Soldat: Politische Aüßerungen verboten?

Hallo zusammen,

ich hoffe, ich bin hier richtig.

Also: gestern Abend diskutierte ich (besser: ich wollte diskutieren) mit einem derzeit Wehrpflichtigen über die Verbrechen der Nazis während des 2. Weltkriegs. Er hatte im Vorfeld angedeutet, dass einiges des fragwürdigen Gedankenguts des Herrn Hitler doch durchaus auch heute noch Hand und Fuß hätte.

Als ich ihm meine Meinung dazu sagte und um Stellungnahme bat entgegnete er nur: „Kein Kommentar“ und berief sich darauf, sich als Soldat nicht politisch äußern zu dürfen.

Was soll das denn? Ist das so richtig? Meine BW-Zeit liegt schon etwas zurück, daher bin ich mit den Vorschriften nicht mehr gänzlich vertraut. Ich könnte verstehen, dass er sich nicht positiv zu diesen Geschehnissen äußern darf, nur einen allgemeine, auf gesundem Menschenverstand basierende Auseinandersetzung mit dem Thema erwarte ich gerade von einem Soldaten/Wehrpflichtigen.

Sehe ich das falsch?

Mfg

Cypher

Als ich ihm meine Meinung dazu sagte und um Stellungnahme bat
entgegnete er nur: „Kein Kommentar“ und berief sich darauf,
sich als Soldat nicht politisch äußern zu dürfen.

Das ist Unfug. Als Privatperson und nach Dienstschluss kann er alles sagen, solange er damit nicht irgendwelche Vergehen wie z. B. Volksverhetzung, Aufruf zum Umsturz usw. begeht. Aber in dem Fall gilt genau das gleiche Strafrecht wie für jede andere Zivilperson. Ich weiß nicht genau, wie Äußerungen nach dem Muster „Ich in meiner Funktion als Bw-Angehöriger bin der Meinungs, dass…“ nach Dienstschluss zu bewerten sind. Kann sein, dass es da irgendwelche Verhaltensregeln gibt.
Im Dienst und in Uniform ist das schon anders. Wenn ich mich richtig erinnere, muss man sich da tatsächlich politisch zurückhalten, obwohl es da sicherlich auch Möglichkeiten für Ausnahmen gibt, etwa über den Kommandeur oder über den Presseoffizier.
Außerdem müssen Soldaten ihrem Vorgesetzten melden, wenn sie sich zur Wahl für ein politisches Amt stellen, also als Kandidat für die Stadtverordnetenversammlung oder ähnliches. Aber das ist ifaik nur eine reine Meldepflicht. Die Bw kann das politische Engagement nicht so einfach verbieten, will aber informiert sein.

Das sind so in etwa die Splitter aus dem Dienstrecht, die ich noch präsent habe.

Gruß

Volker

Hi!

Als ich ihm meine Meinung dazu sagte und um Stellungnahme bat
entgegnete er nur: „Kein Kommentar“ und berief sich darauf,
sich als Soldat nicht politisch äußern zu dürfen.

Ich weiß zwar nicht, ob es eine gesetzliche Regelung für politische oder weltanschauliche Meinungsäußerungen von Soldaten gibt, aber auf jeden Fall ist die Bundeswehr ein „Tendenz-Betrieb“. Dazu kommt, dass ein Soldat im eigentlichen Sinne keinen „Feierabend“ wie ein normaler Arbeitnehmer kennt (bestimmte Berufsgruppen sind immer „im Dienst“).

Allein eine privat geäußerte Meinung des Wehrpflichtigen, Hitler, Himmler usw. hätten in bestimmten politischen oder ideologischen Dingen recht, könnte bereits ein Disziplinarverfahren nach sich ziehen. Denn als Mitglied eines „Tendenzbetriebes“ färben solche Äußerungen auf den „Arbeitgeber“ ab. Wer als Gewerkschaftsfunktionär (nicht als einfaches Mitglied!) gegen seine Gewerkschaft das Wort führt, oder ein Parteifunktionär gleiches gegen seine Partei tut, oder als Polizist die Rechtstaatlichkeit seines Landes in Frage stellt, oder als katholischer Würdenträger gegen Papst und Kardinalskolleg in Rom spricht, der darf sich nicht über entsprechende Konsequenzen wundern.

Im Endeffekt betrifft das aber mehr oder minder jeden „Nestbeschmutzer“. Wenn ein VW-Mitarbeiter in einem Straßeninterveiw der Lokalpresse sagt, die Autos von VW laufen in einem Schrottzustand vom Band, dann wird er auch was zu hören bekommen - bis hin zur Kündigung wegen unternehmensschädlichen Verhaltens.

Grüße
Heinrich

Hi Cypher!

Du kannst von jemandem, der dererlei Gedankengut befürwortet, nichts erwarten, als eine Argumentations- und Rechtfertigungsleere die sich gewaschen hat!

einen ganz normalen Gruß…
…von Marcus

Hallo Cypher,

politische Äußerungen sind im Soldatengesetz geregelt:

"§ 15 Politische Betätigung

(1) Im Dienst darf sich der Soldat nicht zu Gunsten oder zu Ungunsten einer bestimmten politischen Richtung betätigen. Das Recht des Soldaten, im Gespräch mit Kameraden seine eigene Meinung zu äußern, bleibt unberührt.

(2) Innerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen findet während der Freizeit das Recht der freien Meinungsäußerung seine Schranken an den Grundregeln der Kameradschaft. Der Soldat hat sich so zu verhalten, dass die Gemeinsamkeit des Dienstes nicht ernstlich gestört wird.

Der Soldat darf insbesondere nicht als Werber für eine politische Gruppe wirken, indem er Ansprachen hält, Schriften verteilt oder als Vertreter einer politischen Organisation arbeitet. Die gegenseitige Achtung darf nicht gefährdet werden.

(3) Der Soldat darf bei politischen Veranstaltungen keine Uniform tragen.

(4) Ein Soldat darf als Vorgesetzter seine Untergebenen nicht für oder gegen eine politische Meinung beeinflussen."

Hinzu kommt folgender Paragraph des SG:

"§ 8 Eintreten für die demokratische Grundordnung

Der Soldat muss die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes anerkennen und durch sein gesamtes Verhalten für ihre Erhaltung eintreten."

Allgemein: Gesetze beinhalten Normen, die im jeweiligen Einzelfall angewandt werden müssen. Es gibt folgerichtig auch in der Bundeswehr keine Kataloge in denen drinsteht, was gesagt werden darf und was nicht. Es bleibt also auch hier Auslegungssache.

Gruß

Cali

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]