Sperrklausel bei Europawahl verfassungswidrig

Hallo,

Die in Deutschland geltende 5%- Sperrklausel für das Europäische Parlament ist nach Urteil des Bundesverfassungsgericht verfassungswidrig.
Die Regelung im Europawahlgesetz sei nichtig.

Wieso gilt das nicht auch für Landtags- und Bundestagswahlen?
Wird hier mit zweierlei Maß gemessen?

nicki

Hallo Nick,

das kannst Du in der Urteilsbegründung lesen.

Viele Grüße
Andreas

Hallo,

danke, ich habe es gelesen, aber nachvollziehen kann ich das zweierlei
Maß nicht.

nicki

Hallo,
ich habe das so verstanden, daß das EU-Parlament nichts zu sagen hat (insbesondere keine Regierung wählt) und eh schon dutzende Parteien drin sind, da würden ein paar mehr auch nicht stören.
Was passiert, wenn man in einem nationalen Parlament zu viele kleine Parteien hat, konnte man über Jahrzehnte in Italien bewundern. Mehrere Regierungen pro Jahr, da ist kaum noch zu regieren. Wenn ich die aktuelle Diskussion recht mitbekommen habe, wollen die das dort zurück haben - man mag ja von Berlusconi halten, was man will, aber das hielt ich für ein sinnvolles Gesetz (auch, wenn es zuächst vorwiegend ihm selbst half).

Cu Rene

Ich interpetiere das eher so:

Da es in anderen Staaten keine 5% Klausel gibt ist das eine massive Benachteiligung der kleinen Parteien hier…

Da in D selbst alle unter den selben Vorrausetzungen antreten ist es hier eben zulässig.

Sehen wir ja dann wenn Gysi wirklich den Vorstoss wagt…

Hallo,

ich habe das so verstanden, daß das EU-Parlament nichts zu
sagen hat

also das steht ja nun gerade nicht, was wahrscheinlich auch daran liegt, daß das seit einigen Jahren schon nicht mehr stimmt.

Zitat aus der Urteilsbegründung:
Hatte das Europäische Parlament im legislativen Bereich auch nach der ersten Direktwahl des Jahres 1979 im Wesentlichen Beratungs- und Kontrollrechte, so wurden mit der Einheitlichen Europäischen Akte (1986) und insbesondere dem Vertrag von Maastricht (1992) die Befugnisse des Europäischen Parlaments vornehmlich im Bereich der Rechtsetzung erheblich ausgeweitet. Durch Einführung des Mitentscheidungsverfahrens im Vertrag von Maastricht und die kontinuierliche Erweiterung des Anwendungsbereichs dieses Verfahrens auf andere Rechtsgebiete in den folgenden Verträgen (Vertrag von Amsterdam, 1997/99; Vertrag von Nizza, 2001/03) entwickelte sich das Europäische Parlament in wesentlichen Bereichen zu einem mitentscheidenden Gesetzgebungsorgan. Durch den Vertrag von Lissabon wurden seine Befugnisse nochmals gestärkt (vgl. dazu BVerfGE 123, 267 ) und seine Rolle als mit dem Rat zusammenwirkender Gesetzgeber in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages über die Europäische Union (vgl. für eine konsolidierte Fassung ABl 2008 Nr. C 115/13) ausdrücklich festgehalten.

(insbesondere keine Regierung wählt)

Das wiederum steht da und das ist auch Argument dafür, daß der „schwerwiegende Eingriff in die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und Chancengleichheit der politischen Parteien“ nicht zu rechtfertigen ist. Es droht eben keine Instabilität in Europa, wenn zig kleine Parteien im Europaparament vertreten sind, weil man sich nicht auf eine Regierung einigen muß.

Gruß
Christian

Sehen wir ja dann wenn Gysi wirklich den Vorstoss wagt…

Ist doch nett von Gysi, dass er der FDP helfen will, nicht überall rauszufliegen.

Berechtigte Frage.

Letztendlichen Aufschluss darüber dürfte nur die ausführliche Urteilsbegründung geben.

Ich lass irgendwo was, dass der Unterschied u.A. damit begründet wurde, dass das Europaparlament keine wirkliche legislative Gewalt hat, der Bundestag schon.

Also quasi, „bei Parlamenten die nichts zu sagen haben, achten wir auf Demokratie, bei den anderen Parlamenten ist ein bisschen Mangel an Demokratie schon gut“.

Man muss den Richtern natürlich zu Gute halten, dass unsere Verfassung allerdings scheinbar auch nicht gerade ein Musterbeispiel an Klarheit ist. ( Man bedenke, dass seinerzeit der angerufene Senat mit 6 zu 2 Stimmen zu dem Ergebnis kam, ein Spitzensteuersatz von 50 % sei verfassungswidrig, während der andere, nicht angerufene Senat mit 5 zu 3 Stimmen zu einem gegenteiligen Ergebnis kam . Ein Gesetz das soviel Interpretationsspielraum offen lässt ist weit davon entfernt , perfekt zu sein ).

Grüßle

Eric

Hallo, lt. Zeitungsmeldung haben bezügl. der Europawahl alle Staaten
eine 4% bzw. 5%-Klausel. Insofern haben sich unsere Verfassungsrichter
doch mal wieder ziemlich weit vorgewagt. Gruß