Hi.
Sharon Stone - ihre künstlerischen Verdienste seien unbestritten - hatte bei den Festspielen in Cannes 2008 über einen karmischen Zusammenhang zwischen dem Tod zahlreicher Chinesen und den (unzweifelhaften) Verbrechen des chinesischen Staates gegen die tibetische Bevölkerung räsonniert:
„Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, wie wir mit den Olympischen Spielen umgehen sollen, denn die sind nicht nett zum Dalai Lama, der ein guter Freund von mir ist. Und dann war da dieses Erdbeben und alles andere, und da dachte ich: Ist das Karma? Wenn man nicht nett ist, passieren einem schlimme Dinge.“
Hat sie damit recht? Oder ist das nur ein individueller Ausrutscher einer Möchtegern-Durchblickerin, die den traditionellen Karmabegriff missbraucht? Wird aber im esoterischen Umfeld nicht allzuoft „kollektives Karma“ in Anspruch genommen, wenn es die Leiden großer ethnischer oder anderer Gruppen zu erklären gilt (manche Esoteriker scheinen auch die Judenpogrome damit begründen zu wollen)?
Dass nicht nur Laien solche Anschauungen hegen, zeigt ein Zitat aus einem Text eines Tibeters (Geshe Rabten, »Auf dem Weg zur geistigen Freude. Meditation und Vorbereitende Übungen im Tibetischen Buddhismus«)
http://www.tibet.de/tib/tibu/1994/tib…
"Kollektives Karma wird von einer Gruppe von Personen geschaffen, und dieselbe Gruppe erlebt die Wirkungen ihres Tuns in ähnlichen Umständen. Manche Menschen erfahren ähnliche Leiden und Freuden, wenn die entsprechenden Umstände zusammenkommen, weil sie die gleichen Ursachen angesammelt haben.
Zur Zeit des Buddha lebte in einer Einsiedelei eine Gruppe von Nonnen (bhikshunïs), die sämtlich Heilige waren, zusammen mit einer gewöhnlichen Frau, die als ihre Köchin arbeitete. Eines Tages fingen alle Hütten Feuer, und die Nonnen flogen, ihre Wunderkräfte nutzend, in die Luft, um den Flammen zu entkommen. Die Macht ihres Karmas jedoch zog sie wieder zur Glut herunter. In diesem Moment hatte die geistig fortgeschrittenste Nonne eine direkte Einsicht in die vergangenen Leben der Gruppe. Sie sah, daß sie und ihre Gefährtinnen einst als Kinder einen Alleinverwirklicher (pratyeka) in seiner Hütte verbrannt hatten. Die Köchin war die einzige gewesen, die gegen diese Tat Widerstand geleistet hatte. Als die Nonnen dies erfuhren, nahmen sie ihr Karma an und starben in den Flammen. Die Köchin konnte ihr Leben retten, indem sie durch einen Abflußgraben entfloh."
Bleibt anzumerken, dass Sharon für ihre These (wenngleich in rhetorischer Frageform vorgetragen) heftig kritisiert wurde.
Gruß