Spanier demonstrieren wegen Flüchtlingsaufnahme

Servus,

bis zu 160.000 Menschen sind in Barcelona auf die Straße gegangen, um die Regierung in der Flüchtlingsfrage zum Handeln aufzufordern. Die Botschaft?
Eine Zusage der Regierung aus dem Jahr 2015 umzusetzen und mehr Asylsuchende aufzunehmen.

Damals hatte die konservative Regierung zugesagt, 16.000 Asylsuchende aufzunehmen. Bisher sind es aber gerade mal 1100…

Ob das in anderen europäischen Ländern Schule macht?

Lg,
Penegrin

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Guten Abend,
das mag mit der Tatsache zu tun haben dass so eine kleine Anzahl von Flüchtlingen weder ein wirtschaftliches noch kulturelles Problem darstellt und man bisher aus Mangel an Flüchtlingen auch noch keine negativen Dinge über das Verhalten einiger von diesen in den Medien liest.

Außerdem ist es für ein Land wie Spanien leicht Flüchtlinge willkommen zu heißen - kaum einer wird kommen denn welcher Flüchtling will sich schon in einem Land mit einer Jugendarbeitslosigkeit von 43 % niederlassen in dem es kaum Sozialleistungen gibt und in dem das BIP pro Kopf viel geringer ist als in Deutschland, Schweden oder GB.

Es kann überall Demonstrationen für alles mögliche geben - wieviele Teilnehmer diese haben hängt nicht nur von der Thematik ab sondern auch davon wer dazu aufruft (und evtl. die Anreise organisiert und bezahlt), was die Medien darüber berichten usw.

Gruss
Desperado

Die Beantwortung dieser Frage hängt u.a. davon ab, wie sehr z.B. dieser Artikel:
http://gaceta.es/noticias/desmontan-solidaridad-gobierno-catalan-manifestacion-los-refugiados-19022017-1604
richtig liegt, dass es hier vorwiegend um eine sehr „katalanische Angelegenheit“ gegangen sein soll.

"La Generalidad de Cataluña intenta aprovechar la crisis de los refugiados para alentar el desafío separatista. Así lo han denunciado los ciudadanos a través de las redes sociales, donde también han dejado en evidencia la hipocresía del secesionismo que pide la acogida de refugiados mientras desprecia a “andaluces y extremeños a los que llama charnegos”.

Der Artikel reduziert es natürlich viel zu sehr auf diesen Aspekt (entsprechend der national-konservativen Ausrichtung dieses Revolverblatts), aber die Frage, wie „katalanisch“ diese Demo war halte ich schon für angebracht, zumal im Kontext deiner Frage danach, ob das in anderen europäischen Ländern Schule machen könnte.
Ich würde antworten: Es wird nicht einmal an anderen Orten Spaniens Schule machen können.

Gruß
F.

Kommt hinzu, dass

  1. Die konservative Zentralregierung derzeit eine von der sozialisitschen Partei geduldete Minderheitenregierung gebildet hat.
  2. Die neuen Linken nicht mit den Sozialisten koalieren wollten/konnten.
  3. Aktuell ein Prozess gegen den katalonischen Ex-Präsidenten angelaufen ist.
  4. Katalonien wirtschaftlich deutlich stärker ist, es sich also „leisten kann“.
  5. Spanien tatsächlich ganz wenig Flüchtlinge aufnahm und daher noch erheblichen Nachholbedarf hat. Das kann man ja nun nicht von der Mehrheit der alten EU-15 behaupten.

Gruß
vdmaster

Das mag auch noch dazu kommen.
Aber, wie gesagt, reduzieren darauf will ich es nicht.

Es ist ja schon etwas wirklich Bemerkenswertes, dass da mit dem Flüchtlings-Thema so viele Menschen auf die Straße gegangen sind, die nicht, wie sonst, als „besorgte Wutbürger mit ihren Ängsten, die man ernst nehmen muss“ einzureihen sind.

Gruß
F.

Das war allerdings auch nicht meine Intention.

Wieviel „besorgte Bürger“ gäbe es denn in D bei durchschnittl. etwas über mtl. 1000 Asylbewerberanträgen

http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/201612-statistik-anlage-asyl-geschaeftsbericht.pdf?__blob=publicationFile S.11

pro Monat? Rechnet man das auf die Bevölkerungsanzahl von D hoch, so wären es 2000 Anträge, von denen ein Teil auch noch abgelehnt würde. Wir kommen somit auf ca. 25.000/Jahr.

Ich glaube kaum, dass bei solchen Zahlen die Diskussion geführt würde, die derzeit in D geführt wird. Auch der Zulauf zur AfD wäre sicher wesentlich geringer.

Man läge von den Asylbewerberzahlen her in sehr ruhigen Gewässern. http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/aktuelle-zahlen-zu-asyl-dezember-2016.pdf?__blob=publicationFile S.3.

Gruß
vdmaster

Ich versteh nicht, woher die Mär kommt (taucht ja auch schon oben beim @Desperado auf), dass die da in Spanien so wenig mit dieser Thematik zu tun hätten, nur weil Zuwanderung dort strukturell anders ist als hier.

Naja, aber was soll uns das sagen?
Zwar sehe ich es durchaus auch so, dass die AfD klar von der „Flüchtlingskrise“ profitiert hat.
Ich sehe aber auch, dass z.B. in praktisch ganz Osteuropa ähnliche Parteien hochgekommen sind. Dort aber fast gänzlich ohne „Zahlen“.

Gruß
F.

Derweil es nicht um Zuwanderung allgemein geht, sondern sehr speziell um Flüchtlinge. Die anderweitig Zugewanderten sind größtenteils EU-ler oder solche, deren Muttersprache bereits spanisch ist bzw. deren Kultur schon heftig „spanisch angehaucht“ ist.

Viellleicht hättest Du es anders formulieren soll als so

Oder ist jetzt jeder, der nicht „Pro Flüchtlingsaufnahme“ demonstriert ein PEGIDIST?

In Osteuropa sieht die Sache noch einmal ganz anders aus. Im Gegensatz zu Spanien gibt es keine nennenswerte Vergangenheit als Kolonialmacht in islamischen Ländern oder selbst islamisch kolonialisiertes Land über Jahrhunderte.

Neben der EU-Mitgliedschaft und der Katholizierung sehe ich auf Anhieb keine sonderlichen Gemeinsamkeiten zwischen dem katalonischen bzw. katalanischsprachigen Gebieten Spaniens und den vier Staaten der Visegrád-Gruppe (Polen, Ungarn, Tschenien Slowakei).

Die einen sind u.a. von Klima, Mittelmeer und Tourismus verwöhnt und bei den anderen sieht es da richtig, richtig mau aus. Was u.a. einen direkten Einfluss auf die Integrationsfähigkeit in den Arbeitsmarkt hat (Gastronomie, Landwirtschaft [saisonal]).

Gruß
vdmaster

Kommt hinzu, dass die Visegard-Gruppe sich seit 1991 zu einen mäßigen Wohlstand hochgewurschtelt hat und seine Staatsverschuldung innerhalb der EURO-Regeln liegt. Das kann man von dem „Schweinestaat“ (PIG-S-[Staaten]) mit einer Verschuldungsquote von fast 100% nicht gerade behaupten.

Die VG will offenbar ihren mäßigen Wohlstand nicht gefährden, nachdem sie ihn mit heftigsten Umbauten und soz. Verwerfungen erringen mussten (ja, auch mit EU-Schotter), während das vergleichsweise viel reichere spanische „Separatistengebiet“ es sich leisten kann.

im Vergleich mit dem BIP der EU ausgedrückt in Kaufkraftstandards erreicht die Region einen Index von 120 (EU-27=100)

Polen, Ungarn jeweils knapp 70, Tschechien 85 und Slowakei 74 (Alle Angaben aus Wiki). Damit würden sie im direkten Vergleich alle zum armen Teil Spaniens gehören. :confused:

Gruß
vdmaster

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Du spielst das über Gebühr herunter.

Die drei wichtigsten Gruppierungen in Spanien dürften sein:

  • die Lateinamerikaner sind mitnichten alles so furchtbar „spanisch“, nur weil sie sich in dieser Sprache verständigen können.
  • die „EU-ler“ sind vorrangig Rumänen, und damit gerade die Menschengruppe, wegen der wir hier in Deutschland (zumindest vor der „Flüchtlingskrise“) so rumgejammert haben
  • die andere große Gruppe sind die Nordafrikaner, und damit gerade die Menschengruppe, wegen der wir hier in Deutschland (trotz „Flüchtlingskrise“) immer noch mächtig rumjammern.

Zudem dürfte Spanien sehr viel mehr Probleme mit „illegalen Immigranten“ haben als wir hier, was zumindest zum Teil schlicht der andersartigen geographischen Lage geschuldet ist.

?

Ich sprach von der deutschen AfD und Osteuropa .

Gruß
F.

Ich verstehe nicht recht, was du mir damit sagen willst.
Dass „Fremdenfeindlichkeit“ (ich nenn es mal so unbedarft; natürlich müsste man das differenzierter ausdrücken, aber dann komm ich gar nicht mehr zur eigentlichen Aussage) entweder mit hohen"Flüchtlingszahlen" (-> Deutschland) oder mit vergleichsweiser Armut (-> Osteuropa) sowieso fehlender Kolonialerfahrung (-> Osteuropa) zu tun hat?

Gruß
F.

Das siehst Du aber völlig falsch. Die Straße von Gibraltar ist praktisch dicht und wird massivst von den Spaniern überwacht. Lediglich in den beiden spanischen Exklaven in Nordafrika gibt es regelmäßige Grenzverstösse.

sind nun einmal weitaus spanischer als Afghanen deutsch sind. Und die güldenen Zeiten sind für sie schon vorbei http://www.stern.de/politik/ausland/immigranten-kehren-massenhaft-heim-der-spanien-traum-ist-vorbei-3450446.html

Die halten sich aber einigermaßen die Waage mit der Summe der anderen EU-ler, die Geld mitbringen (bspw. Rentner) oder wahrscheinlich den Staat in der Summe nichts kosten.

Viele Rumänen kamen einst zu Zeiten des span. Baubooms (geplatzt) und arbeiteten entgegen der Gesetzeslage, weil es an staatlicher Kontrolle mangelte. Es ist nicht so, dass man dem nicht gegenzusteuern versuchte. http://www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de/2011/12/12757/

In D hingegen brachten die rum. Fachkräfte in Mangelberufen anfangs ein klares Plus, was aber durch den Zustrom an nicht ausgebildeten und auch aussichtslosen Rumänen mittlerweile längst perdu ist.

Dass es für eine wohlhabende Region viel einfacher ist, sich vordergründig humanitär zu geben als für eine ärmere. Weil sie es sich auch einfach einfacher leisten kann.

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http://www.diariocritico.com/noticia/231302/noticias/inmigrantes-en-espana:-un-millon-de-ilegales-y-un-30-de-paro-entre-los-legales.html

Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich da zustimmen oder widersprechen soll :wink:

Gruß
F.

Ich bin des Spanischen nicht mächtig und müsste daher mehr raten als wissen.

Aus den Jahreszahlen schliesse ich aber, dass es sich um frühere Zeiten handelte, als bspw. via lasch kontrollierter Fähren sowie das europäische Festland Viele kamen. Verstärkt durch solche, die man mit befristeten Verträgen anwarb und die den legalen Aufenthalt nicht durch Ausreise beendeten, sondern illegal fortführten.

Zusätzlich gab es eine kurze Zeit lang einen erheblichen Zustrom von Armutszuwanderern über die Kanaren bis Spanien Rücknahmeabkommen mit einigen Küstenstaaten Afrikas schloss.

Es wäre ja mal interessant zu wissen, wie sich die Illegalen im Land verteilen. Denn es macht auch einen Unterschied, ob sie überproportional im weitaus mehr von Landwirtschaft abhängigen Andalusien sitzen oder im eher industrialisierten Katalonien (bzw. katalnischen Sprachraum). Und welche Ethnien sich wo „ballen“.

In den letzten Jahren hat der Zustrom an Illegalen allerdings stark abgenommen. http://www.onthepulse.es/life-in-spain/number-illegal-immigrants-arriving-spanish-coast-rises-160919

Hier eine Übersicht von 1999-2014, die allerdings die illegalen Zuwanderungs(versuche) über Land nicht aufführt.

Deine Haltung gegenüber Osteuropa http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:Foreign-born_population_by_country_of_birth,1_January_2015(%C2%B9)_YB16-de.png solltest Du vielleicht bzgl. Estland und Litauen überdenken, da die bereits über einen sehr hohen Anteil an MiHiGrulern aus Nicht-EU-Ländern verfügen (hier wird nur die 1.Generation dargestellt).

Gruß
vdmaster

Verstehe ich, aber brauchbare deutschsprachige Artikel konnte ich nicht auf die Schnelle ergoogeln.
Der Link sollte nur zeigen, dass das Thema „illegale Immigranten“ durchaus ein größeres Thema in Spanien ist (das ändert sich auch nicht in den paar Jahren, die der Artikel alt ist).

Ich wollte insgesamt lediglich plausibel machen, dass eine Haltung wie „die in Spanien demonstrieren sich leicht, sie haben ja unsere Probleme nicht“ m.E. nicht angebracht ist.
Auch eine Haltung wie „die in Katalonien demonstrieren sich leicht, sie sind ja viel wohlhabender als z.B. die Osteuropäer“ übrigens auch nicht :wink:

Aber auf dieser oberflächlichen Ebene ist damit alles gesagt, wir müssten tiefer in die Materie einsteigen, was ich ad hoc gar nicht könnte. Ist nicht gerade mein Spezialgebiet.

Wenn das sehr überwiegend schlicht und einfach Russen sind, wie ich ungeprüft vermute, dann mag ich meine Haltung nicht überdenken. Nicht dass Russen per se nicht zählen würden, aber bei Ländern, die vor einer Generation noch russisch (na gut, „sowjetisch“) waren, ist das nicht so überraschend.

Gruß
F.

Allerdings haben die keine 1,3 Mill. sozusagen „auf einen Schlag“ hinzubekommen. D und SP sind ca. vergleichbar in der Grössenordnung der Population von Ausländern oder MiHiGrulern. Aber eben vor Beginn der Flüchtlingskrise 2015.

Das sind sicher Russen, Weissrussen etc. pp. Aber in Spanien verlief der Zuzug auch nicht binnen zwei Jahren. :wink:

Ja, uns fehlen in der Tat vergleichende Daten aus der Tiefe. Mit den paar Eckwerten käme man nicht weiter.

Gruß
vdmaster

Ich will nur noch kurz darauf hinweisen dass man es nicht ueberbewerten sollte wenn rund 0,3% der Bevoelkerung eines Landes fuer etwas demonstriert - und das auch nur wenn die Zahl mit den 160.000 Teilnehmern stimmt. Wenn ein paar islamische Verbaende dazu aufrufen wuerden haette man in Deutschland sicherlich die zehnfache Anzahl von Demonstranten fuer die Aufnahme von mehr Fluechtlingen auf der Strasse.

Gruss
Desperado

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Ich erinnere dich an dieses statistische Gustostückerl, wenn mal wieder besorgte Bürger auf die Straße gehen :smirk:

Hab nie behauptet dass ganz Deutschland gegen die Aufnahme von noch mehr Fluechtlingen demonstriert…

Die Anzahl von Demonstranten vergleichen gibt sowieso wenig Sinn denn es gibt zwischen diesen Faellen einen entscheidenden Unterschied: Wer fuer Fluechtlinge demonstriert gilt als sozial, moralisch… bei so einer Demo wird man gern im Fernsehen gesehen.

Wer hingegen gegen Fluechtlinge demonstriert braucht schon eine Portion Selbstsicherheit um sich gegen Anfeindungen zu schuetzen wenn er bei einer solchen Demo gesehen wurde oder gar erzaehlt dass er dort war. So etwas kann auch schnell die Karriere kosten oder dafuer sorgen dass Freunde und Familienmitglieder Abstand nehmen.

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Was dich aber komischerweise nicht daran gehindert hat, es trotzdem zu tun.

Furchtbar, mir kommen die Tränen :sob:

Aber schauen wir uns doch mal ein paar Demos an, nur so zum Spaß:

Pegida: 25.000 (0,03%)
Gegen Sozialabbau: 100.000 (0,12%)
TTIP/CETA: 150.000 (0,18%)
Bündnis für Menschlichkeit und Toleranz: 200.000 (0,24%)
Gegen Kernkraft: 210.000 (0,26%)
Band der Solidarität: 220.000 (0,27%)
Barcelona: 160.000 (0,34%)
Gegen Sozialabbau: 470.000 (0,57%)
Gegen Irakkrieg: 500.000 (0,61%)

Die meisten Demos in der Liste haben einen ‚noblen‘ Zweck und trotzdem kam kaum eine auf mehr relative Teilnehmer. Irgendwie bleibt von deiner ‚Theorie‘ mal wieder nicht viel übrig :smirk: