Hermeneutik des Sinns
Hi.
Gibt es eine philosophische Begriffsbestimmung des Wortes Sinn ohne den Sinn des Lebens zu meinen?
Ist eigentlich nicht sooo schwer. Sinn meint zum einen die „Bedeutung“ eines Begriffs (Semantik) und zum anderen den „Zweck“ einer Handlung oder einer Institution oder eines Systems von Aussagen (z.B. Gesetze) oder eines Kunstwerks usw… „Sinn“ ist, als Zweck, die Bedeutung, die etwas für ein Individuum oder eine Gemeinschaft hat.
Schwieriger ist zu bestimmen, wie „Sinn“ im letzteren ´Sinne´, also als Zweck, erfasst wird bzw. zu erfassen ist. Die Philosophie hat in den letzten zwei Jahrhunderten daran gearbeitet und dabei den Begriff des „hermeneutischen Zirkels“ hervorgebracht.
Dieser Zirkel besteht zwischen dem Ganzen und seinen Teilen. Laut Hermeneutik sind Teile nur aus dem Ganzen zu verstehen, da wir aber das Ganze nicht vollständig kennen, müssen wir von den bekannten Teilen auf es schließen. Der Erkenntnisprozess vollzieht sich also in diesem ständigen Kreislauf.
Ursprünglich entstand dieses Konzept aus der Texthermeneutik. Der Sinn eines Textes lässt sich nur aus der Summe seiner Teile verstehen, die Teile versteht man aber nur, wenn man provisorisch ein Sinnganzes des Textes zugrunde legt. Heidegger und Gadamer nannten dieses provisorische Sinnganze den „Sinnhorizont“. Von diesem Horizont aus ist der Sinn eines Teils zu erschließen, auf diese Weise gewinnt man ein Mehr an Sinnerkenntnis und überträgt dies wieder auf das Sinnganze, das so modifiziert, d.h. erweitert wird. Gewappnet mit diesem erweiterten Verständnis geht man wieder an das Verstehen der Teile usw. usf. Deshalb nennt man das den „hermeneutischen Zirkel“.
In der Zeit des Dt. Idealismus machte sich u.a. der Philologie Friedrich Ast darüber Gedanken:
http://www.univie.ac.at/sowi-online/esowi/cp/denkenp…
Zitat:
„Das Grundgesetz alles Verstehens und Erkennens ist, aus dem Einzelnen den Geist des Ganzen zu finden und durch das Ganze das Einzelne zu begreifen. […] Beide aber sind nur mit- und durcheinander gesetzt, ebenso, wie das Ganze nicht ohne das Einzelne, als sein Glied, und das Einzelne ohne das Ganze, als die Sphäre, in der es lebt, gedacht werden kann. Keines ist also früher als das andere, weil beide sich wechselseitig bedingen und an sich Ein harmonisches Leben sind.“ (Ast 1808, 178f.).“
Im letzten Jahrhundert waren Heidegger und Gadamer die Pioniere der Verstehens-Forschung:
http://paedpsych.jk.uni-linz.ac.at/INTERNET/arbeitsb…
Zitat:
„Bei Heidegger und Gadamer besteht der h. Z. in dem Verhältnis zwischen der konkreten Teilauslegung von etwas und der Verstehensganzheit (dem Sinnhorizont), in dem sich die Auslegung immer schon befindet. Um ein bestimmtes Etwas zu verstehen, muß ich schon ein Vorverständnis des Zusammenhangs, in dem sich dieses Etwas befindet, mitbringen. Um von dem Zusammenhang ein Vorverständnis zu haben, muß ich einzelne seiner Teile (Momente) schon verstanden haben.“
Chan