sozialpädagogische Familien-/Erwachsenen-/Jugendhilfe Honorar

Angenommen, eine verbeamtete Lehrerin möchte in (genehmigter) Nebentätigkeit in der sozialpädagogischen Familien-/Erwachsenen-/Jugendhilfe auf Honorarbasis tätig sein.
Nach ihrem Verständnis wird diese Tätigkeit auf Honorarbasis nach Stundenaufwand bzw. Fällen abgerechnet.

  • Wie wird tatsächlich abgerechnet?
  • Mit welchem Honorar ist üblicherweise zu rechnen? Welches Honorar würde sie von einem potentiellen Arbeitgeber/ Auftraggeber erwarten können?
  • Welche Abzüge müssen bedacht werden (Sozialabgaben? Steuern?)
    Ganz herzlichen Dank für die kompetenten Antworten!

Hallo,

in der ambulanten Jugendhilfe ist es in der Tat so, das i.d.R. für den Träger je Fall ein bestimmtes Stundenkontingent vereinbart wird, welches dem Träger dann vom Jugendamt bezahlt wird. Bei festangestellten Mitarbeitern ist es dann für einen Träger  immer wichtig, dass diese auch entsprechend ausgelastet sind - wenn nicht genügend Fälle bzw. Stunden verfügt sind, muss dem Mitarbeiter trotzdem sein volles Gehalt gezahlt werden, auch wenn dieses durch die Stunden vielleicht nicht völlig refinanziert ist. Daher wäre es für Träger eigentlich lukrativer, hier Honorarkräfte einzusetzen.
Aber - dem steht bei dieser Art der Beschäftigung das Problem der Scheinselbständigkeit entgegen, was, wenn das nicht eindeutig geklärt wird, zu Problemen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer führen kann. Es reicht nicht aus zu sagen, ich bin doch Beamter und arbeite nur ein paar Stunden genehmigt nebenher - für den Träger kann es dann aber so aussehen, dass er für eine Tätigkeit, wo normalerweise ein voll sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer eingestellt wird, eine Kraft eingesetzt wird, bei der diese Abgaben umgangen werden.
Aus diesem Grund besteht eigentlich nur die Beschäftigung auf Basis einer geringfügigen Beschäftigung bzw. als Minijob, dies ist eine reguläre und rechtssichere Beschäftigungsart. Sozialabgaben fallen hier nicht an - das, was als einzige Abgabe hier normalerweise wäre, nämlich die Rentenversicherung, trifft ja für Sie als Beamte nicht zu. Die Versteuerung müssen Sie in ihrer Steuererklärung vornehmen.
Die umgerechnete Höhe des Verdienstes je Stunde - da gibt es keine Vorgaben oder Richtlinien, dies ist höchst unterschiedlich und hängt vom Träger und der jeweiligen Tätigkeit ab.

Mit freundlichen Grüßen
Winfried Hofmann

Hallo,
ergänzend zu den bereits gegebenen Aussagen möchte ich darauf hinweisen, dass es auch Jugendämter gibt, die selbst Fachkräfte auf Honorarbasis in den genannten Bereichen beschäftigen. In unserem Amt wäre es als Nicht-Sozialarbeiterin aber schwer, einen Auftrag zu bekommen. Das ginge höchstens mit Zusatzqualifikation, denn sozialarbeiterische Methoden und beraterisches Können sind schon zu eigenen Absicherung erforderlich. Wir haben kaum einen Fall ohne latentes Gefährdungspotential, psychische Belastungen bei den Klienten etc.
Zur Abrechnung gibt es bei uns in der Region auch bei anderen sozialen Trägern noch ein besonderes Modell: die Kräfte werden steuerfrei über Aufwandsentschädigung vergütet, also im Rahmen der Übungsleiterpauschale. Das ist nach Auskunft unserer Leitung auch in der öffentlichen Jugendhilfe möglich. Nachdem dann brutto wie netto ist das Honorar dann geringer (40 bis 50 Prozent weniger). Wir zahlen unseren regulären Honorarkräften 42 Euro in der Stunde, anteilig auch für Fahrzeiten und Vor- bzw. Nachbereitung.

Ach, das hatte ich noch vergessen: die Abrechnungsmodalitäten und Honorare sind von Träger zu Träger und von Amt zu Amt sehr unterschiedlich. Dazu kann man keine allgemeingültigen Angaben machen.

Hallo,
es gibt ja schon ein paar Antworten, noch ein paar Anmerkungen:

  • ich kann mir schon eine Tätitgkeit vorstellen, insbesondere im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §35a.

  • Prinzipiell könnte eine regelmäßige Tätigkeit nur ausgeübt werden, wenn Sie keine volle Stelle haben- während ihres Erholungsurlaubs kann dies nicht umgesetzt werden.

  • der Scheinselbsständigkeit können Sie entgegenwirken, in dem Sie für mehrre Auftraggeber imme rmal wieder arbeiten.

  • die Tätigkeit muss der zuständigen Finanzbehörde mitgeteilt werden.

  • Es muss eine Einkommenserklärung im kommenden Jahr abgegeben werden, bleiben Sie unter 17.500 Euro Jahresbruttoeinkommen (wovon ich ausgehe) muss keine Umsatzsteuer erhoben werden (wie wissen ja noch nicht, welche Art von Diensten Sie anbieten wollen). Sie mpssen dann auf Ihren REchnungen einen entsprechenden Passus einsetzen, dass Sie aufgrund der Kleinunternehmerregel umsatzstuerbefreit sind -  das lässt sich im Netz ganz gut recherchieren.

  • Wenn Sie freiberuflich pädagogisch tätig werden, würde ich (gerade bei dem Klientel) eine Berufshaftpflichtversicherung unbedingt empfehlen. Wenn irgendetwas passiert (und es kann immer mal etwas geschehen), haben Sie als freiberuflich Tätige keinerlei Absicherung und Schutz. Es kommt also sehr daruf an, was Sie tun und in welchem Rahmen Ihre Tätigkeit statt findet.

Viele Grüße C. Hübner

zunächst ganz herzlichen dank für die umfänglichen und hilfreichen einlassungen!!!
vielleicht gibt es noch weitere ergänzung…?
DANKE :wink:

Es wurde bereits alles ausführlich aus verschiedenen Gesichtspunkten erläutert.

Viele Grüße
Rainer Holsten

Hallo Paul, vielen Dank für die Anfrage. Ersteinmal gilt für die Jugendhilfe das Fachkraftgebot. Eine verbeamtete Lehrerin ist per se kein Fachkraft, da sie die notwendigen Erfahrungen in der Jugendhilfe normalerweise nicht vorweisen kann bzw. nicht die notwendigen Fortbildungen wie z. B. familientherapeutische Zusatzausbildung durchgeführt hat. Sollten die Voraussetzungen doch gegeben sein würde sie nach Fachleistungsstunden abgerechnet. Die Fachleistungsstunden sind von Jugendamt zu Jugendamt unterschiedlich. Je nach Fachleistungsstundensatz wird sich daraus der Stundensatz für die Fachkraft errechnen. Hier kommt es wieder darauf an, ob der potentielle Arbeitgeber nach Tarif bezahlt oder nicht. Stundensätze nach TVÖD oder z. B. BAT-KF sind zu ergoogeln. Prinzipiell sollten Arbeitgeber jedoch vorsichtig sein Honorarkräfte in der z. B. ambulanten Jugendhilfe einzustellen, da diese nicht weisungsgebunden sind. Dies ist meines Erachtens bei dieser Form der Arbeit jedoch dringend anzuraten. Wie du siehst gibt es auf deine Frage aus meiner Sicht keine klare Antwort. Hoffentlich konnte ich trotzdem helfen.
MfG
Jörg Lehmann

Hallo Paul,

ich will nur noch ein paar Dinge aus meiner Sicht ergänzen bzw. klarstellen:

  1. Das Thema Scheinselbstständigkeit halte ich nicht für relevant, da es sich ja nur um eine Nebentätigkeit handelt, die Haupteinkünfte werden ja im Ursprungsjob erzielt.

  2. Die Vergütung liegt nach meiner Kenntnis und Erfahrung aktuell zwischen ca. 30-35€ pro Face-to-Face Stunde (also direktem Kontakt). Fahrzeiten werden in der Regel nicht vergütet. Bei Dokumentation, Teamsitzung, Supervision usw. ist das Verhandlunssache und vom jeweiligen Träger abhängig.

  3. Die max. Wochenarbeitszeit in Deutschland beträgt 48h; die darf durch den Vertrag im Durchschnitt nicht überschritten werden.

Die anderen Punkte sind m.E. alle schon beantwortet.

Viele Grüße

Axel