Selbstwert und Stolz

Hallo!

Folgendes Szenario zwischen 3 jährigen:

Kind A möchte mit Kind B spielen aber wird von Kind B unnachgiebig abgelehnt, ignoriert oder mit den Worten es sei blöd, ausgegrenzt.

Es sei denn, der Spielgefährte von Kind B ist nicht anwesend, dann gibt es sich mit Kind A ab aber kündigt dabei bereits an: Wenn Kind yx wieder da ist, dann darfst du nicht mehr mitspielen.

Kind A holt sich jeden Tag auf’s Neue eine Abfuhr oder in wenigen Fällen eine Zustimmung zum mitspielen ab und schwankt Stimmungsmäßig dementsprechend.

Im Freundskreis gehen die Meinungen auseinander, ob man sich einmischen oder es  als Kinderkram abhaken sollte.

Wäre es verkehrt, Kind A immer wieder „einzutrichtern“, dass es sich nicht benutzen lassen und keinem Menschen hinterherlaufen soll, von dem es ablehnt wird ?

Wie und wann entstehen Selbstwert und Stolz?

Liebe Grüße

Hallo,

3jährige gehen in der Wahl der Spielpartner emotional / intuitiv vor. Bewusstes Ausnutzen gibt es da noch nicht. Die Kinder sind auch auf intellektueller Ebene noch nicht ansprechbar, es nützt nichts, ihnen zu sagen „wenn du mit Fritz nur spielst, wenn Klaus nicht da ist, fühlt Fritz sich gedemütigt“, oder Fritz zu sagen, "laufe Franz nicht nach / mach dir nichts daraus!

Generell müssen Kinder lernen, Kontakte zu suchen, Freundschaften zu knüpfen, und auch abgwiesen zu werden - insofern würde ich sagen, nicht eingreifen.
(Um nicht missvertanden zu werden: Wenn Franz die Ablehnung ausrückt indem er aggressiv wird, muss man natürlich eingreifen!)

NUR Wenn ihr merkt, dass euer Kind sich sehr auf diesen Spielpartner fixiert und dauerhaft unter der Situation leidet, versucht doch, die ganze Sitation zu verändern: Vielleicht können die beiden für einige Zeit in unterschiedlichen Gruppen spielen, vielleicht bemüht ihr euch, euer Kind einige Zeit mit anderen Spielkameraden zusammen zu bringen. Eine oder zwei Wochen genügen bei Kindern oft schon, um die Situation zu verändern.
Wenn die Kinder in den Kindergarten gehen: Auch Erzieherinnen haben meist Übung darin, Gruppensituationen so zu gestalten, dass keine chronischen Konflikte entstehen - tauscht euch doch mal aus!

rät Bixie

Echter und falscher Stolz
Hallo,

als „KInderkram“ würde ich das nicht abtun, denn für die 3-Jährigen hat das Ganze gewichtige Bedeutung. Es geht um erste Erfahrungen mit Macht und Ohnmacht, es geht um Beziehungsgestaltung und soziale Kontakte.

Wie und wann entstehen Selbstwert und Stolz?

Selbstwert entsteht aus Erfolgserlebnissen und der Erkenntnis, dass man selbstwirksam handeln und damit Dinge beeinflussen kann. Die ersten erfolgreichen und oft anstrengenden Schritte, die von begeisterten Eltern mit großer Freude begleitet werden, vermitteln dem Kind erste Erfahrungen damit, dass Anstrengung nicht nur zum Ziel führt, sondern auch belohnt wird.

Daraus resultiert der „echte“ Stolz, der mit der eigenen Leistung und dem erfolgreichen Überwinden von Widerständen zu tun hat. Diesen sollten Erzieher immer fördern und unterstützen, denn positive Erfahrungen mit der Selbstwirksamkeit sind die beste Basis für eine erfolgreiche Lebensgestaltung.

Wäre es verkehrt, Kind A immer wieder „einzutrichtern“, dass es sich nicht benutzen lassen und keinem Menschen hinterherlaufen soll, von dem es ablehnt wird ?

Ja, das wäre es. In diesem Fall nähme der Erwachsene dem Kind nämlich die Möglichkeit, eigene Erfahrungen zu sammeln. Anstatt es herausfinden zu lassen, wie soziale Beziehungen funktionieren und seinen eigenen Weg zu suchen, sich in diesem Gefüge zurechtzufinden, würde er ihm seine eigenen Ansichten überstülpen.

In diesem Fall würde der Erwachsene das Kind zu „falschem“ Stolz erziehen. Dieser entsteht aus genau gegenteiligen Gefühlen, wie z.B. Minderwertigkeitsempfinden, Unsicherheit und Angst. Er dient letzten Endes nur als künstlich errichtete Fassade, um sich unguten Gefühlen nicht aussetzen zu müssen. Ein positives Selbstkonzept kann dabei nicht entstehen, denn diese Form von Stolz funktioniert nur auf dem Weg, andere Menschen abzuwerten, um selbst besser dazustehen. In extremer Ausprägung entwickeln sich auf dieser Basis unangenehme Zeitgenossen, die überheblich, arrogant und voller Vorurteile mit emotional schwierigen Situationen in sozialen Beziehungen umgehen.

So werden z.B. in sozialen Randgruppen oft „Stolz“ und „Ehre“ wie ein Schild vor sich hergetragen und als Waffe gegen jeden genutzt, der die eigene Unsicherheit und Furcht erkennen und das eigene Handeln in Frage stellen könnte.

Die Sichtweise, „man habe es nicht nötig, anderen nachzulaufen“, ist nichts anderes als die Abwertung der betreffenden Person, die man damit für nicht wertvoll genug erklärt, sich um sie zu bemühen. Dahinter stecken die Angst vor Ablehnung und die Unfähigkeit, andere Menschen - und letzten Endes auch sich selbst - zu akzeptieren, wie sie sind - auch wenn das bedeutet, ihnen die Freiheit zu lassen, „zu spielen, mit wem sie wollen“.

Viel sinnvoller wäre in der geschilderten Situation, dem Kind die Gelegenheit zu geben, immer wieder darüber sprechen zu können, wie es ihm geht, wenn es abgewiesen wird und ihm zu vermitteln, dass jeder Mensch das Recht hat, selbst zu entscheiden, mit wem er zusammensein möchte und mit wem nicht - auch wenn sich das für einen selbst manchmal ganz schön mies anfühlt.

Man kann mit dem Kind nach Ideen suchen, was es in einer solchen Situation tun kann, damit es ihm wieder besser geht. Damit hilft man ihm, Strategien zu entwickeln, sich selbst aus einer schlechten Gefühlslage befreien zu können. Das ist viel gesünder, als die Schuld beim anderen zu suchen und diesen verantwortlich für das eigene Leid zu machen.

Auf diesem Weg wird das Kind irgendwann seine eigene Entscheidung treffen können, ob es weitere Versuche der Kontaktaufnahme unternehmen oder liebe andere Kontakte suchen/ andere Dinge tun möchte.

Dabei hilft ihm ein Erwachsener mit einem positiven Blick auf die Welt und ihre Menschen weit mehr als einer, der seine eigenes negatives Selbstkonzept auf das Kind überträgt.

Schöne Grüße,
Jule

Vielen Dank für die Antwort! :smile:
Wenn ich jetzt nochmal was zum Thema Erziehung generell fragen darf?:wink:

Ich sehe zu dem Thema immer nur ermüdende Schinken.
Gibt es auch Lektüre, die die wichtigsten/prägensten Bereiche kurz und knackig erklärt?

Zum Beispiel „Urvertrauen“ und dann kurz und verständlich erklärt wie es entsteht und ganz wichtig, auch wie es gehemmt und/oder zerstört wird und dann geht es weiter zum nächsten Punkt.

Also nicht als „Fließtext“ wo die unterschiedlichen Bereiche ineinandergreifen.

Hoffe, ich habe es jetzt verständlich erklärt:wink:

Liebe Grüße

Auch Dir vielen Dank! :smile:

Es ist ein offener Kindergarten und auch ansonsten sind beide Kinder dort gut integriert, nur eben mit diesem kleinen Unterschied.
Kind A sucht immer wieder die Nähe zu Kind B.

Vielleicht hätte ich erwähnen sollen, dass die beiden Kinder quasi die ersten Freunde in ihrem Leben waren.

Die Mütter hatten zusammen mit den Kindern privat intensiven Kontakt.
Quasi vom 12. Lebensmonat der Kinder bis zum 28. also 1,5 Jahre, in denen sehr viel unternommen wurde.

Durch Unstimmigkeiten gehen die Mütter nun getrennte Wege aber haben währen ihrer noch andauernden Freundschaft, die Kinder in der selben Kita angemeldet.

Es ist so, dass auch Kind B immer wieder nach Kind A gefragt hat und die Mutter dadurch extrem genervt war. (Bestätigung des Kindesvater von Kind B)
Dadurch liegt auch die Vermutung nahe, dass dieses Kind von der Mutter beeinflusst wurde.

Ich wollte diese Informationen aber nicht mit hineinnehmen um es

  1. nicht zu verkomplizieren und
  2. weil es mir um Stolz und Selbstwert allgemein geht

Liebe Grüße

Hallo,

Gibt es auch Lektüre, die die wichtigsten/prägensten Bereiche
kurz und knackig erklärt?

Guckst du:
http://www.amazon.de/Psychologie-für-Dummies-Fur/dp/…

Schöne Grüße,
Jule

Hallo,

ich kann dir da fachlich nichts zu sagen, aber aus eigener Erfahrung:

Unser sohn fand mit einem jahr schon den zwei Jahre älteren Sohn unserer Freunde ganz toll. Die beiden spielten toll, und als sie älter wurden ( wohnten eine zeit nebeneinander) suchten sie ständig ihre Nähe. Wobei der andere Junge sehr dominant war, immer bestimmte und unseren sohn auch oft für andere gleichatrige stehenliess.

Wir haben uns da auch ratlos am kopf gekratzt, weil unserer sich das von anderen nicht gefallen ließ.
Dort sehr stolz war, auch sagte, ich lass mich nicht erpressen usw.
bei diesem Jungen aber nicht.

Als der andere dann in die shcule ging, machte er unseren ziemlich fertig, er wäre ja noch ein Kindergartenkind usw. und lehnte ihn dann auch vor anderen ab, ärgerte, brachte ihn zum weinen. War keiner da, spielte er mit ihm. Wir sind dann dazwischen und wollten das verbieten, aber das fand unserer noch schlimmer - immer wieder kehrte er weinend zurück, weil der andere ihn nicht als spielkamerad wollte.

Mittlerweile sind sie 7 und 9, und sehen sich in der Schule und wenn der Junge bei Papa ist, und seit unserer auch in die schule geht und auch hier im Umfeld viele andere Kinder hat, läßt er sich das nicht mehr gefallen. Er meckert zurück, sucht sich andere und sagte auch schonmal, ne, heute spiele ich nicht mit dir.

Ich denke, das ist auch eine frage des alters der kinder.

Lg

Brenna

Hallo Jule,

Selbstwert entsteht aus Erfolgserlebnissen und der Erkenntnis,
dass man selbstwirksam handeln und damit Dinge beeinflussen
kann.

Aber hatten wir es hier im Forum nicht vor kurzem davon, dass sich Selbstwert nicht als „fixierter Wert“ in einem Menschen beschreiben lässt sondern immer auch in „Bewegung“ ist- so wie der Mensch selber auch?
Und damit nie ein wirklich „sicherer Posten“?

Für den Fall hier bleibt für mich die Frage: was ist, wenn das kontaktsuchende Kind immer nur abgelehnt wird und es letztlich keine „Strategie“ finden kann außer sich abzuwenden und etwas für sich zu tun?
Ist natürlich auch eine, aber letztlich ja aus der Not geboren.
Und das Gefühl der Ablehnung bleibt dann doch dennoch erhalten!
Also- wo kann sich dann aus so einer Situation das Gefühl von Selbstwert entwickeln?

Für mich wäre die Gesamtsituation eher eine Übung für Frustrationstoleranz.

LG kitty

Hallo,

es ist ein Glücksfall, wenn 3-Jährige auf andere treffen, mit denen sie sich sofort verstehen. Meistens läuft es jedoch eher unrund ab. Die persönlichen Stärken und Defizite kommen manchen vorteilhaft, andere eher nachteilig zu gute. Es kommt drauf an. Hätte, wäre, könnte…

Das Leben ist wie es ist. Lass ihn die Welt erleben wie sie ihm begegnet. Biete ihm Alternativen an, in denen er sich auch in einem anderen Licht sehen kann. Die Mischung machts.

Gruß mki

Hi,

es wird nicht immer abgewiesen werden. A wird ja nicht mal von B immer abgewiesen. Es muss lernen, dass es möglich ist, glücklich zu sein und sich wertvoll zu fühlen, auch wenn man zwischendurch Rückschläge der kleineren oder größeren Art erlebt.
Jetzt muss das Kind damit fertig werden, dass es nicht immer, wenn es mit B spielen möchte, auch mit ihm spielen kann.Und muss mit der Enttäuschung fertig werden. Die Motivation des anderen Kindes mag vielfältig sein. Vielleicht mag der Dritte im Bunde ja A nicht, und deswegen spielt B nie mit beiden? Oder B spielt am liebsten zu zweit, und mag C lieber als A, oder wechselt ab? Vielleicht kriegt ja C gesagt, er / sie darf nur mit B pielen, wenn A nicht da ist? Wie es auch sei - A muss lernen, glücklich zu sein, auch wenn es grad nicht mit B spielen kann. Vielleicht bemerkt es auch, dass es genug ist, wenn es nur ab und zu mal mit B spielt. Oder A stellt fest, dass es viel tollere Spielkameraden gibt als B.
All das wird A im Erwachsenenalter wieder begegnen. Wenn A bis dahin nicht gelernt hat, damit zurechtzukommen, dass der Traumtyp/die Traumfrau das Gefühl nicht erwidert; dass der Nachbar sich mit ihm nicht anfreundet, … dann wird für A immer die Welt untergehen, wenn er zu einer Party nicht eingeladen wird oder die Kollegen ihn aus irgendeinem Grund nicht zum gemeinsamen mittagesen mitnehmen. Egal, wie unschuldig der Grund auf der anderen Seite ist „Du sahst beschäftigt aus, wir wollten Dich nciht stören“) - für A wird es sonnenklar sein, dass er von asozialen Idioten umgeben ist. Als Erwachsener da rauszukomen, ist mehr als nur schwer.

die Franzi