Selbstmord und die Einstellungen der verschiedenen Religionen dazu

Hallo Mike,

die (röm.-kath.) Kirche hält nichts davon; es ist aber
denkbar, dass Palliativmedizin, insbesondere eine starke
Schmerzbehandlung, nebenbei die gleichen Wirkungen erzielt,

entschuldige - aber du weisst nicht, wovon Du hier schreibst. Ich könnte mir vorstellen, dass die Sterbebegleitung von jemandem, der z.B. an Knochenkrebs stirbt, Deinen Horizont erweitern könnte. Selbst, wenn eine wirksame Schmerzbehandlung möglich ist (was bei Knochenkrebs nicht der Fall ist), so ist diese häufig (insbesondere bei „starker“ Schmerzbehandlung) mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden. Opioidtypische Nebenwirkungen sind Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfe und Schwindel. In Verbindung z.B. mit einer Niereninsuffizienz kommt es zu Kumulationseffekten - die wiederum zu Atemdepression und zu einer Sedierung führen. Ein anderes Thema ist die Aussicht auf zunehmende Demenz - eine Perspektive, die auch für einen katholischen Theologen wie Hans Küng (der den geistigen Verfall seines Freundes Walter Jens miterlebt hat) hinreichender Grund für einen Freitod wäre.

Es sind nicht nur Schmerzen, die aus der Sicht des Betroffenen ein Weiterleben in Würde unmöglich machen. Ein Urteil darüber, was unter diesem Gesichtspunkt noch zumutbar ist, sollte sich niemand stellvertretend für einen Betroffenen anmaßen.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hallo,

ist es überhaupt sinnvoll, sich hier moralische Urteile bilden zu wollen?

Der folgende Satz mag banal erscheinen: ein Toter kann nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden. Die Beweggründe werden sich in den meisten Fällen nicht mehr klären lassen (falls überhaupt), denn ein Toter kann keine Fragen mehr beantworten. Deshalb glaube ich, daß solche Urteile anmaßend sind und bleiben müssen.

Wozu soll überhaupt die Unterscheidung zwischen moralisch akzeptablen Beweggründen wie unheilbare Krankheit und moralisch verwerflichen Beweggründen wie „sich aus der Verantwortung stehlen zu wollen“ gut sein?

Anders sieht es bei den Selbstmördern aus, die sich damit
feige davonstehlen und womöglich noch vollkommen Unbeteiligte
(z.B. Lokführer des Zuges vor den sie sich geworfen haben) mit
reinziehen.

Es ist legitim, in so einem Fall zornig zu sein, auch wenn der Zorn nur ins Leere verhallen kann.

Wenn die Verzweiflung groß genug ist, kann ich mir vorstellen, daß für (nicht wirklich lösbare) Überlegungen, wie der Abgang sozial verträglich gestaltet werden kann, kein Platz mehr ist.

Grüße,

I.

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Jeweils einige (…) der vorherigen Antworten lesen schadet nicht
Hallo Tychi,

da Du jetzt auch noch einen Stern für Deinen Angriff erhalten hast, scheint es mir, dass Du nicht der einzige bist, der meinen vorher unten geposteten Artikel überliest, in dem z. B. gestanden hat:

>>

Berühmt ist die Frage, wie der Mensch zu beurteilen ist, der wegen eines schmerzhaften
Knochenkrebses

(sic)

oder wegen drohendem Wahnsinn im Spital die Todesspritze verlangt=die Problematik von :Christentum und Euthanasie.
Zwar gilt auch hier der christliche Grundsatz, dass mein Leben so lange einen Sinn vor :Gott hat, als Gott dieses Leben nicht beendet. Indessen sind gewisse Schmerzen nicht :einfach jedem Menschen zumutbar, sodass wenigstens ein Entschuldigungsgrund :vorliegen könnte. Der römisch-katholische Glaube ist in diesem Punkt insofern streng, als :dass jemand, der seine Tötung verlangt hat, vor diesem seinem Tod nicht gültig die :Sterbesakramente empfangen kann. Es ist aber nicht jeder von vorneherein deswegen in :Sünde gestorben, sondern dieses Urteil wird Gott überlassen.

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Hallo
Was kann Selbstmord sein ?
„Der Entschluß zu sterben läßt sich in hohem Maße darauf zurückführen, daß Ereignisse in einen ganz bestimmten Zusammenhang gesetzt werden“, sagt Kay Redfield Jamison, Professorin für Psychiatrie an der medizinischen Fakultät der Johns-Hopkins-Universität… Am gravierendsten sind psychische Krankheiten, beispielsweise Depressionen, manisch-depressive Erkrankungen und Schizophrenie, sowie Suchtprobleme wie Alkohol- und Drogenabhängigkeit. Gemäß europäischen und amerikanischen Untersuchungen hängen über 90 Prozent aller vollendeten Selbstmorde mit derartigen Störungen zusammen. …
Lt. Bibel 5. Mose 30,19 Ich nehme heute Himmel und Erde gegen euch zu Zeugen: Ich habe euch Leben und Tod, Segen und Fluch vorgelegt; …
Als Jesus kam erklärte er einem seiner Zeitgenossen: Matth.8,22 Jesus aber sprach zu ihm: Folge mir nach, und laß die Toten ihre Toten begraben!
Er wußte daß „lebende Seelen“ krank werden und sterben müssen, der Fall Eden-1.Mo.2,17 …zog es nach sich…, „Selbstmord“ kannten die ersten beiden nicht-- Jesus- er ist gekommen um u.a. aufzuklären warum der Tod sein muß und gab bereitwillige Auskunft darüber … Jetzt kann es sein, daß man einmal so krank ist und keine Aussicht mehr besteht auf Besserung, so gibt es auch in einigen Ländern vorbeugend die gesetzliche „Patientenverfügung“- der Patient verbietet so Ärzten sein Leben künstlich/ maschinell zu „verlängern“…wenn keine Aussicht mehr besteht-
genau genommen kann jeder entscheiden - wer die Bibel ernst nimmt - jede „lebende Seele“ Mensch kann für sich eine Art „Selbstmord“ „planen“, z.B. wenn man das Geschenk Gottes bewußt ablehnt, zeigt es schon ein einziger Satz: Joh.17,3…Das ist aber das ewige Leben, daß sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen…Schlachter Bibel 2000….Die Botschaft Mark.13,10…es gibt sie- wer die Möglichkeit sieht und daran glauben kann hat auf alle Fälle bessere Karten…
–wie auch immer- lt. Schrift- Gott allein ist Herr über Leben und Tod…er wird auch darüber entscheiden wie er normale, irgendwie aus der Lebensbahn geworfene verzweifelte „Selbstmörder“ dann beurteilt- das kann zum Glück kein Mensch entscheiden …
speedytwo

Servus,

Der folgende Satz mag banal erscheinen: ein Toter kann nicht
mehr zur Verantwortung gezogen werden.

Nach christlicher Auffassung wird er es aber.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Hi

Der folgende Satz mag banal erscheinen: ein Toter kann nicht
mehr zur Verantwortung gezogen werden.

Durch Menschen kann er das nicht…

Nach christlicher Auffassung wird er es aber…

wer auf Gottes Aussagen vertraut und weiß , was die Bibel sagt , was nach dem Tod passiert:
Römer 6,7 denn wer gestorben ist, der ist von der Sünde freigesprochen. Schlachter Bibel 2000
Kommt immer auf die Art der Sünde an- falls Gott es zuläßt und er zur Auferstehung kommen kann hat er ja eine zweite Chance…Falls er auch dann nicht will… - Jesaja 65,20 Es soll dann nicht mehr Kinder geben, die nur ein paar Tage leben, noch Alte, die ihre Jahre nicht erfüllen; sondern wer hundertjährig stirbt, wird noch als junger Mann gelten, und wer nur hundert Jahre alt wird, soll als ein vom Fluch getroffener Sünder gelten…dann aber für immer… speedytwo

Manchmal nützt es allerdings auch nichts
Hallo Mike,

weder in dem von mir angeführten Zitat noch in dem von Dir jetzt hier angeführten Zitat aus einem früheren Posting von Dir kann ich eine „offene Tür“ sehen, die ich angeblich einrennen soll.

Zwar gilt auch hier der christliche Grundsatz, dass mein Leben so lange einen Sinn vor Gott hat, als Gott dieses Leben nicht beendet.

Anders gesagt - die Leute, die solch „christliche Grundsätze“ formulieren, nehmen sich heraus, nicht nur für sich selbst sondern auch für andere Menschen die Entscheidung zu treffen, ob und wie lange deren Leben einen Sinn hat. Und das tun sie auf Grund ihrer eigenen - in aller Regel deutlich zumutbareren - Lebensumstände.

Den Leuten, die sich zur Aufstellung und zur Verteidigung solcher „Grundsätze“ bemüßigt fühlen, wünsche ich, dass sie wenigstens einen Tag einmal die seelischen und/oder körperlichen Qualen erdulden müssen, die Andere dazu treibt, für deren Beendung ihr Leben hinzugeben. Nicht aus Missgunst oder Übelwollen - sondern einzig aus dem Grund, dass sie ein wenig Mitgefühl und Respekt vor den Entscheidungen ihrer Mitmenschen lernen.

wenigstens ein Entschuldigungsgrund vorliegen könnte.

Das empfinde ich als blanken Hohn. Für eine autonom getroffene Entscheidung, die Anderen nicht schadet, muss sich niemand „entschuldigen“.

Der römisch-katholische Glaube ist in diesem Punkt insofern streng, als dass jemand, der seine Tötung verlangt hat, vor diesem seinem Tod nicht gültig die Sterbesakramente empfangen kann.

sic!

Es ist aber nicht jeder von vorneherein deswegen in Sünde gestorben, sondern dieses Urteil wird Gott überlassen.

Und das soll jetzt die „offene Tür“ sein? Das ist bestenfalls ein Hintertürchen, das vor relativ kurzer Zeit geöffnet wurde, als auch den härtesten Betonköpfen in der katholischen Kirche klar wurde, dass sie schon zu viel moralischen Kredit verspielt hat und es gilt, den kümmerlichen Rest noch irgendwie zu retten. Wie üblich in einem bestenfalls halbherzigen Versuch.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Moment mal…
Hallo Tychi,

Dein Votum ist irrig.
Inhaltlich kann ich (da Du auf dem Misstrauen beharrst) einfach anfügen, dass derjenige, der sich gegen Schmerz behandeln lässt, auch dann die Sakramente bekommt, wenn die Schmerzbehandlung mit grösster Wahrscheinlichkeit zum Tode führt;

formell ist hinzuzufügen, dass Du meiner Meinung nach mit dieser Einzelfrage ziemlich off Topic gehst; und als Motiv ist blosses Misstrauen gegen die Kirche (oder evtl. auch einfach wieder mal Polemik gegen sie) erkennbar. Ein anderer Grund für Dein Beharren ist kaum ersichtlich. Für Erklärungen bin ich aber immer offen : )

Gruss,
Mike

Hallo Mike,

Für Erklärungen bin ich
aber immer offen : )

bitte sehr: da ist zum einen die massive Opposition der christlichen Kirchen gegen eine gesetzliche Regelung der aktiven Sterbehilfe. Da wird gefordert, „christliche Grundsätze“ als gesetzliche Norm für alle Bürger - auch Nichtchristen - verbindlich zu machen. Betroffene müssen wegen dieser Bevormundung ggf. Hilfe im Ausland suchen - falls sie überhaupt gesundheitlich noch in der Lage dazu sind und es sich finanziell leisten können. Vergleichbare Situation wie vor der gesetzlichen Regelung des Schwangerschaftsabbruchs. Meinetwegen erlegt solche Vorschriften Euren Mitgliedern auf - die wollen das ja anscheinend so, wenn sie Euch nicht davonlaufen. Aber verschont die Nichtchristen damit und maßt Euch nicht an, sie zu bevormunden.

Um trotzdem noch kurz auf die gläubigen Christen einzugehen: für die zeigt sich die angebliche Frohbotschaft in diesem Punkt ja doch eher als Drohbotschaft. Wenn die Verweigerung der Sterbesakramente nun wirklich nicht bedeutet, dass

nicht jeder von vorneherein deswegen in Sünde gestorben

ist

sondern dieses Urteil […] Gott überlassen

wird, dann stellt sich schon die Frage nach dem Sinn der Sterbesakramente. Um nun hier meinerseits mal mit einem Umkehrschluss zu operieren: bedeutet die Spendung der Sterbesakramente, dass nun Gott ggf. ein anderslautendes Urteil nicht mehr fällen kann?

Polemik beiseite - einem gläubigen Katholiken, dem das Leben so unerträglich geworden ist, dass er es beenden will, die Sterbesakramente und damit die Tröstungen seiner Religion zu versagen, halte ich nicht für einen Ausweis von Nächstenliebe.

So viel zur ‚Erklärung‘.

Freundliche Grüße,
Ralf

Da war auch eine Frage dabei
Hallo Tychi,

wir werden uns wohl hier nicht so leicht finden, aber Du stellst eine Frage

bedeutet die Spendung der Sterbesakramente, dass nun Gott ggf. ein anderslautendes Urteil
nicht mehr fällen kann?

die Verheissung ist viel eindeutiger und stärker, aber das heisst nicht, dass jeder, der die Sakramente empfangen hat, nun in den Himmel oder jeder, der sie nicht empfangen hat, in die Hölle komme. Wer sich aber auf Gott ausrichtet und für die Sakramente offen ist, bekommt durch ihren Empfang schon die feste Zusage, d. h. es ist für ihn nach menschlichem Ermessen sehr wahrscheinlich, dass er eben auf der anderen Seite „Glück hat“.

Gruss,
Mike