Sharon und der Stein ihres Anstoßes

Artikel gelöscht
[MOD] dieser Artikel wurde vom Team gelöscht und bei der zweiten Runde, wo die anderen anonym-Artikel mit einem Teamhinweis versehen wurden, wurde er wohl übersehen.

Gruß und Tschüß an wen auch immer
Susanne

Hallo,
nicht, dass ich mich da nun distanzieren möchte - aber diese ‚Reinkarnations‘-Geschichten sind eigentlich vor allem eine tibetische Spezialität (wobei Marion ja schon klargestellt hat, dass das schon etwas differenzierter zu sehen ist). Da nun seit einigen Jahren der tibetische Buddhismus sehr stark in den westlichen Medien präsent ist, wird vieles spezifisch tibetische (nicht einmal notwendig buddhistisches) schlicht als ‚buddhistisch‘ wahrgenommen, was nicht immer berechtigt ist.

Ein anderer Punkt ist, dass Vermittlung des Dharma auf unterschiedlichen ‚Wahrheitsebenen‘ stattfindet, so dass sich Aussagen auch widersprechen können. Absolute Wahrheit (paramartha satya) entzieht sich jedem sprachlichen Ausdruck; jedes Sprechen über den Dharma kann also nur auf der Ebene relativer Wahrheit (samvrti satya) stattfinden - wobei da durchaus verschiedene relative Ebenen denkbar sind. Anders als im Verständnis abendländischer Philosophie ist dieses Sprechen auf relativer Wahrheitsebene jedoch nicht primär der Versuch, die absolute Wahrheit möglichst exakt begrifflich zu fassen, sondern primär ein perlokutionärer Akt. D.h. entscheidend ist, was mit der Vermittlung relativer Wahrheit beim Hörer ausgelöst wird oder ausgelöst werden kann. Die Vermittlung des Dharma ist vorrangig auf Praxis ausgerichtet, erst nachrangig auf theoretisches Verständnis.

Deswegen wird z.B. schon in den frühen Sutren des Palikanon fast immer genau der Anlass und der Ort der Lehrrede genannt und vor allem der Kreis der Zuhörer. Es ist durchaus ein Unterschied, ob eine Lehrrede für buddhistische Mönche (Bhikshus) gehalten wird, für Laien, für Angehörige der Priesterkaste (Brahmanen) oder für Anhänger anderer Lehren (etwa Jaina). Die Inhalte sind jeweils auf den Verständnishorizont der Zuhörer abgestimmt.

In den traditionell buddhistischen Ländern ist es die Regel, populären Auffassungen von Wiedergeburt nicht zu widersprechen sondern diese aufzugreifen, um die theoretisch eher weniger interessierten Laienanhänger zu einer heilsamen ethischen Praxis zu motivieren - eine meditative Praxis üben diese in der Regel nicht aus. Jemand, der in den Orden eintritt, erhält jedoch differenziertere Unterweisungen bzw. eignet sich durch Schriftenstudium selbst eine differenziertere Sichtweise an. Dabei kommt einem korrekten Verständnis von anatman oder von ‚Leerheit‘ (sunyata) eine entscheidende Schlüsselrolle zu - Doktrinen, die in direktem Widerspruch zu populärem Reinkarnationsglauben stehen.

Es gibt buddhistische Richtungen, die dieses Vorgehen in etwa auch im Westen beibehalten haben. Ich selbst halte dies für unzweckmäßig, da hier die Voraussetzungen andere sind. Die Übermittlung des Dharma findet hier vor allem an Laien statt - Laien, die ausreichend Engagement (und freie Zeit!) haben, um ernsthaft zu praktizieren. Nicht nur ethisches Verhalten, sondern auch meditative und intellektuelle Geistesschulung. Mönche/Nonnen gibt es hingegen nur wenige, weil diese kein Umfeld finden, das sie ausreichend alimentiert. Daher muss mE der Dharma im Westen den Laien auf andere - theoretisch ‚anspruchsvollere‘ Weise vermittelt werden.

Was die genannten Filme angeht - nun, das sind keine ‚Lehrfilme‘ sondern Produkte der Unterhaltungsindustrie …

Freundliche Grüße,
Ralf

Moin,

nicht, dass ich mich da nun distanzieren möchte - aber diese
‚Reinkarnations‘-Geschichten sind eigentlich vor allem eine
tibetische Spezialität (wobei Marion ja schon klargestellt
hat, dass das schon etwas differenzierter zu sehen ist). Da
nun seit einigen Jahren der tibetische Buddhismus sehr stark
in den westlichen Medien präsent ist, wird vieles spezifisch
tibetische (nicht einmal notwendig buddhistisches) schlicht
als ‚buddhistisch‘ wahrgenommen, was nicht immer berechtigt
ist.

Das ist korrekt. Tulkus gibt es ausschließlich im tibetischen Buddhismus. Aber die grundsätzliche Fragestellung: „Was passiert nach dem Tod?“ ist elementar und menschlich und dieser können sich auch Buddhisten kaum entziehen. Die Beantwortung dieser Frage nun schlichtweg offen zu lassen, kommt einem „glaubt doch einfach, was ihr wollt“ gleich. Ich persönlich bin der Meinung, dass dies auch für einen Buddhisten nicht wirklich zufriedenstellend ist. Soll der Buddhist glauben, nach dem Tod (bzw. mit Beendigung der Hirnaktivität) ist alles aus? Dann würde er sich als Materialist entpuppen. Soll er annehmen, es geht für ihn individuell irgendwie weiter? Dies würde dem System von Anatman widersprechen. Soll er die Thematik einfach ignorieren? Das ist schlecht möglich, weil man als praktizierender Buddhist immer wieder mit den Themen Tod und Vergänglichkeit, bedingtes Entstehen etc. konfrontiert wird.

Der tibetischer Buddhismus, oder besser gesagt, sehr viele hochgebildete Philosophen und Praktizierende des Buddhismus in Nordindien und Tibet haben sich nun über Jahrhunderte hinweg intensiv diesen Fragestellungen gewidmet, um eine Antwort zu finden, die weder den Grundsätzen der buddhistischen Lehre und den Erkenntnissen der Naturwissenschaften widerspricht, noch in sich selbst widersprüchlich ist und Parktizierenden auf den höchsten Ebenen der Erkennnisstufen als Erfahrung zugänglich sind.

Ein Teil dieser Ergebnisse wurde nun im sogenannten „Bardo thos grol“ (Bardo Thödröl) des indischen Tantrikers Padmasambhava zusammengefasst, hierzulande auch als „Tibetisches Totenbuch“ bekannt. Ich kann eigentlich nur jedem, der sich ernsthaft für diese Thematik interessiert, sich (auf der Grundlage fundierter Kenntnisse des Abidhamma) hiermit zu beschäftigen. Ich empfehle die Ausgabe von Robert Thurman, ISBN: 3596151503 Buch anschauen. Ein weiteres meiner Meinung nach empfehlenswertes Buch als Einführung in diese Thematik ist das Buch „Die Buddha-Natur. Tod und Unsterblichkeit im Buddhismus“ vom Dalai Lama; ISBN: 3894270799 Buch anschauen

Ein anderer Punkt ist, dass Vermittlung des Dharma auf
unterschiedlichen ‚Wahrheitsebenen‘ stattfindet, so dass sich
Aussagen auch widersprechen können. Absolute Wahrheit
(paramartha satya) entzieht sich jedem sprachlichen Ausdruck;
jedes Sprechen über den Dharma kann also nur auf der Ebene
relativer Wahrheit (samvrti satya) stattfinden - wobei da
durchaus verschiedene relative Ebenen denkbar sind. Anders als
im Verständnis abendländischer Philosophie ist dieses Sprechen
auf relativer Wahrheitsebene jedoch nicht primär der Versuch,
die absolute Wahrheit möglichst exakt begrifflich zu fassen,
sondern primär ein perlokutionärer Akt. D.h. entscheidend ist,
was mit der Vermittlung relativer Wahrheit beim Hörer
ausgelöst wird oder ausgelöst werden kann. Die Vermittlung des
Dharma ist vorrangig auf Praxis ausgerichtet, erst nachrangig
auf theoretisches Verständnis.

Deswegen wird z.B. schon in den frühen Sutren des Palikanon
fast immer genau der Anlass und der Ort der Lehrrede genannt
und vor allem der Kreis der Zuhörer. Es ist durchaus ein
Unterschied, ob eine Lehrrede für buddhistische Mönche
(Bhikshus) gehalten wird, für Laien, für Angehörige der
Priesterkaste (Brahmanen) oder für Anhänger anderer Lehren
(etwa Jaina). Die Inhalte sind jeweils auf den
Verständnishorizont der Zuhörer abgestimmt.

Das ist korrekt. So wie der Buddhismus sich bei einer Zuhörerschaft in Indien durchsetzen musste, die der festen Vorstellung von „Atman“ verhaftet war, so muss er sich im Westen bei einer Zuhörerschaft durchsetzen, die der festen Vorstellung eines „Ego“ oder „inhärenten Selbst“ verhaftet ist. Viele Menschen hier im Westen sind nicht bereit, diese Vorstellung eines „Ego“ oder „inhärenten Selbst“ auch nur in Zweifel zu ziehen. Hier geht es um mehr als reine philosophische Betrachtungen. Hier geht es um ganz elementares und existenzielles Selbstverständnis.

Die Vorstellung von „Wiedergeburt“ oder eines Kontinuums auch über den Tod hinaus wird ganz entschieden von unserer Vorstellung unseres Lebens als Mensch (und was diesen ausmacht) geprägt sein. Wer der Überzeugung ist, dass der Mensch zu Lebzeiten ein festes Ego und inhärentes Selbst hat, der wird auch die Vorstellung haben, dass dieses feste Ego oder inhärente Selbst nach dem Tod in irgend einer Form „wiedergeboren“ wird. Wer jedoch bereits zu Lebzeiten davon ausgeht, dass der Mensch kein festes und inhärentes Selbst hat, dessen Vorstellung von „Wiedergeburt“ oder Kontinuum werden auch entsprechend geprägt sein.

Ich meine, wir können tatsächlich nicht erwarten, dass Menschen, für die ein festes und inhärentes Selbst eine „Selbstverständlichkeit“ (im wahrsten Sinne des Wortes ist) nun plötzlich wenn es beispielsweise um Tulkus geht, diese Selbstverständlichkeit mal eben so aufgeben und auf Anhieb verstehen, um was es hier eigentlich geht, zumal sich Tulkus ja auch so erklären ließen, selbst wenn sie tatsächlich nicht so gemeint sind.

In den traditionell buddhistischen Ländern ist es die Regel,
populären Auffassungen von Wiedergeburt nicht zu widersprechen
sondern diese aufzugreifen, um die theoretisch eher weniger
interessierten Laienanhänger zu einer heilsamen ethischen
Praxis zu motivieren - eine meditative Praxis üben diese in
der Regel nicht aus. Jemand, der in den Orden eintritt, erhält
jedoch differenziertere Unterweisungen bzw. eignet sich durch
Schriftenstudium selbst eine differenziertere Sichtweise an.
Dabei kommt einem korrekten Verständnis von anatman oder von
'Leerheit' (sunyata) eine entscheidende Schlüsselrolle zu -
Doktrinen, die in direktem Widerspruch zu populärem
Reinkarnationsglauben stehen.

Es gibt buddhistische Richtungen, die dieses Vorgehen in etwa
auch im Westen beibehalten haben. Ich selbst halte dies für
unzweckmäßig, da hier die Voraussetzungen andere sind. Die
Übermittlung des Dharma findet hier vor allem an Laien statt -
Laien, die ausreichend Engagement (und freie Zeit!) haben, um
ernsthaft zu praktizieren. Nicht nur ethisches Verhalten,
sondern auch meditative und intellektuelle Geistesschulung.
Mönche/Nonnen gibt es hingegen nur wenige, weil diese kein
Umfeld finden, das sie ausreichend alimentiert. Daher muss mE
der Dharma im Westen den Laien auf andere - theoretisch
'anspruchsvollere' Weise vermittelt werden.


Bei uns im tibetischen Buddhismus sagt man, der Buddha hat seine Lehre auf 84000 verschiedene Weisen gelehrt, so dass für jeden je nach Verständnisfähigkeit wie du oben schon sagtest ein hilfreicher Zugang dabei ist. Ich denke nun nicht, dass wir im Westen nun mehr oder weniger dieser 84000 Weisen brauchen. Jede der authentischen buddhistischen Schulen und Richtungen und ihre jeweiligen Methoden, die hier im Westen fußgefasst haben, haben meiner Meinung nach somit eine Existenzberechtigung, da sie offenbar den Leuten, die sich ihnen hier im Westen ja nach freier Entscheidung angeschlossen haben, ihren ganz individuellen Zugang zur buddhistischen Praxis ermöglichen.

Gerade der Anspruch von „theoretisch anspruchsvoller“ kann insbesondere hier im Westen schnell nach hinten losgehen, wenn sich der westliche „intellektuell geschulte“ Verstand in theoretischen Gefilden an der buddhistischen Philosophie ergötzt, aber die Praxis auf der Strecke bleibt. Es ist schon so, wie du oben sagtest:

D.h. entscheidend ist,
was mit der Vermittlung relativer Wahrheit beim Hörer
ausgelöst wird oder ausgelöst werden kann. Die Vermittlung des
Dharma ist vorrangig auf Praxis ausgerichtet, erst nachrangig
auf theoretisches Verständnis.


Ohne theoretisches Verständnis wissen wir nicht, was wir tun. Aber ohne Praxis kommen wir nicht von der Stelle.

Lieben Gruß
Marion

[MOD] könnten wir zum Thema zurückkommen
Hallo, Reinkarnation, insbes. einzelner Lamas, hat eigentlich eher weniger mit Karma zu tun. Ich hab diesen Teilthread dennoch stehen lassen, da er in teilen auch auf Buhhismus in Hollywoodproduktionen eingeht, was wiederrum eine gewisse Verwandtschaft zum passenden Unterthema Buddhismus in Hollywood hat. Allerdings möchte auch ich darauf hinweisen dass Buddhismus an sich eigentlich eher ein Thema fürs Religionsbrett ist. Wer jetzt angeregt ist, sich weiter zu informieren, möge dort weiter nachfragen.

Könnten wir daher bittschön wieder zum Thema kommen: Sharon Stones Gebrauch des Begriffes Karma im erwähnten Zusammenhang.

Auch wenn wir nicht wissen können, von welchen Buddhistischen oder sonstigen Strönmungen sie den aufgeschnappt hat oder in welche Richtung ihr Weltbild einzuordnen ist. (ist eigentlich noch irgendwem ausser mir der kindlich naive Tonfall aufgefallen??? Mag aber auch ne Übersetzungssache sein)
Nur weil sie angeblich mit dem Dalai Lama befreundet ist, heißt das ja auch nicht dass ihr „Erfahrungshorizont“ auf dessen tibetisch-buddhistische Richtung beschränkt ist (oder überhaupt daraus geschöpft). Womöglich gibts da noch eine Yogalehrerin oder irgendwelche Spirituellen Berater oder so, mit denen sie sich viel häufiger zu solchen Themen austauscht.

Daher vielleicht gibt es auch noch andere Ansichten zum Thema Massenkarma oder Karma überhaupt, neben der buddhistischen oder zu Esoteriktrends in Hollywood, zum unqalifiziertem Gebrauch von Esoterischen Begriffen durch sogen. Leitfiguren oder Möchtegernmitreder oder was sich sonst noch so an Themen im UP findet.

Gruß Susanne

Hallo Marion

Jede der authentischen buddhistischen Schulen und
Richtungen und ihre jeweiligen Methoden, die hier im Westen
fußgefasst haben, haben meiner Meinung nach somit eine
Existenzberechtigung

Selbstverständlich, wo bei ich das Wort „authentisch“ in diesem Zusammenhang gar nicht (mehr) gebaruchen würde - warum sollte es sich mit Religionen diesbezüglich anders verhalten als mit „rationaleren“ Ideologien?! Es gibt überall einen ständigen Wandel und es bleiben überall ein paar orthodoxe Systeme (eine Zeitlang!) zurück. Das findest du in der Psychoanalyse, in der Physik und eben auch in den Religionen. Insofern ist die Diskussion, ob Sharon Stone etwas „falsch“ aufgefasst habe oder ob sie ihre eigenen Vorstellungen da mit hinein bringt, letztlich müßig.
Gruß,
Branden

earthquake vs. karma
Hi, hier ist das, was mir vom amerikanischen Originaltext bekannt ist:

„And then this earthquake and all this stuff happened, and then I thought, is that karma? When you’re not nice that the bad things happen to you?“

Logisches Problem: anatman vs. Vorleben-Karma
Hi.

gelten Richard Gere und Sharon Stone jetzt schon als
Autoritäten in Fragen buddhistischer Lehre?

Nicht für mich, of course. Habe ich den Eindruck erweckt?

Wenn Du Dir das Zitat von Geshe Rabten
einmal genau anschaust, wirst Du unschwer feststellen, dass
sich Frau Stones Aussage darauf nicht berufen kann, weil der
Geshe unter ‚kollektives karma‘ etwas ganz anderes versteht.

Er verwendet aber (gemäß Übersetzung) diesen Begriff, und das heißt doch, dass zwischen den individuellen Karmas ein Kontext besteht, der sie zu einer größeren Einheit (Kollektiv) zusammenfasst. Ginge es nur um Ähnlichkeiten, würde der Begriff null Sinn machen. Aber du hast ja selbst diese Verwendung bemängelt.

es ist hier vielmehr ein nicht sonderlich treffender Begriff, dessen
Gebrauch dem Geshe insofern nachzusehen ist, als er wohl kaum
mit den Hirngespinsten der Theosophen vertraut war, die diesen
Begriff im Sinne Frau Stones gebrauchten.

Ja, leider:

"www.w-lisseck.de/Leseprobe_Karma.pdf

Kollektives / Gruppen-Karma
Dieses ist das gemeinsame Karma einer Nation, eines Volkes, einer Gruppe
o.ä., das sich aus Teilen des individuellen Karma ergibt, z.B. die Weltkriege
der Deutschen und das spezielle Lern- und Erfahrungsprozesse für viele
Menschen bewirkt (z.B. Frieden, Freiheit, Toleranz)."

Ich hätte allerdings eine Frage zu dem, was ich als Widerspruch der Lehre, dass sich kein Ich wiederverkörpert, zu den Aussagen von Geshe Rabten empfinde.

Laut GR ergeben sich die Frauen in den Feuertod, weil sie in irgendwelchen Präexistenzen jemand anderem dieses Schicksal bereitet hatten.

Nun: der Buddhismus, auch du, behauptet, dass sich kein substanzielles Ego wiederverkörpert, sondern nur skandhas, also Wahrnehmungsgruppen (ich stimme gern damit überein).

Warum aber hat dann eine Tat aus einem Vorleben eine extrem negative Auswirkung auf den Skandha-Träger in diesem Leben?

Warum muss Nicht-Ich A qualvollst sterben, weil Nicht-Ich B in der Vergangenheit Scheiße gebaut hat?

Dank im voraus.

Moin Branden

Jede der authentischen buddhistischen Schulen und
Richtungen und ihre jeweiligen Methoden, die hier im Westen
fußgefasst haben, haben meiner Meinung nach somit eine
Existenzberechtigung

Selbstverständlich, wo bei ich das Wort „authentisch“ in
diesem Zusammenhang gar nicht (mehr) gebaruchen würde -

Wenn es nicht „authentisch“ ist, dann ist es kein Buddhismus mehr.

warum
sollte es sich mit Religionen diesbezüglich anders verhalten
als mit „rationaleren“ Ideologien?! Es gibt überall einen
ständigen Wandel

Einen ständigen Wandel gab und gibt es selbstverständlich auch im Buddhismus über die Jahrhunderte hinweg. Und z.B. mit dem Dalai Lama hat der tibetische Buddhismus beispielsweise einen authentischen Lehrer, der dennoch voll und ganz in der heutigen Zeit zuhause ist und Kontakte über die Mind and Life Konferenzen Kontakte zu Wisschenschaftlern auf dem allerneuesten wissenschaftlichen Stand unterhält. Zudem belegen Verkaufszahlen der Bücher des Dalai Lama, dass seine dortigen authentischen Lehrer offenbar auch ein modernes westliches Publikum ansprechen, und diesem etwas zu sagen haben.

Etwas anderes ist es, wenn sich Leute anderer Richtungen bei den Lehren und Methoden des authentischen Buddhismus bedienen (und hier wäre vielleicht wieder der Brückenschlag zur Esoterik). Auch hier hab ich grundsätzlich nichts dagegen und kenne sogar zwei Beispiele, die ich als gelungen betrachten würden, z.B. einerseits das „Stressredution durch Achtsamkeit“ System von Jon Kabat-Zinn und andererseits z.B. die Arbeiten von Ken Wilber. Man muss kein Buddhist sein oder sich als solcher bezeichnen, um von den Lehrern und Methoden des Buddhismus zu profitieren. Aber man sollte in der Lage sein zu identifizieren, was zu einer buddhistischen Lehre dazu gehört, und was nicht. Sonst wissen wir letztendlich nicht mehr, worüber wir eigentlich reden.

Insofern ist die Diskussion, ob Sharon Stone etwas „falsch“
aufgefasst habe oder ob sie ihre eigenen Vorstellungen da mit
hinein bringt, letztlich müßig.

Das sehe ich anders. Wer sich auf etwas als Quelle bezieht, der wirft auch ein schlechtes Licht auf die Quelle, wenn er Inhalte falsch rüberbringt und dies vom Publikum nicht erkannt wird. Somit halte ich die Frage des Ausgangsposters, ob die von Stone gemachte Äußerung vor dem Hintergrund des buddhistischen Karmaverständnisses haltbar ist, für durchaus erörternswert. Erst wenn dies deutlich gemacht wurde, ist die Diskussion darüber, ob Stone etwas falsch aufgefasst hat, oder ihre eigenen Vorstellungen rüberbringt, müßig. Denn dann kann man die Anführungsstriche bei „falsch“ nämlich weglassen :smile:

Gruß
Marion

Hallo Ralf,

Was die genannten Filme angeht - nun, das sind keine
‚Lehrfilme‘ sondern Produkte der Unterhaltungsindustrie …

Es bedeutet es nicht automatisch, dass Unterhaltungsfilme
die Unwahrheit propagieren, nur weil sie populär sind.
Vor allem dann, wenn authentische Personen daran mitwirken.
Ob das Sogyal Rinpoche ist oder der Dalai Lama.
Mit gelehrt zielte ich aber eher auf die angezeigte Seite des
„Buddhismus heute“, bzw. den Diamantweg.
Wie du selbst sagtest,

sondern primär ein perlokutionärer Akt. D.h. entscheidend ist,
was mit der Vermittlung relativer Wahrheit beim Hörer
ausgelöst wird oder ausgelöst werden kann.

wird auch bei solchen Filmen eine Interaktion angeregt.
Dass dies keine Intention der Mitwirkenden ist,
wird man wohl schwerlich behaupten können.

Der Film „Living Buddha“ von Clemens Kuby ist allerdings
ein Dokumentarfilm. (Nur nebenbei, Kuby ist der Neffe
des Physiknobelpreisträgers Werner Heisenberg, inwieweit
Unschärferelation und die Problematik unseres Themas
korrelieren, sei je nach Gusto jedem selbst überlassen)

http://www.ongnamo-versand.de/dvd/tibet-buddhismus/c…

Mit freundlichem Gruss
Junktor

1 Like

Hallo Horst,

gelten Richard Gere und Sharon Stone jetzt schon als
Autoritäten in Fragen buddhistischer Lehre?

Nicht für mich, of course. Habe ich den Eindruck erweckt?

Nein, das war eine rhethorische Frage.

Wenn Du Dir das Zitat von Geshe Rabten
einmal genau anschaust, wirst Du unschwer feststellen, dass
sich Frau Stones Aussage darauf nicht berufen kann, weil der
Geshe unter ‚kollektives karma‘ etwas ganz anderes versteht.

Er verwendet aber (gemäß Übersetzung) diesen Begriff, und das
heißt doch, dass zwischen den individuellen Karmas ein Kontext
besteht, der sie zu einer größeren Einheit (Kollektiv)
zusammenfasst.

Der ‚Kontext‘ besteht in einer gemeinschaftlich begangenen Tat.

Kollektives / Gruppen-Karma
Dieses ist das gemeinsame Karma einer Nation, eines Volkes,
einer Gruppe

Das wiederum ist etwas Anderes und steht jedenfalls im Widerspruch zur buddhistischen Auffassung von karma. ‚Nation‘ oder ‚Volk‘ sind abstrakte Begriffe und ein Abstraktum kann nicht handeln. Sicher kann ein großer Teil oder gar die Mehrheit der Menschen einer Nation gemeinsam auf eine bestimmte Weise handeln. Insofern könnte man, wie Marion schon angemerkt hat, hier von ‚kollektivem karma‘ als einem theoretischen Konstrukt sprechen - ebenfalls eine Abstraktion. Aber eine ‚Nation‘, die handelt - das ist Blödsinn. Es sind immer konkrete Menschen, die handeln. Kein willentliches Handeln, kein karma.

Ich hätte allerdings eine Frage zu dem, was ich als
Widerspruch der Lehre, dass sich kein Ich wiederverkörpert, zu
den Aussagen von Geshe Rabten empfinde.

Ich bitte um Verständnis, wenn ich möglicherweise zweifelhafte Aussagen tibetischer Lehrer nicht näher interpretieren oder bewerten möchte. Ich kann dazu nur auf mein Posting von gestern abend (über die illokutionäre Funktion buddhistischer Belehrungen) und ansonsten auf Marion verweisen - sie ist in dieser buddhistischen Tradition zuhause, ich nicht.

Freundliche Grüße,
Ralf

Moin Marion

Man muss
kein Buddhist sein oder sich als solcher bezeichnen, um von
den Lehrern und Methoden des Buddhismus zu profitieren. Aber
man sollte in der Lage sein zu identifizieren, was zu einer
buddhistischen Lehre dazu gehört, und was nicht.

Nun ja, ich denke, zwischen diesen beiden Thesen (mit der ersten bin ich vollständig einverstanden) gibt es fließende Übergänge.
Wir Therapeuten haben das ja innerhalb der versch. Psychotheapie-Schulen gleichsam als Dauerthema. Da bedient sich eine Methode bei der anderen. Ich bin inzwischen (seit Jahren) auch immer weiter weg von der orthodoxen Psychoanaylse gekommen. Ich weiß manchmal garnicht mehr, ob ich mich noch als Freudianer bezeichnen würde. Soi gehts anderen vielleicht mit dem Buddhismus. Viles an Freuds Erkenntnissen finde ich nach wie vor genial, aber einiges finde ich einfach nicht mehr zutreffend. Mit Religionsstiftern bzw. großen Persönlichkeiten aus Religion und Philosophie gehts mir da nicht anders. Einige Erkenntnisse von Buddha finde ich wichtig, bei anderen Thesen halte ich ihn ähnlich kulturell befangen wie andere große Leute in ihrer Zeit eingefangen waren.
Von dem von mir verehrten Laotse wissen wir, dass er es entsetzlich modernistisch und den Anfang vom Ende fand, dass man Wege und Straßen in die Landschaft baute.
Gruß,
Branden

Moin,

Nun: der Buddhismus, auch du, behauptet, dass sich kein
substanzielles Ego wiederverkörpert, sondern nur skandhas,
also Wahrnehmungsgruppen (ich stimme gern damit überein).

Warum aber hat dann eine Tat aus einem Vorleben eine extrem
negative Auswirkung auf den Skandha-Träger in diesem Leben?

Es gibt keinen Skandha-Träger. Es gibt nur Skandhas. Der Mensch mitsamt seinem Körper, Gedanken, Gefühlen etc. ist nach buddhistischem Verständnis eine Art Skandha-„Bausatz“.

Warum muss Nicht-Ich A qualvollst sterben, weil Nicht-Ich B in
der Vergangenheit Scheiße gebaut hat?

Sollte man nicht zuerst fragen: Wenn es kein „inhärentes ich“ gibt, wer handelt dann überhaupt? Gibt es „jemanden“ der Handelt, so wie in dem Sketch von Otto (Kleinhirn an Großhirn etc.?)

Schauen wir uns doch mal an, was Buddha selbst zu diesem Thema zu sagen hat:

http://www.palikanon.de/samyutta/sam12_20.html#s12_17

Ich verweise insbesondere auf S. 12.17, S. 12.18 und S 12.19 und diesen Kommentar dazu:

Das Leiden, von dem in § 7 ff. unseres Sutta gesprochen wird, ist das Leiden der Wiedergeburten, des samsāra (Komm.: vattadukhham). Die Fragestellung ist also die, ob die Wiedergeburt eine selbstverschuldete ist, oder die Folge der Taten, des kamma, irgend eines anderen. Der Tathāgata lehnt diese Alternative ab. Durch sie würden nur zwei Extreme zum Ausdruck gebracht, die Wahrheit liegt in der Mitte. Bei Annahme der ersteren Alternative - dies ist Sinn von § 14 - käme man zu dem Schluß, daß ein bleibendes Ich von Existenz zu Existenz fortdauert; ein solches Ich gibt es aber nicht. Bei Annahme der zweiten Möglichkeit würde jeder Zusammenhang zwischen den einzelnen Existenzen aufgehoben. Ein solcher Zusammenhang besteht aber immerhin. Er wird hergestellt nicht durch ein dauerndes Ich, sondern nur durch die Bindeglieder, die in der Nidānakette aufgezählt sind, also durch die aus der früheren Existenz zurückbleibenden „Gestaltungen“, die zu „Bewußtsein“, „Name und Form“ usw. hinüberleiten. Über die beiden Theorien der sassata- und der ucchedaditthi s. N. zu 12. 48. 3 ff.

„Gestaltungen“ ist nun das, was ich in einem anderen Posting als „Karmischen Impuls“ bezeichnet habe.

Gruß
Marion