Sind die Antworten falsch?

Guten Abend, Zusammen

Die Antwort meines Sohnes auf das Leseverständnis lautet wie folgt (der originaltext findet sich im Anhang):

  1. Frage: Warum schenkt der Schaefer Wilfried einen alten Regenmantel und ein Wuertchen? Schreibe einen ganzen Satz.

Antwort: Weil der Wolf seinen Pelz verloren hat, deshalb schenkt der Schaefer Wilfried einen Regenmanel und Wuerstchen.

  1. Kemal sagt:" Der Wolf ist gar nicht so gefaehrlich, wie man am Anfang der Geschichte denkt."
    Stimmt du ihm zu? Begruende. Schreibe einen ganzen Satz.

Antwort: Ich bin anderes Meinung, weil der Wolf ist genauso wie Man denkte, aber Wilfried ist die Sache mit dem Pelz peinlich.

Für beide Fragen wurden Punkte abgezogen. Bei der zweiten Frage ist das nachvollziehbar, da die Argumentation nicht ganz schlüssig war. Bei der ersten Frage hingegen verstehe ich nicht, warum alle Punkte abgezogen wurden. Zwar wurde das Stichwort „Mitleid“ nicht direkt erwähnt, aber die Gründe, die Mitleid auslösen, wurden eindeutig beschrieben.

Es handelt sich um eine Leseverständnisaufgabe für die dritte Klasse. Was meint ihr dazu?

Danke im Voraus!

Schoenen Abend,

R. Yang

Hallo,

zur Frage 1: für mich hat es den Anschein, als hätte der Sohn noch nicht das Empathieverständnis für den Wolf entwickelt und daraus nicht die Beweggründe des Schäfers abgeleitet, die der Lehrkörper erwartet. Richtiger scheint mir die Antwort: Nachdem der Wolf geschoren war / sein Fell verloren hatte, fror er und war immer noch hungrig. Aus Mitleid schenke ihm der Schäfer gegen die Kälte den Regenmantel und gegen den Hunger die Wurst.

Ich sehe die Sache so, dass der Fakt richtig wiederholt wurde, aber nicht, die sich daraus ergebenden Gefühle. Und nur selten sind Fakten der Auslöser für Aktionen, sondern viel häufiger Gefühle.

Zur zweiten Frage: die Argumentation ist nicht nur nicht schlüssig, sie ist nicht vorhanden. Der Wolf ist in dieser Geschichte so gefährlich beschrieben, weil ihm arglistige Täuschung unterstellt wird.

Grüße
Pierre

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Was sagt die Lehrerin dazu? Wie erklärt sie Dir die Benotung?

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Hallo,

Dank für die Antwort und Erläuterung! Inzwischen haben wir auch die Standardantwort erhalten,

  1. Frage: Warum schenkt der Schaefer Wilfried einen alten Regenmantel und ein Wuertchen? Schreibe einen ganzen Satz.

Antwort: Weil der Wolf seinen Pelz verloren hat, deshalb schenkt der Schaefer Wilfried einen Regenmanel und Wuerstchen.

Richtige Antwort: Weil Wilfried Hunger hat und er sich schämt…

  1. Kemal sagt:" Der Wolf ist gar nicht so gefaehrlich, wie man am Anfang der Geschichte denkt."
    Stimmt du ihm zu? Begruende. Schreibe einen ganzen Satz.

Antwort: Ich bin anderes Meinung, weil der Wolf ist genauso wie Man denkte, aber Wilfried ist die Sache mit dem Pelz peinlich.

Richtige Antwort: Ja/Nein, weil er eingeschüchtert ist…

Schöenes Wochenende,

RYang

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Hallo,

Inzwischen haben wir auch die Standardantwort erhalten,

  1. Frage: Warum schenkt der Schaefer Wilfried einen alten Regenmantel und ein Wuertchen? Schreibe einen ganzen Satz.

Antwort: Weil der Wolf seinen Pelz verloren hat, deshalb schenkt der Schaefer Wilfried einen Regenmanel und Wuerstchen.

Richtige Antwort: Weil Wilfried Hunger hat und er sich schämt…

  1. Kemal sagt:" Der Wolf ist gar nicht so gefaehrlich, wie man am Anfang der Geschichte denkt."
    Stimmt du ihm zu? Begruende. Schreibe einen ganzen Satz.

Antwort: Ich bin anderes Meinung, weil der Wolf ist genauso wie Man denkte, aber Wilfried ist die Sache mit dem Pelz peinlich.

Richtige Antwort: Ja/Nein, weil er eingeschüchtert ist…

Schöenes Wochenende,

RYang

Schön. Das ist aber nicht die Antwort auf meine Frage.
Wie hat die Lehrerin erläutert, was sie als Antwort anerkennt und was nicht? Wie erklärt sie welchen Punktabzug?
Die Antworten Deines Sohnes bewegen sich irgendwo zwischen „richtige Antwort“ und „Völlig falsch“. Wo hat die Lehrerin welche Differenzen erkannt?
Zusatzfrage: Wurde überhaupt mit der Lehrerin darüber geredet? Oder hat man nur die "Standardantworten " irgendwo herbekommen?

danke für die Gedanken.

Wir haben bei der Lehrerin nachgefragt, und sie hat uns erklärt, dass der Lesetest vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (iqb-hu-berlin) stammt. Diese Tests orientieren sich an VERA 3 und haben ganz klare Korrekturvorgaben – das heißt, wenn eine Antwort nicht genau diesen Vorgaben entspricht, wird sie nicht gewertet.

Die Bewertung folgt also festen Regeln, ohne viel Spielraum für individuelle Formulierungen.

Ganz ehrlich, ich finde das ziemlich anspruchsvoll für ein achtjähriges Kind. In diesem Alter gibt es doch oft verschiedene Wege, eine richtige Antwort auszudrücken. Außerdem neigen Kinder eher dazu, das wiederzugeben, was sie direkt lesen, anstatt abstrakte Emotionen oder Bedeutungen daraus abzuleiten.

armes Deutschland…
Meine Antwort hätte den Lehrkörper wohl zum Psychoklempner getrieebn:
zu1: Weil der Schäfer dumm ist und nicht erkennt, dass das Fell wieder nachwächst und ein Würstchen einen Wolf nicht so satt macht, dass er sich nicht gleich noch ein Schaf als Nachtisch gönnt.
zu2: das stimmt, wenn er sich scheren lässt, ohne den Schäfer mindestens zu verletzen, dann muss das Tier wohl krank sein.

Ich verstehe deine Gedanken und deinen Ärger, weil du deinen Sohn vielleicht ungerecht behandelt fühlst. Aber sogar mittel-, erst recht langfristig kräht kein Hahn mehr nach dieser Note. Sie wird die Zeugnisnote nicht gravierend beeinflussen und vor allem nicht das Leben deines Sohnes.

Kleine Anekdote: In der achten Klasse nahmen wir Bildbeschreibungen durch, und in der entsprechenden Klassenarbeit bekam ich nur eine 4. Ihr regte mich wahnsinnig auf, fand das ungerecht.
Jahre später dachte ich wieder daran. Es hatte sich nicht als schlimm herausgestellt. Den größten Schaden hatte ich, weil ich mich so ungerecht gehandelt gefühlt hatte.

Darum: Wenn ihr die Bewertung falsch findet, erklär das deinem Sohn, dass du ihm zustimmst (falls du das machst), aber dass es sich nicht lohnt, sich darüber zu ärgern. Weil es wirklich keine Folgen hat.

Gruß Bombadil

Deine Antworten sind auf jeden Fall kreativ und bringen eine ganz eigene Perspektive mit ein.

vielen Dank für deine verständnisvolle Nachricht und das Teilen deiner eigenen Erfahrung. Es ist wirklich so, dass uns oft nicht die Fakten selbst verletzen, sondern die negativen Gefühle, die sie in uns auslösen.

Ich habe meinem Sohn erklärt, dass seine Antworten und seine Art zu denken aus einer Lebensperspektive durchaus richtig sind und dass es wichtig ist, auch in Zukunft offen zu bleiben. Gleichzeitig habe ich ihm vermittelt, dass die Schule ihre eigenen Regeln hat, um eine einheitliche Bewertung zu ermöglichen. Auch wenn es manchmal frustrierend ist, gehört das leider dazu.

Deine entspannte Sichtweise hilft mir, das Ganze gelassener zu sehen – und genau das gebe ich auch meinem Sohn mit.

Heute habe ich erfahren, dass die meisten Kinder in der Klasse mit diesen beiden Fragen nicht wirklich zurechtkamen. Viele Eltern haben sich deshalb entschieden, den Test nicht zu unterschreiben – als kleine Geste der Unterstützung für die Kinder, auch wenn wir wissen, dass es letztendlich nichts ändern wird.

Vielen Dank noch einmal für deine Worte und alles Gute!