Sozialpraktikum

Hallo!

Ich mache demnächst mein Sozialpraktikum in einer Behindertenwerkstatt. Da ich noch nie etwas in der Art gemacht habe und auch in meinem Umfeld nicht so intensiv mit Behinderten zu tun habe, habe ich ein wenig Angst, dass ich nicht weiß, wie ich mit den Menschen dort umgehen soll. Ich habe immer Angst dass ich zu wenig unterhaltend bin, dass ich ihnen nicht sympathisch bin, solche sachen. Könnt ihr mir nicht ein paar Ratschläge geben, wie man am besten mit den Leuten umgeht?

Viele liebe grüße und vielen dank!!

Hallo London_Calling,

beim Praktikum wird dir sicherlich (!) eine erfahrene Person zur Seite stehen.

Ein paar Tipps auf die Schnelle:

  • Die behinderten Mitarbeiter in einer Behindertenwerkstatt werden immer „Mitarbeiter“ genannt, nie „Patienten“ o.ä., selbst, wenn sie nur - gemessen an dem, was ein Nichtbehinderter leisten kann - sehr einfache Tätigkeiten durchführen können.

  • Gehe mit ihnen nicht wie mit Kindern um - auch ein Erwachsener mit geistiger Behinderung ist ein Erwachsener.
    Kindersprache, Wörter ohne Satzzusammenhang etc. solltest du nicht verwenden; angemessen ist ganz normale Sprache, wobei du auf zu komplizierte Schachtelsätze verzichten solltest.
    Anweisungen für Tätigkeiten werden oft besser verstanden, wenn du etwas vormachst und zeigst, statt umständlich zu erklären.
    Bei heutzutage üblicher Schulbildung für Menschen mit geistiger Behinderung verstehen sie in der Regel sehr viel; ein nicht zu vernachlässigender Anteil der Behinderung resultierte früher daraus, dass man ihnen zu wenig zutraute (und somit das Erlernen von Lesen, Rechnen, Alltagsfähigkeiten etc. von vornherein nicht beibrachte).
    Es wird dir ggf. daher auffallen, dass jüngere Menschen damit weniger Probleme haben als ältere.

  • Je nach genauer Einrichtung kannst du nicht unbedingt davon ausgehen, dass die behinderten Mitarbeiter tatsächlich kognitive Schwierigkeiten (geistige Behinderung) haben; in vielen Einrichtungen arbeiten auch Menschen, die hauptsächlich schwere körperliche Erkrankungen oder psychische Erkrankungen aufweisen.

Eine kurze (!) Einführung auch hier:
http://www.drk.riesenbeck.de/rkgem/btd_umgangbehmens…

Viele Grüße,
Nina

Hallo,

ich habe selber über 20 Jahre mit Behinderten gearbeitet, davon 10 Jahre in einer Werkstatt -
ich kann dich beruhigen!

Du kannst dich ja vorab im Internent schlau machen (wenn du es nicht schon weißt), welches Klientel dort arbeitet:
überwiegend Menschen mit geistigen Behinderungen? Mit psychischen Behinderungen?

Gerade, wenn es eine Werkstatt für Menschen mit geistigen Behinderungen ist, werden die Mitarbeiter (also die Behinderten, die dort ja Mitarbeiter sind!) sicher leicht machen!
Viele werden wahrscheinlich auf dich zukommen, dich fragen, wie du heißt, wie lange du bleibst… und schon seid ihr mitten im Gespräch.

Sprich mit den Leuten ganz normal und erwachsenengemäß, sieze sie auch! Zumindest lange, bis sie dir das du anbieten.

Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, nicht unterhaltend genug zu sein - die meisten Menschen mit (geistiger) Behinderung sind selber unterhaltend, (das meine ich positiv), sie unterhalten sich gern und und wenn du freundlich und höflich auf sie eingehst, werden sie dich auch mögen.

Du musst auch damit rechnen, dass Mitarbeiter schwere Körperbehinderungen haben. Einige werden vielleicht nicht oder nur undeutlich sprechen. Gehe dann nicht davon aus, dass die Menschen dich auch nicht verstehen! Sprich auch mit ihnen ganz normal.

Wenn sie etwas sagen, was du nicht verstehst, sage „Entschuldigung, ich verstehe Sie nicht“ - das ist weniger frustrierend für den Fragenden, als wenn du einfach jaja sagst und weggehst!

Fass keinen Rollstuhl von hinten an, bevor du nicht den Rollifahrer angesprochen hast! Denn wenn plötzlich hinten einer anfasst, ist es erschreckend und unangenehm! Bedenke, dass der Rollstuhl für eine Rollstuhlfahrer fast wie ein Teil des Körpers ist - da möchte man nicht ohne Vorwarnung angefasst werden!

Und noch mal: mach dir nicht zu viele Sorgen! Vieles wird am ersten Tag fremd (und vielleicht befremdlich) auf dich wirken. Aber sobald du die Menschen kennst, steht die Behinderung nicht mehr im Vordergrund und du wirst tolle und originelle Menschen kennenlernen.

Wenn du Aufgaben aufgetragen bekommst, die du dir (noch) nicht zutraust, sag das sofort. Trau dich immer um Hilfe zu fragen, dafür ist das Personal auch da!

Wenn jemand vom Personal mit den behinderten Mitarbeitern respektlos redet oder rumbrüllt und dir einreden will, das müsse so sein, glaube ihm nicht! Das ist finsterstes Mittelalter, kommt aber leider vereinzelt noch vor… Verlass dich auf dein Gefühl, das dir sicher sagen wird, welcher Umgangston angemessen ist.

Viel Spaß, und melde dich ruhig per pm, wenn du noch mehr fragen hast -
bixie