Selbstständig als Werkzeugmechaniker? (Subuntern.)

Hallo,

ich bin momentan in einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt und werde von dieser an ein Werkzeugbau Unternehmen „vermietet“.

Mein vorhaben ist nun folgendes: Ich möchte mich selbstständig machen aber weiterhin in diesem Werkzeugbau Unternehmen arbeiten - sozusagen als eine Art Subunternehmer.

Wer kennt sich in diesem Bereich aus?
Was ist zu beachten?
Wo erfährt man noch mehr zu diesem Thema?
Gibt es vielleicht Jemanden hier der in dieser Art der Selbstständigkeit Erfahrung hat?
Welche Stundensätze sind möglich?
Was geht an Steuern und Versicherungen davon ab?
Läßt es sich davon leben?

Alles offene Fragen aber ich konnte leider noch keine befriedigenden Antworten dazu finden und würde mich freuen wenn mir Jemand weiterhelfen kann.

MfG Thomas

Hi Thomas,

Deine Idee in allen Ehren - aber Du willst Dich selbstständig machen, eine „Existenz“ gründen ?

Wenn die Planung und damit das Vorhaben solide sein soll, informiere Dich umfassend z. B. beim Arbeitsamt, bei der IHK oder HWK, besuch einen entsprechenden Lehrgang bei der VHS oder nimm an einem Existenzgründungsseminar teil - da werden Deine Fragen nicht nur beantwortet, sondern es kommen noch viele dazu, die Du (Dir) auch beantworten musst …

… und vor allem: leg jetzt nicht einfach los, damit Du nicht ggf. Ansprüche auf Unterstützung oder Förderung verlierst.

Hallo Thomas,

da die meißten Werkzeugbau-Firmen in die Sparte „Handwerk“ fallen, kann es sein, dass Du eigentlich einen Meisterbrief brauchen würdest. Allerdings gibt es da Ausnahmen, informieren kann man sich darüber hier:

http://www.buhev.de/

Ansonsten gilt das bereits gesagte bzw. geschriebene: unbedingt bei HWK und / oder IHK informieren.

Wenn Du nur einen Kunden hast und dann auch noch ausschließlich in dessen Räume arbeitest (bei Werkzeugbau wird Dir wahrscheinlich nichts anderes übrig bleiben), dann kommst Du ganz schnell in das Problem der Scheinselbstständigkeit. Also bitte unbedingt prüfen, da das Ganze sonst erhebliche (finanzielle) Folgen für Deine Auftraggeber haben könnte (viele vergeben daher keine Aufträge an solche „Subunternehmer“).

Grüsse

Sven

Ich möchte mich selbstständig
machen aber weiterhin in :diesem Werkzeugbau Unternehmen
arbeiten - sozusagen als eine :Art Subunternehmer.

Hallo Thomas,

bitte beantworte Dir selbst die Frage: Wie sähe Deine „Selbständigkeit“ aus? Du wärst nach wie vor abhängig beschäftigt, Du holst keine eigenen Aufträge ins Haus, Du investierst nicht selbst, Du arbeitest nicht in eigenen Räumen, nicht mit eigenen Maschinen, Du kannst Deine Preise nicht selbst bestimmen. Wenn Du das nicht glaubst, dann rechne dem Eigentümer mal vor, wieviel Geld Du für die Maschinenstunde haben willst. Du mußt doch in solcher Situation dankbar sein, daß Du an den Maschinen überhaupt arbeiten darfst und mußt dem lieben Gott für jeden Tag danken, an dem Dir nichts kaputt gegangen ist. Du bist auf Gedeih und Verderb Deinem Auftraggeber ausgeliefert und letztlich schlimmer dran als jeder Lohnempfänger, weil Du nämlich ohne die geringste soziale Absicherung abhängig bist. Als echter Selbständiger kannst Du einem Kunden nötigenfalls sagen, daß Du seinen Auftrag nicht willst. Wenn Du Dir das in der von Dir angedachten Konstellation heraus nimmst, führt Dein nächster Weg zum Sozialamt.

Man kann sich als Werkzeugmacher sehr gut selbständig machen. Ob Vorrichtungs- oder Formenbau, gute Werkstücke werden sehr gut bezahlt. Es muß natürlich Know-How dahinter stecken, 08/15 macht jede Hinterhofwerkstatt. Unverzichtbar in diesem Bereich: Hohes Eigenkapital. Die Maschinenausstattung kostet fast unabhängig vom Arbeitsschwerpunkt leicht einen 7stelligen Betrag und in die Situation, daß der Laden eigentlich einer Bank gehört, sollte sich niemand bringen. Wenn Du Dich in diesem Bereich selbständig machen willst, kann die Übernahme eines bestehenden Betriebes als Nachfolger eine Möglichkeit sein (geeignete Nachfolger sind gesuchte Leute!). Aber auch dafür brauchst Du Eigenkapital. Je nach Ausrichtung des Betriebes kann es vom jeweiligen Bundesland nicht rückzahlbare Zuschüsse in 6stelliger Höhe geben, die Eigenkapitalcharakter haben. Mit KfW-Mitteln aufgestockt, kann daraus etwas werden. Du merkst aber schon, daß man dabei vom ersten Moment an mit Millionenbeträgen umgeht. Dafür sollte der Inhaber unbedingt über kaufmännische Kenntnisse verfügen, wenn das Vorhaben nicht bitter an der Wand landen soll. Das ist nichts für urlaubs- oder freizeitorientierte Leute. Man steht täglich bis in die Nachtstunden an den Maschinen, sitzt vor dem CAD und/oder am Schreibtisch. Wenn man die Sache weiter durchdenkt, kommt man schnell dahinter, daß man solches Gewerbe am besten auf eigener Immobilie aufzieht, weil man sonst dauernd viel Geld in anderer Leute Gemäuer verbaut und trotzdem ständig in elenden Kompromissen haust. Insgesamt ist das wahrhaftig kein leichtes Gewerbe, aber lohnenswert kann es sein, wenn jemand seinen Beruf liebt.

So kann es gehen, während die von Dir jetzt angedachte Methode auf direktem Weg in die Sklaverei führt, wobei Du der absolut rechtlose Sklave bist.

Gruß
Wolfgang

Hallo,

bitte beantworte Dir selbst die Frage: Wie sähe Deine
„Selbständigkeit“ aus? Du wärst nach wie vor abhängig
beschäftigt, Du holst keine eigenen Aufträge ins Haus, Du
investierst nicht selbst, Du arbeitest nicht in eigenen
Räumen, nicht mit eigenen Maschinen, Du kannst Deine Preise
nicht selbst bestimmen. Wenn Du das nicht glaubst, dann rechne
dem Eigentümer mal vor, wieviel Geld Du für die
Maschinenstunde haben willst. Du mußt doch in solcher
Situation dankbar sein, daß Du an den Maschinen überhaupt
arbeiten darfst und mußt dem lieben Gott für jeden Tag danken,
an dem Dir nichts kaputt gegangen ist. Du bist auf Gedeih und
Verderb Deinem Auftraggeber ausgeliefert und letztlich
schlimmer dran als jeder Lohnempfänger, weil Du nämlich ohne
die geringste soziale Absicherung abhängig bist. Als echter
Selbständiger kannst Du einem Kunden nötigenfalls sagen, daß
Du seinen Auftrag nicht willst. Wenn Du Dir das in der von Dir
angedachten Konstellation heraus nimmst, führt Dein nächster
Weg zum Sozialamt.

Da stimme ich voll und ganz zu.

Man kann sich als Werkzeugmacher sehr gut selbständig machen.

Aber nur, wenn Du entweder eine Anerkennung als Industriebetrieb bekommst (unwahrscheinlich, da ein WZ-Bau nur Einzelstücke anfertigt), einen Meisterbrief hast oder wartest, bis die Novellierung des Handwerksrechts kommt.

Ob Vorrichtungs- oder Formenbau, gute Werkstücke werden sehr
gut bezahlt.

Mittlerweile wir der Vorrichtungs- und Formenbau selbst nur noch sehr schlecht bezahlt (Konkurrenz durch Slowenien usw.), vielmehr wird die Fähigkeit, Projekte abzuwickeln (einige WZ selbst herstellen, andere bei Sublieferanten im Ausland betreuen) eher bezahlt.

Es muß natürlich Know-How dahinter stecken, 08/15
macht jede Hinterhofwerkstatt. Unverzichtbar in diesem
Bereich: Hohes Eigenkapital. Die Maschinenausstattung kostet
fast unabhängig vom Arbeitsschwerpunkt leicht einen 7stelligen
Betrag und in die Situation, daß der Laden eigentlich einer
Bank gehört, sollte sich niemand bringen.

Ich würde bei einem richtigen Formenbau eher von einer 8-stelligen Summe ausgehen (Fräs-, Dreh, Erodiermaschinen usw. sowie eine DFÜ-Anbindung mit anschließender CAD-Weiterbearbeitung).

Dafür sollte der Inhaber unbedingt
über kaufmännische Kenntnisse verfügen, wenn das Vorhaben
nicht bitter an der Wand landen soll. Das ist nichts für
urlaubs- oder freizeitorientierte Leute.

Wenn man sich die Statistiken anschaut, warum Firmen Pleite gehen, dann haben die Top-Punkte eigentlich immer was mit (fehlenden) kaufmännischen Kenntnissen zu tun.

Man steht täglich bis
in die Nachtstunden an den Maschinen, sitzt vor dem CAD
und/oder am Schreibtisch. Wenn man die Sache weiter
durchdenkt, kommt man schnell dahinter, daß man solches
Gewerbe am besten auf eigener Immobilie aufzieht, weil man
sonst dauernd viel Geld in anderer Leute Gemäuer verbaut und
trotzdem ständig in elenden Kompromissen haust.

Das würde ich nicht unbedingt sagen, denn Liquidität vor Rentabilität, d.h. lieber erstmal keine Immobilie kaufen. Wer aber schon eine sein Eigen nennen kann, tut sich leichter, da er eine tendenziell höhere Liquidität mangels Mietzahlungen hat.

Grüsse

Sven

Hallo Wolfgang,

das kling alles recht einleuchtend für mich, ich weis auch das ich unter diesen Bedingungen nichts in dieser Firme mein Eigen nennen kann.
Doch wo liegt jetzt der Unterschied zwischen den Arbeitsbedingungen einer Zeitarbeitsfirma und meinem Vorhaben.
Die Zeitarbeitsfirma hat ebenfalls keinerlei Besitz in den Entleiherfirmen, die Mitarbeiter nutzen alles als gehörten sie zum Betrieb und trotzdem kassieren die Zeitarbeitsfirmen meines Wissens nach so um die 20 EUR/h für einen Leiharbeiter.
Ich wollte eben diesen Umweg umgehen und mich selbst als so eine Art „Zeitarbeitsfirma“ anbieten.

Welche Folgen hat die Scheinselbstständigkeit - das wäre doch sicher dann der Fall wenn ich ausschließlich in dem einen Unternehmen arbeite, oder?

Gruß Thomas

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Doch wo liegt jetzt der Unterschied zwischen den
Arbeitsbedingungen einer Zeitarbeitsfirma und meinem Vorhaben.

Hallo Thomas,

im Moment bist Du ein ganz normaler Arbeitnehmer. Arbeitgeber ist die Zeitarbeitsfirma. Für Dich werden Beiträge zur Rentenversicherung bezahlt. Wenn Du krank bist, läuft Dein Gehalt weiter. Wenn Du länger als 6 Wochen krank bist, zahlt die Krankenkasse Deinen Lebensunterhalt. Du haftest außer bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit für nichts. Wenn Du Dich heute an einer Maschine mit einem Maß vertust - kann ja mal vorkommen, läuft der Lohn weiter. Du fertigst eben ein neues Teil an. Wenn die Neuanfertigung viele Tage dauert, ist es das Pech Deines Arbeitgebers. Du wirst für Anwesenheit bezahlt und bekommst Dein Geld, weil der Monat zu Ende ist. Du kannst volle 4 bis 6 Wochen im Jahr Urlaub machen und Dein Gehalt läuft ohne jede Kürzung weiter. Wenn Du Dein Geld bekommst, haben andere Leute vorher ausgerechnet, was an Steuern und Sozialabgaben fällig wurde. Letzere zahlst Du nur zur Hälfte und das Geld, das man Dir überweist, ist wirklich Dein Geld. Du darfst es behalten. Du bekommst sogar noch eine Gratis-Abrechnung dazu, die aufgedröselt alle Positionen haarklein enthält. Wenn man mit Dir nicht zufrieden ist, hast Du eine Kündigungsfrist. Keiner kann Dich nach Belieben auf die Straße setzen.

In der angedachten Scheinselbständigkeit nützt Dir ein gelber Schein vom Doc nichts mehr. Es gilt die einfache Regel „Kein Arbeitsergebnis - kein Geld“. Die Sozialversicherung ist Deine Privatangelegenheit. Du haftest für alles. Wenn Du Dich an einer Maschine mit einem Maß vertust - kann ja mal vorkommen - arbeitest Du Tag und Nacht, denn Du wirst nur für das richtige Ergebnis bezahlt. Du haftest auch für Deine Krankheit. Es interessiert keinen, daß Du Dir die Lungenentzündung nicht ausgesucht hast. Du hast ganz einfach Termine und wenn die Arbeit nicht fertig ist, bist Du dran. Du wirst nicht für Anwesenheit bezahlt und nicht für Krankheit. Es zählt nur das Ergebnis. Du bekommst kein Geld für Deine Miete, weil der Monat zu Ende ist. Du kannst natürlich Urlaub machen, sogar so viel und so lange Du willst. Während dieser Zeit bekommst Du keinen Cent. Du kannst natürlich für eine Urlaubsvertretung sorgen. Dann steigst Du in den Urlaubsflieger und kaum bist Du in der Luft, meldet sich Deine Vertretung krank und will weiter Geld sehen und zwar von Dir. Die Urlaubsvertretung baut während Deiner Abwesenheit Bockmist, versaut Werkstücke und eine Maschine. Du zahlst trotzdem Gehalt und Du ersetzt die Maschine. Wenn Du Arbeit abgeliefert hast, bekommst Du deshalb noch lange kein Geld und das Geld, das Du bekommst, gehört Dir nicht. Du mußt nämlich erst einmal Rechnungen schreiben - alles fein übersichtlich aufgedröselt. Dann läuft erst einmal eine Zahlungsfrist. Wenn Du endlich Geld auf dem Konto hast, mußt Du selbst dafür sorgen, daß Finanzamt und Sozialversicherung ihr Geld bekommen und niemand gibt die Hälfte dazu. Wenn man mit Dir nicht mehr zufrieden ist, gestaltet sich der Sachverhalt sehr einfach: Man schmeißt Dich raus. Von einer Sekunde auf die andere.

Reicht das erst einmal zur Verdeutlichung der Unterschiede?

Gruß
Wolfgang

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