tod zu „erwischen“.

Gruß
Istiden

Hi.

  • und
    das ist m.E. nicht gottgegeben oder eine Art genetische
    Zeitbombe, die man nicht ausschalten kann, sondern liegt an
    der Erkrankung der Psyche, aus der dieser Todeswille überhaupt
    erst hervorgeht.

Die Statistik legt aber unmissverständlich eine wie auch geartete aber genetische Codiertheit nahe.

Gruß.

Balázs