Das ist eine mögliche Sichtweise der Dinge, wenn man genau die Dinge außer Acht lässt, die ich dir gerade geschrieben habe. Du stellst das Verhalten des Partners als isolierte Handlungen dar, die du nicht in den Kontext deiner eigenen Erkrankung stellst. Das ist natürlich sehr bequem und einfach, greift jedoch regelmäßig zu kurz!
Es gibt normalerweise keine Partner, die „nur darauf warten“, dass der andere Partner eine Depression entwickelt, um diesen dann „fertig machen“ zu können. Es gibt aber sehr wohl viele Partner, die mit einer solchen Situation nicht gut umgehen können, nicht wissen, wie sie den mit einer solchen Situation verbundenen Stress in geeigneter Form abbauen können, und die dann ggf. ungünstig, oder sogar falsch und unangemessen reagieren. Dies passiert aber gerade nicht isoliert und aus sich heraus, sondern aus der Situation und aufgrund der besonderen Anforderungen des Zusammenlebens mit einem depressiven Partner.
Und gerade wenn du schreibst, dass die Situation unter Einnahme geeigneter Medikamente besser war, dann lässt dies doch eigentlich nur den Schluss zu, dass gerade die Nichteinnahme der Medikamente zumindest mit ursächlich gewesen sein dürfte, wenn Situationen dann eskaliert sind, weil dein Agieren dann anders war, und damit dann auch zu entsprechenden Reaktionen auf der anderen Seite beigetragen haben wird. D.h. beide Seiten werden hier ihren Anteil an entsprechenden Eskalationen gehabt haben.
Der Wunsch nach einem „perfekten Partner“, der ausschließlich verständnisvoll ist, rund um die Uhr unterstützt, jegliche eigenen Interessen komplett zurück stellt, … ist in so einer Situation natürlich verständlich. Allein die Realität ist eben eine andere! Da gibt es auf der anderen Seite eben auch nur einen Menschen mit eigenen Gefühlen, Wünschen, Interessen, … der sich eben nicht vollkommen davon frei machen kann, Enttäuschung und Verletzung zu empfinden, Stress zu erleiden, wenn die Depression des Partners das eigene Leben zunehmend bestimmt und beeinträchtigt.