Ursprung der Sefirot im Bahir
Hallo,
im Sepher Jezirah soll die Grundlage des Sephiroth-Baumes liegen, was für mich nicht nachvollziehbar ist.
abgesehen davon, daß auch das spätere im 13./14. Jhdt voll ausgebildete System der sefirot kein „Baum“ ist: Du tust gut daran, die Aussage für nicht nachvollziehbar zu halten. Zudem kommt es darauf an, welches Buch bzw. welche Version des Jezira gemeint sein sollte. Die Versionen sind nämlich sehr unterschiedlich. Außerdem ist völlig uneindeutig, wann welche Version entstanden ist. Gut belegbar ist lediglich ihre Zeitrelation.
Es werden zwar sefirot erwähnt im Jezira. Aber wie du ja selbst bemerkst: Damit sind 10 Ziffern gemeint, die sich im zahlenmystischen Kontext dieser frühen jüdischen Mystik-Richtung - wie ja der gesamte Text - auf die Schöpfung beziehen. So daß die Frage offenbleibt, warum sie überhaupt sefirot genannt werden. Denn eine sefira ist eine „Emanation“, aber die Schöpfung ist gerade in diesem Kontext keine Emanation.
Korrekt kann man nur sagen: Das Wort „sefirot“ kommt im Jezira vor, ja, und es bezeichnet eine 10-Zahl. Dabei sind diesen Zahlen einem System von Abstrakta zugeordnet, die aber mit dem System der sefirot der späteren Kabbala gar nichts zu tun haben.
Der Verweis bei Wikipedia, dass erst im Sohar die Namen der Sephiroth auftauchen, macht für mich keinen Sinn, wenn schon im ha-Bahir von 10 Sephiroth die Rede ist.
Wie hier schon oft angemerkt wurde, steht in der deutschen Wikipedia bzgl. jedweder Judaica sehr oft Quark, zumindest Irreführendes. Tatsächlich ist der Bahir die älteste Quelle des Systems der sefirot! Und es sind auch dort auch 10. Aber: Erstens werden sie dort nicht so bezeichnet, sondern vielmehr als ma’amarot („Worte“) und als middot („Eigenschaften“).
Zweitens haben dort auch noch nicht alle dieselbe Benennung wie die im späteren Zohar. So wird vor allem die zehnte sefira als schechina abgehandelt: Die wesentliche - und zwar weibliche(!) - weltliche Präsenz des eyn sof. Ferner ihr enger Zusammenhang mit der zweiten (bina) und dritten sefira (chokma). Aber sie werden insgesamt hier bereits als ein System einer immanenten bzw. intrinsischen Differenzierung im Gottesbegrifff verstanden - unter gleichzeitiger Betonung, daß der Gott nur EINER ist.
Damit ist der sefer haBahir als der Ausgangspunkt anzusehen, der dann erst im Zohar zu seiner vollen Entfaltung kommt. Und diese middot des Bahir werden erst im Zohar wieder als „sefirot“ bezeichnet.
Daß sich das relativ kompliziert darstellt, ist nicht verwunderlich. Die Entwicklung dieses Themas der jüdischen Mystik zieht sich ja immerhin über ca. 1000 Jahre hin: Angefangen bei den vermutlich ältesten kleinen Fragmenten des Jezira (villeicht 2./3. Jhdt) bis zur vollen Entfaltung im Zohar. Die Entwicklungsgeschichte der christlichen Trinitätslehre hat per analogiam ja auch eine Geschichte von ca. 1000 Jahren.
Gruß
Metapher