Hallo Franz!
Der Abbau von Markenkern und Alleinstellungsmerkmalen begann schon mit Schmidt (Nachrüstung) und mit Schröder wurde auf dem Weg bis zur Selbstzerstörung nachgelegt (Afghanistankrieg, Agenda 2010). Vermutlich spielt auch die Geschichte der Partei eine Rolle. Schon im Kaiserreich galten Sozialdemokraten als irgendwie verdächtig, während des Dritten Reichs ohnehin und dieser Ruf haftete der Partei auch noch in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik an. Man wollte salon- und regierungsfähig werden, was mit Brandt nicht wirklich gelang, obwohl er Kanzler wurde. Aber dessen Ostpolitik lag weiten Teilen u. a. der Union schwer im Magen. Seit Schmidt war die SPD eine Partei wie jede andere - irgendwas Breitgetretenes in der Mitte, das nicht mehr durch Programmatik auffiel. Wichtig waren hauptsächlich Medienpräsentation, korrekt sitzender Anzug, geschmackvolle Krawatte und flotte Sprüche.
Wir haben drängende Probleme, etwa der Zuwanderungsdruck aus Krisenregionen und die absehbar für viele Menschen nicht mehr tragfähige Alterssicherung. Von der SPD kommt - gar nichts. Keine Visionen, keine nachhaltig tragfähigen Lösungsideen, keine Ursachenanalyse, nur noch fleißige Parteiarbeiter, aber keine Denker.
Nur ein Blick nach Österreich könnte schon helfen, zu erkennen, wie man Alterssicherung im Umlagesystem besser gestaltet. Deren Gestaltungsmöglichkeiten sind noch lange nicht ausgereizt, würden in D auf heftigen Widerstand diverser Interessengruppen stoßen, wären aber in der Bevölkerung vorhersehbar mehrheitsfähig. Bei der Analyse der hauptsächlichen Ursachen des Zuwanderungsdrucks kann ich mir vehementes Bestreiten aus etlichen Ecken zwar lebhaft vorstellen, aber wenn man etwas ändern will und eine ehemalige Volkspartei wieder zu einer solchen machen will, muss man das aushalten. Ist auch gar nicht schwer, weil es verdammt gute Argumente gibt.
Aber dafür braucht 's Köpfe. Aalglatte Figuren, die im Zweifel jedes Manuskript mit beliebigem Inhalt verkaufen, gibt es überreichlich, aber die Personaldecke aus denkenden Leuten ist in allen Parteien hauchdünn, im Kreis der medial präsenten Sozialdemokraten gar nicht vorhanden.
Gruß
Wolfgang