Hallo Fußgänger 
Letzte Woche hatte Kabel 1 (K1 Discovery) eine „Reportage“ (in
der üblichen sensationsgeilen Masche aufgemacht) über
Beinahe-Unfälle. Unter anderem hatte eine Boeing 767 Ausfall
beider Triebwerke (im Nachhinein stellte sich ein
Betankungsfehler heraus, also schlicht Sprit alle).
Der Gimli-Glider. Unter dem Namen findest Du mit Gugell Infos
im Netz.
Kann es sein, wie in der Reportage
behauptet, dass bei Ausfall aller Triebwerke sofort und auf
der Stelle sämtlicher Strom weg ist?
Dazu wurde ja schon genügend geschrieben, es gibt die Batterie (die aber nicht allzu lange hält, nach spätestens 30 Minuten ist sie leer), die APU (wird aber, wenn das Problem Treibstoffmangel ist, auch nicht funzen) und die RAT.
Allerdings haben nicht alle Flugzeuge eine solche, sie ist meistens nur bei den 2strahligen Maschinen eingebaut, bei den 3strahligen weiß ich es nicht, 4strahlige Flugzeuge haben meistens keine.
Der Stromausfall ist auch nicht das einzige Problem, mindestens genauso entscheidend ist der Ausfall der Generatoren, die an den Triebeln hängen. Sie sorgen einerseits für Hydraulikdruck und zum anderen für „Bleed Air“, Zapfluft aus den Triebwerken, die über Ventile den Luftdruck in der Kabine herstellen.
Die Folge ist dass die Steuerung des Flugzeugs ohne ausreichenden Hydraulikdruck sehr erschwert wird, und zum anderen kommt es womöglich zu einem Druckabfall in der Kabine. Die Sauerstoffmasken werden dann aus der Decke fallen, es könnte sich aber trotzdem die Notwendigkeit zu einem Not-Sinkflug ergeben. Falls der „next suitable airport“ dann allerdings noch in weiter Ferne ist wird’s sehr unangenehm.
dass ein abgestelltes Triebwerk durch den Fahrtwind
- immerhin hatte die Maschine Reisegeschwindigkeit, als der
Ausfall passierte - weiter dreht und somit über die
Generatoren noch Strom erzeugt
Rrrrrichtig. Das nennt man „Windmilling“ und ist auch der Grund warum 4-Strahler keine RAT haben.
Wieso ist eine
Maschine, die im „side slip“ auf die Landebahn zuschmiert,
noch so weit manövrierfähig, dass die normale
Landekonfiguration eingenommen werden kann?
Der Ausfall der Hydraulik führt in der Tat dazu dass das Flugzeug deutlich schwerer zu manövrieren und zu steuern ist. Deswegen ist es wichtig dass dieses System unbedingt funktioniert.
Es gab schon mehrfach Fälle, bei denen alle Triebwerke aussetzten, neben dem Gimli-Glider hat ein A310 von Hapag-Lloyd vor ein paar Jahren mal eine Bruchlandung in Wien hingelegt.
Ursache war dass das Fahrwerk nicht eingefahren werden konnte und man dann auf geringer Höhe mit ausgefahrenem Gear heimwärts geflogen ist. Die Frage war dann wie die geringe Höhe und der große Luftwiderstand den Treibstoffverbrauch verändern würde und dabei hat man sich verrechnet und ist zudem auch etwas zu mutig an die Sache herangegangen. Der Kapitän ist später wegen seiner „sehr sportlichen“ Reichweite-Mutmaßungen verurteilt worden.
Ein Jumbo von British Airways hatte mal kompletten Triebwerksausfall weil sie in eine Vulkanasche-Wolke hineingeraten sind - da liessen sich die Triebwerke später aber wieder starten.
Und dann gibt es einen A330 von Air Transat, der durch ein Leck in einer Leitung über dem Atlantik Treibstoff verloren hat und dann mit Ach und Krach auf die Azoren segeln konnte.
Weiterhin ist vor einigen Jahren eine B767 von Ethiopian durch eine Entführung in einen Treibstoffmangel geflogen und dann an einem Strand auf den Komoren niedergegangen.
In allen Fällen war eines der entscheidenden Probleme dass fehlende Hydraulikpower ein korrektes Ausfahren der Flaps behinderte und die Flieger deswegen immer viel zu schnell anflogen. Der Slip des Gimli-Glider-Piloten war also durchaus eine gute Idee…
Gruß
MecFleih