Sozialwissenschaft

Liebe/-r Experte/-in,

ich schreibe derzeit meine Diplomarbeit und habe eine Befragung durchgeführt. Leider bin ich mir nicht sicher um welches Design es sich dabei handelt!

Ziel war es herauszufinden, welchen Einfluss die Hochschulzugangsberechtigung eines Studieninteressenten auf die Informationsbereitschaft der Hochschulen hat. Dazu habe ich per E-Mail die Studienberatungsstellen aller deutschen Universitäten befragt und mich einmal als Studieninteressentin mit beruflicher Qualifikation und einmal als Studieninteressentin mit Abitur ausgegeben. Es wurde zwei mal die gleiche Stichprobe herangezogen. Die Hypothese lautet: „Die Informationsbereitschaft der Hochschulen ist größer, wenn ein Studieninteressent das Abitur besitzt“.

Handelt es sich dabei um ein Experiment oder ein Quasi-Experiment?

Je mehr ich darüber lese, desto verwirrter bin ich! Über ein paar Meinungen wäre ich deshalb sehr dankbar!

Viele Grüße
Nina

Hallo Nina,

meiner Ansicht nach, handelt sich bei deinem Versuch um eine echtes Experiment.

Die Kriterien der Beschreibbarkeit, der Wiederholbarkeit, Willkür und der Kontrollierbarkeit sind in einem ausreichendem Maße gegeben.

Siehe dazu folgende Grafik:
http://www.wpgs.de/images/stories/Lehrtexte_Abbildun…

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass es nie ein perfektes Experiment mit optimalen gegebenen Bedingungen geben wird, denke ich, solltest du dir da keinen Kopf machen.

Liebe Grüße

P. Neumann

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Hallo, Nina!

Ich bin zwar kein großer Experte für Methodologie, aber dennoch ein paar Gedanken zu Deiner Frage.

Ein Experiment zeichnet sich ja dadurch aus, daß man versucht, möglichst viele (idealerweise alle möglichen) Einflußveriablen zu kontrollieren (also die unabhängigen Variablen). In Deinem Fall könnte es sein, daß die Antwortbereitschaft der angeschriebenen Einrichtungen vom Hintergrund des scheinbaren Ratsuchenden abhängt, aber das Resultat könnte genauso gut von vielen anderen Faktoren abhängen:

  • Arbeitsaufwand (bzw. dessen saisonale Schwankungen) in der jeweiligen Beratungsstelle
  • Motivation Engagement der jeweils - zufällig? - zuständigen Mitarbeiter
  • Qualifikation der Mitarbeiter (geschulte Vollzeitkräfte, angelernte Aushilfen…)
  • Art der Fragestellung

Schließlich sollte man bei sozialwissenschaftlichen Fragestellungen nie den „Sinn“ sozialer Handlungen vergessen: welchen Grund sollte ein Sachbearbeiter in einer Beratungsstelle einer Hochschule dafür haben, Anfragen unterschiedlich engagiert und bereitwillig zu beantworten? Eine Beratungsstelle ist ja keine Black-Box…

Grüße!

Hallo Vlado,

vielen Dank für Deine Antwort. Ich habe mir auch schon überlegt, dass die Ergebnisse von vielen Faktoren abhängen kann. Dennoch würde ich sie gerne in meiner Diplomarbeit darstellen. Würdest Du denn sagen, dass es eher ein Quasi-Experiment ist oder möglicherweise gar kein Experiment?

Viele Grüße,
Nina

Hallo, Nina!

Ich denke, daß Du bei der Darstellung der Ergebnisse auf jeden Fall deren eingeschränkte Bewertbarkeit aufgrund der methodischen Einschränkungen erwähnen und begründen mußt. Und die Frage, ob es sich um ein Quasi-Experiment handelt oder nicht, hängt davon ab, wie Du Quasi-Experiment definierst. Du beziehst Dich ja dabei auf irgendwelche Kriterien, deren Quellen Du angeben solltest, und anhand derer Du die Frage beantworten kannst. Es gibt keine allgemeingültigen Definitionen sozialwissenschaftlicher Fachtermini, deren Sinn und Bedeutung hängt davon ab, wie man sie jeweils definiert (bzw. auf welche Definition man sich bezieht).

Grüße!