Smiling hand of Krishna?

Hallo!
Begegnet mir in einem Roman. Habe gegoogelt, aber keine lächelnde Hand Krishnas gefunden. Ist das eine Glück verheißende Geste oder barer Unsinn?
Gruß,
Eva

Krishna, der achte Avatar des Gottes Vishnu, verkörpert das hinduistische Ideal der Schönheit und ´Süße´ in extremer Form. Ich zitiere einen Text aus dem 16. Jahrhundert (Vallabha-acharya: „Madhurastakam“:

Süß sind Deine Lippen, süß ist Dein Gesicht,
süß sind Deine Augen, süß ist Dein Lächeln,
süß ist Dein großmütiges Herz, süß ist Deine Gangart,
oh Herrscher von Mathura, alles an Dir ist süß.
(…)
Süß ist Dein Flötenspiel, süß ist der Staub an Deinen Füßen,
süß sind Deine Hände, süß sind Deine Füße,
süß ist Dein Tanz, süß ist Deine Freundschaft,
oh Herrscher von Mathura, alles an Dir ist süß.
(…)

Das setzt sich über mehrere Strophen so fort.

Dass sich viele Männer in dieser Art von Verehrung ergehen, deutet auf einen - zumindest unbewussten - homosexuellen Hintergrund hin. In der indischen Mythologie ist dieses Thema mehrfach präsent. So sollen sich Shiva und Vishnu libidinös nahe gestanden haben, d.h. Shiva nahm eine weibliche Gestalt an, wenn er Lust auf Vishna verspürte. Auch nimmt er die Zeugungskraft des Gottes Agni in Anspruch, um selbst einen Nachkommen zu gebären, weil seine Ehe mit der Göttin Parvati kinderlos bleibt.

Ebenso soll es zwischen Krishna und Fürst Arjuna geknistert haben (die beiden auf der angehängten Grafik).

Im 17. Jahrhundert benahmen und kleideten sich die männlichen Mitglieder der Vaishnava-Sahajiva-Sekte in Indien wie Frauen, um ihrem Gott näher zu kommen. Sie identifizierten sich dabei mit Radha, der Geliebten des Krishna.

Ich betone das alles nur, weil der ungehemmte Süßigkeitskult um Krishna kaum anders erklärbar ist als durch die Projektion erotischer Wünsche auf eine männliche Idealgestalt.

Was das nun mit der „lächelnden Hand“ zu tun hat?

Ich habe die von dir angesprochene Stelle gelesen und denke, es handelt sich um Darstellungen des Gottes in der Art wie auf der angehängten Grafik. Diese Darstellung bezieht sich auf eine wichtige Szene in der Bhagavadgita, in welcher sich der Gott dem Fürsten Arjuna während einer Schlacht offenbart. Das Lächeln Krishnas kann als Ausdruck seines Wissens um Unsterblichkeit und als Ausdruck seiner Liebe zu Arjuna gedeutet werden. Der Ausdruck „lächelnde Hand“ versucht, würde ich sagen, das ´lächelnde´ Wesen des Gottes mit seiner Geste zu verschmelzen. Ob sich die Autorin Claire North (zweites angehängtes Bild) ihn selbst ausgedacht oder in Thailand aufgeschnappt hat, erfährst du vielleicht, wenn du sie über eine Nachricht auf ihrer Facebook-Seite danach fragst.

Chan

krishna_chariot_2
claire-north

Hallo Eva,
ohne nun die Stelle und den Kontext näher zu kennen, würde ich eher auf baren Unsinn tippen. Auch, wenn Krishna in aller Regel heiter / lächelnd dargestellt wird, so lächelt er doch wie Du und ich mit dem Mund und nicht mit den Händen.

Es gibt in der indischen Kultur eine Vielzahl von „Gesten“, wobei die mit der Hand ausgeführten (hasta mudras) am zahlreichsten und auch am bekanntesten sind (es gibt auch mudras, die mit dem Kopf/Gesicht, dem gesamten Körper oder bestimmten Muskelgruppen ausgeführt werden). Eine Beziehung zwischen bestimmten mudras (insbesondere hasta mudras) und Gottheiten / mythologischen Wesen gibt es insbesondere in der hinduistischen Ikonographie sowie im Tanz, speziell dem religiös konnotierten bharatanatyam. Ansonsten sind mudras im Bereich des Yoga von Bedeutung, dort jedoch ohne Bezug auf Gottheiten wie Krishna.

Bei hasta mudras ist zu unterscheiden zwischen solchen, die mit beiden Händen ausgeführt werden (samyukta hasta) und solchen, die mit nur einer Hand ausgeführt werden (asamyukta hasta). Das speziell Krishna zugeordnete samyukta hasta ist das sowohl mit links wie mit rechts ausgeführte mrigashirsa mudra (das Krishnas wichtigstes Attribut, die Flöte, andeutet) und das mit Krishna assoziierte asamyukta hasta ist das alapadma mudra, der geöffnete Lotos. Beide haben definitv mit ‚Lächeln‘ nichts zu tun. Das dürfte eher eine heftig verunglückte Metapher der Autorin sein.

Freundliche Grüße,
Ralf

P.S.: auf dem Bild, das in Chans Post (zu dem ich mich weiter nicht äußern möchte) angezeigt wird, zeigt Krishnas rechte Hand das ardhachandra mudra - im Natyashastra heisst es : „prakrutanaamnamaskarepyardhachandroniyujyate“ („ardhachandra hasta wird gebraucht, um den gewöhnlichen Menschen zu begrüßen“).