Sorgerechtsverfügung/-vollmacht bei geschiedenen Eltern

Guten Tag,
ich hatte gestern eine interessante Diskussion im Freundeskreis.
Ich bin geschiedenen, mein Exmann hat wieder geheiratet und ist nochmal Vater geworden, unser Sohn (14) ist seit 3 Jahren glücklich im Wechselmodel und wir 3 Elternteile haben ein gutes freundschaftliches Verhältnis, ziehen in Erziehungsfragen an einem Strang, machen auch gemeinsame Unternehmungen, feiern die Geburtstage unseres Sohnes gemeinsam etc.
Bei unserer Scheidung wurde das gemeinsame Sorgerecht beihehalten, es wurden keinerlei Vereinbarungen getroffen bzw. schriftlich fixiert, alles passiert in Absprache.
Ich war immer der Meinung, wenn mir etwas passiert (Tod oder lange Krankheit, aufgrund derer ich meine Sorgepflicht vorrübergehend nicht erfüllen kann), trifft automatisch der Kindsvater die Entscheidungen und hat die Alleinsorge für unseren Sohn. Nach meinem Tod komplett, während eines „zeitweisen Ausfalls“ bis ich wieder in der Lage dazu bin - ich wüßte ihn in guten Händen bei ihm und bin in der Hinsicht nicht besorgt, dass da was schief laufen könnte.
Als wir noch verheiratet waren hatten wir eine Sorgerechtsverfügung, für den Fall dass uns beiden etwas zustößt und keiner sich mehr um ihn kümmern kann. Durch die Trennung ist dieses Risiko ja minimiert, kein gemeinsamer Wohnsitz, keine gemeinsamen Autofahrten wo wir verunfallen könnten…
Nun meinte gestern jemand, dass dem nicht so sei - wenn mir etwas zustoßen würde, würde das Jugendamt meinen Platz einnehmen und einen Vormund einsetzen.
Wenn ich google, bekomme ich unterschiedliche Antworten. Gibt es jemanden, der aus der Praxis erzählen kann?

Vielen Dank!

Das Jugendamt würde auf einen solchen Fall „draufschauen“, um festzustellen, ob hierdurch eine das Kindeswohl gefährdende Situation eingetreten ist. Das wird sie nach deiner Schilderung nicht. Der Sohn lebt ohnehin im Wechselmodell beim Vater, das Verhältnis auch zur Stiefmutter ist gut. Es gibt keine Differenzen in Bezug auf die Erziehung. Der Vater kann offensichtlich auch finanziell für seinen Sohn sorgen. Und ab 14 spielt der Wille des Kindes auch eine große Rolle. Da besteht grundsätzlich kein Bedarf für einen zusätzlichen Vormund.

Eine besondere Situation könnte allerdings daraus entstehen, wenn dein Sohn in größerem Umfang von Dir erben würde, und man daher ggf. den Zugriff auf dieses Erbe unabhängig vom Vater regeln möchte. Das dürfte dann allerdings im Alltag auch keine Rolle spielen.

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Hallo Wiz,
vielen Dank für Deine Rückmeldung. Also wird es im Prinzip eh darauf hinauslaufen - jedoch nicht ohne vorherige Prüfung etc…
Könnte ich den Prozess abkürzen und meinem Sohn (in dem hoffentlich nie eintretenden und dann eh schon sehr belastenden Fall) die Behördengänge und Gerichtstermine ersparen, indem ich eine Vollmacht/Verfügung ausstelle?
Ich denken wenn so etwas passiert, muss man einem Kind nicht so etwas zumuten und hat gleich von Anfang an für alle Beteiligten die Klarheit, wie es laufen wird.

Du kannst einer Behörde nicht verbieten, die von Amts wegen ihren Job machen muss, diesen auch zu tun. D.h. Das Jugendamt muss sicherstellen, dass das Kindeswohl durch die eingetretene Situation nicht gefährdet wird. Stell Dir vor, die Famileinverhältnisse wären nicht so gut, wie in deinem Fall. Die gerade eben an ihrer Drogensucht zugrunde gegangene Mutter hat ein Schriftstück zugunstene eines Dritten aufgesetzt, der sich um ihre Kinder kümmern soll. Sollte sich das Jugendamt damit dann zufrieden geben, und - was Jugendämter nicht gar so selten und vielfach auch nicht ganz unbegründet vorgeworfen wird - sich sagen, dass „dann ja alles gut ist“, und sich nicht weiter um die Kinder kümmern? Oder sollte es nicht vielmehr nachsehen, ob dieser Dritte unter Umständen lebt, in denen das Kindeswohl gefährdet sein könnte? Vollkommen unabhängig, was die Mutter so im Drogenrausch ggf. festgelegt haben könnte?

Wenn alles sauber läuft, wird man nicht 100%ig um das Jugendamt herum kommen (und da es oft nicht so sauber läuft, gibt es mehr als genug Fälle, in denen das Jugendamt gar nicht auftaucht). Das wird aber in problemlosen Fällen extrem schnell erledigt sein, denn die haben genug mit den wirklich problematischen Fällen zu tun.

Natürlich kann man Vollmachten ausstellen, die auch einzelne Details regeln und Dinge etwas vereinfachen können. Empfehlenswert wäre z.B. bei größerem Vermögen die Einsetzung eines Dritten als Testamentsvollstrecker, der bis zur Volljährigkeit des Kindes dessen Erbteil verwaltet und hieraus nur nach klaren Regeln Werte zum Wohle des Kindes einsetzen darf. Damit begegnet man dann schon einmal der Sorge eines Jugendamtes, dass sich aus so einer Situation finanzielle Nachteile für das Kind ergeben könnten.