Selbstwertgefühl

Hallo,

beim Lesen über das Selbstwertgefühl, welches in der Literatur zT auch immer wieder deutlich hervorgehoben wird- der daraus resultierende Ausdruck und damit der Umgang mit sich und der Welt, bleibt für mich dennoch eine Frage:

Wie sehr ist ein Mensch von der Bestätigung von außen abhängig, wenn er selber mit einem sehr guten Selbstwertgefühl „ausgestattet“ ist?

Mir ist klar, daß sehr viele Menschen in der Beziehung nicht gut aufgestellt sind und damit immer ein recht inniger Kontakt zu dem besteht, was der Gegenüber sagt…man sich damit dann seinen Wert „zimmert“-- aber wie abhängig ist jemand, der innerlich dahingehend stabil ist?

Kann ein wirklich in sich selbstsicherer Mensch von außen verunsichert werden oder ist dieses Gefühl dann so stark, dass- egal wer kommt und was gesagt wird- diese Person nie an sich zweifelt?

LG kitty

Hallo Kitty,

Wie sehr ist ein Mensch von der Bestätigung von außen
abhängig, wenn er selber mit einem sehr guten Selbstwertgefühl
„ausgestattet“ ist?

Diese Frage klingt ein wenig danach, als gingest du davon aus, dass ein gutes Selbstwertgefühl etwas ist, was man eher zufällig eben hat oder nicht hat. Ich denke aber, man darf nicht vernachlässigen, dass es meistens durchaus wichtig ist, Bestätigung von außen zu erhalten, um überhaupt ein gutes Selbstwertgefühl entwickeln zu können. Nach und nach sollte sich dieses Selbstwertgefühl aber eben soweit entwickeln, dass man immer weniger auf die Bestätigung von außen angewiesen ist.

Kann ein wirklich in sich selbstsicherer Mensch von außen
verunsichert werden oder ist dieses Gefühl dann so stark,
dass- egal wer kommt und was gesagt wird- diese Person nie an
sich zweifelt?

Nur meine ganz persönliche Ansicht: Einer der nie an sich zweifelt „egal wer kommt und was gesagt wird“, ist in meinen Augen überheblich und arrogant. Unter „selbstsicher“ verstehe ich was anderes. Jemand der selbstsicher ist, kann mit Kritik durchaus gut umgehen und denkt ernsthaft darüber nach, ob der andere mit seiner Kritik Recht hat. Ggf. versucht er daraufhin sogar, sich zu ändern. Er zieht sich also damit durchaus in Zweifel. Das Besondere ist aber, dass er trotz dieser Kritik nicht an seinem Wert zweifelt. Eben weil er selbstsicher ist, kann ihn solche Kritik, auch da wo er sie als berechtigt empfindet, nicht erschüttern. Er weiß um seinen Wert und er weiß, dass dieser nicht geschmälert wird, wenn er einen Fehler macht o. ä.

Hoffe, das hilft ein wenig weiter.

Liebe Grüße
M.

Hallo Musicalfan

Diese Frage klingt ein wenig danach, als gingest du davon aus,
dass ein gutes Selbstwertgefühl etwas ist, was man eher
zufällig eben hat oder nicht hat. Ich denke aber, man darf
nicht vernachlässigen, dass es meistens durchaus wichtig ist,
Bestätigung von außen zu erhalten, um überhaupt ein gutes
Selbstwertgefühl entwickeln zu können. Nach und nach sollte
sich dieses Selbstwertgefühl aber eben soweit entwickeln, dass
man immer weniger auf die Bestätigung von außen angewiesen
ist.

Mit „ausgestattet“ hatte ich gemeint, daß ein Mensch durch seine Entwicklung, Erziehung, Umwelt zu einer Person geworden ist, die ein sehr hohes Selbstwertgefühl in sich hat.
Hab ich ungenau formuliert.

Nur meine ganz persönliche Ansicht: Einer der nie an sich
zweifelt „egal wer kommt und was gesagt wird“, ist in meinen
Augen überheblich und arrogant.

Das ist eine wieder andere Haltung- ich meine in dem Zusammenhang, ob ein Mensch mit sehr gutem Selbstwertgefühl durch äusseres Verhalten darin geschwächt werden kann?
Ob ein in der Kindheit, Jugend wirklich sehr gut entwickeltes Selbstwertgefühl durch Verhalten von außen tatsächlich daran etwas ändern kann?

Ist der Mensch- egal wieviel Selbstwertgefühl er hat- immer wieder auch auf die Bestätigung von außen angewiesen um diesen aufrecht zu erhalten?
Oder reicht das gute Gefühl aus der Kindheit bestenfalls für ein ganzes Leben - ganz egal was andere Menschen sagen?
Man würde sich bei allem Abgleich immer wieder in seinem Selbst finden und das ganz ruhig und sicher!? Selbst wenn um einen rum nur Menschen sind, die einen ablehnen und „angreifen“?

LG kitty

Hey Kitty,

okay, jetzt wird mir eher klar, worum es dir geht. (Aber leider auch, dass ich dazu noch weniger sagen kann…)

Das ist eine wieder andere Haltung- ich meine in dem
Zusammenhang, ob ein Mensch mit sehr gutem Selbstwertgefühl
durch äusseres Verhalten darin geschwächt werden kann?
Ob ein in der Kindheit, Jugend wirklich sehr gut entwickeltes
Selbstwertgefühl durch Verhalten von außen tatsächlich daran
etwas ändern kann?

Also ich glaube nicht, dass Selbstwertgefühl etwas ist, dass man - einmal erworben - automatisch für immer behält. In meinen Augen ist es ganz klar, dass das (so wie es sich u. a. auch durch äußere Einflüsse entwickelt) auch durch äußere Einflüsse geschwächt oder zerstört werden kann.

(Btw. Weil du schreibst „ein in der Kindheit und Jugend wirklich sehr gut entwickeltes Selbstwertgefühl…“: Ich glaube, dass das kaum möglich ist. Man könnte vielleicht sagen „ein verhältnismäßig sehr gut entwickeltes Selbstwertgefühl“. Aber grade in der Jugend hat man ja typischerweise sehr damit zu kämpfen, es ist sehr schwer, einigermaßen unabhängig von der Meinung anderer zu entscheiden. Ich denke, dass es normal ist - auch mit sehr guten Vorbedingungen - dass man sich damit erst zum Ende der Jugendzeit nach und nach leichter tut. Und da eigentlich erst beginnt, ein gesundes Selbstwertgefühl zu entwickeln.)

Oder reicht das gute Gefühl aus der Kindheit bestenfalls für
ein ganzes Leben - ganz egal was andere Menschen sagen?
Man würde sich bei allem Abgleich immer wieder in seinem
Selbst finden und das ganz ruhig und sicher!? Selbst wenn um
einen rum nur Menschen sind, die einen ablehnen und
„angreifen“?

Das gute Gefühl aus der Kindheit reicht sicher nicht. Wie gesagt, glaube ich, dass man noch eine ganze Weile ins Erwachsenenalter hinein reifen muss, damit das Selbstwertgefühl richtig gefestigt ist und sich nicht leicht aus der Bahn werfen lässt.

Der Extremfall, den du beschreibst „dass um einen rum nur Menschen sind, die einen ablehnen und angreifen“, denke ich, ist für die wenigsten dauerhaft auszuhalten. Es ist ganz normal, dass darunter das Selbstwertgefühl leidet, auch wenn es recht gut ausgeprägt ist. Aber um ehrlich zu sein, scheint mir dein Beispiel nicht ganz realistisch. Meiner Erfahrung nach, wird jemand, der so ein positives Selbstwertgefühl hat, wie ich das meine, gar nicht auf so massive Ablehnung stoßen. Solche Menschen sind nämlich sehr angenehm. Es fällt ihnen leicht, irgendwo dazuzugehören, sich zu integrieren, ganz egal in welche Gruppe.

Jemand der denkt, dass er ein gutes Selbstbewusstsein hat und trotzdem nur auf Ablehnung stößt, dessen Selbstbewusstsein ist vielleicht etwas eher Äußerliches, das nicht auf die optimale Weise langsam gereift ist. Vielleicht wurde es tatsächlich (wie deine vorherige Formulierung vermuten lässt), als Kind schon sozusagen „anerzogen“. Es musste sich nicht entwickeln und nicht auch mal durchsetzen gegen Widrigkeiten, sondern war irgendwie schon immer da. Ich könnte mir vorstellen, dass so ein Mensch massiver Ablehnung eine ganze Weile sehr gut und standfest begegnen kann, aber irgendwann bricht die selbstbewusste Hülle ein.

Ich hoffe, das waren jetzt nicht zu viele Spekulationen.

Gruß
M.

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Hallo

Wie sehr ist ein Mensch von der Bestätigung von außen
abhängig, wenn er selber mit einem sehr guten Selbstwertgefühl
„ausgestattet“ ist?

Er ist überhaupt nicht auf Bestätigung von außen abhängig.
Natürlich bestätigt es das Selbstwertgefühl, wenn von außen
ein Lob ausgesprochen wird. Wird ein solcher Mensch kritisiert, kann er wesentlich besser damit umgehen und Diese sachlich behandeln und annehmen,
ohne das Sein Selbstwertgefühl geschwächt wird.

Mir ist klar, daß sehr viele Menschen in der Beziehung nicht
gut aufgestellt sind und damit immer ein recht inniger Kontakt
zu dem besteht, was der Gegenüber sagt…man sich damit dann
seinen Wert „zimmert“-- aber wie abhängig ist jemand, der
innerlich dahingehend stabil ist?

Er ist nicht abhängig davon.

Kann ein wirklich in sich selbstsicherer Mensch von außen
verunsichert werden oder ist dieses Gefühl dann so stark,
dass- egal wer kommt und was gesagt wird- diese Person nie an
sich zweifelt?

Er muß nicht unbedingt an sich zweifeln, oder verunsichert sein.
Ein gesundes Selbstwertgefühl betrachtet die Fakten und geht nicht unbedingt
mit Gefühl an Verunsicherungsversuche ran.

Ein ungesundes Selbstwertgefühl nenne ich dann Arroganz. Das ist dann aber eine
ganz andere Sache.

Gruß
dorrie

Hallo,

Er ist überhaupt nicht auf Bestätigung von außen abhängig.
Natürlich bestätigt es das Selbstwertgefühl, wenn von außen
ein Lob ausgesprochen wird. Wird ein solcher Mensch
kritisiert, kann er wesentlich besser damit umgehen und Diese
sachlich behandeln und annehmen,
ohne das Sein Selbstwertgefühl geschwächt wird.

Und das auch dann, wenn er von außen ununterbrochen Ablehnung signalisiert bekäme?- mal ganz egal, daß das jetzt alles ganz theoritisch ist.

LG kitty

Hi kitty,

Mit „ausgestattet“ hatte ich gemeint, daß ein Mensch durch seine Entwicklung, Erziehung, Umwelt zu einer Person geworden ist, die ein sehr hohes Selbstwertgefühl in sich hat.

Was verstehst du unter sehr hoch?
Gibt es da eine Skala für?
Ich störe mich deshalb ein wenig an deiner Formulierung, weil jeder Mensch in seiner Kindheitsentwicklung gewisse Einbrüche des Selbstwerts hinnehmen muss, damit sich seine Persönlichkeit entwickeln kann.
Die Formulierung sehr hoch ist mir schon fast ein wenig suspekt.
Selbstwert ist für mich auch kein linearer Begriff, ich glaube nicht, dass Menschen sich in jeder x-beliebigen Situation gleich selbstsicher verhalten.
Das meine ich, ist Unterschieden unterworfen, je nach persönlichen Erfahrungen.

ich meine in dem Zusammenhang, ob ein Mensch mit sehr gutem Selbstwertgefühl durch äusseres Verhalten darin geschwächt werden kann?

Selbstverständlich, s.u.

Ob ein in der Kindheit, Jugend wirklich sehr gut entwickeltes Selbstwertgefühl durch Verhalten von außen tatsächlich daran etwas ändern kann?

Naja, das Gehirn lernt ja bekanntlich weiter.
Jede negative Erfahrung oder Mißerfolgserfahrung wird gespeichert.
Das ist ja auch Voraussetzung für Erfahrungslernen.
Wie dramatisch aber solche Erfahrungen individuell bewertet werden, hängt eben von dieser Basiserfahrung ab, die ich allerdings für schwer angreifbar halte.

Gestern gab es bei scobel eine ganz interessante Sendung zur Resilienzforschung.
Gibt es vielleicht im internet noch zu finden.

Ist der Mensch- egal wieviel Selbstwertgefühl er hat- immer wieder auch auf die Bestätigung von außen angewiesen um diesen aufrecht zu erhalten?

Ja, in unterschiedlichem Maße.

Oder reicht das gute Gefühl aus der Kindheit bestenfalls für ein ganzes Leben - ganz egal was andere Menschen sagen?

Bestimmt nicht, das wäre auch absurd.Bei so jemandem würde nie ein interaktiver Abgleich zwischen Eigenerfahrung und der Wahrnehmung anderer stattfinden.
Das wäre wohl schlecht.

Man würde sich bei allem Abgleich immer wieder in seinem Selbst finden und das ganz ruhig und sicher!? Selbst wenn um einen rum nur Menschen sind, die einen ablehnen und „angreifen“?

Ich höre durch eine Bekannte immer wieder von den Machenschaften einer durch und durch pervertierten Betriebsstruktur(call-center).
Unterdrucksetzungen,Rivalisierungen, Kontrolle,doublebinds, die ganze Bandbreite perverser Manipulation.
Da würde ich sagen:Rette sich, wer kann!

Auf privater Ebene steckt in deiner Aussage ein Widerspruch.
Da würde sich mir die Frage stellen, warum fühlt sich das so an, oder warum ist das so.

Viele Grüße
Heidi

Hi Kitty

Kann ein wirklich in sich selbstsicherer Mensch von außen
verunsichert werden oder ist dieses Gefühl dann so stark,
dass- egal wer kommt und was gesagt wird- diese Person nie an
sich zweifelt?

Ich denke, das Selbstwertgefühl ist nichts absolutes, sondern eine relative Größe.
Unter der Folter kannst du jedes Selbstwertgefühl zerbrechen. Wenn alle Menschen dir ihre Liebe entziehen, wird dein Selbstwertgefühl schrumpfen oder verunsichert sein.
Natürlich ist das Selbstwertgefühl der Einzelnen sehr unterschiedlich. Der eine lässt sich sehr schnell verunsichern, der andere nicht so schnell.
Gruß,
Branden

Hallo

Um einer Antwort auf diese Frage näher zu kommen, möchte ich ansatzweise eine Analyse dieses Begriffs Selbstwertgefühl versuchen.

Es tut einem natürlich gut, Bestätigung von anderen zu erhalten, Anerkennung für vollbrachte Leistungen, zu erleben, wenn man als attraktiv wahrgenommen wird, wenn einem etwas zugetraut wird. Das Selbstwertgefühl muß aber noch eine weitere Komponente enthalten, sozusagen die Basis, der Kern, um den herum alles andere ist. Dieser Kern ist etwas, das von äußerer Bestätigung unabhängig ist, es ist ein Wert an sich, der allein auf dem Dasein beruht.

Ein Mensch kann mit der Zeit von außen kommende Bestätigungen verinnerlichen, das heißt, mit der Zeit selbst Gewißheit darüber zu haben, wann er „gut“ war, auch wenn aktuell dafür keine Anerkennung kommt. Der Selbstwert-Kern ist aber etwas anderes, etwas, das grundsätzlich von keiner Voraussetzung abhängt. Vielleicht kommt er von der nicht an Bedingungen geknüpften Liebe, die ein Säugling in der Familie und vor allem von der Mutter erfährt, wenn es gut läuft. Ich bin mir aber nicht sicher, ob dieser Kern des Selbstwerts nicht überhaupt angeboren ist, und durch schlechte Verhältnisse zwar verschüttet, aber nicht völlig zerstört werden kann.

Ohne diesen Kern gäbe es nur die Art von Selbstwertgefühl, die von Voraussetzungen abhängt, wie Attraktivität, Leistungen, Stärken, und möglichst wenig Schwächen zu haben. Dieses Selbstwertgefühl wird verdient, erarbeitet oder erkauft, und wer die genannten „Währungen“ nicht ausreichend hat, hat dann Pech. Dieses Selbstwertgefühl ohne den genannten Kern müßte mit zunehmendem Alter langsam zusammenbrechen, und es wäre nicht möglich, vom Mainstream oder von Moden unabhängig zu handeln, wenn man zum Schluß kommt, daß ein anderer oder neuer Weg der richtige wäre.

Grüße,

I.

Hallo

Und das auch dann, wenn er von außen ununterbrochen Ablehnung
signalisiert bekäme?

Ja, das ist dann ungesundes Selbstbewußtsein. Ich kenn solche Fälle :smile:

LG
dorrie