Servus TV-Reportage 'Gier - Wirtschaftskrise mit System'

Hallo Allerseits,

ich habe vorhin auf Servus TV die Reportage „Gier - Wirtschaftskrise mit System“ gesehen.
http://www.servustv.com/cs/Satellite/Article/Gier—…

Es ging grob gesagt darum, dass das weltweite Währungssystem nach dem Abschied von der Golddeckung einem Pyramidensystem entspricht, bei dem Geld aus dem Nichts geschöpft wird und Schulden mit neuen Schulden bezahlt werden.
Und irgendwann bricht dieses System zusammen, wenn die USA ihre Staatsanleihen nicht mehr los werden.

Phasenweise erinnerte mich der Tenor ein wenig an Verschwörungstheorie. Auf der anderen Seite kann ich mangels Kenntnisse keine Gegenargumente benennen.
Ich vermute, dass auch schon ähnliche Diskussionen hier geführt wird.

War das eine Verschwörungstheoriedoku oder ernste Mahnung?

Gruß
Carlos

Hi,

ein bisschen von beidem, würde ich sagen. Der ein oder andere Interviewte (Eric Sprott z.B.) ist schon recht bekannt für seine hin und wieder sehr gewagten Thesen.
Andererseits war die Doku für die Komplexität des Themas recht interessant gemacht. Man hätte allerdings die Techniken, die bei der Goldpreismanipulation angewendet werden, deutlich ausführlicher behandeln können.
Insgesamt eine etwas einseitige Doku (die Argumente für Fiat Währungssysteme wurden im Grunde komplett ausgelassen), aber keine reine Verschwörungstheorie (ein Wort mit dem ich sowieso eher vorsichtig wäre).

Gruss,
Herb

Hallo,

die Golddeckung hat nichts damit zu tun. Das System wurde wegen seiner Nachteile aufgegeben

Andererseits ist das internationale Finanzsystem wegen seiner Ausartungen gefährdet.
Riesige Summen werden tagtäglich nur zum Zwecke der schnellen Gewinne bewegt. Dabei ist das Finanzsystem teilweise zu einem pervertierten Wettbüro verkommen.

Andererseits basiert die Stabilität der Wirtschaft auf einem geregelten globalen Finanzsystem. Wenn Lieferant A an den Kunden B eine Ware liefert, geht er davon aus, dass die Rechnung bezahlt wird. Kunde B will die Ware (z.B. Rohstoffe) weiterverarbeiten und an C liefern. Er benötigt aber zur Zahlung der Rohstoffe Geld, welches er von der Bank kurzfristig leiht. Hat B von C sein Geld bekommen, zahlt er den Kredit zurück. Das ist ein sehr fragiles System, welches vor allem auf dem Vertrauen funktioniert, dass alle am Ende ihr Geld bekommen. Geld, welches bei Banken aktuell nicht abgerufen wird, leihen sich Banken untereinander oder investieren es im Aktien- oder Hypothekenbereich.

Die Fragilität dieses System bei Ausfall flüssiger Kapitalmittel führt im Endeffekt in eine Weltwirtschaftskrise. Welcher Lieferant A liefert nch seine Rohstoffe an B, wenn die Bank keinen kurzfristigen Kredit mehr bewilligt? Das Kartenhaus wird instabel, bekommt Risse und bricht u.U. zusammen.

Die Gier nach Gewinn war der Grund dafür, dass die Banken in den USA zu billige Hypothekenkredite an Hauskäufer vergaben. Diese kauften die Häuser, die Preise stiegen. Mitunter wurden gleich noch auf Pump ein paar Konsumgüter angeschafft, da ja das mittlerweile höherpreisige Haus als Sicherheit für einen Kredit reichte. Als die Immobilienblase platzte, saßen die Banken (die Kredite waren mittlerweile trickreich auch an andere weiterverkauft worden) auf dem Trockenen, weil die finanzierte Häuser gar nicht mehr den Wert hatten, für den sie beliehen worden waren.

Und die jetzt notleidenden Banken hätten kein Geld an Frmen vergeben. Die Produktion wäre eingebrochen, der Arbeitnehmer hätte kein Geld und kann weder konsumieren noch seinen Hauskredit abzahlen. Der Wirtschaftskreislauf kann als zusammengebrochen betrachtet werden.

So die Kurzfassung der Kausalkette. Wie es tatsächlich lief, kann Du dieser grafischen Tabelle entnehmen.

Das Problem ist die Spekulationsblasenbildung und gleichzeitige Staatsschuldenanhäufung. Erstere wird noch verstärkt durch ziemlich abstruse, aber legale Möglichkeiten (z.B. Leerverkäufe, Hebelwirkung etc.). Auf Kredit basierende Spekulation innerhalb einer Blase ist was für Speedjunkies. Die Gier nach Gewinn kann dabei so ausarten, dass dieses i-Tüpfelchen das Fass zum Überlaufen bringt und einem (und damit allen Beteiligten) die Blase um die Ohren fliegt.

Du wirst hier sicher noch deutlich bessere Antworten bekommen.

Fazit: Mit der Golddeckung hat es nichts mehr zu tun. Aber mit zu wenig Regulierung, wodurch der Finanzmarkt sehr gefährlich wurde und noch ist. Deswegen wurden ja auch schon schärfere Regularien eingeführt. Obs aber reicht?

Gruß
vdmaster

Hi Carlos,

das Problem ist nicht die fehlende „Deckung“ des Geldes. Geld ist per Definition nicht gedeckt, sonst wäre es ein normales Wirtschaftsgut (wie z.b. Gold/Silber) und nicht Geld. Geld hat eine Sonderstellung, weil es

  • keinen (wesentlichen) Wert an sich hat,
  • Banken als Vermittler hat,
  • und ein (das einzige) gesetzliche Zahlungsmittel ist, mit dem ich u.a. meine Steuern zahlen muss.
    An und für sich funktioniert ein solches System auch ohne Gold-oder was auch immer als Deckung verwendet werden soll.
    Das einzige was zählt ist die Geldmenge. Halte ich die stabil, ist jedes Geld „gedeckt“.
    Halte ich die Geldmenge stabil, kann man auch mit Stöcken ein funktionierendes Geldwesen aufbauen. S. den sog. tally stick in UK (http://de.wikipedia.org/wiki/Kerbholz). Verändere ich die Geldmenge zu stark, funktioniert gar nichts. Drucke ich zuviel, bricht das System zusammen, drucken die Staaten/Banken zuwenig, bricht das System zusammen. Aber ohne „böswillige“ Einmischung von außen ist ein solches System einem Gütersystem immer überlegen.
    Diese Goldtypen meinen, dass sie mit Gold diese Schwankungen/Manipulationen verhindern können. Das Gegenteil ist der Fall. Hätten wir nur ein Goldsystem könnten Reiche viel Gold aufkaufen, den Preis in die Höhe treiben und damit das Geld/Gold für alle knapp halten. Sie könnten das Gold lagern und nicht ausgeben, weil sie auf höhere Preise für ihr Gold hoffen, und so weiter. Das ist unter anderem der Grund, warum Jesus gegen die Geldwechsler im Tempel vorgegangen ist. Und Rom ist auch wegen mutwilliger Goldverknappung untergegangen…
    Und der Staat könnte nichts machen, weil er kein Gold drucken kann. In einem Geldsystem ist diese Art der Manipulation nicht möglich, weil der Staat jedes horten, und jede Geldschwemme neutralisieren kann. Diese Goldtypen haben selbst Gold und hoffen natürlich, dass alle Angst bekommen und viel Gold kaufen und den Goldkurs (und ihr Vermögen) in die Höhe treiben. Solange die Geldmenge stabil bleibt, ist alles i.O.
    Die Ehrlichen unter diesen Warnern sagen, „ja aber die Geldmenge in den USA hat sich in den letzten 7/8 Jahren verdoppelt. Ist das nicht gefährlich?“ Nein, weil dieses Geld nie in den Wirtschaftskreislauf gekommen ist, sondern direkt an die Banken gegangen ist, die damit die Löcher in ihren Bilanzen gestopft haben. Sonst wäre nämlich so jede Bank in den USA pleite…Dieses Geld kann auch nicht in den Kreislauf kommen, weil dafür die (Privat)Amis mal so eben ihre Schulden verdopplen müssten. Das machen die in dieser schwierigen Phase natürlich nicht, also könnten die Banken das überschüssige Geld gar nicht verleihen/in den Kreislauf bringen.
    Ist aber natürlich eine Riesenschweinerei, dass man die Banken mit so riesigen Summen (u.a. Schwarzgeld) „gerettet“ hat. Hoffe, hilft weiter.

Herzlichen Dank für eure Antworten (o.w.T.)