Sportpolitik

Verweigerung von Visa und Kopftuchzwang.
Gut so?

Oder nur ungeschickt?

Franz

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Applaus für diese Einstellung der Teilnehmerin!

Noch ein kleiner Zusatz…wenn dies hier im Artikel lese:
„…müssen die Teilnehmenden…“
anstatt „Teilnehmerinnen“
…bekomm ich das blanke Grausen.

Normalerweise würde ich es so sehen, dass die Sitten des Gastgeberlands zu respektieren sind. Man will ja als Gast nicht anecken. Das Problem ist die Symbolwirkung des Tuches:

Das Kopftuch ist ein Symbol für Radikalität und Geschlechterapartheid. Es widerspricht unseren Werten…

Auch im Zusammenhang mit den aktuellenWenn im Westen ausgerechnet Feministinnen das Kopftuch verteidigen, finde ich das abartig und absurd. Da könnte ich mich wirklich aufregen. Da empfehle ich als Beispiel, auf die Frauenbewegung im Iran zu schauen: Da rasieren sich Frauen die Haare ab und schnüren sich die Brüste ab, um nicht verschleiert auf die Straße gehen zu müssen. Wenn ich keine Haare habe, brauche ich keinen Hijab tragen, ich habe ja keinen Reiz mehr. Genauso absurd ist es, wenn es hier in Deutschland Frauen als Befreiung empfinden, sich zu „entweiblichen“, indem sie Kopftuch tragen. An Weiblichkeit ist nichts Unsittliches. Es kann kein schlechtes Benehmen sein, wenn Frauen keinen Schleier tragen…
http://www.augsburger-allgemeine.de/politik/Das-Kopftuch-ist-ein-Symbol-wie-wenn-Rechtsradikale-Springerstiefel-tragen-id41156581.html
Auch vor dem Hintergrund der aktuellen #metoo Kampagne gegen Machtmißbrauch und Seximus macht der Boykott der Schachspielerin Sinn.

Gruß
rakete

Absolut die richtige Entscheidung.

Ich bspw. würde die Sitten der TÜR während eines Aufenthaltes tolerieren. Aber mich bringen keine zehn Pferde in dieses Land, solange dort gewisse Sitten herrschen. Auch nicht in eines der Ausländerreservate für Touristen.

Soll heissen: Man kann auf den Status eines Gastes auch verzichten.

Gruß
vdmaster

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Pippifax.

Wenn man das Turnier boykottieren will, dann bitte deshalb:

(kein Visa für Israelis, Menschenrechtsverletzungen in Saudi Arabien verschiedenster Art), aber wegen dem blöden Kopftuch? Lächerlich.

Grüße
Siboniwe

Gutes Argument, es geht ja nur um Frauen.

Franz

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Merke: Boycott müssen immer die „richtigen“ Gründe haben.
Tatsächlich fährt die Schachspielerin nicht nach Saudi-Arabien, weil sie dort als Mensch zweiter Klasse behandelt wird (Tragen eines Übergewandes (sic) zusätzlich zum Kopftuch, nicht ohne männliche Begleitung in der Öffentlichkeit, nicht Auto fahren dürfen etc pp was in Saudi-Arabien noch so veranstaltet wird an misogynen Schwachsinn). Es sind also nicht abstrakte Überlegungen, sondern im Kern sehr persönlich Gründe. An einem Kopftuch lag es jedenfalls nicht, denn das hatte sie ja in Teheran letztes Jahr auf, wo sie Weltmeisterin wurde.

LG
Mike

Tut mir leid, wenn ich Frauenrechte nicht über Menschenrechte ansiedle. Was ja nicht heißt, dass Frauen nicht auch unter masssiven Menschenrechtsverletzungen in Saudi Arabien zu leiden haben.

Ich denke da z.B. an:


Und Herr Badawi hat auch eine Schwester:

Vielleicht liegt es an den Medien, aber ich lese immer nur davon, dass sie die Kleiderordnung in Saudi Arabien stört, vielleicht tue ich ihr da Unrecht. Aber - wie gesagt - immerhin hat sie ein Visum (oder hätte sie ein Visum, wenn sie es gewünscht hätte) erhalten, anders als israelische Schachspieler.

Ansonsten braucht hier niemand mir davon zu erzählen, wie es Frauen in Saudi Arabien geht. Das habe ich sieben Jahre lang erlebt. Zur Informatione: Ja, ich habe eine Abaya getragen. Und ich habe genau zu zwei Angelegenheiten eine Kopfbedeckung getragen: als ich mitgenommen wurde, um eine Moschee von innen zu sehen und in den ersten Woche nach den Anschlägen vom 11. September 2001, weil wir verunsichert waren (nach einer Woche habe ich damit aufgehört, weil sich im täglichen Leben nichts verändert hat, einmal kam allerdings ein älterer Saudi auf mich zu und hat mir sein Mitgefühl ausgedrückt, da er mich für eine US Amerikanerin hielt, einmal haben mich Jugendliche versucht, zu provozieren). Ansonsten: kein Kopftuch. Was ich mir Iran, wie ich von Freundinnen weiß, nicht hätte erlauben können. Obwohl ich in einigen Gegenden von Riad oder auf dem Land zum Kopftuch raten würde (hab’s trotzdem nicht, war aber auch nicht oft in Riad). Ansonsten ist Abaya und Hijab das geringste Problem saudischer Frauen (Autofahren gehört übrigens nicht mehr dazu).

Westliche Frauen, die sich an die Grundregel „Abaya“ halten, sind in Saudi wesentlich weniger eingeschränkt als man gemeinhin denken würde (ich habe mich vollkommen sicher bewegt). Das gilt für westliche Frauen mit Aufenthaltsgenehmigung (Iqama) genauso wie für westliche Männer. Allerdings: Touristen (und ich nehme an, dass die Teilnehmer des Turniers als solche gesehen werden) dürfen sich ALLE (Männer und Frauen) nicht ohne Überwacher bewegen (vergleichbar mit den Hochzeiten des kalten Krieges hinter dem „eisernen Vorhang“). Dass sie nicht autofahren dürfte, ist auch nicht mehr so eindimensional: als Frau darf sie inzwischen schon. Als ausländische Staatsangehörige müsste sie allerdings ihren Führerschein umschreiben lassen (wie auch ein ausländischer Mann), was für die kurze Zeit zu lange dauert bzw. eventuell gar nicht gemacht wird (wie gesagt: gilt für alle Ausländer).

Also: Boykott wegen eigener Empfindlichkeiten als westliche Frau für ein paar Tage beeindruckt mich nicht.

Siboniwe

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Ich habe gerade den unteren Teil des verlinkten Artikels gelesen, also dort, wo die Erklärungen der Journalisten kommen (die ihre Informationen wahrscheinlich aus zweiter Hand haben)

Es gibt keine erzwungene Geschlechtertrennung beim Einkaufen in Saudi Arabien. Es gibt in Riad allerdings ein Einkaufszentrum nur für Frauen.

Es gibt in Restaurants zwei getrennte Bereiche, einer nur für Männer, einer für Familien, dort werden auch alleinspeisende Frauen bedient (Männer ohne weibliche Begleitung können dort nicht hinein). Manche saudische Familien verlangen auch im Familienbereich noch einmal hinter Paravents abgetrennt zu werden. Restaurants, die zu klein für zwei Bereiche sind, sind nur für Männer (warum erinnert mich das gerade deutsche Nicht-Raucher-Regeln in Restaurants?).

Frauen können sich in der Öffentlichkeit sehr wohl ohne männliche Begleitung bewegen (sofern es der Ehemann oder Vater erlaubt - siehe meine Meinung dazu oben). Das gilt für saudische Frauen ebenso wie für andere Nationalitäten (wie sollte man das auch trennen und überprüfen). Sie können allerdings nicht ohne Erlaubnis ihres gesetzlichen Vertreters (Ehemann, Vater, Onkel) weitere Reisen unternehmen.

Berufsausübung ist etwas, was vielen Frauen in Saudi Arabien verwehrt wird, durch die Familie, durch Gesetze, durch die Traditionen, die die Religionspolizei durchsetzen. DAS sind Probleme. Nicht das Tragen eines hässlichen schwarzen Kleides.