Sind Tisch und Stühle selbständig nutzbar (GWG) ?

Hallo,

gerade mit einem Kollegen etwas diskutiert über das Thema GWG.

Wer hat Recht?

Beim Kauf von Tisch und Stühlen (z.B. Schreibtisch und Schreibtischstuhl oder Besprechungstisch und sechs passende Stühle) sind doch sowohl der Tisch als auch jeder einzelne Stuhl selbständig nutzbar. Wenn daher ein Tisch oder ein Stuhl max. 410 Euro netto gekostet hat, dürfte der doch jeweils im Jahr der Anschaffung voll abgeschrieben werden - oder (das ist die andere Meinung) zählt das doch zusammen und muss (wenn Tisch + Stühle zusammen über 410 Euro netto kosten) auf viele Jahre abgeschrieben werden?

Vielen Dank!

Frank

Servus Frank,

entscheidend ist immer der konkrete betriebliche Zusammenhang.

Im Fall des Schreibtischstuhles ist eine selbständige Nutzbarkeit wohl kaum zu bestreiten, im Fall des Besprechungszimmers schon: Die Stühle dort werden kaum für etwas anderes nutzbar sein.

In einem größeren Betrieb eher als in einem kleineren. Ich denke an die Stühle von der ausrangierten Besprechungszimmerausstattung im Aufenthalts- und Pausenraum bei der Personalküche.

Im klassischen Kleinbüro eines Freiberuflers wird an der Aktivierung und Abschreibung auf Nutzungsdauer bei der Möblierung des Besprechungszimmers kaum etwas vorbeigehen. Da hilfts bloß, irgendwelchen handwerklich schlecht zusammengelöteten Designermurks zu kaufen, bei dem die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer kleine fünf Jährchen nicht überschreitet, bevor das erfahrungsgemäß zusammenbricht.

Schöne Grüße

MM

Voraussetzungen GWG
Hi !

Ich sehe es etwas lockerer als Martin. Meiner Ansicht nach dürften bei AK Abnutzbarkeit
Diese dürfte bei den üblichen Bürostühlen wohl zu bejahen sein. Als nicht abnutzbar gelten nach BFH 09.08.1989 (X R 131-133/87, BStBl II 1990 S. 50) antiquarische Stücke.

Beweglichkeit
Auch diese dürfte sowohl bei Tischen als auch bei Stühlen gegeben sein. Als nicht beweglich gelten üblicherweise Gebäudebestandteile. Auch die immateriellen Wirtschaftsgüter (Rechte, Software,…) sind wegen ihrer Körperlosigkeit nicht beweglich.

Wirtschaftsgut (WG)
Eine gesetzliche Definition dieses zentralen ertragsteuerlichen Begriffes fehlt leider. Die Rechtsprechung hat daher folgende Kriterien entwickelt:

WG müssen Sachen oder Rechte (§§ 90, 90a BGB) sein oder einen vermögenswerten Vorteil für den Betrieb bilden,

Die Erlangung des Wirtschaftsgutes muss zu Aufwendungen führen, die einen Nutzen für mehrere Wirtschaftsjahre bringen,

Das Wirtschaftsgut muss einzeln einer Bewertung zugänglich sein,

Das WG muss eine Verkehrsfähigkeit haben. Diese wird anderes als im Handelsrecht (dort Einzelveräußerbarkeit) bereits dann als ausreichend erachtet, wenn die Möglichkeit der Übertragung im Rahmen einer Betriebsveräußerung gegeben ist.

Da es sich bei Tischen und Stühlen um Sachen handelt, die mehrere Jahre genutzt werden können, jedes Teil einzeln bewertet werden kann und für jedes Teil eine Verkehrsfähigkeit vorliegt, handelt es sich auch um WG.

Anlagevermögen (AV)
Hier wird im wesentlichen zum Auflaufvermögen abgegrenzt. Für Tische und Stüle, die nicht als Waren behandelt werden, dürfte daher unzweifelhaft von AV auszugehen sein.

selbständige Nutzung
Im Gesetz findet sich nur die Negativabgrenzung, also wann ein WG NICHT selbständig nutzungsfähig ist. Nicht einer selbständigen Nutzung fähig sind danach WG, die wegen der betrieblichen Zweckbestimmung nur mit anderen WG genutzt werden können ODER in einem Nutzungszusammenhang technisch auf andere WG abgestimmt sind. Beide Voraussetzungen liegen meiner Ansicht nach bei Tischen und Stühlen nicht vor. Es handelt sich daher um selbständig nutzungsfähige WG.

AK unter € 410,00
Wenn nun auch noch dieser Punkt zutrifft, haben wir vorliegend tatsächlich GWG, für die wir die Bewertungsfreiheit des § 6 Abs. 2 EStG in Anspruch nehmen können.

BARUL76

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Vielen Dank für Eure Antworten!
Vielen Dank für Eure Antworten!

Frank