Hi,
Ja, wenn Du Opfer bist, dann bist Du das
natürlich 100-prozentig und alle
Statistik hilft Dir nicht mehr.
Ja, das ist sicher richtig. Ich wollte mich aber aber nicht aber ausschliesslich auf die Opferperspektive beziehen, sondern auch auf die Darstellung sexueller Gewalt in der Gesellschaft. Ich habe das Gefuehl, dass Statistiken das Phaenomen eher verwessern. Einzelfaelle vermitteln ein viel deutlicheres Bild dessen um was es da geht. Das zeigt sich auch an der Empoerung der Gesellschaft, wenn - was ja mitlerweile regelmaessig geschieht - ueber einzelne Faelle berichtet wird. Ueber Statistiken scheinen sich eher wenige besonders aufzuregen - dennoch werden bei sachlichen Diskussionen meist nur statistische Aussagen verwendet und das Problem damit rationalisiert (vielleicht laesst es sich sachlich auch nicht anders behandeln). Dafuer koennen Statistiken natuerlich helfen zu vermitteln, dass es sich um ein alltaegliches Phaenomen handelt.
Da gebe ich Dir recht. Am Besten wäre es
wohl, wenn Opfer sich generell
zusammentun, um zu reden, mehr Sicherheit
zu fordern, auf die Gewalttendenzen in
der Gesellschaft aufmerksam zu machen,
etc. Unabhängig vom Geschlecht. Ich kann
Das ist wohl richtig - und geschhieht auch z.B. in Selbsthilfegruppen.
mir vorstellen, daß es für männliche
Opfer von Gewalt oder Sexualdelikten noch
ein Stück schwerer ist. Heute jedenfalls.
Vor ca. 50 Jahren noch dürfte es für
Frauen genauso schwer gewesen sein, über
Sexualdelikte auch nur zu reden und erst
recht, sich vor Gericht zu behaupten.
Gerichtsverhandlungen stellen heute oft noch einen Horrortrip fuer Opfer sexueller Gewalt dar. Ich bin mir nicht sicher ob sich eine fuer Opfer ertraegliche Form der Gerichtsverhandlung je mit rechtstaatlichen Erfordernissen wird vereinbaren lassen. Ansonsten hast Du natuerlich recht, und es ist davon auszugehen, dass eine enttabuisierung auch im Fall maennlicher Opfer eintreten wird.
Ok, ich kann mir vorstellen, daß die
Verallgemeinerung auf weibliche Opfer und
männliche Täter es Dir noch zusätzlich
schwer gemacht hat. Andererseits denke
ich, daß Frauengruppen es begrüßen
müssten, wenn Männer bereit wären, bei
Aktionen gegen Gewalt und für mehr
Sicherheit mitzumachen - sei es nun aus
Anteilnahme oder aus eigener
Betroffenheit.
Hast Du da andere Erfahrungen gemacht?
Da habe ich keine Erfahrungen, da ich fast keine Erfahrung mit Frauengruppen habe. Moeglicherweise habe mich - was das Thema betrifft - unbewusst von ihnen verngehalten, da maennlicher Taeter ueberproportional haeufig selbst Opfer waren - was bei Menschen, die mit diesen Fakten vertraut sind eine Stigmatisierung maennlicher Opfer hervorrufen kann (nicht muss!). Ausserdem habe ich - abgesehen von der Zeit, waehrend ich in einer Selbsthilfegruppe war und mich intensiv mit dem Thema befasst habe - nie ein Beduerfnis gehabt mich dem Thema besonders auszusetzen (aus naheliegeden Gruenden). Wieso ich das jetzt tue weiss ich auch nicht
Wenn Männer wie Frauen sich darüber
bewußt sind, daß sie Opfer werden können,
dann hoffe ich, daß die Gesellschaft
insgesamt aufmerksamer und sensibler mit
den Ängsten und Problemen der potentiell
Betroffenen umgehen müsste.
Dem steht entgegen, dass es - was das betrifft - halt doch einen entscheidenden Unterschied zwischen Maennern und Frauen gibt:
Maenner werden fast ausschliesslich als in Kindheit oder Jugend Opfer - was offensichtlich fuer Frauen nicht gilt.
Das koennte dazu fuehren, dass das Problem weiterhin Frauensache bleibt. Frauen sind ja (zuminderst bisher) was ihre Kinder betrifft engagierter als Maenner - und als direkt Betroffene (Opfer) ohnehin.
Gruss
Thorsten