Sollte man "Alltagskunde" im Gymnasium lernen?

Dann hast du mich missverstanden. Ich meine nicht, dass Leidenschaft grundsätzlich als „höchst trivialer Konsum“ zu verstehen ist, sondern dass die hier ausgesprochene Kritik an einer „Leidenschaft für Computer und Handy“ sich auf eine lediglich im trivialen Konsum zum Ausdruck kommende Nutzung von Computer und Handy bezieht.

D.h. diese Kritik richtet sich gerade nicht gegen eine tatsächliche Leidenschaft, die man auch durchaus in Bezug auf IT haben kann. D.h. wenn jemand leidenschaftlich gerne programmiert und damit Sinnvolles oder einfach nur Kreatives schafft, wenn jemand den PC als Werkzeug einsetzt und damit Musik zu machen, Fotos zu bearbeiten, … dann ist das eine sehr anerkennenswerte und echte Leidenschaft im positiven Sinne.

Nur ist offenbar genau diese Form „leidenschaftlicher PC-Nutzung“, die ich aus meinen Jugendjahren noch kenne, auf dem Rückzug. Dafür hat die oft suchthafte Nutzung dieser Technik zum bloßen Konsum von trivialen Inhalten extrem zugenommen. So extrem, dass heute eben vielfach unter „leidenschaftlicher Nutzung von Computern“ nur noch genau diese negative Form eines Suchtverhaltens verstanden wird.

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Hi!

Ich glaube, da hatten wir völlig andere Hintergründe.

Natürlich ist es erschreckend, wie wenig sich „Erwachsene“ teilweise auskennen, die elementar für ihr tägliches Leben sind.

Ich meinte allerdings eher die Sache mit dem „Wie bringe ich die Kids auf den Stand der Eltern (oder so ähnlich)?“.

VG
Guido

Genau das war auch mein erster Gedanke, als ich die Frage las. Es müssen nicht alle von wegfisch angesprochenen Themen bis ins kleinste Detail durchgekaut werden, aber eben so ein grober Überblick mit ein bisschen Detailwissen in bestimmten Bereichen schadet sicherlich nicht. Auch nicht den Gymnasiasten!

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Hm,

ja, man kann und sollte sich auch trauen zu fragen, aber woher weiß ich, dass die Information richtig ist???

Vor kurzem habe ich eine etwas dickere Geburtstagskarte verschicken wollen, also zur Mini-Postfiliale. Die guckt auf die Sendung, 70 Cent. Ich "Hm, mir scheint der Brief aber > 50g zu sein. Widerwillig legte sie die Sendung auf die Waage, es sind 85 Cent. Grrr.

Frisch nach Potsdam gezogen. An „meiner“ Haltestelle eingestiegen, „Ich möchte zur XYZ-Straße“, Busfahrer „welche Karte benötigen Sie?“, ich „Sie wissen wo ich einsteige, wo ich hin möchte, also müssen Sie mir die passende Karte geben“, Busfahrer „Das müssen Sie wissen, ich komme aus Berlin, ich kann in P nicht alle Haltestellen kennen“.

Ach, der Verkehrverbund wird von mehren Gesellschaften zwar unter einer Überschrift betrieben, sind aber sonst unabhängig. Auch die Haltestellenanzeigen sind oft fehlerhaft, da die Funksysteme nur bedingt kompatibel sind.

Tja, und nu?

Gruß Volker

Moin,

aus meiner Erfahrung heraus betrifft das nicht nur die heutigen Schüler. Klar haben es die Kinder einfacher, wenn es vom Elternhaus vorgelebt wird. Aber die Schule sollte wenigstens den Kindern beibringen, wie man sich selbständig Informationen beschafft. Das können die Kiddys heute nämlich auch oft nicht.
Ich arbeite in der Erwachsenenbildung. Was meinst du, wie oft ich Prozentrechnung! wiederholen muss, Punktrechnung geht vor Strichrechnung usw. Frag mal 10 Erwachsene aus deinem Freundeskreis, was der Unterschied zwischen Zins p.a. und Zins eff. ist. Frag sie mal, was eine Fraktion ist, wer im Bundesrat sitzt oder welche Aufgaben der Bundespräsident hat. Frag mal die Leute, die Laktose haben, wo denn Laktose überall enthalten ist und ob es überhaupt einen Unterschied zwischen Gluten und Glutamat gibt.
M.E. gilt es in der Schule, das Interesse zu wecken für alltägliche Vorgänge. Warum werden Sachaufgaben immer noch mit Äpfeln oder Getreide gemacht? Gibt viel interessantere Themen, die man wissenschaftlich beackern kann. Warum haben die Kinder in der 9. Klasse Bewerbungstraing mit Material aus dem letzten Jahrhundert? Warum geht man mit den Kindern nicht mal auf den Bauernhof, um zu zeigen, wo die Eier, die Milch, das Fleisch und Getreide herkommt. Warum fallen die NaWi-Stunden zu Tausenden aus?
Nun ist gut, rege mich sonst zu sehr auf.

Soon

Habe die Diskussion hier bis eben mit Interesse gelesen. Nehme ebenfalls wahr, dass nicht nur Grundschülerinnen, sondern auch Gymnasiasten jeden Geschlechts mit banalen , nach meinem Empfinden altersangemessenen Alltagsanforderungen völlig überfordert sind. Also gibt es da dieses hier allseits erkannte Lerndefizit.
Ich frage mich halt, wessen Aufgabe es ist, Kindern/ Jugendlichen diese Alltags Kenntnisse zu vermitteln. Viele dieser Kenntnisse „werden erlebt“, sind durch noch so tollen Unterricht kaum vermittelbar.
Mich stört einfach, dass Kindern mühsam und mit wenig Erfolg das durch Instanzen wie Schule vermittelt werden soll, was Eltern können und weitergeben - ja - müssen. Bevor ich Kindern gesunde Ernährung beipule, sind die Eltern dran. Es ist in meinen Augen richtig unfair, statt die Eltern ins Visier zu nehmen, diese Umerziehungslast Kindern aufzubürden.
Mein Frust gilt vielen der hier angesprochenen praktischen Defizitbereiche von Kindern/Jugendlichen.
In der allgemeinen öffentlichen Diskussion vermisse ich als Kontrapunkt zu „Elternrechten“ den ergänzenden Part „Elternpflichten“. Die gehören zusammen und geben nur gemeinsam Sinn.
LG
Amokoma1

Einerseits bin ich vollkommen bei dir, was die „Elternpflichten“ angeht, und kann mich auch immer wieder darüber aufregen, wie wenig diese oft wahrgenommen und ausgefüllt werden. Auf der anderen Seite stehen aber natürlich die Kinder, denen man mit dem Fingerzeig auf die Eltern (denen dieser dann hübsch am Besagten vorbeigeht, bevor sie sich wieder ihrem Smartphone widmen) nicht hilft und nicht helfen kann.

Gerade wenn wir versuchen wollen einen zunehmenden gesellschaftlichen Graben wieder in den Griff zu bekommen, dann müssen wir - auch wenn ich vollkommen bei dir bin, dass es sich dabei eigentlich vielfach um Elternaufgaben handeln würde - parallel auch bei den Kindern ansetzen, und mit Kindergarten und Schule die Dinge aufarbeiten, die leider in vielen Familien nicht mehr vorgelebt werden.

Ich versuche seit nahezu Jahrzehnten, gedanklich sowas wie einen machbaren Spagat theoretisch hinzukonstruieren.
Als finanzielle Äquivalenz für Erziehungsleistung fällt mir nach wie vor nur das Kindergeld ein. Obwohl auch im ElternGeld Erziehungsleistungen versteckt sind.
Ich möchte schlicht und einfach eigentlich nur wissen, wie hoch der in staatlichen Leistungen enthaltene Anteil für „grundsätzliche Erziehungsaufgaben“ ist und vor Allem, was dazu gehört.
Halt so eine Art Kanon, was Kindern in der Familie im Gegenzug für die staatlichen Leistungen an die Eltern von diesen mitzugeben ist.
Mag sein, dass ich völlig verquer bin.
Ich würde das aber trotzdem gerne wissen.
LG
Amokoma1