Selbstmord in der griechischen Mythologie

Also ich weiß jetzt nicht, ob ich das hier richtig eingeordnet habe… aber meine Frage ist:

Was geschieht laut griechischer Mythologie oder nach antikem Glauben mit einem Selbstmörder nach dem Tod?

Wird er normal beerdigt, mit einem Obolus für Charon, und wird dann von Letzterem in den Hades gebracht? Oder verhält es sich anders? Kommt er, wie die Frevler, in den Tartaros?
Über welchen Fluss wird ein Selbstmörder gebracht - Lethe, Styx, Pyriphlegeton?

Für Hilfe wäre ich euch sehr dankbar,

gullin

Hallo gullin,

Einzelfälle sind bekannt, namentlich Herkules. Da er nicht sterben kann, leidet er am Gift des Zentaurs grosse Qualen und beschliesst, sich zu verbrennen. Es wird ein Scheiterhaufen errichtet, Herkules ist oben drauf, der Scheiterhaufen wird angezündet, Herkules wird aber entrückt und landet auf dem Olymp, weil er ein Halbgott ist.

Gruss,
Mike

Selbstmord im klassischen Griechenland
Im der griechischen Antike geht es beim Thema Suizid lediglich darum, ob er ehrenvoll ist oder nicht. Also um die Form des ruhmvollen oder unrühmlichen Andenkens, das der Tote hinterläßt. Er wird - anders als im zeitgenössischen Judentum - nicht moralisch bewertet.

Und er wird sehr kontrovers bewertet. Bei den Tragödiendichtern (Aischylos, Sophokles, Euripides) hat er gegebenenfalls eine heroische Wertung. Im „Phaidros“ des Platon dagegen wird er (von Sokrates) strikt abgelehnt.

Laut Diogenes Laertios war Hegesias Peisithanatos vermutlich - aber leider wegen verlorengegangener Texte nicht bezeugt - ein in Alexandria lehrender Philosoph, der den Suizid sogar als Empfehlung in Konsequnez seiner lebensweltlichen Analyse propagierte.

Was geschieht laut griechischer Mythologie oder nach antikem Glauben mit einem Selbstmörder nach dem Tod?

Gar nichts. Das wird nicht problematisiert. Der aus Kreta importierte mythische Rhadamanthys, der letztlich als Totenrichter fungierte, bewertete die Taten in der Lebenszeit des Toten, nicht aber wie er zu Ttode kam.

Wird er normal beerdigt, mit einem Obolus für Charon, und wird dann von Letzterem in den Hades gebracht? Oder verhält es sich anders? Kommt er, wie die Frevler, in den Tartaros?

Der Ritus, dem Toten eine Münze zwischen die Lippen zu stecken, um Charon zu bezahlen, war nicht überall verbreitet. Die Frage, ob Hades oder Elysium, richtete sich nach den Taten und Verdiensten des Lebenden bzw. nach der Gunst der Götter.

Der Tartaros dagegen war besonders verdienstvollen Vergehen von Heroen gegen die Götter als ewige Strafe vorgesehen. Ein Mythem, das seine Fortsetzung in der späteren christlichen Thanatologie im Begriff der unsühnbaren „Sünde wider den Heiligen Geist“ hatte.

Über welchen Fluss wird ein Selbstmörder gebracht - Lethe, Styx, Pyriphlegeton?

Der Feuerfluß Phlegeton und die Wasser des Vergessens, Lethe, sind lediglich Flüsse im Hades, die in den Acheron münden. Ob die Styx oder der Acheron, die den Hades umflossen, vom Toten mit Charons Hilfe zu überqueren waren, hängt lediglich vom Dichter bzw Mythografen ab,

Der Suizid aber hat weder auf das Totenritual, noch auf die Thanatologie Einfluß. Mir ist jedenfalls keine derartige Erwähnung bekannt. Wichtig ist nur, daß der Tote eine rituelle Beerdigigung bekommt. Siehe Sophokles: „Antigone“.

Gruß
Metapher

Im der griechischen Antike geht es beim Thema Suizid lediglich
darum, ob er ehrenvoll ist oder nicht.

Zur Ergänzung vielleicht:
Platon lehnt den Selbstmord ab, erlaubt ihn aber, um große Schande oder das Leiden an einer Krankheit zu vermeiden. Die Späteren Platoniker verbieten ihn strikt.
Die Stoiker lehnen den Suizid grundsätzlich ab, erlauben ihn aber
im Fall unerträglicher Schmerzen (Herakles als DER „Heilige“ der Stoa), einer unheilbaren Krankheit oder wenn die Umstände ein ehrenvolles Weiterleben nicht zulassen.
Die Kyniker lassen den S. uneingeschränkt zu.
Zur Beurteilung:
Aristoteles
(NE 1138 a: „z. B. befiehlt das Gesetz nicht, sich selbst zu töten; was es aber nicht befiehlt, das verbietet es. […] Wer sich aus Zorn selbst tötet, der tut dies freiwillig entgegen der rechten Einsicht, und dies lässt das Gesetz nicht zu. Also begeht er ein Unrecht. Aber gegen wen? Etwa gegen den Staat und gegen sich selbst nicht? Freiwillig nämlich leidet er, Unrecht lässt sich aber niemand freiwillig gefallen. Drum bestraft auch der Staat und eine Art Ehrlosigkeit liegt auf dem, der sich selbst auslöscht, weil er sich gegen den Staat vergeht.“)
erklärt den Suizid als Vergehen gegen die Gemeinschaft des Staates.
Diese Auffassung war auch ohne philosophische Begründung verbreitet und führte zu Bestrafungen als Abwehr von Übeln für den Staat: Namenloses Begräbnis ohne Grabstein, früher wohl sogar Verweigerung der Bestattung (Leichenverwitterung).
Schönen Gruß!
H.