Selektionsnachteile

Weshalb begehen Menschen Suizid?
Oder warum gibt es Asexualität?

Wieso haben sich in der Evolution solche selektionsnachteilige Verhaltensweisen herauskristallisiert?

Danke.

Hallo!

Derine Frage stellst Du von einem sehr ich-bezogenen Standpunkt - einem Standpunkt, den Menschen sehr gerne einnehmen.
Wer sagt denn, dass der Mensch nicht ebenfalls nur eine Versuchsanordnung der Evolution ist und längst nicht entschieden ist, ob er oder die Kakerlake das lebenswertere Wesen ist? „Herauskristalisiert“ würde ja bedeuten, dass diese Fragen alle schon entschieden sind und es sich um das Ende einer Entwicklung handelt und nicht nur um irgendeinen Zwischenschritt. Der Mensch neigt aus Selbstzentriertheit zu dieser Annahme - es ist noch nicht lange her, dass er glaubte, die Sonne sei um ihn herum gebaut worden.

Wer sagt denn dass jedes Individuum einer Gruppe, Masse, Gesellschaft wichtig ist?
Wer sagt denn dass es nicht eine evolutionäre Großtat ist dass nicht alle Individuen sich fortpflanzen müssen und z.b. die in vielen Populationen ca. 5% homosexuell lebenden Lebewesen oder Lebewesen, die sich nicht sexuell betätigen Qualitäten in die Gemeinschaft einbringen, die essentiell sind - gerade weil sie sich eben nicht mit Fortpflanzung und Aufzucht beschäftigen (müssen).
Wer sagt denn dass Assexualität nicht vielleicht sogar DIE Zukunft ist, für eine Spezies für die Sexualität und Fortpflnzung ophnehin inzwischen so wenig aneinander gekoppelt ist wie bei wenigen anderen Lebewesen? Man muss inzwischen keinen Sex mehr haben um Kinder zu bekommen. Vielleicht läuft da eine evolutionäre Versuchsanordung?

Suizid scheint mir ebenfalls ein Nebenprodukt der menschlichen Entwicklung und ein Beleg dafür, dass diese Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist. Da Menschen denken, ihr Geist jedoch eingeschränkt ist, kommt es entweder aus Verzweiflung (Ich kann mir nicht vorstellen dass „Verzweiflung“ schon der letzte evolutionäre Schritt ist um mit schweren Herausforderungen des Lebens umzugehen…) und (empfundener) Perspektivlosigkeit zu Suiziden. Interessant sind die Untersuchungen (leider kann ich das hier nur behaupten und nicht mit Quellen unterfüttern) die Belegen, dass die Suizidrate sinkt, sobald Perspektiven erkennbar sind. Man könnte, auf die Evolution bezogen, auch die These vertreten, dass sich hier nicht Gruppen-konformes Leben selbst aussortiert.

Frage 1: Suizid beruht im wesentlichen auf genetischen Anlagen, der durch genetische Reaktionsketten manchmal vollzogen wird.

Grundsätzlich ist Suizid (SZ) in den Genen sehr vieler Lebewesen (wahrscheinlich bei allen) angelegt und stammt aus frühen Schutzfunktionen von Einzellern und Pflanzen.

Die evolutionären Gründe für SZ ist der Schutz des Kollektives der Gleichartigen vor Ansteckung, also sowohl Zellen, als auch weiteren Individuen der selben Art, vor Krankheitserregern, von denen der SZ-Kandidat betroffen ist.

Damit die Erreger nicht weitergegeben werden können an Andere der Art, wird bei Erkrankung eine interne Signalkette in Gang gesetzt.

Wird eine Zelle befallen, entscheiden verschiedene Funktionen in Pflanzen, ob nur die befallene Zelle absterben muss (Nekrose) oder ob bei sehr starkem Befall die gesamte Pflanze sterben soll (Apoptose).

Tieren und Menschen haben eine aufwendigere Körperzellstruktur, weshalb es dort erheblich erweiterte Funktionen gibt zum gezielten SZ von Zellen, die z.B. beim Befall mit manchen Viren oder Krebsarten, verschiedene Proteine auf der Zellwand aufbauen können, die von Fresszellen erkannt werden, um dann die erkrankten Zellen zu verdauen.

Der SZ eines ganzen Säugerindividuums erscheint aus gewöhnlicher Sicht als eine Panik-, Angst-, Vernunfthandlung o.ä., jedenfalls erscheint Selbstmord als eine bewusste gezielte Handlung.

Tatsächlich gibt es bei Säugern (Menschen) ebenfalls einige SZ auslösende Signalketten, welche aber nicht vollständig der bewussten Kontrolle des Individuums unterliegen.

Eine verbreitete Signalkette ist die der zu geringen Generierung und Neuorganisation von Gehirnzellen.

Das kann aus Erkrankungsgründen, also schlechter Versorgung des Gehirns mit Aufbaustoffen, Infekten, durch Altersabbau, durch Alzheimer, aber auch durch eine Reihe psychischer Probleme entstehen.

Hat jemand durch Kommunikationsstörungen / Erkrankungen beliebiger Art zu wenig Sozialkontakte, hat das Gehirn zu wenig Anlass, neue neuronale Strukturen aufzubauen.

Zusätzlich ist jedes Lebewesen so gebaut, dass nicht benutzte Gehirnsubstanz bis auf die nötigsten Funktionen zurückgebaut wird, damit bei Nahrungsmangel die Überlebensrate hoch bleiben kann.

Da aber zur erfolgreichen Lebensführung jedes Lebewesens ausreichende Sozialkommunikation gehört, da nur diese letztlich auch für ausreichenden Nachwuchs sorgt, gibt es die Funktion der Depression.

Sinkt u.a. aus irgendwelchen, also aus psychosozialen oder Erkrankungsgründen die Anzahl der Neuronen sehr stark, ohne das neue aufgebaut werden, setzt das drängende Gefühl zur Absonderung des Individuums von der Gemeinschaft ein, genannt Depression.

Diese ist eine evolutionäre Schutzfunktion gegenüber der Gemeinschaft, die solche Individuen ausschließen soll, die nicht genug psychosozial verbunden sind, da sie dann nicht mehr ausreichend die Gemeinschaftsziele wie Nachkommen usw. unterstützen können.

Wird Depression nicht unterbrochen durch ausreichenden neuronalen Aufbau, der durch entsprechende vollzogene Kontakte entsteht, oder im Erkrankungsfall durch Ausheilung, stellt sich in der Psyche eine weitere Weichenstellung ein, die sich als Eindruck von Wertlosigkeit der eigenen Person äußert, oder auch als ein Gefühl von nicht gewollt sein.

Das führt beim Betroffenen dazu, nach Ursachen in der Umgebung dafür zu suchen, was aber meisten nur zu einer Verstetigung des Eindruckes von Wertlosigkeit führt, da die Umgebung tatsächlich nur selten der Auslöser dazu ist.

Dieses anhaltende Gefühl, welches aus einer evolutionären Reaktionskette stammt, kann zum scheinbar bewusst gewollten SZ eines Individuum führen, da es sich aus der genetisch bedingten, hormonell in Gang gesetzten, Depression, von irgend einem Zeitpunkt der Verinnerlichung des Problems, nicht mehr selber befreien kann, und durch den Druck der beteiligten neuronalen Botenstoffe, die sehr schlecht empfundene Gefühle auslösen können, dann tatsächlich den SZ ausführt.

Wichtig ist also, bei Beginn einer Depression sofort danach zu suchen, weshalb die neuronale Aktivität so stark gesunken ist, weshalb man in einer Situation sozusagen ertrinkt, in ihr kreist, sich nicht mehr aus ihr lösen kann.

Schafft man es, wieder aktiv ausreichende Geprächs-, Emotions- und Körperkontakte aufzunehmen, hat man das Problem in der Regel selber gelöst und im Nachhinein auch erkannt.

Kommt man nicht selber aus einer Depression heraus, ist es sehr wichtig, alle der drei Hauptkontaktarten (Intellekt, Emotionen, Körper) so schnell wie möglich wieder aufzunehmen, je nachdem, unter welchem Mangel man am meisten leidet.

In jedem Fall sind aber reflektierende Gespräche von sehr großem Vorteil.

Frage 2. Asexualität gehört vermutlich nur zu den normalen genetischen Abweichungen, die in allen Bereichen eines Genoms aus diversen Gründen auftreten können.

Z.B. werden oft irgendwelche Teile der RNA/DNA nicht ausreichend übertragen auf ein neues Individuum neben vielen weiteren Störungsquellen.

Im Gegensatz dazu hat z.B. die Homosexualität, die keine Störung ist, eine sehr wichtige Aufgabe für die Gesellschaften.
Sie verbessert die innergeschlechtliche Kommunikation erheblich, und somit auch das Verständnis für die Gefühle der Gleichartigen, was die Überlebenschancen von Populationen erheblich erhöhen kann, bei Auseinandersetzungen, bei Katastrophen usw…

Siehe auch Sexualität von Bergleuten, die nach Grubenbrüchen eingeschlossen sind über lange Zeit, oder in Gefängnissen.

mhm…da habe ich ehrlich auch keine antwort drauf…

Hallo

kann dir leider nicht helfen

Diese Verhaltensweisen haben sich ja nicht extrem heraus kristallisiert.

Gruß
Barbara

Hallo,
kann ich leider nicht beantworten. Gegenfrage, warum benutzt du nicht deinen richtigen Namen?
Gruß,
ich

Hallo KokoRico

Exkurs:
Ein Theologe würde dich auf Römer 1,16-27 (Bibel) hinweisen. (Solltest du mal lesen, lohnt sich). Hier schriebt Paulus, dass solche Dinge wie Homosexualität etc. darin begründet sind, dass der Mensch ein Egoist ist, dass er seinen Begierden unterworfen ist. Er weist auf indirekt auch auf das Grundproblem hin. Der Mensch will nicht wahrhaben, dass er sich Gott, seinem Schöpfer unterordnen sollte, was die Kirche im allgemeinen Sünde nennt.
Exkurs Ende:

Wenn ein Mensch Selbstmord begeht, dann hat das in praktisch allen Fällen nicht nur eine Ursache, sondern verschiedene Faktoren führen dazu. Das können Depressionen, Arbeitsüberbelastung, Familiäre Situation und vieles mehr sein. Versucht man diese Ursachen irgendwie zusammenzufassen, kann man sagen, dass dem Mensch Liebe fehlt. Dass also niemand da ist, der ihn annimmt, so wie er hald ist, bedingungslos. Oder, dass er eine solche Liebe ausschlägt. Nicht geliebt, nicht angenommen zu sein, kann tödlich sein.
Im Tierreich ist Selbstmord nicht bekannt. Auch Lemminge machen keinen Massenselbstmord. (Das ist ein Märchen.) Von daher kann Selbstmord nicht evolutionsbiologisch begründet werden. Selbstmord ist zu einem grossen Teil ein gesellschaftliches Problem, dass in Industrienationen gehäuft vorkommt, gerade auch in den reichen Ländern. Die Schweiz gehört in der Suizidrate leider zu den Spitzenreitern.

Zu Asexualität. Ich weiss nicht genau, was du unter diesem Begriff verstehst. Wenn es alle andern Formen sind, die nicht als heterosexuell bezeichnet werden können und nicht in einem geschützten Rahmen wie z. B. der Ehe stattfinden, dann ist das meine Antwort: Auch hier sehe ich ein Liebesdefizit, dass verschiedenste Ursachen haben kann. Sei es, dass derjenige nicht in einer Familie aufgewachsen ist, wo er in seinen Eltern ein Vorbild hatte. Sei es, dass derjenige mit dem andern Geschlecht schlechte Erfahrungen gemacht hat und enttäuscht wurde. Sei es, dass er in seiner Jugend keinen Anschluss an eine Clique hatte, wo er eine tolle Frau, sie einen tollen Mann kennenlernen hätte können. Vielleicht zeigen uns die Kinofilme, die uns sicherlich prägen, ein völlig falschen Bild, und wir wissen nicht mehr, wie Beziehung zum andern Geschlecht eigentlich funktioniert? Du siehst, auch hier sind die Ursachen vielfältig, warum ein Mensch Homo-, Inter- oder Bisexualität einer monogamen heterosexuellen Beziehung vorzieht. Auch hier sehe ich keinen evolutionären Zusammenhang, sonder eine gesellschaftliche Entwicklung, die, so muss mal leider auch sagen, zu sehr viel Leid führt. Es ist hier in Mitteleuropa schon fast nicht mehr normal, dass ein Kind in einer gesunden Familie aufwachsen darf.

Du siehst, ich konnte dir wahrscheinlich auf deine Frage keine Antwort geben, die in die Richtung geht, wie du sie wahrscheinlich erwartet hättest. Du sprichst Themen an, die in der Soziologie respektive in der Ethik angesiedelt sind - beides Geisteswissenschaften. Darum lässt sich naturwissenschaftlich nicht sehr viel darüber aussagen.

Ich hoffe, dass ich dir trotzdem einen Gedankenanstoss geben konnte und du zu einer Antwort kommt, die nicht nur schön klingt, sondern allen Prüfungen standhält.

Herzliche Grüsse
Hämi

PS. Schreib mir doch, wenn du mehr wissen willst oder etwas nicht verständlich ist oder wenn du dich einfach so mitteilen willst.

Dankeschön. Stimmt, deine Antwort geht in eine andere Richtung als erwartet. Aber ein Gedankenanstoss war es auf jeden Fall.

Da ich mir nicht sicher bin ob meine Antwort die ich direkt per Mail geschickt habe angekommen ist, danke ich dir für deine Antwort so nochmal.

Ich bin mir nicht sicher ob meine Antwort, die ich direkt per Mail geschickt habe angekommen ist. Darum antworte ich hier nochmal. Danke für die ausführliche und kompetente Antwort.

mhm…da habe ich ehrlich auch keine antwort drauf…

Trotzdem danke.

Sehr gerne!

Interessieren würde mich tatsächlich der Hintergrund Deiner/Ihrer Frage!

Da ich mir nicht sicher bin ob meine Antwort die ich direkt
per Mail geschickt habe angekommen ist, danke ich dir für
deine Antwort so nochmal.

… die Ursachen für Suizide sind sehr vielfältig. Sie reichen von Erkrankungen des Gehirns bis zur unweisen Nutzung des uns verliehenen freien Willens.

Asexualität ist kein Produkt der Evolution. Die Menschen wurden vollkommen erschaffen, verloren aber durch den Sündenfall ihre Vollkommenheit. Zu Asexualität kann es kommen, wenn man verkehrten Neigungen Raum läßt. Wobei Vielen heute durch den „Zeitgeist“ und aus biblischer Unkennnis heraus dieses Verhalten als normal vorkommt.

Hallo,

Entschuldige bitte die späte Antwort.
Zum Thema Suizid: Der Mensch unterscheidet sich mit seiner Fähigkeit abstrakt zu denken von allen anderen bekannten Lebewesen. Durch diese Fähigkeit steht es dem Menschen frei (oder auch nicht frei, wenn man sich die Diskussionen zur Unfreiheit des Willens mal ansieht) sich entgegen seiner Instinkte zu verhalten und sich auch selbst willentlich zu schaden. Heilversprechen von
Religionen, dass im Jenseits alles besser würde, funktionierten ohne abstraktes Denken nicht. Ebenso ist die Vorstellung eines Selbstmordgefährdeten, dass Menschen nach seinem Tod um ihn trauern ebenfalls nur durch abstraktes Denken möglich. Auch für die Selbsttötung zu dem Zweck, vermeintlich schlimmere Konsequenzen (Folter, Verhaftung, Bloßstellung) zu vermeiden, ist die Fähigkeit, abschätzend in die Zukunft zu blicken erforderlich. Der Mensch steht durch die Fähigkeit, abstrakt zu denken, sowie durch seine moderne Lebensart in hochtechnisierter Umgebung (in der etwa Behinderte, welche in der Natur schlechtere Überlebenschancen hätten, ebenso leicht Kinder bekommen können wie nicht-behinderte) meiner Meinung nach bereits Außerhalb normaler evolutionärer Prozesse. Weder Selektion noch Isolation sind in modernen Menschlichen Gesellschaften noch gegeben und könnten eine Veränderung der menschlichen Art hervorrufen. Ich möchte hier jedoch hinzufügen, dass meine Ausführungen keinesfalls als Euthanasie-Hetze verstanden werden nach dem Motto „Behinderte sollten zum Zweck der Gesunderhaltung der Art keiner Kinder haben.“ Erstens können Behinderte genauso gut nicht-Behinderte Kinder bekommen und zweitens ist ein behinderter Mensch keinesfalls weniger Wert als ein nicht-Behinderter, denn er hat andere Fähigkeiten, welche ihn auszeichnen. Ich wollte, wie oben gesagt, nur verdeutlichen, warum der Mensch meiner Meinung nach keiner Evolution im eigentlichen Sinne mehr unterliegt, ob das nun gut oder schlecht ist, sei dahingestellt.

Zum Asexualität: Hier ist Vorsicht geboten, denn ähnlich wie bei der Homosexualität sind die Ursachen nicht wirklich bekannt. Ob Asexualität genetisch bedingt, durch frühe oder späte Erlebnisse ausgelöst, oder eine willentliche Entscheidung des Einzelnen ist, ist unklar. Um im Bereich der Evolution zu bleiben, kann ich einige Hypothesen aus der Forschung nennen, wonach sexuelle Orientierungen, welche nicht direkt der Fortpflanzung dienen evolutionär sinnvoll sind, da diese Individuen dann den anderen bei der Kinderbeaufsichtigung bzw. -erziehung helfen können. Außerdem zeigen Untersuchungen, dass weibliche Verwandte homosexueller Männer fruchtbarer sind. Zu diesem Aspekt und überhaupt dem Thema Homosexualität in der Evolution empfehle ich dir diesen Artikel hier: http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/245743…

Ich hoffe ich konnte dir helfen und wenn du noch Fragen hast, dann meld dich wieder.

Grüße
Niels

Dankeschön, hat mir weitergeholfen.