Sportdidaktik - Notengebung

Hallo,

Ich bin Schüler der 10. Klasse eines Gymnasiums (Baden-Württemberg) und hatte in der Halbjahresinformation ein 4-5 in Sport. Ich muss zugeben, ich bin weder besonders sportlich noch daran interessiert. Aber nach Meinung meines Vaters (auch Lehrer, gab schon Sport) werden so schlechte Noten nur bei mehr oder weniger stetiger Arbeitsverweigerung gegeben. Allerdings weiß ich nicht wann ich mich jemals geweigert habe, irgendetwas zu machen. Bei meinen vorherigen Sportlehrern hatte ich auch immer eine „Gnadendrei“ bekommen.

Nun meine Frage:

Nach was sollte im Sportunterricht benotet werden? Leistung? Begabung? Anstrengung? Fortschritt?

Bei vergleichbaren Fächern wie Kunst oder in begrenztem Maße Musik, wo es auch vor allem auf Begabung ankommt, ist eine 4 oder 5 im Zeugnis schon eher selten anzutreffen.

Zumindest von der Kunstdidaktik weiß ich dass es gewisse „Regeln“ gibt, nach welchen man benoten sollte, und dazu gehören vor allem Fortschritt und die Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten, und nicht etwa Begabung. Und ich schätze in Sport wird dies ähnlich gehandhabt und die Noten nicht nach Gutdünken verteilt. Und in Sport bin ich in manchen Bereichen „weiter gekommen“ als die Jahre zuvor.

Wäre interessant was andere Sportlehrer dazu meinen. Andere Antworten sind natürlich auch erwünscht.

Gruß,
Marcel

Hallo Marcel,
grundsätzlich einmal geht auch im Fach Sport die Notenskala von 1 bis 6.
Nun kann man natürlich geteilter Meinung darüber sein, ob in Sport die Note den objektiv festgestellten Leistungsstand des Schülers wiedergeben sollte oder eher den individuellen leistungsfortschritt.
Ich halte das in meinem Unterricht grundsätzlich so: Die Leistung wird zunächst einmal objektiv beurteilt, da kann dann grundsätzlich jede Note zwischen 1 und 6 herauskommen. Wenn ich nun feststelle, dass ein/e Schüler/in, der/die sportlich aus körperlichen gründen gehandicapt ist, sich durch Anstrngung, sportliches Verhalten, Einsatz etc. hervortut, dann erteile ich eine zusätzliche Note für diese leistungsbereitschaft, so dass im Zeugnis am ende keine 5 oder 6 sondern eine 4 erscheint. Mehr allerdings ist nicht drin, denn: Sport ist (zumindest hier in Rheinlad-Pfalz) ein versetzungsrelevantes Fach. Das bedeutet nicht nur, dass man mit einer 5 8oder 6) in Sport sitzenbleiben kann, sondern auch, dass man die Sportnote zum Ausgleich heranziehen kann (z.B. für eine 5 in Physik oder Erdkunde), wenn sie 3 oder besser ist. Und in Englisch erhältst du ja auch keine 3 wenn du anstatt von 50 Fehlern im Diktat nur noch 30 machst…
Beatrice

Hallo Beatrice,

Mehr allerdings ist nicht drin,
denn: Sport ist (zumindest hier in Rheinlad-Pfalz) ein
versetzungsrelevantes Fach. Das bedeutet nicht nur, dass man
mit einer 5 8oder 6) in Sport sitzenbleiben kann, sondern
auch, dass man die Sportnote zum Ausgleich heranziehen kann
(z.B. für eine 5 in Physik oder Erdkunde), wenn sie 3 oder
besser ist.

Versetzungsordnung:
§ 2
(…) Wäre eine Versetzung wegen der Versetzungserheblichkeit der Fächer Sport, Musik und Bildende Kunst nicht möglich, ist von diesen Fächern nur das mit der besten Note für die Versetzung maßgebend; (…)

Ändert das was?

Gruß,
Marcel

Hallo Marcel,

an meiner Schule (ebenfalls Gymnasium BW) waren 4er im Zeugnis keine Seltenheit. Denn bei einer ständigen Verweigerung ist die Note 6 vorgesehen. Z.B. beim Langstreckenlauf geht die Skala von 1 - 5 und die 6 gibt es dann für die Verweigerung.

Ich sehe daher die 4-5 eher als Aufforderung im nächsten Halbjahr noch etwas mehr zu machen, damit Du Deine 4 sicher hast.

Übrigens: auch als nicht so sportlicher Schüler kann man es mit etwas Anstrengung auf gute Noten schaffen, man muss es nur wirklich wollen (hätte mich nämlich während der Schulzeit auch nicht wirklich als sportlich bezeichnet, hatte aber dennoch im Schnitt ne 2, da ich mich wirklich angestrengt habe und daher im Vergleich zu meinen Schulkameradinnen auf einmal gar nicht mehr so unsportlich dastand).

Manchmal liegt’s auch daran, dass man zwar alles mitmacht, aber immer eine Lätsche zieht (Du wirst den Ausdruck bestimmt kennen). Das macht keinen wirklich motivierten Eindruck und kann sich auch in der Note mit bemerkbar machen.

Grüße und mehr Erfolg im nächsten Halbjahr, Nina

Wenn

ich nun feststelle, dass ein/e Schüler/in, der/die sportlich
aus körperlichen gründen gehandicapt ist, sich durch
Anstrngung, sportliches Verhalten, Einsatz etc. hervortut,
dann erteile ich eine zusätzliche Note für diese
leistungsbereitschaft, so dass im Zeugnis am ende keine 5 oder
6 sondern eine 4 erscheint. Mehr allerdings ist nicht drin,
denn: Sport ist (zumindest hier in Rheinlad-Pfalz) ein
versetzungsrelevantes Fach.

Und genau das ist zum Erbrechen. Haben Sie schon irgendwann in Ihrem Leben einen eigenen Gedanken gefasst? Was Sie hier erzählen, ist Darwins „Survival of the Fittest“. Oder mit anderem Vokabular: Nur wer hart ist wie Kruppstahl und flink wie ein Windhund, bekommt eine „2“, Body-Mass-Index scheint für Sie ein Fremdwort zu sein. Was ist mit Schülern, die an habitueller Gelenksluxation leiden? An Berührungsangst, an Vertigo (Schwindel, z. B. bei Rolle vorwärts), an Klaustrophobie (z. B. im Umkleideraum), an gestörtem Verhältnis zur eigenen Körperlichkeit (die Psychologie hat mehrere Begriffe dafür). Die den Gestank ihrer Mitschüler oder den Lärm der Turnhalle (des Schwimmbades) nicht ertragen? Oder die Sport EINFACH NICHT MÖGEN?
Ihre Schüler tun mir leid, aber leider sind Vollzugsbeamte wie Sie kein Sonderfall.

OStR a. D. Jo Perrey

Ex-Sportlehrer Gymasium und aktiver X-treme Skater

1 Like

Hallo Beatrice,

Mehr allerdings ist nicht drin,
denn: Sport ist (zumindest hier in Rheinlad-Pfalz) ein
versetzungsrelevantes Fach. Das bedeutet nicht nur, dass man
mit einer 5 8oder 6) in Sport sitzenbleiben kann, sondern
auch, dass man die Sportnote zum Ausgleich heranziehen kann
(z.B. für eine 5 in Physik oder Erdkunde), wenn sie 3 oder
besser ist.

Versetzungsordnung:
§ 2
(…) Wäre eine Versetzung wegen der Versetzungserheblichkeit
der Fächer Sport, Musik und Bildende Kunst nicht möglich, ist
von diesen Fächern nur das mit der besten Note für die
Versetzung maßgebend; (…)

Ändert das was?

Verdammt wenig. Unter uns, diese Fächer sollten ausgerottet werden, Marcel (wie einige andere auch). Aber Dein Beitrag ist echt progressiv, ohne Scheiß (d. h.: mein Ernst).
Im übrigen: lies gerne meinen Direktkommentar an diese Sportlehrerin.

Gruß

Jo Perrey

Ich muss zugeben, ich bin weder besonders

sportlich noch daran interessiert.

Wozu auch? SPOCHT ist ein willkürlicher Ausschnitt aus der Reichhaltigkeit menschlicher Betätigungen, die nun mal Eingang gefunden haben in die Schulwirklichkeit (Vorläufer: mittelalterliche Ausbildung der Knappen zu Rittern / Wehrsport in den Kriegen des 19. und 20. Jahrhunderts). Demnach war sportliche Ausbildung immer eine elitäre Sache (und ist deshalb seit ca. 2 Jahrzehnten auch wieder Abi-Fach). Man könnte auch genauso gut Ikebana oder Erdbeerzucht oder Bergsteigen unterrichten.

Aber nach Meinung meines

Vaters (auch Lehrer, gab schon Sport) werden so schlechte
Noten nur bei mehr oder weniger stetiger Arbeitsverweigerung
gegeben.

Er hat vermutlich recht. Es gibt jedenfalls ausführliche rechtsverbindliche Richtlinien, wie solche Noten zustandekommen sollten und dürfen (Richtlinien „Sport“ für Deine Stufe und die ASchO, (in der kommentierten Version). Wenn Dein Lehrer diese Bestimmungen kennte, würde er vor Angst schlottern.

Bei meinen vorherigen

Sportlehrern hatte ich auch immer eine „Gnadendrei“ bekommen.

Das war keine Gnaden-Drei. Die wußten, daß sie auf Glatteis waren, weil sie ihre Note nicht im einzelnen begründen könnten. Kompromisskacke (sorry).

Nach was sollte im Sportunterricht benotet werden? Leistung?
Begabung? Anstrengung? Fortschritt?

Wie gesagt: lies nach! Die ASchO gibt’s an der Schule (Sekretariat / Schulleitung). Du brauchst die kommentierte Fassung. (Die Normo-Fassung für Schüler ist nix wert). Oder geh zur örtlichen Bibliothek.

Bei vergleichbaren Fächern wie Kunst oder in begrenztem Maße
Musik, wo es auch vor allem auf Begabung ankommt, ist eine 4
oder 5 im Zeugnis schon eher selten anzutreffen.

Egal. Der Lehrer ist hier (leider) der Meister. Aber auch er muß eindeutige Nachweise erbringen.

in Sport bin ich in manchen Bereichen

„weiter gekommen“ als die Jahre zuvor.

Erfreulich. Aber ziemlich egal. Wichtig ist nur, daß Du teilgenommen hast.

Wäre interessant was andere Sportlehrer dazu meinen.

Okeh, ich war einer. Und habe immmer unter dem Zwang der Notengebung gelitten. Bis ich einfach allen eine „2“ gegeben habe. Als ich das 2x durchgezogen hatte (meine Begründung: „Alle haben sich Mühe gegeben“), hat man mich nicht mehr in diesem Fach beschäftigt. Jedenfalls nicht auf der Oberstufe.

Jo Perrey, ex-Gym-teacher

Hallo Marcel,

an meiner Schule (ebenfalls Gymnasium BW) waren 4er im Zeugnis
keine Seltenheit.

was soll das beweisen? Wovon redest Du? Mir wird schlecht.

Z.B. beim Langstreckenlauf geht die

Skala von 1 - 5 und die 6 gibt es dann für die Verweigerung.

Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt.

Ich sehe daher die 4-5 eher als Aufforderung im nächsten
Halbjahr noch etwas mehr zu machen, damit Du Deine 4 sicher
hast.

Das ist ziemlich zum Erbrechen. Was willst Du denn da machen? Jeden Tag 10 km laufen? Lies lieber die Bibel! Oder James Hadley Chase. Im Ernst: Trainingserfolge im Langstreckenlauf sind nur langfristig zu erzielen, über Jahre. Vergisses!

und daher

im Vergleich zu meinen Schulkameradinnen auf einmal gar nicht
mehr so unsportlich dastand

… und wie haben die dann dagestanden?

Manchmal liegt’s auch daran, dass man zwar alles mitmacht,
aber immer eine Lätsche zieht (Du wirst den Ausdruck bestimmt
kennen)

Nein, kennt hier in Dortmund kein Schwein. Scheint örtlicher fränkischer Dialekt zu sein…

Das macht keinen wirklich motivierten Eindruck und

kann sich auch in der Note mit bemerkbar machen.

Es gibt Primär- und Sekundärmotivationen, nach der (völlig überflüssigen) Lehre der Pädagogik. Was haben wir hier? Maximal Quartärmotivation (das ist sowas wie Mofa-Führerschein, wenn man eigentlich Führerschein Klasse 3 haben möchte).

tja!

jo perrey (Ex OStR Sport und Englisch)

Übersetzung :wink:
Hallo Jo, hallo Nina,

an meiner Schule (ebenfalls Gymnasium BW) waren 4er im Zeugnis
keine Seltenheit.

Hier meldet sich eine Viererkandidatin (aus BW) - und zwar so ziemlich durchgehend von der Grundschule an :frowning:. In meinem ansonsten guten Abizeugnis stehen beim Fach Sport 6 Punkte oder so, immerhin als Note 4 plus :wink:

Manchmal liegt’s auch daran, dass man zwar alles mitmacht,
aber immer eine Lätsche zieht (Du wirst den Ausdruck bestimmt
kennen)

Zur Übersetzung - Lätsche (hier bei uns: „Läätsch“) heißt so viel wie "langes, muffiges Gesicht, das klar signalisiert, wie genervt man ist.

ICH habe keine Lätsche gezogen, ich habe mich jahrelang völlig vergeblich bemüht. Ich bin einfach langsam, ängstlich und habe zudem Eltern, die mir fast jede Art der körperlichen Betätigung weitgehend verboten haben. Ich durfte nicht mit dem Fahrrad zur Schule (Radweg - aber zu gefährlich), meine Eltern gingen mit uns nicht zum Skifahren (Berge vor der Tür, keine finanziellen Gründe, sondern - zu gefährlich), Rollschuhe (jaja, ich komme noch aus der Zeit…) waren ungern gesehen, und prompt habe ich mir den Arm gebrochen, usw. usw.

Ich kann heute noch keinen Handstand, kein Rad schlagen, schaffe gerade noch einen Purzelbaum. Aber ich brauche das beruflich auch nicht :wink:.

Leider, leider, haben die wenigsten Lehrer bemerkt, dass ich mich WIRKLICH angestrengt habe. Ich werde nie rot, auch nicht bei Anstrengung, schwitze auch nicht so schnell, so dass man mir die Anstrengung nicht leicht anmerkt.

Das ergibt summa summarum 13 Jahre Schulsportfrust… ein Hoch auf meine Sportlehrer(innen) !

Unsportliche Grüße,

Inselchen (die trotzdem viel Bewegung hat)

1 Like

Hallo Jo,

warum nur tun sich Sportlehrer nicht zusammen und fordern eine Abschaffung oder wenigstens Reform der Sportnotengebung ? Liegt das an der Trillerpfeife, die viele Sportlehrer noch um den Hals hängen haben *Ironiealarm* ?

Es gibt so viele dicke Kinder, anscheinend bewegen die Zwerge sich viel zu wenig, warum kann Sportunterricht nicht - gerade als Ausgleich zu „Sitzfächern“ - SPASS machen ? Warum muss ein sturere Leerplan abgearbeitet werden, wozu braucht ein Mensch die Fähigkeit, einen Handstand zu machen ?

Ich befürworte Schulsport an sich schon, wobei meine eigenen Kinder außerschulisch wirklich seeehr viel Bewegung haben, also nicht auf Schulsport angewiesen sind, aber so, wie es in der Regel läuft - nein, danke. Gerade „unsportliche“ Kinder bekommen spätestens in der Schule vorgeführt, dass sie defizitäre Luschen sind, und es wird völlig übersehen, dass meiner Ansicht nach so ziemlich jeder Mensch irgendwo ein gewisses motorisches Talent hat, nur passt dieses vielleicht nicht in den Leerplan…

Eine ZWEI in Sport ? Hätte ich so eine(n) Lehrer(in) gehabt, hätte mir das sooo gutgetan. Stattdessen war die regelmäßige Blamage im Sport der pure Horror :frowning:

Ich hoffe, dass Du irgendwann wieder Sport unterrichten „darfst“ !

Viele Grüße,

Inselchen

Hallo Inselchen,

das tut mir echt leid, das für dich der Sport _trotz_ Anstrengung nie von Erfolg gekrönt war. Vielleicht hatte ich da auch einfach ne bessere Lehrerin, denn obwohl ich mich selbst nicht als übermässig sportlich bezeichnen würde habe ich in der 12. und 13. immer irgendwas um die 2 bekommen, da ich mich reingehängt habe. Und die Note ergab sich dann aus den besser werdenden Leistungen und der sehr guten Motivation.

Die anderen Schüler, die sich _wirklich_ bemüht haben, haben alle zumindest ne 3 bekommen, man musste aber auch merken, dass sie ihr bestes gaben.

Grüsse, Nina

Hallo Marcel,

Versetzungsordnung:
§ 2
(…) Wäre eine Versetzung wegen der Versetzungserheblichkeit
der Fächer Sport, Musik und Bildende Kunst nicht möglich, ist
von diesen Fächern nur das mit der besten Note für die
Versetzung maßgebend; (…)

Das steht in RLP leider so nicht drin. Ich wäre die erste, die die Notengebung im Fach Sport abschaffen würde (leider fragt uns Sportlehrer keiner). Auch abschaffen muss man allerdings übrigens damit dann auch den Sport als Pflichtkurs in der Oberstufe und damit als Fach, welches man für die Grundkursquali ins Abitur einbringen kann. Zweifellos würde es dem Staat einen Haufen Geld sparen wenn man die Kids anstatt zum Schulsport ins nächste Fitness-Studio schicken würde. Und zu meinem Ex-Kollegen Jo Perry und seiner Meinung über Training von Ausdauerleistung: den größten pädagogischen Erfolg, den ich hatte im Schulsport war die Leistung eines total untrainierten (aber ehrgeizigen) Mädchens, die innerhalb von einem Sommer durch regelmäßiges Joggen im 2000-m-Lauf eine 2- erreicht hat. Die hatte so Spaß am Laufen gefunden, dass sie anscließend freiwillig weiter jeden Woche gelaufen ist. Sowas gibts auch…
Gruß Beatrice

Niedriger hängen!

Und genau das ist zum Erbrechen. Haben Sie schon irgendwann in
Ihrem Leben einen eigenen Gedanken gefasst?

Schon einmal im Leben was von Benimm gehört oder möglicherweise von Sachlichkeit? Oder davon, dass es sich nicht gehört, jemandem, der hier neu ist (Sie sind ja auch noch nicht so lange dabei, aber das nur am Rande), nicht gleich unter Absonderung wüster Kampfschreie verbal an die Gurgel geht?

Ihre Schüler tun mir leid, aber leider sind Vollzugsbeamte wie
Sie kein Sonderfall.

Während natürlich berufsmäßige Stänker genau das sind, was dieses Land braucht … So tun Sie (bitte schön, ich kann mich bzgl. der Anrede auch anpassen) Ihrem Anliegen nichts Gutes,

meint kw

1 Like

Möglicherweise habe ich tatsächlich mit meiner rhetorischen Frage übertrieben. Aber man sollte vielleicht, abseits aller privaten Angifterei, überlegen, was SPOCHT eigentlich an der Schule zu suchen hat. Sport hat an der Schule nichts zu suchen, jedenfalls nicht als benotete Zwangsveranstaltung.
Die Frage ist m. E. nicht so sehr, wie man einem zu Adipositas neigenden Schüler den Fosbury Flop beibringt (ist zu schaffen, ich weiß), sondern wie man seiner Adipositas vorbeugt. Jedenfalls nicht dadurch, daß man ihn zwingt, spätestens ab seinem 5. Lebensjahr mindestens 7 Stunden am Tag stillzusitzen (5 am Schulpult, 2 am Küchentisch zu Hause). Alle Welt regt sich auf (und das zu Recht), daß Hühner in einer Legebatterie oder Spanferkel in ihrem Koben zuwenig Bewegungsmöglichkeit haben. Solche armen Kreaturen haben inzwischen eine Tierschutzlobby, Schüler haben keine Lobby. Man sieht es als normal an, daß ein Kind während des Unterrichts max. 2 qm Aktionsradius hat. Ähnlich wie in der Schweinemast, wo man auch dafür sorgt, daß die rosigen Zeitgenossen sich nicht zuviel bewegen. Wer sich zuviel bewegt, herumläuft, sich mit dem Nachbarn knufft (weil er Bewegung braucht), wird abgemahnt. Und hat gute Chancen, eine früh versteifte Wirbelsäule zu bekommen (in meinen O-stufenkursen für Gymnastik gab es immer nur eine verschwindende Minderheit, die eine Rolle vorwärts schaffte. Die meisten fielen nach Überwindung des 90°-Winkels flach wie eine Flunder auf’s Kreuz).

Aber bitte: jetzt kommt die Alibiveranstaltung SCHULSPOCHT. 4x45 Minuten /Woche sollen helfen, wiedergutzumachen, was versäumt wurde, nämlich dem Schüler seine Bewegungsfreiheit, seine Bewegungszeit nach seinem eigenen Gutdünken zu lassen, zu eigener Verwaltung. Schulspocht versucht zu reanimieren, was längst tot ist: das angeborene Verlangen nach Bewegung. Dafür gibt’s dann Noten, sozusagen als Quittung für Unterlassenes. Noten werden zum Selbstzweck. Dabei werden dann alle über einen Kamm geschoren, und wer den Felgaufschwung nicht schafft, ist unten durch (im wahrsten Sinne des Wortes).

Für mich ist das fleischgewordene Absurdität. Irgendwann, nach ca. 25 Berufsjahren in dieser Alibi-Mühle hatte ich dann auch die Faxen dicke - was die Notengebung betrifft: ich weigerte mich, den Kampfrichter zu spielen bei Bundesjugendspielen (das sind keine Spiele, das ist Auslese) und gab meinem Schwimmkurs durchweg eine „2“ (mit Einverständnis der 2 Top-Wettkampfschwimmerinnen, die in dem Kurs waren). Alle hatten in einem Semester zufriedenstellend die Grobform des Delphinschwimmens erlernt und waren mit Recht stolz darauf. Als ich diese Form der Benotung im nächsten Halbjahr wiederholte (mit der Begründung: „Die sind alle gut“) bekam ich keine Oberstufenkurse mehr. Und durfte nicht mehr Beisitzer bei Abi-Prüfungen sein. Worüber ich dann auch froh war.

Mit kollegialem Gruße

jo perrey (60)

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]