Sind starke Motoren auf der Autobahn sparsamer?

Hallo,
bei den Verbrauchsangaben eines Autos interessiert mich nur der Verbrauch bei konstanter Autobahngeschwindigkeit (z.B. bei 120). Da dies - im Gegensatz zu frueher - heute nirgends mehr angegeben ist bleibt mir bei der Autosuche nur raten uebrig.

Bei einigen Modellen verbrauchen die mit einer staerkeren Motorisierung auf der Autobahn weniger als welche mit schwaecheren Motor - kann man davon ausgehen dass dies in den meisten Faellen so ist? D.h. sollte ich eher einen staerkeren Motor kaufen um auf der Autobahn sparsamer unterwegs zu sein?

Gruss und Dank
Desperado

Die Physik spricht dagegen, dass ein stärkerer Motor weniger verbrauchen könnte. Die Energie in Form des Sprits ist die gleiche. Auch die Kraft die aufgewandt werden muss, um sämtliche Widerstände zu überwinden, ist die gleiche. Wenn ein Motor bei gleichem Hubraum stärker ist als ein anderer, dann ist es eben ein anderer Motor, der aufgrund der eingesetzen Technologie bei konstanter Geschwindigkeit einen anderen Verbrauch erzielen kann, also irgendwie effizienter mit dem Sprit umgeht als ein anderer Motor. Auch ein größerer Motor wird selten eben nur eine größere Version sein, sondern auch in irgendwelchen Komponenten anders, was dann den Verbrauch beeinflusst.
Wird man also nicht drumrum kommen, herauszufinden, was das konkrete Modell bei konstant 120 verbraucht. Auf irgendwelche Angaben der Hersteller braucht man dabei wohl kaum vertrauen.

Hallo,
nicht unbedingt. Der Verbrauch von Motoren wird in sogenannten Muscheldiagrammen dargestellt. Ein Motor hat einen bestimmten Betriebszustand, in dem er besonders wirtschaftlich arbeitet, während er in anderen Bereichen evtl. sehr unwirtschaftlich arbeitet.

Als Faustformel gilt, dass ein Motor bei ca. 75 % seiner Last am wirtschaftlichsten arbeitet. So gesehen kann es schon sein, dass der größere Motor günstiger wäre gegenüber einem, der bei 120 km/h schon am Anschlag ist.

Das Wort zum kugeln heißt: Muscheldiagramm

Schöne Grüße

Schrella

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Genau.
Muscheldiagramm (bei typischen Verbrennungsmotoren in Autos) Da gibt es den spezifischen Verbrauch, wieviel Sprit pro abgegebene Kilowattstunde. Ein Bereich ist guenstig, drumherum wird es unguenstiger. Um im guenstigen Bereich zu sein, muss die Drehzahl in der Naehe von … und die Last in der Naehe von … sein. Vereinfacht vielleicht bei einem Motor 2800 Umdrehungen bei mittelpraechtig stark Gas. Wenn man es schafft, dass Steigung, Geschwindigkeit, Luftwiderstand und -danach war anfangs gefragt- Motorleistung an diesem Punkt zusammenpassen, ist der Verbrauch niedrig, relativ niedrig. Wenn aber das Fahrzeug dabei beschleunigt, muss man vom Gas, was den spezifischen Verbrauch steigen laesst, es wird nicht mehr soviel Anteil vom Kraftstoff auf die Strasse gebracht, der Wirkungsgrad wird schlechter. Genau so werden die Fahrzeuge aber ausgelegt. Im letzten Gang bei fast Vollgas ist die Drehzahl schon zu hoch, bei kleinerer Drehzahl beschleunigen sie aber. Ein Gang fuer mittlere Drehzahl bei fast Vollgas mag der Kunde nicht, Um von dem Punkt zu beschleunigen, muesste er erst kuppeln und runterschalten. Der Wagen zieht nicht, ja genau da waere man richtig.
Guenstig im Verbrauch sollte man die Drehzahl kennen und einstellen durch Gangwahl, und mehr kann man in dem bestehenden Fahrzeug nicht machen, so wenig wie moeglich Gas dazu geben. Oder ein anderes Fahrzeug waehlen, bei dem die spritsparende Drehzahl mit Getriebe und Wunschgeschwindigkeit besser zusammenpasst. Natuerlich dies auch zig-stundenlang im Autoleben durchhalten, im Berufsverkehr bei wechselnden Geschwindigkeiten bringt es wenig.
Ein stufenloses Automatik Getriebe kann es in Position eco vielleicht, je nach Auslegung.

Das eigentliche Problem ist der fehlende Spargang. Der optimale Wirkungsgrad liegt bei etwa 1/3 der maximalen Drehzahl. Dort sollte das Auto also etwa 120 fahren.

–> es bräuchte einen echten Spargang, der bei maximaler Drehzahl rein rechnerisch etwa 360 führe.

Leider gibt es wohl Vorschriften, dass manche Fahrleistungs-Werte im längstübersetzten Gang gemessen werden müssen. Die Werte sind mit dem Spargang unter alle Kanone.

Dann duerfte es aber zumindest bei einem modernen Automatikgetriebe kein Problem sein denn bei bis zu 9 Gaengen ist sicherlich ein sehr lang uebersetzter dabei - und beim beschleunigen kann die Automatik einfach mehrere Gaenge runterschalten.

Hallo Desperado,

wie schon erwähnt wurde ist die Getriebeübersetzung nicht unwichtig für den Verbrauch. Mein noch relativ neuer 1,4L Saugbenziner ist für meinen Kleinwagen zwar für meine tägliche Fahrten stark genug, aber im 5. Gang - mehr hat der leider nicht - fährt der Wagen bei 3000 U/min gerade mal ganz knapp über 100km/h. Das der bei vermutlich spätestens 140 km/h mindestens so viel verbraucht, wie Dein „altes Dickschiff“, ist kein Wunder.

Mal davon abgesehen, dass man die offiziellen Verbrauchsangaben heutzutage ziemlich vergessen kann, werden solche Daten heutzutage leider nicht mehr angegeben. Und auch bei einer Probefahrt wird man wohl keinen reellen Verbrauch ermitteln können. Da kannst Du höchstens darauf achten, ob ein kleinerer Motor genau so lang übersetzt ist, wie ein größerer, trotzdem aber noch nicht so am Limit ist, dass bei jedem beschleunigen fast Vollgas nötig ist, was natürlich auch den Verbrauch hoch treibt.

Beste Grüße
Guido

Keine physikalische Antwort, dafür heiliges Erfahrungswissen.
Mit meinem Suzuki Ignis (69 PS und 1,6 L) habe ich bei Autobahnfahrten definitiv mehr verbraucht als mit meinem jetzigen Schätzchen, Skoda Oktavia, 2 L und 140 PS. Ebenso ist es auch auf der Landstraße. Ich versuche gerade, mit dem Skoda meine absolute Marke von 3,7 L zu unterbieten, wobei ich nicht schleiche, sondern schön im Verkehr mitschwimme, natürlich sehr untertourig. Das hätte ich mit dem Ignis nicht annähernd geschafft.
Es liegt wahrscheinlich auch daran, dass man mit so einem flachbrüstigen Gefährt wie dem Ignis oft im Vollgasmodus fährt, um überhaupt einigermaßen vorwärts zu kommen.

Data

Wobei jetzt noch interessant wäre, um welche Bj. es sich bei den beiden Autos handelt. Aber grundsätzlich gebe ich dir völlig recht. Die Aussage stärkerer Motor muss mehr verbrauchen (unter gleichen Bedingungen) ist Käse.

Der Ignis war nagelneu und der Skoda ist jetzt 8 Jahre alt. Mit dem Skoda habe ich es auch geschafft, mein erstes Blitzerfoto zu bekommen. Beim Ignis hat man immer gemerkt, wenn man schneller wurde. Dann hat das ganze Auto gearbeitet. Der Skoda ist so gut motorisiert (Verhältnis Hubraum und Kraft), dass er auch aus den unteren Drehzahlen sehr schnell beschleunigt und dabei schnurrt wie ein Kätzchen.
Ich habe einfach nicht gemerkt, wie schnell ich war und den Landkreis hat es gefreut.

Data

Hi,
schau mal in die Bücher und lerne den Unterschied zwischen Drehzahl und Last. Du beschreibst hier einen alternativen Fakt.

Gruß
Schrella

Ich nehme an, Du kannst ein Muscheldiagramm lesen.

Ich nehme an, Du weisst genau wie ich, dass Drehzahl und Last zwei relativ orthogonale Begriffe sind und was sie bedeuten.

Ich nehme an, Du teilst meine Meinung nicht. Dann sage bitte, was an meiner Aussage falsch oder alternativ sein soll. Oder was Du nicht oder falsch verstanden hast.

Die Vorschriften sind oder waren in der DIN 70020 Teil 3 Kapitel 5 geregelt. Leider habe ich darauf keinen Zugriff. Aber soweit ich weiss, sind niedrigere Drehzahlen (ruhiger Lauf) und geringerer Verbrauch ein Argument FÜR Automatik. Und das trotz schlechterer Wirkungsgrade.

Dann mal ein wenig ausführlicher, falls Du doch noch kein Muscheldiagramm kennst bzw. lesen kannst, hier ein x-beliebiges (erster Google-Treffer):

Um 120 zu fahren, braucht es ein bestimmtes Produkt von Drehzahl * Drehmoment, wobei Drehmoment hier proportional zu pe ist.

Dieses Produkt nennt sich Leistung. Sagen wir, wir brauchen für z.B. 61500, so gehen auch 33000 oder 2*4500. Sagen wir, alle 3 Kombinationen seien mit dem verbauten Getriebe möglich.

Wir können jetzt für diese 3 Betriebsfälle (die alle effektiv 130-Fahren bedeuten) den Verbrauch in g/kWh bestimmen.
61500 -> 230g/kWh
3
3000 -> 300g/kWh
2*4500 -> 450g/kWh

In diesem Beispiel ist die maximale Leistung etwa 124500, so dass wir bei 24500 bei etwa 1/6 des Maximalwertes sind. Also z.B. 25PS bei einem 150PS-Auto. Jetzt könnte jemand sagen: Lass es uns mit dem doppelten Durchrechnen, also

121500 -> 220
6
3000 -> 250
4*4500 -> 350

Es bleibt dabei: Der optimale Spritverbrauch bei einer bestimmten Leistung erfordert einen Gang, der die Drehzahl in den Bereich von 1500 bis 2200 bringt, damit nahezu Vollast für diese Drehzahl erreicht werden kann.

Der beste Wirkungsgrad ist bei etwa 15*2200 erreicht. Nur ist dass für normales Fahren schon viel zu viel Leistung.

Hallo,

jetzt musste ich erst mal nachschauen, was orthogonal ist …

Egal:
Schau mal das Diagramm an

Wenn man jetzt die 1/3 Drehzahl bei sehr geringem Mitteldruck abliest, dann kommt ein sehr hoher verbrauch dabei heraus so bei über 450 g/kWh.

Das wäre der Fall, wenn der Motor im Stand läuft und nur seine eigene Masse bewegt. Also reicht die Drehzahl alleine nicht.

Erst wenn eine bestimmt Last eingestellt ist, wenn das Schiff gegen die Strömung fährt oder das Auto eine Steigung hochfährt, dann kann sich der günstigste Arbeitspunkt von 205 g/kWh einstellen.

Die Kunst des Inschinörs ist es nun, den LKW so auszulegen, dass er mit all seinen Luftwiderständen im beladenen Zustand bei 80 km/h etwa bei diesem Arbeitspunkt liegt, denn das ist der Zustand, den er im Fernverkehr über viele Stunden am Tag fährt.

Ich vermute (kann es gerade leider nicht beweisen) dass die meisten PKW so ausgelegt sind, dass sie bei ca. 130 km/h im günstigen Bereich des Kennfeldes liegen, wenn sie im höchsten Gang fahren.

Schöne Grüße

Schrella

Das wäre so mit einem. Der hätte aber zur Folge, dass zum Beschleunigen runtergeschaltet werden müsste.

Versuche einfach nochmal meine Beispiele zu verstehen und zögere nicht zu fragen.

Hallo,
ich glaube, hier liegt mein Problem: Ich weiß nicht, was „normales“ Fahren ist und ich weiß nicht, was „zu viel“ Leistung bedeutet. Beides Begriffe, die mir als Techniker und Nichtesoteriker fremd sind.

Schöne Grüße

Schrella

Hallo Schrella,

keine Angst, dass ist weder technisch noch esoterisch, sondern rein sprachlich und im Kontext dieses Threads.

normales Fahren: etwa 50-120. Die 120km/h des UP können hier als obere Grenze dienen, alle nicht-Autobahnfahrten liegen darunter. Zudem geht es dem UP um Dauerfahrten, also nicht bergauf, bergab, beschleunigen etc.

Zuviel Leistung: Heutige PKWs haben i.d.R. und im Durchschnitt über 100PS. Für normales Fahren (siehe oben) reichen da 30PS oder weniger. Es wird also meist dauerhaft nur ein Bruchteil der Maximalen Motorleistung abgerufen.

Beispiel aus dem Muscheldiagramm: Sagen wir, der Motor hat 150PS bei 4500x12. Dann hat er etwa 100PS im Wirkungsgrad-Maximum (2200*15.5). Das ist zuviel Leistung für normales Fahren. In diesem Punkt fährt man praktisch nur, wenn man mit 120 im höchsten Gang einen Alpenpass rauffährt. Oder ganz ganz kurzzeitig beim Beschleunigen.

Hallo,

das war aber genau die Frage: kann es sein, dass ein größerer Motor in einer bestimmten Fahrsituation günstiger sein kann als ein kleinerer Motor?
Ja!
Dass man auch mit einem 30 PS - Motor das zu weniger günstigen Verbrauchswerten haben kann, ist eine völlig andere Frage. Und in meiner ersten Antwort habe ich es auch so geschrieben.

Und wenn man Glück hat und findet einen Autoverkäufer, der außer zum Radio und den Alufelgen auch etwas zu der Auslegung des Antriebsstranges sagen kann, dann bekommt man eine Antwort auf die Frage, mit welcher Motor-Getriebe-Achs-Kombination bei einer bestimmten Geschwindigkeit die günstigsten Verbrauchswerte erzielt werden können.

Schöne Grüße
Schrella

Naja, wenn es für Dich als Techniker schon zu kompliziert ist, … wie soll das dann ein Autoverkäufer wissen? Und wie sollte er es einem Kunden erklären…