Sharon und der Stein ihres Anstoßes

Hi.

Sharon Stone - ihre künstlerischen Verdienste seien unbestritten - hatte bei den Festspielen in Cannes 2008 über einen karmischen Zusammenhang zwischen dem Tod zahlreicher Chinesen und den (unzweifelhaften) Verbrechen des chinesischen Staates gegen die tibetische Bevölkerung räsonniert:

„Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, wie wir mit den Olympischen Spielen umgehen sollen, denn die sind nicht nett zum Dalai Lama, der ein guter Freund von mir ist. Und dann war da dieses Erdbeben und alles andere, und da dachte ich: Ist das Karma? Wenn man nicht nett ist, passieren einem schlimme Dinge.“

Hat sie damit recht? Oder ist das nur ein individueller Ausrutscher einer Möchtegern-Durchblickerin, die den traditionellen Karmabegriff missbraucht? Wird aber im esoterischen Umfeld nicht allzuoft „kollektives Karma“ in Anspruch genommen, wenn es die Leiden großer ethnischer oder anderer Gruppen zu erklären gilt (manche Esoteriker scheinen auch die Judenpogrome damit begründen zu wollen)?

Dass nicht nur Laien solche Anschauungen hegen, zeigt ein Zitat aus einem Text eines Tibeters (Geshe Rabten, »Auf dem Weg zur geistigen Freude. Meditation und Vorbereitende Übungen im Tibetischen Buddhismus«)

http://www.tibet.de/tib/tibu/1994/tib

"Kollektives Karma wird von einer Gruppe von Personen geschaffen, und dieselbe Gruppe erlebt die Wirkungen ihres Tuns in ähnlichen Umständen. Manche Menschen erfahren ähnliche Leiden und Freuden, wenn die entsprechenden Umstände zusammenkommen, weil sie die gleichen Ursachen angesammelt haben.

Zur Zeit des Buddha lebte in einer Einsiedelei eine Gruppe von Nonnen (bhikshunïs), die sämtlich Heilige waren, zusammen mit einer gewöhnlichen Frau, die als ihre Köchin arbeitete. Eines Tages fingen alle Hütten Feuer, und die Nonnen flogen, ihre Wunderkräfte nutzend, in die Luft, um den Flammen zu entkommen. Die Macht ihres Karmas jedoch zog sie wieder zur Glut herunter. In diesem Moment hatte die geistig fortgeschrittenste Nonne eine direkte Einsicht in die vergangenen Leben der Gruppe. Sie sah, daß sie und ihre Gefährtinnen einst als Kinder einen Alleinverwirklicher (pratyeka) in seiner Hütte verbrannt hatten. Die Köchin war die einzige gewesen, die gegen diese Tat Widerstand geleistet hatte. Als die Nonnen dies erfuhren, nahmen sie ihr Karma an und starben in den Flammen. Die Köchin konnte ihr Leben retten, indem sie durch einen Abflußgraben entfloh."

Bleibt anzumerken, dass Sharon für ihre These (wenngleich in rhetorischer Frageform vorgetragen) heftig kritisiert wurde.

Gruß

Hallo Horst
Die gute Sharon Stone war natürlich nicht die einzige auf diesem Planeten, die spontan diese schlechtes-Karma-Assoziation hatte. Selbst gestandene Nicht-Buddhisten wie meinereiner hatte NATÜRLICH kurz oder länger mal die Idee im Kopf, dass die Flutkatastrophe eine „karmisches Echo“ für die Misshandlung von Tibet war.
Ich finds auch affig, der armen Frau Stone deswegen verzickt an die Wade zu punkeln, weil Millionen Leute sowas assoziierten und weil das absolut menschlich ist. Wir denken halt noch genauso magisch wie unsere Urahnen und wenn wir was Schlimmes machen, fürchten wir die Strafe auf dem Fuße.
Interessanter bei dieser Sache wär für mich, mal zu gucken, WER von diesen Wadenpissern und aufstöhnenden Bürgern da wo seine Leiche im Keller hat.
Gruß,
Branden

Hi

es tut mir wirklich leid aber so eine scheiße können auch wirklich nur nicht-buddhisten/hinduisten und sonstige missgünstige Halbwisser denken.

Karma kann nicht übertragen werden, wir sind hier doch nicht bei der Sippenhaft.

Was kann den bitte die südwest-chinesische Bevölkerung, die Bauern, Arme und andere arme Säue beinhaltet, für die Scheiße, welche die Regierung in Nordost China (nur um mal die Distanz zu verdeutlichen) in TIBET baut?

Wenn es danach ginge müssten die USA ja täglich WTC-Vorfälle haben.

Ne, also so funktioniert das ja glücklicherweise auch nicht.
Staaten - und ich möchte betonen, dass dieses etwas, das sich „Staat“ nennt, ein absolut künstliches Abstraktum ist und in der Natur nicht existiert- haben kein Nationalkarma.

Wenn man davon ausgeht, dass Karma existiert, dann hat höchstens jedes einzelne Wesen ein Karma, und für dieses ist es dann auch verantwortlich.

Zudem, soweit ich weiß, ich kann mich auch irren, Karma sich erst im nächsten Leben auswirkt.

lg
Kate

Software-Fehlfunktion
Hallo Horst,

das ist der übliche und weit verbreitete Fehlschluss unserer neuesten evolutionären Fähigkeiten, nämlich Ursache-Wirkungs-Verbindungen zu erkennen.

Mehrere Dinge passieren zufällig gemeinsam und wir denken (auch nach dem Lernprinzip der Nähe von Ereignissen), dass es etwas miteinander zu tun hätte. Leider in diesem Fall ein Fehlschluss.

Vielleicht ist die nächste Gattung homo duma in der Lage solche Fehler nicht zu machen. In der Evolution geht es nicht darum, das Optimum zu erreichen; besser sein reicht. Das Optimum entsteht nur, wenn der selektive Druck der Umwelt sehr groß ist.

Gruß

Stefan

Hallo Horst,
gelten Richard Gere und Sharon Stone jetzt schon als Autoritäten in Fragen buddhistischer Lehre? Geshe Rabten hin oder her - ‚kollektives karma‘ ist keine buddhistische Lehre, sondern etwas, das sich Frau Blavatsky und Konsorten aus den Fingern gesogen haben. Wenn Du Dir das Zitat von Geshe Rabten einmal genau anschaust, wirst Du unschwer feststellen, dass sich Frau Stones Aussage darauf nicht berufen kann, weil der Geshe unter ‚kollektives karma‘ etwas ganz anderes versteht.

Manche Menschen erfahren ähnliche Leiden und Freuden, wenn die
entsprechenden Umstände zusammenkommen, weil sie die gleichen
Ursachen angesammelt haben

Mit anderen Worten - gleiche Ursachen führen unter gleichen Bedingungen zu gleichen Wirkungen, unter hinreichend ähnlichen Bedingungen zu ähnlichen Wirkungen. Mehr steckt hinter diesem kollektiven karma nicht - es ist hier vielmehr ein nicht sonderlich treffender Begriff, dessen Gebrauch dem Geshe insofern nachzusehen ist, als er wohl kaum mit den Hirngespinsten der Theosophen vertraut war, die diesen Begriff im Sinne Frau Stones gebrauchten. Chinese zu sein, ist noch lange keine karmische Ursache - karma resultiert nämlich aus willentlichen Handlungen.

Im übrigen hat sich der wohl bekannteste Schüler Geshe Rabtens - der Dalai Lama - mittlerweile von Frau Stones Äußerung distanziert. Zwar ist jedes Erleben nach seiner Aussage karmisch bedingt - was dann also auch auf das ‚kollektive‘ Leid zutrifft, dass Tibeter erfahren oder Burmesen. Aber so, wie Frau Stone sich das vorstellt, funktioniert das nicht.

Freundliche Grüße,
Ralf

Moin Horst,

zunächst einmal: ich hätte mich gefreut, wenn du diese Frage im Religionsbrett gestellt hast, denn hier geht es offenbar um das karmische Verständnis im Buddhismus. Das hat mit Esoterik nun wieder gar nichts zu tun. Aber nun zu deinen Fragen.

Sharon Stone - ihre künstlerischen Verdienste seien
unbestritten - hatte bei den Festspielen in Cannes 2008 über
einen karmischen Zusammenhang zwischen dem Tod zahlreicher
Chinesen und den (unzweifelhaften) Verbrechen des chinesischen
Staates gegen die tibetische Bevölkerung räsonniert:

Auch nach buddhistischem karmischen Verständnis gibt es hier keinen Zusammenhang.

Hat sie damit recht?

Nein. Zunächst muss man unterscheiden zwischen karmischen Ursachen und Umständen, in denen eine karmische Frucht heranreifen kann. Karmische Ursachen werden durch unser individuelles Handeln gelegt. Sind die Umstände „günstig“, kann die karmische Frucht heranreifen.

Was ist nun ein Erdbeben? Liegen einem Erdbeben karmische Ursachen, also individuelles Handeln zugrunde? Nein. Die Ursachen für ein Erdbeben sind irgendwelche Verschiebungen im Erdinneren. Somit kann ein Erdbeben schonmal keine karmische Frucht sein. Das Erdbeben zählt also zu den Umständen , unter denen karmische Früchte heranreifen können.

Was sind nun karmische Früchte? Karmische Früchte sind geistige Folgen unseres Handelns. Warum „geistige“ Folgen? Weil selbst wenn zwei Menschen den gleichen Umständen ausgesetzt sind, werden sie selten auch das gleiche erleben. Manche Menschen schaffen es, selbst unter widrigsten Umständen einen glücklichen und zufriedenen Geist zu bewahren. Andere werden mit dem goldenen Löffel im Mund geboren, und sind hochgradig depressiv und selbstmordgefährdet.

Das Erdbeben mag zwar „China“ getroffen haben, aber ich denke, es ist einleuchtend, dass jeder einzelen Mensch in der betroffenen Region dieses Erdbeben mit ganz anderen individuellen Folgen für sich selbst erlebt hat. Manch einer leidet unter den Folgen ganz furchtbar, weil er Besitz oder Angehörige verloren hat. Ein anderer hingegen konnte vielleicht jemandem das Leben retten und wird die daraus entstehende Freude für sich sein Leben lang bewahren.

Man kann hier also nicht davon reden, dass bei diesem Erdbeben alle gemeinsam das gleiche erlebten, sondern jeder erlebt das Erdbeben ganz unterschiedlich.

Dass nicht nur Laien solche Anschauungen hegen, zeigt ein
Zitat aus einem Text eines Tibeters (Geshe Rabten, »Auf dem
Weg zur geistigen Freude. Meditation und Vorbereitende Übungen
im Tibetischen Buddhismus«)

http://www.tibet.de/tib/tibu/1994/tib

"Kollektives Karma wird von einer Gruppe von Personen
geschaffen, und dieselbe Gruppe erlebt die Wirkungen ihres
Tuns in ähnlichen Umständen. Manche Menschen erfahren ähnliche
Leiden und Freuden, wenn die entsprechenden Umstände
zusammenkommen, weil sie die gleichen Ursachen angesammelt
haben.

Das ist korrekt. Trifft aber eben auch nur dann zu, wenn sie tatsächlich ähnliche Freuden und Leiden erfahren. Wer will nun beurteilen, ob zwei Menschen, selbst wenn sie die gleichen Umstände erleben, daraus resultierend auch „ähnliche Freuden und Leiden erfahren“? So individuell wie die Menschen sind auch ihre (inneren) Erfahrungen. Und wenn man das schon für zwei Menschen kaum beurteilen kann, wie dann für eine ganze Gruppe von Menschen? Dies dürfte für einen Normalsterblichen wie unsereiner kaum zu überblicken sein, und daher macht die Verwendung des Worts „kollektives Karma“ auch für unsereiner keinen Sinn und im Zusammenhang mit z.B. Naturkatastrophen, Kriegen etc. ist es völlig deplaziert. Ich hoffe, ich konnte das hiermit deutlich machen.

Bleibt anzumerken, dass Sharon für ihre These (wenngleich in
rhetorischer Frageform vorgetragen) heftig kritisiert wurde.

Was mir daran vor allem auffällt ist ein Mangel an Mitgefühl. Durch das Erdbeben ist vielen Menschen Schreckliches zugestoßen. Als Buddhist gibt es da für mich eigentlich nur eine Antwort: Helfen wo es geht, um das Leiden dieser Menschen zu lindern. Ob es sich dabei um Chinesen handelt oder Marsianer ist für mich unerheblich.

Gruß
Marion

Moin Ralf,

Mit anderen Worten - gleiche Ursachen führen unter gleichen
Bedingungen zu gleichen Wirkungen, unter hinreichend ähnlichen
Bedingungen zu ähnlichen Wirkungen. Mehr steckt hinter
diesem kollektiven karma nicht -

Genau. Ich meine, man könnte es auch als „logisches Konstrukt“ bezeichnen.

freundlichen Gruß,
Marion

Mal weg vom nur-buddhistischen gedacht
Hi Horst
Nochmal dazu:
Im Grunde halte ich die Karma- und Buddhismus-Diskussion hierbei für einen Neben"kriegs"schauplatz.
Es geht doch viel mehr darum, dass Sharon Stone etwas ausgedrückt hat, was gleichsam übergeordnet ist und nicht von einer bestimmten Religion akkupiert wird, nämlich dass es auffallend häufig so ist, dass, wenn eine Diktatur den „Bogen überspannt“, der Absturz oder eben die Katastrophe bald darauf folgt.
Das kann man an vielen Diktaturen beobachten, z.B. 3. Reich, UdSSR, DDR.
Ob hierbei sozusagen das Eingreuífen eines Schicksals eine bedeutende Rolle spielen könnte, DAS wäre doch hier das Thema im Eso-Brett, könnte ich mir vorstellen.
Gruß,
Branden

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[Team]

Moin,

Da bin ich anderer Meinung.
Obwohl ich dem Buddhismus wohlgesonnen bin, sind dessen
karmisches Verständnis und die Wiedergeburtstherorie ein, sich
schon seit sehr langer Zeit haltendes, jedoch generell
unbewiesenes Gedankenkonstrukt.

Genau so eine Diskussion hatte ich befürchtet. Nur geht es hier nicht darum, was irgendwelche Esoteriker zum Karma zu meinen oder zu beweisen oder auch nicht haben, sondern hier war ausdrücklich ein buddhistischer Zusammenhang angesprochen, belegt durch den Text von Geshe Rabten und der war sicher kein Esoteriker.

Was ein Hinduist, Esoteriker, Atheist oder was auch immer aus den Geschehnissen in China mit seinem persönlichen Verständnis von „irgendwie Karma“ herauslesen mag oder sich irgendwelche persönlichen Wiedergeburtstheorien bastelt, ist mir ziemlich wurscht (so lange er keinen buddhistischen Bezug herstellt, jedoch eben dieser war hier gegeben).

Gruß
Marion

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Nachtrag zur Website-Adresse
Hier ist die komplette Referenzadresse, ich hoffe, die ist jetzt anklickbar.

http://www.tibet.de/tib/tibu/1994/tibu31/31karma.html

Gruß

Hi.

Mir geht´s in erster Linie um das, was man die vulgär-esoterische Adaption traditioneller asiatischer Lehren bezeichnen könnte. Gerade in diesen Kreisen herrscht, denke ich, Aufklärungsbedarf. Besonders beim Karmabegriff, der ganz allgemein in der Esoterik oft in ziemlich amoralischer Weise verwendet wird. Siehe eben Sharon, die ich weniger als Buddhistin denn als (Möchtegern)-„Esoterikerin“ sehe.

Auf andere Punkte reagiere ich evtl. morgen (Zeitmangel).

Gruß

Hallo,

Die ganzen Wiedergeburts- Reinkarnations- und somit
Karmatheorien sind bis zum heutigen Tag unbewiesene religiöse
Gedanken- und Glaubenskonstrukte, was soviel bedeutet wie
unwahrscheinlich i.S. von
esoterisch.

Zunächst einmal sind ‚unwahrscheinlich‘ und ‚esoterisch‘ zwei verschiedene Paar Stiefel. Nicht jedes unbewiesene Gedankenkonstrukt ist schon gleich ‚unwahrscheinlich‘ und nicht alles, was unwahrscheinlich ist, ist deswegen schon esoterisch.

Sodann gibt es in der buddhistischen Lehre keine Wiedergeburts- oder Reinkarnationstheorie. Da Dir dies nicht bekannt zu sein scheint, gehe ich davon aus, dass Dir genau so wenig bekannt ist, worin sich die buddhistische Karmatheorie beispielsweise von hinduistischen oder theosophischen unterscheidet.

Das Einzige, was die buddhistischen Lehren so „esoterisch“ macht, ist lediglich die Tatsache, dass Viele, die sich vollmundig dazu äußern, sie schlicht und einfach nicht kennen.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Moin,

Deine Herleitung klingt gut und liest sich überzeugend.
Doch ist das nur die halbe Wahrheit. :smile:
Schau mal ins Fremd- oder Synonymwörterbuch…

Manchmal sind Bennennungen auf konventioneller Ebene insbesondere für eine sinnvolle Kommunikation durchaus hilfreich und auf konventioneller Ebene hat man sich darauf geeinigt, dass alles, was zu Buddhismus gehört, ins Brett „Religionswissenschaften“ gehört. Jetzt kannst du natürlich die mühevolle Aufgabe auf dich nehmen, alle Bretter bei w-w-w abzugrasen und zu bestimmen, welche Komponenten der dort jeweils diskutierten Themen nach deinem Verständnis von Esoterik vielleicht auch irgendwie esoterisch sind und anregen, dass dieses doch hier diskutiert werden mögen. Allerdings meine ich, dass das weder sinnvoll noch hilfreich ist.

Sodann gibt es in der buddhistischen Lehre keine
Wiedergeburts- oder Reinkarnationstheorie. Da Dir dies nicht
bekannt zu sein scheint,

Interessant.
Erkläre mir doch mal, warum der gute Dalei Lama seinerzeit in
den Berufsstand
des „Dalei Lama“ gehoben wurde, wenn es im Buddhismus keine
Wiedergeburts- oder Reinkarnationstheorie gibt. :wink:

Wenn du das wirklich verstehen möchtest, dann brauchst du fundamentale Kenntnisse vom Abhidhamma im Allgemeinen und speziell dem konsequenten Weiterverfolgen der Abhidhamma-Philosophie in Theorie und Praxis innerhalb des tibetischen Buddhismus bis zum konkreten praktischen Beispiel, nämlich dem was man hierzulande so allgemeinhin als „Tod“ bezeichnet und was nach tibetisch-buddhistischem Verständnis während des Sterbens passiert. Ich nenne dir gerne ca. 5 kg Literaturhinweise. Es macht durchaus ein wenig Mühe, diese Zusammenhänge zu verstehen, aber weder ist es „geheim“, noch unmöglich.

Oder alternativ nimmst du dir einen Pflaumenkern, steckst in ihn die Erde, hegst und pflegst ihn, bis aus diesem Kern wieder ein Pflaumenbaum gewachsen ist. Darüber meditierst du ein paar Jahre. Ist der neue Pflaumenbaum der gleiche Pflaumenbaum wie der vorherige Pflaumenbaum? Hat er sich „reinkarniert“? Warum ist aus dem Pflaumenkern kein Kirschbaum gewachsen? Hätte genau dieser Pflaumenbaum auch aus einem beliebigen anderen Pflaumenkern wachsen können? Welche Faktoren haben bestimmt, dass der neue Pflaumenbaum aus dem Pflaumenkern nun genau so geworden ist? Was macht überhaupt einen Pflaumenbaum aus? Ist ein gefällter Pflaumenbaum noch ein Pflaumenbaum? etc… Wenn du nun alle diese Frage und weitere, die dir vielleicht selbst während deiner Überlegungen kommen, gründlich und in sich widerspruchsfrei beantwortet hast, tausche deine Ergebnisse mit andern Leuten aus, die das gleiche unternommen haben. Schließlich ersetze „Pflaumenkern“ durch „karmischer Impuls“ und Pflaumenbaum durch „Skandhas“ und beginne vor vorne. Anatman.

Karma im buddhistischen Verständnis besagt nichts anderes, als dass alles, was im Geist entsteht, auch bestimmte Ursachen hat, sei es nun ein Gedanke, ein Gefühl, ein Bewusstsein, eine Benennung oder was auch immer. Über diese Ursachen lassen sich durch wissenschaftliche Methoden auch bestimmte Aussagen treffen. Allerdings besagt es nicht, dass wir bereits alle Ursachen und Zusammenhänge kennen. Genau wie die Naturwissenschaften z.B. bestimmte Ursachen für bestimmte Phänomene bennen oder auch ausschließen können, aber für komplexere Phänomene diese ebenfalls kaum erschöpfend erforscht haben. Was nun den „Beweis“ oder die „Wahrscheinlichkeit“ angeht, so düfte es dir wesentlich schwerer fallen, irgend etwas zu finden, was diesem Konstrukt nicht entspricht, also „wahrscheinlich“ keinerlei Ursachen hat. Somit halte ich das buddhistische Karmaverständnis zumindest für die zutreffendere, auf jeden Fall aber die logischere Alternative.

gehe ich davon aus, dass Dir genau so
wenig bekannt ist, worin sich die buddhistische Karmatheorie
beispielsweise von hinduistischen oder theosophischen
unterscheidet.

Doch ist mir bekannt, deshalb hatte ich in meinem ersten Post
zu diesem Thema folgende Webseite angegeben:
http://de.wikipedia.org/wiki/Karma#Hinduismus

Dann hat sich dein Kommentar also erübrigt?

Gruß
Marion

Schau mal ins Fremd- oder Synonymwörterbuch…

Ich bin zwar kein ‚esoterischer Experte‘ - aber ‚esoterisch‘ brauche ich nun wirklich nicht nachschlagen. Und wenn Dein Fremdwörterbuch ‚esoterisch‘ mit ‚unwahrscheinlich‘ übersetzt oder Dein Synonymwörterbuch beides als Synonyme bezeichnet schlage ich vor, Du entsorgst sie unauffällig statt mit solchen Weisheiten hausieren zu gehen.

Erkläre mir doch mal, warum der gute Dalei Lama seinerzeit in
den Berufsstand
des „Dalei Lama“ gehoben wurde, wenn es im Buddhismus keine
Wiedergeburts- oder Reinkarnationstheorie gibt. :wink:

Der gute Mann schreibt sich Dal a i Lama und trägt derzeit die Nummer 14. Was nicht heisst, dass er die Reinkarnation von Nr. 13 ist und der wiederum die von Nr. 12 - genausowenig wie König Ludwig XIV. die Reinkarnation von Ludwig XIII. war. Und er ist auch kein ‚Gottkönig‘ oder was westliche Medien wie ‚Spiegel‘, ‚Stern‘ oder ‚Bild-Zeitung‘ sonst noch ihrem uninformierten Publikum an Unfug auftischen.

Ist Dir der religionswissenschaftliche Terminus ‚Doketismus‘ vertraut? Weisst Du, was ein Tulku / nirmanakaya ist? Im Zweifelsfall bitte im religionswissenschaftlichen Brett nachfragen.

Ein Dalai Lama (gleich, welche Nummer er trägt) gilt bei tibetischen Buddhisten als nirmanakaya (eine doketische Erscheinungsform) des transzendenten (sambhogakaya-)Bodhisattva Avalokitesvara. Dieser wiederum ist eine ideelle Personifikation eines abstrakten Handlungsprinzips, nämlich karuna (Mitgefühl).

Doch ist mir bekannt, deshalb hatte ich in meinem ersten Post
zu diesem Thema folgende Webseite angegeben:
http://de.wikipedia.org/wiki/Karma#Hinduismus

Ja, wenn das natürlich so in Wikipedia steht …
Mal Spass beiseite - hättest Du verstanden, was im Buddhismus unter ‚karma‘ zu verstehen ist, würdest Du nicht behaupten, dieses ‚karma‘ stünde im Zusammenhang mit ‚Reinkarnationen‘. Aber vielleicht kannst Du mir ja erkären, wie Reinkarnation/Wiedergeburt eigentlich funktionieren soll, wenn nichts - schon gar nicht ein Mensch - eine feste Identität (oder gar eine ‚Seele‘) hat sondern nur das Produkt einer instabilen Konstellation von Ursachen und Bedingungen ist. Das ist jedenfalls der Kern buddhistischer Lehre - die anatman-Doktrin. Was bitteschön soll dann da wieder geboren oder re inkarniert werden? Wenn der Bedingungszusammenhang, den wir als empirische Person begreifen, sich auflöst, ist diese Person tot. Unwiderruflich und unwiederbringlich. Das Einzige, was bleibt und weiterwirkt, sind die Ursachen und Bedingungen, die diese Person zu Lebzeiten geschaffen hat. Ihr karma. Das hört sich jetzt so gar nicht esoterisch und mysteriös an, nicht wahr? Ist es auch nicht.

Zu den Wirkungen dieser karmisch gesetzten Ursachen kann als Resultat das Entstehen einer neuen Person gehören. Das ist aber keine Reinkarnation oder Wiedergeburt - mit gleicher oder gar noch größerer Berechtigung könntest Du auch Deine Kinder als Deine Wiedergeburten bezeichnen - schließlich sind sie zu mindestens 50% das Ergebnis Deines persönlichen genetischen Programms.

Das ‚karmische Programm‘ hingegen ist nach buddhistischem Verständnis das willentliche Setzen von Ursachen und Bedingungen, das selbstverständlich Folgen/Früchte erzeugt. Möglicherweise sogar eine ‚Geburt‘ - mit Sicherheit aber keine ‚Wiedergeburt‘.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Ralf,

Das ‚karmische Programm‘ hingegen ist nach buddhistischem
Verständnis das willentliche Setzen von Ursachen und
Bedingungen, das selbstverständlich Folgen/Früchte erzeugt.
Möglicherweise sogar eine ‚Geburt‘ - mit Sicherheit aber keine
‚Wiedergeburt‘.

Wieso liest man das dann immer wieder so?

z.B. hier:

[http://www.buddhismus-heute.de/archive.issue__29.pos…](http://www.buddhismus-heute.de/archive.issue 29.position 3.de.html)

Gruss
Junktor

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Moin,

Das ‚karmische Programm‘ hingegen ist nach buddhistischem
Verständnis das willentliche Setzen von Ursachen und
Bedingungen, das selbstverständlich Folgen/Früchte erzeugt.
Möglicherweise sogar eine ‚Geburt‘ - mit Sicherheit aber keine
‚Wiedergeburt‘.

Wieso liest man das dann immer wieder so?

Gute Frage. Das tibetische Wort hierfür ist Tulku (sPrul sku) was die tibetische Bezeichnung für den Sanskrit-Begriff „nirmanakaya“ ist, was (auch im Tibetischen) soviel wie Manifestationskörper, Emanation, Ausstrahlungskörper oder Inkarnation bedeutet. Für jemanden, der nun mit der Trikaya-Lehre des tibetsichen Buddhismus vertraut ist (kurze Erläuterung hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Trikaya), ist es nun ziemlich klar, was ein Tulku ist und was sich jeweils im speziellen Fall inkarniert.

Wie aber macht man dies nun in der Übersetzung mit einem Wort einem westlichen Publikum klar, das zudem auch noch im allgemeinen fest davon überzeugt ist, dass es sowas wie ein ihärentes „selbst“, ein unveränderliches Ego oder gar eine „Seele“ gibt? Hier hat sich nun der Begriff „Wiedergeburt“ eingebürgert, der ja durchaus auch sehr vielschichtig verstanden werden kann, nur leider vor dem Verständnis vieler Nicht-Buddhisten, die z.B. an sowas wie eine inhärente persönliche „Seele“ glauben, meistens auf eine bestimmte Art und Weise in diesem speziellen Kontext falsch verstanden wird. Erschwerend kommt dann eben noch hinzu, dass es ja durchaus auch andere Verständnisse von Wiedergeburt gibt, wie z.B. im Hinduismus, und die Leute im Allgemeinen nicht differenzieren (so nach dem Motto, „Wiedergeburt“ ist „Wiedergeburt“ und bedeutet in jedem Fall das gleiche).

Wie man dieses Problem lösen kann, weiß ich auch nicht. Man könnte vielleicht im speziellen tibetischen Kontekt das Wort „Tulku“ verwenden in der Hoffnung, dass die Leute, die es interessiert, sich dann kundig machen. Allerdings gibt es dafür keine anderen grammatikalischen Formen, die sich eingebürgert hätten, z.B. Verben, die beschreiben was passiert, wenn z.B. eine Tulku geboren wird.

Insgesamt bleibt die (Übersetzungs-)situation somit unbefriedigend und ich weiß auch nicht, was man da machen kann, außer eben zu versuchen jeweils Aufklärungsarbeit zu leisten, wenn das Thema irgendwo zur Sprache kommt.

Gruß
Marion

Hallo Marion,

Erläuterung hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Trikaya), ist
es nun ziemlich klar, was ein Tulku ist und was sich jeweils
im speziellen Fall inkarniert.

Werde ich mir mal genauer anschauen, aber ehrlich gesagt frage
ich mich immer wieder, ob hier Verständliches vorliegt.
Und wenn nicht, was macht es für einen Unterschied, welche
Begriffe ich benutze, da sie ohnehin makulatur sind?

Insgesamt bleibt die (Übersetzungs-)situation somit
unbefriedigend und ich weiß auch nicht, was man da machen
kann, außer eben zu versuchen jeweils Aufklärungsarbeit zu
leisten, wenn das Thema irgendwo zur Sprache kommt.

Wäre es dann nicht besser, wenn gleich differenzierend
gelehrt würde? Ein anderes Beispiel:

Siehe unter Wiedergeburt.

http://www.diamondway-teachings.org/de/resources/glo…

Oder die populären Filme von Felix Kuby, „Living Buddha“ oder
der Hollywoodschinken „Little Buddha“, indem ja durchaus auch
Tibetische Würdenträger wie Sogyal Rinpoche mitgewirkt haben.
Der im Film „Living Buddha“ gezeigte Karmapa, (bzw. die Suche nach
dessen Inkarnation), lehrt ja ausserdem die bewusste Wiedergeburt,
im Diamantweg, wenn ich nicht irre.
Da dürft ihr euch schon nicht wundern, wenn solche Vorstellungen
vorhanden sind, die Leute saugen sich das ja nicht aus den Fingern.
Oder andersrum fragt man sich warum ihr hier widersprecht? :smile:
Ich werde aber ersteinmal deinen Link versuchen zu verinnerlichen.

Viele Grüsse
Junktor

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