Sprache der deutschen Sinti und Roma

Hallo,

vor einigen Wochen habe ich (ich wohne in der Nähe von Hannover)an der Supermarktkasse neben zwei Frauen (beide vielleicht Mitte 20) gestanden, von denen ich annehme, dass sie wohl Sinti oder Roma sein könnten. Die beiden unterhielten sich in einem ziemlich eigenartigen, etwas altmodisch anmutenden Deutsch, das ich noch nie zuvor gehört habe. Sicherlich hat sich doch auch bei deutschen Sinti und Roma eine Mischsprache entwickelt, in etwa vergleichbar dem Jiddischen, bei dem mittelhochdeutsche, hebräische und slawische Elemente vermischt sind. Jenisch oder Rotwelsch kann es eigentlich nicht gewesen sein, oder?
Nun bin ich mal gespannt, ob jemand von Euch eine Idee hat.

Schöne Grüße
Stoff-Ede

Hallo, #Ede,
das wird Romanes gewesen sein. Das ist jedenfalls die Sprache der Roma und Sinti. http://de.wikipedia.org/wiki/Romanes
Gruß
Eckard

Hallo Eckard,

Danke für die prompte Antwort. Das wird es wohl gewesen sein.

Schönen Gruß

Ede

Hallo, #Ede,
das wird Romanes gewesen sein. Das ist jedenfalls die Sprache
der Roma und Sinti. http://de.wikipedia.org/wiki/Romanes
Gruß
Eckard

Servus,

wenn Leute miteinander Romanes sprechen, klingt das nicht sehr nach Deutsch.

Ich vermute, Du hast wegen der „südöstlich“ ausschauenden Kleidung vermutet, es handle sich um Roma. Es gibt aber in einiger Zahl während der letzten ca. 10-15 Jahre nach Deutschland gekommene Deutschstämmige, die von deutschen Sprachinseln aus (heute) Serbien, Kroatien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Russland, Ukraine, Aserbaidschan stammen. Insbesondere in der Batschka (heute zu Ungarn), Slawonien (heute zu Kroatien), im Banat und in Siebenbürgen (heute zu Rumänien) sind relativ viele Deutschstämmigen auch nach der Aussiedlung 1945-1950 geblieben.

Du hörst von ihnen die deutschen Dialekte, die zu der Zeit, als ihre Vorfahren in die „Kolonien“ gingen, in deren Heimat gesprochen worden sind. In den sprachlich isolierten Siedlungsgebieten haben sich diese Dialekte kaum weiterentwickelt. So wird in Slawonien Schwäbisch aus dem 18. Jahrhundert gesprochen und in Siebenbürgen Moselfränkisch aus dem 14. Jahrhundert. Bei den Jüngeren verliert sich das im Kontakt mit der deutschen Umgebung schnell, aber bei den Älteren nicht.

A propos: Mit mir war noch nie jemand beleidigt, wenn ich mich z.B. in der Eisenbahn neugierhalber nach einer Sprache erkundigt habe; im Gegenteil, in „besonderen“ Fällen wie Afrikaans oder Batschkaschwäbisch stößt die Frage in der Regel auf freundliche bis stolze Auskunftsbereitschaft.

Schöne Grüße

MM

Hi MM,

A propos: Mit mir war noch nie jemand beleidigt, wenn ich mich
z.B. in der Eisenbahn neugierhalber nach einer Sprache
erkundigt habe; im Gegenteil, in „besonderen“ Fällen wie
Afrikaans oder Batschkaschwäbisch stößt die Frage in der Regel
auf freundliche bis stolze Auskunftsbereitschaft.

Mach’ ich auch immer so: ich geh’ auf die Leute los - neulich war es ein Alt-Damen-Grüppchen bei einem Edel-Italier - die waren zwar alle deutsch, aber mich und meine Begleiterin hat einfach interessiert, was diese dort zusammengefüht hat … stellte sich raus als 1. Klassentreffen nach 25 Jahren - und ich frage jeden fremdsprachigen Taxifahrer nach seiner Herkunft - und daraus ergeben sich dann oft die interessantesten Gespräche.

Herzlichen Gruß,

Anja

Hi,

was um alles in der Welt ist Batschkaschwaebisch? *Neugierigkuck*

Matta

Hallo,

die Batschka liegt in der Vojvodina, schliesst östlich ans Banat an. Die Stadt Novi Sad / Neusatz ist relativ bekannt.

Die deutschstämmige Bevölkerung der Batschka war vorwiegend schwäbischen Ursprungs, das Schwäbisch von dort klingt heute altertümlich, weil es sich ein paar hundert Jahre lang weniger verändert hat als das aus dem Württmbergischen Raum.

Schöne Grüße

MM

MM

Hallo Martin,

Servus,

vielen Dank für Deine Antwort!

wenn Leute miteinander Romanes sprechen, klingt das nicht sehr
nach Deutsch.

Nachdem ich gestern noch einen in Romanes verfassten Text gelesen habe, fiel mir das auch auf :smile:

Ich vermute, Du hast wegen der „südöstlich“ ausschauenden
Kleidung vermutet, es handle sich um Roma.

Stimmt!

Es gibt aber in
einiger Zahl während der letzten ca. 10-15 Jahre nach
Deutschland gekommene Deutschstämmige, die von deutschen
Sprachinseln aus (heute) Serbien, Kroatien, Ungarn, Rumänien,
Bulgarien, Russland, Ukraine, Aserbaidschan stammen.
Insbesondere in der Batschka (heute zu Ungarn), Slawonien
(heute zu Kroatien), im Banat und in Siebenbürgen (heute zu
Rumänien) sind relativ viele Deutschstämmigen auch nach der
Aussiedlung 1945-1950 geblieben.

Daran hatte ich garnicht gedacht!

Du hörst von ihnen die deutschen Dialekte, die zu der Zeit,
als ihre Vorfahren in die „Kolonien“ gingen, in deren Heimat
gesprochen worden sind. In den sprachlich isolierten
Siedlungsgebieten haben sich diese Dialekte kaum
weiterentwickelt. So wird in Slawonien Schwäbisch aus dem 18.
Jahrhundert gesprochen und in Siebenbürgen Moselfränkisch aus
dem 14. Jahrhundert. Bei den Jüngeren verliert sich das im
Kontakt mit der deutschen Umgebung schnell, aber bei den
Älteren nicht.

Das klingt plausibel! Logisch, dass sich die Sprache im isolierten Siedlungsgebiet nicht weiterentwickelt. Ist ja bei Einwanderern, die nach Deutschland kommen, im Prinzip nicht anders.

A propos: Mit mir war noch nie jemand beleidigt, wenn ich mich
z.B. in der Eisenbahn neugierhalber nach einer Sprache
erkundigt habe; im Gegenteil, in „besonderen“ Fällen wie
Afrikaans oder Batschkaschwäbisch stößt die Frage in der Regel
auf freundliche bis stolze Auskunftsbereitschaft.

Normalerweise bin ich da auch nicht schüchtern. Nur an der Supermarktkasse, wo eh schon alle gestresst sind…
Im Tante-Emma-Laden hätte ich die Frauen natürlich sofort angesprochen!:smile:

Schöne Grüße

Dito

MM

Stoff-Ede

A propos: Mit mir war noch nie jemand beleidigt, wenn ich mich
z.B. in der Eisenbahn neugierhalber nach einer Sprache
erkundigt habe; im Gegenteil, in „besonderen“ Fällen wie
Afrikaans oder Batschkaschwäbisch stößt die Frage in der Regel
auf freundliche bis stolze Auskunftsbereitschaft.

Das mach ich auch sehr gerne!
Einmal kam ich mir dann aber doch ein bisschen komisch vor: Neben mir an der Bushaltestelle sprach eine ältere Frau mit ihrer Tochter eine Sprache, von der ich kein einz’ges Wort verstand. Von der Aussprache her klang es praktisch wie Deutsch, aber ich habe wirklich gar nichts verstanden und ich konnte die Sprache auch absolut nicht einordnen. Also frug ich nach und siehe da — Hebräisch! Na klar, im Hebräisch gibt’s eigentlich nur Phoneme, die das Deutsche auch hat, also kein Wunder. Aber ihre Antwort war ein bisschen forsch: „Hebräisch, aber wir sind keine Juden!“ (in einem leicht erschrockenen, fast unfreundlichen Tonfall).

Andere Sprache, die ich mal „erfragt“ habe, waren Igbo, Ungarisch, Armenisch und Urdu.

Gruß,

  • André

Ich habe die Anfrage ein wenig spät gelesen.

Wenn das Gesprochenene nach ainem altertümlichen Deutsch klang, so könnte man - abgesehen von den Erklärungsmöglichkeiten, die hier schon gegeben worden sind - folgende Möglichkeiten in Betracht ziehen.

Zunächst einmal dürften es wahrscheinlich keine Roma gewesen sein. Ihre Romanes-Dialekten weisen nicht so viele deutsche Lehnwörter auf wie das Romanes (Sintetikes) der Sinti. Es könnten also vielleicht Sinti gewesen sein.

Dann gibt es aber auch noch andere „Fahrende“ (meist jetzt auch schon seßhaft), die unter dem Namen Jenische (manchmal sogenannte „weiße Zigeuner“) zusammengefaßt werden und einen Jargon sprechen (wenn sie das überhaupt noch tun), der eine Mischung aus Romanes, Jiddisch, regionalen Dialektwörtern mit einer (mehr oder weniger) deutschen Grammatik darstellt.

Schließlich wäre eventuell noch an Jiddisch zu denken, was aber möglicherweise nicht zu dem „outfit“ der Sprecherinnen paßte.

Hallo Rüdiger,

Ich habe die Anfrage ein wenig spät gelesen.

Trotzdem vielen Dank für die Antwort :smile:

Wenn das Gesprochenene nach ainem altertümlichen Deutsch
klang, so könnte man - abgesehen von den
Erklärungsmöglichkeiten, die hier schon gegeben worden sind -
folgende Möglichkeiten in Betracht ziehen.

Zunächst einmal dürften es wahrscheinlich keine Roma gewesen
sein. Ihre Romanes-Dialekten weisen nicht so viele deutsche
Lehnwörter auf wie das Romanes (Sintetikes) der Sinti. Es
könnten also vielleicht Sinti gewesen sein.

Romanes hatte ich auch schon ausgeschlossen.

Dann gibt es aber auch noch andere „Fahrende“ (meist jetzt
auch schon seßhaft), die unter dem Namen Jenische (manchmal
sogenannte „weiße Zigeuner“) zusammengefaßt werden und einen
Jargon sprechen (wenn sie das überhaupt noch tun), der eine
Mischung aus Romanes, Jiddisch, regionalen Dialektwörtern mit
einer (mehr oder weniger) deutschen Grammatik darstellt.

Es könnte durchaus Jenisch gewesen sein. Danke für den Tip! Das hatte ich ziemlich schnell verworfen, da ich immer geglaubt hatte, dass es Jenische überwiegend in Süddeutschland, Schweiz und Österreich gibt. Hier ein Textbeispiel, das ich auf einer Jenischen Website gefunden habe:

Schupfte Fisel, schupfte
Daß di dr Koberer net spannt!
Dr Koberer hat a Mößle
Dia hauret dof, isch quant isch quant

Schließlich wäre eventuell noch an Jiddisch zu denken, was
aber möglicherweise nicht zu dem „outfit“ der Sprecherinnen
paßte.

Jiddisch hätte ich wahrscheinlich als erkannt.
Textbeispiel:
„Farvoss farmacht der hon die oigen ven er krayt?“ „Veil er kenn ess off oisenvaynig!“(„warum schließt der Hahn die Augen, wenn er kräht?“ „Weil er es auswendig kann!“)

Schönen Gruß
Stoff-Ede

Guten Abend,

Romanes hatte ich auch schon ausgeschlossen.

Auch das Sintetikes ist Romanes und wird auch so von den Sinti bezeichnet. Manche Roma sagen Romane statt Romanes.

Es könnte durchaus Jenisch gewesen sein. Danke für den Tip!
Das hatte ich ziemlich schnell verworfen, da ich immer
geglaubt hatte, dass es Jenische überwiegend in
Süddeutschland, Schweiz und Österreich gibt.

Das ist richtig, im Norden Deutschlands scheinen Jenische traditionell nicht ansässig gewesen zu sein, doch gibt es natürlich noch reisende Jenische, die wahrscheinlich auch keine Scheu [:smile:] haben, mal in den Norden zu fahren.

viele Grüße aus Köln

Rüdiger