Sondereigentum vs. Sondernutzungsrecht

Tag die Herren Experten bzw. erfahrene Anwender!

Ein Kunde möchte eine Eigentumswohnung im Dachgeschoss eines Sechs- Familienhauses erwerben und plant, den dazugehörigen (hälftigen) Dachboden (Gemeinschaftsfläche) auszubauen. Da dieser Umstand rechtlich abgesichert werden muss, denken wir über die Eintragung eines Sondernutzungsrechtes nach bzw. über die Umwandlung in Sondereigentum. Der Notar erachtet die zweite Variante für rechtlich „schwerwiegender“.

Ich bin der Meinung, dass die Eintragung eines Sondernutzungsrechtes aus folgenden Gründen ratsamer wäre: (Hintergrundinfo, die Eigentümer haben dem Sondernutzungsrecht bereits schriftlich zugestimmt, jedoch nur moralisch verpflichtend, d.h. nicht notariell)

  1. Die Eigentümer brauchen nicht auf einen Teil Ihres Miteigentumsanteils lt. Teilungserklärung zu verzichten (offensichtliche Wertminderung!). Fiktiv ist das natürlich auch bei dem Sondernutzungsrecht so.
  2. Demzufolge benötigen wir wahrscheinlich auch nicht die Zustimmung der Gläubigerbanken, falls die restlichen Einheiten finanziert sind (Sinkender Miteigentumsanteil mindert die Sicherheit) bzw. das Sondernutzungsrecht lässt besser argumentieren
  3. Die Teilungserklärung muss nicht gänzlich verändert werden, da die Miteigentumsanteile gleich bleiben, die Kosten der Änderung bemessen sich somit nicht an der gesamten Teilungserklärung sondern nur an der einen Wohnung. (Der Notar hat dem bereits zugestimmt)
  4. Sondernutzungsrecht wirkt wie Sondereigentum, insofern es dinglich gesichert ist und genau beschrieben (oder fällt jmd. etwas anderes ein? Ausbauzustimmung vorausgesetzt!). Es ist veräußerbar und die Aufhebung bedarf der Zustimmung aller Eigentümer. Also auch kein Problem
  5. Das mit der Umlage der Betriebskosten bekommen wir ebenfalls über den Verwalter geregelt (fiktive Erhöhung des Miteigenutumsanteils gemäß neuentstehender Wohnfläche).

Abschluss
Sondereigentum mag sicherlich mehr Gewicht haben, jedoch fällt mir kein konkreter Nachteil für den Erwerber ein. Das Sondernutzungsrecht lässt sich gegenüber den anderen Eigentümern wesentlich einfacher verkaufen als die Verminderung der Miteigentumsanteile (die werden wir nicht ohne Weiteres durchbekommen).

Für den ein oder anderen Hinweis bin ich euch sehr dankbar.
Schöne Woche noch.

Christoph

Hallo Christoph,

ein Sondernutzungsrecht ist mir in der Praxis bisher vor allem bei Gartenflächen und nicht abgeschlossenen Tiefgaragen begegnet. Ich sehe das Problem vor allem darin, dass diese Bereiche noch immer der Gemeinschaft gehören, so dass ein abgeschlossener Bereich als Sondernutzungsrecht dem eigentlichen Ziel des DG-Eigentümers widerspricht. Ein ausgebauter, abgeschlossener Teil des Dachbodens müßte von der Logik her zum Sondereigentum gehören, aber ich bin durchaus gespannt, was andere Verwalter dazu meinen.

:1. Die Eigentümer brauchen nicht auf einen Teil Ihres

Miteigentumsanteils lt. Teilungserklärung zu verzichten
(offensichtliche Wertminderung!). Fiktiv ist das natürlich
auch bei dem Sondernutzungsrecht so.

Der Verzicht auf Miteigentumsanteile hat ja nicht nur Nachteile (Stimmrecht), sondern auch Vorteile (Kostenanteil). Vermutlich hat jeder Eigentümer hierzu seine eigene Sichtweise, wie er eine Änderung der ME bewertet.

  1. Demzufolge benötigen wir wahrscheinlich auch nicht die
    Zustimmung der Gläubigerbanken, falls die restlichen Einheiten
    finanziert sind (Sinkender Miteigentumsanteil mindert die
    Sicherheit) bzw. das Sondernutzungsrecht lässt besser
    argumentieren

Bei nur kleineren Änderungen der Anteile sehe ich keine Gefahr, dass Gläubigerbanken nicht einverstanden sind.

  1. Die Teilungserklärung muss nicht gänzlich verändert werden,
    da die Miteigentumsanteile gleich bleiben, die Kosten der
    Änderung bemessen sich somit nicht an der gesamten
    Teilungserklärung sondern nur an der einen Wohnung. (Der Notar
    hat dem bereits zugestimmt)

Ich bin der Auffassung, dass die Neuschaffung eines Sondernutzungsrechts sehr wohl in die Teilungserklärung gehört. Die Formulierung lautet in der Regel „…Wohnung Nr. 6, verbunden mit dem Sondernutzungsrecht an Fläche XY, im Teilungsplan rot gekennzeichnet“ - oder so ähnlich.

  1. Sondernutzungsrecht wirkt wie Sondereigentum, insofern es
    dinglich gesichert ist und genau beschrieben (oder fällt jmd.
    etwas anderes ein? Ausbauzustimmung vorausgesetzt!). Es ist
    veräußerbar und die Aufhebung bedarf der Zustimmung aller
    Eigentümer. Also auch kein Problem

Das Mitspracherecht bei Sondernutzung ist größer, da die Gemeinschaft nach wie vor Eigentümer bleibt. Mir als Eigentümer, der den Dachboden ausbauen möchte, wäre das zu unsicher.

  1. Das mit der Umlage der Betriebskosten bekommen wir
    ebenfalls über den Verwalter geregelt (fiktive Erhöhung des
    Miteigenutumsanteils gemäß neuentstehender Wohnfläche).

Völlig unsinnig ! Der Verwalter ist an die Teilungserklärung gebunden. Irgend eine fiktive Veränderung der Miteigentumsanteile ist für den Verwalter höchst riskant. Was macht Ihr, wenn sich ein neuer Eigentümer in die Gemeinschaft einkauft, der gerne Abrechnungen anficht (solche Leute gibt es ?) ? Oder wenn es einen Verwalterwechsel gibt, und der neue Verwalter sich auf ein solches Spielchen nicht einlassen möchte ?

Für den ein oder anderen Hinweis bin ich euch sehr dankbar.

Als zustimmender Miteigentümer wäre mir durchaus wichtig, dass der Dachgeschoßeigentümer seine Kosten anteilig seiner nun größeren Wohnung bezahlt. Außerdem würde ich anregen, dass die Gemeinschaft für die Überlassung des Dachbodenteils finanziell entschädigt wird.

Schöne Woche noch.

Dir auch - und erzähl bei Gelegenheit, wie es weiterging.

Viele Grüße,

Inselchen

Hallo Inselchen,

zunächst vielen Dank für die schnelle Antwort und Deine Anmerkungen.

„Ein ausgebauter, abgeschlossener Teil des Dachbodens müßte von der
Logik her zum Sondereigentum gehören, aber ich bin durchaus
gespannt, was andere Verwalter dazu meinen.“

Da stimme ich Dir zu. Eine Verringerung der Miteigentumsanteile gemäß Teilungserklärung führt wahrscheinlich zu einer Ausgleichszahlung durch den Käufer. Diese wollen wir vermeiden. Korrekt wäre das allerdings. Die Frage ist, warum sollte man das Risiko eingehen, wenn es mit einem Sondernutzungsrecht auch geht?

„Der Verzicht auf Miteigentumsanteile hat ja nicht nur
Nachteile (Stimmrecht), sondern auch Vorteile (Kostenanteil).
vermutlich hat jeder Eigentümer hierzu seine eigene
Sichtweise, wie er eine Änderung der ME bewertet.“

Hm, habe darüber nachgedacht. Werde Dir berichten, wie es ausgegangen ist.

"Bei nur kleineren Änderungen der Anteile sehe ich keine
Gefahr, dass Gläubigerbanken nicht einverstanden sind.
"

Bin Bänker und sehe auch keine Wertbeeinträchtigung aufgrund des hälftigen Dachbodens, jedoch drängt die Zeit ein wenig. Wir haben noch ein paar Wochen bis die Bereitstellungszinsen anfallen. Ich suche also nach einer kostengünstigen, schnellen und unkomplizierten Lösung, die dennoch tragbar für den Kunden ist. Gläubigerbanken erfragen und kontaktieren - naja, wenn es denn unbedingt sein muss. Aber in der Praxis habe ich es noch nicht erlebt, da hast Du wahrscheinlich mehr Erfahrung. Jedoch nüchtern betrachtet stimme ich mit ein, für die Bank sollte das keine große Rolle spielen.

"Ich bin der Auffassung, dass die Neuschaffung eines
Sondernutzungsrechts sehr wohl in die Teilungserklärung
gehört. Die Formulierung lautet in der Regel „…Wohnung Nr.
6, verbunden mit dem Sondernutzungsrecht an Fläche XY, im
Teilungsplan rot gekennzeichnet“ - oder so ähnlich.

Muss rein, unbedingt. Änderung der Teilungserklärung bemessen sich am Gegenwert der Anlage. Bei einem Sechs- Familienhaus mag der Gegenwert noch überschaubar sein. Dennoch begrüße ich die Ansicht des Notars, die Änderungskosten hier auf die einzelne Wohneinheit abzustellen (nur bei Sondernutzungsrecht, da dieses tatsächlich nur die eine WE betrifft)

Das Mitspracherecht bei Sondernutzung ist größer, da die
Gemeinschaft nach wie vor Eigentümer bleibt. Mir als
Eigentümer, der den Dachboden ausbauen möchte, wäre das zu
unsicher.

Hm, was könnte passieren? Ein genehmigter Dachausbau, keine Nutzung durch andere Eigentümer! Das ist der Punkt, hast Du Erfahrungswerte / kannst Du von Streitfällen berichten?

_Völlig unsinnig ! Der Verwalter ist an die Teilungserklärung
gebunden. Irgend eine fiktive Veränderung der
Miteigentumsanteile ist für den Verwalter höchst riskant. Was
macht Ihr, wenn sich ein neuer Eigentümer in die Gemeinschaft
einkauft, der gerne Abrechnungen anficht (solche Leute gibt es
?) ? Oder wenn es einen Verwalterwechsel gibt, und der neue
Verwalter sich auf ein solches Spielchen nicht einlassen

möchte ?_

Hossa, da war ich wohl etwas voreilig. Aber sinngemäß war damit eine Umlage gemäß Wohnflächenzuwachs gemeint, die sich nach dem neuen Verhältnis bestimmt. Ohne Weiteres geht das also nicht - Danke.

„Außerdem würde ich anregen, dass die
Gemeinschaft für die Überlassung des Dachbodenteils finanziell
entschädigt wird.“

Kann ich nachvollziehen. Allerding bin ich in diesem Falle parteiisch. Die Eigentümer haben dem Sondernutzungsrecht bereits zugestimmt - unentgeltlich. Auch in Hinblick auf den bereits abgeschlossenen Darlehensvertrag sollten weitere Kosten vermieden werden :wink: Wenn es ohne geht … Bin ohnehin gespannt! Letztlich muss das der Erwerber entscheiden und auch die Kosten tragen.

Mich verunsichert nach wie vor der Punkt Mitbestimmungsrecht der restlichen Eigentümer. Das ist der wesentlichen Unterschied zum Sondereigentum.

Vielen Dank Inselchen. Die Registrierung hat sich bereits gelohnt.

Vielleicht kurz zu meiner Person. Bin gelernter Bänker und „Fast- Immobilienfachwirt“ - Prüfung im Oktober. Momentan arbeite ich in einer bankinternen Immobilienabteilung, vorwiegend / zunächst im Verkauf. Tag für Tag neue Herausforderungen. Aktuell beschäftigt mich z.B. Gebäudeeigentum und Sachenrechtsbereinigungsgesetz (Pflanzenschutzmittelhalle auf fremden Grundstück aus DDR Zeiten) Tolle Sache ;(

Christoph