Sprachenstreit in Belgien

Sprachenstreit in Belgien

Ich weiß, Europa hat jetzt größere Sorgen, wie z. B. Griechenland.

Was mich aber interessiert: In Belgien hält der Sprachenstreit an.
Nun gibt es ja mehr mehrsprachige Länder als Belgien, z. B. die Schweiz.
Was machen die Schweizer besser, als die Belgier?

Servus
Herbert

Servus,

die Schweizer kümmern sich darum Minarette zu verbieten und die Hochdeutsche Sprache zu verbieten…

die Belgier tun das nicht und brauen eben ihr eigenes Bier in Sachen Sprache :wink:

mfg,

Hanzo

Hallo Herbert.

Was machen die Schweizer besser, als die Belgier?

Für diese Frage kenne ich die Schweiz nicht gut genug, um dieses beantworten zu können. Aber das Problem in Belgien ist, dass es eigentlich eben kein mehrsprachiges Land ist, sondern ein Land welches aufgeteilt ist in verschiedene Regionen, in welchen unterschiedliche Sprachen gesprochen werden.

Sicherlich bemüht man sich, dass alle auch die anderen Landessprachen sprachen, aber dieses ist z. B. in Walonien keine Pflicht in der Schule.

Und diese Aufteilung geht eben auch so weit, dass es keine landesweiten Partein gibt, sondern jede Region ihre ganz eigenen Parteien hat. Es gibt also z. B. in Walonien und in Flandern zwei unterschiedliche grüne Parteien usw.

Hierdurch muss die föderale Regierung (Bund) nicht nur die verschiedenen politischen Lager einigen, sondern eben auch noch die verschiedenen Regionen und wenn hier eine Seite das Gefühl hat benachteiligt zu werden, kann sie hier auch Prozesse starten, welche erst einmal alles blockieren.

Genau diese Situation besteht nun in Belgien, dass es hier einen Wahlkreis gibt, welcher schlecht aufgeteilt ist. Der Wahlkreis fast das zweisprachige Brüssel und die flämische Region um Brüssel zusammen. Hierdurch können Menschen in dem flämischen Teil des Wahlkreis walonische Parteien wählen können, wodurch diese bevorteilt werden. Darum hat das oberste Gericht dieses für ungesetzlich erklärt und ebenso jede weitere Wahl welche darauf aufbaut auch.

Die Flamen wollen nun diesen Wahlkreis einfach aufteilen, so dass dieses Problem nicht mehr besteht, was an sich auch recht logisch und einfach ist. Nur würden hierdurch die Walonen benachteiligt (da die jetzige Begünstigung abgeschafft wird), weswegen diese hierfür einen Ausgleich fordern. Hierzu gibt es zahlreiche Kompromisvorschläge, welche bislang alle von walonischer Seite abgelehnt wurden. Die Flamen sind dieses leid, wollen nun abstimmen (Koaliationsvertag legte hier klare Daten fest), die Walonen wollen aber bei einer Abstimmung obigen Prozess starten.

Hieran ist dann die Regierung zerbrochen und nach beligischem Gesetz kann nun auch nicht einfach eine andere Regierung gebildet werden oder eine Minderheitsregierung, weil diese nur noch eingeschränkte Befugtheiten hätte. Darum werden wohl Neuwahlen kommen und alles kann von vorne beginnen, da kein Wahlergebnis etwas an obiger Aufteilung ändern kann.

Lösungen für dieses Problem sind entweder die Abschaffung des Föderalismus und ein System ähnlich der BRD oder eben die Aufteilung Beligiens.

Ich weiß, Europa hat jetzt größere Sorgen, wie z. B.
Griechenland.

Allerdings betrifft dieses die EU ebenso, da Belgien demnächst die Ratspräsidentschaft übernimmt und hierzu eine bestehende Regierung bedarf.

Gruss,
Eli

Servus Eli,

danke, das bringt Licht in die Angelegenheit.

Jetzt wären unsere Schweizer Freunde gefragt. Hier wurde ja so viel ich weiß nicht in Regionen aufgeteilt. Und wie ist das mit der Amtssprache? Ich habe jetzt gelesen, dass im wallonischen Teil Belgiens als Amtsprache nur Niederländisch gilt. Das ist doch in der Schweiz nicht so? Und, ich bin mir (fast) sicher, alle Schweizer wählen doch gemeinsame Parteien?
Ich will jetzt unter keinen Umständen werten, aber das scheint mir doch vernünftiger zu sein?

Servus
Herbert

Hallo,

Ich habe jetzt gelesen, dass im
wallonischen Teil Belgiens als Amtsprache nur Niederländisch
gilt.

Andersrum. Wallonien ist der südliche Teil, in dem hauptsächlich französisch gesprochen wird. Vlaanderen ist der nördliche Teil, in dem niederländisch gesprochen wird.

Gruss

Achja, ok, hätte ich wissen müssen
danke
lg
Herbert

Hallo

Und wie ist das
mit der Amtssprache? Ich habe jetzt gelesen, dass im
wallonischen Teil Belgiens als Amtsprache nur Niederländisch
gilt.

Das ist nicht richtig. In Wallonien ist Französisch und in Flandern Niederländisch Amtsprache. In Brüssel beides und im deutschsprachigen Teil Französisch und Deutsch.

Ich will jetzt unter keinen Umständen werten, aber das scheint
mir doch vernünftiger zu sein?

Die Aufteilung in Belgien bestand so schon zur Gründung und vielleicht liegt darin das Problem, dass diese nie überwunden wurde. Neben der Sprache gibt es auch noch andere Punkte, welche sich bezüglich der Regionen unterscheiden.

Gruss,
Eli

Servus Eli,

Hallo

Und wie ist das
mit der Amtssprache? Ich habe jetzt gelesen, dass im
wallonischen Teil Belgiens als Amtsprache nur Niederländisch
gilt.

Das ist nicht richtig. In Wallonien ist Französisch und in
Flandern Niederländisch Amtsprache. In Brüssel beides und im
deutschsprachigen Teil Französisch und Deutsch.

Verzeihung, natürlich richtig. Ich bin halt ein Legasteniker -so versuch ich mich rauszureden :wink:

Ich will jetzt unter keinen Umständen werten, aber das scheint
mir doch vernünftiger zu sein?

Die Aufteilung in Belgien bestand so schon zur Gründung und
vielleicht liegt darin das Problem, dass diese nie überwunden
wurde.

Ja, war schon immer so… da liegt vielleicht tatsächlich das Problem.

Neben der Sprache gibt es auch noch andere Punkte,
welche sich bezüglich der Regionen unterscheiden.

Und ich glaube schon zu wissen: die Rechten spielen die Unterschiede so lange hoch bis sie für die Leute zu Problemen werden…

Servus
da Herbie

Gruss,
Eli

Hallo Herbert,

Nun gibt es ja mehr mehrsprachige Länder als Belgien, z. B.
die Schweiz.
Was machen die Schweizer besser, als die Belgier?

Das kann man so ganz einfach nicht sagen. Es scheint, als ob in Belgien der Konflikt zwischen den Wallonen und den Flamen schon eine lange Zeit schwelt und das führt dann zu gegenseitigem Misstrauen, das über Generationen hinweg weitergegeben wird. Die Wallonen und die Flamen kamen eigentlich als eine Art Zweckgemeinschaft zusammen um sich während der Belgischen Revolution vom Königreich Niederlande freizusagen, mehr im Detail hier.

http://de.wikipedia.org/wiki/Belgische_Revolution

Mir als Schweizerin kommt es schon ein wenig Spanisch vor wenn ich lese, dass in den flämischen Gebieten die Kinder schon ab der 1. Klasse Französisch lernen, in den wallonischen Gebieten jedoch kein Niederländisch. Das wäre in der Schweiz undenkbar, okay, die Romands sind zwar in der Regel auch etwas zögerlicher, wenn es um’s Deutsch lernen geht, aber das gleicht sich dann wieder aus, weil die deutschsprachigen mehr Französisch lernen (verallgemeinert gesagt natürlich). Irgendwie rauft man sich immer zusammen, aber wir haben in der Schweiz eben auch keine so tiefgehenden historischen Konflikte erlebt.

Übrigens gibt es in der Schweiz auch keine unterschiedlichen ethnischen „Volksgruppen“ wie in Belgien, es gibt nur unterschiedliche Sprachregionen. Gut, wir Deutschschweizer nennen die Romands die „Welschen“, und die Tessiner nennen uns die „Zuchettis“ (lol), aber das sind mehr Kosenamen und keine definierten Volksstämme.

Gruss, Mirea

In der Schweiz gibt es noch die Rätoromanische Bevölkerung. Diese sind als Minderheit wie die Sorben in Sachsen eben schon geschützt.

Gruezi Mirea,
danke, das ist echt lehrreich. Ich musste mir die Seite dreimal durchlesen bis ich den Durchblick hatte.
Darf ich fragen, welche Sprachen Du gelernt hast?
Im Übrigen halte ich ‚unterschiedliche ethnische Volksgruppen’ für wesentlich konfliktbeladener als ‚unterschiedliche Sprachregionen’.
Achja, was heißt Zuchettis?
Servus und Gruezi
Herbert

Hallo Herbert,

ja das denke ich auch, in den meisten Ländern in denen solche Konflikte entstehen ist historisch mal irgendwann etwas zwischen den beteiligten „Volksgruppen“ passiert. Unterschiedliche Sprachen spielen dabei wohl eher selten eine Rolle, siehe Irland z.B.

Darf ich fragen, welche Sprachen Du gelernt hast?

Ich bin direkt neben der deutsch-französischen Sprachgrenze aufgewachsen und bekam Deutsch und Französisch so mit. Italienisch und Englisch dann in der Schule.

Zuchettis ist das Synomym für Zucchini also dieses längliche grüne Gemüse :wink:. Wie die Tessiner auf diesen Spitznamen kamen bin ich mir nicht sicher, aber ich tippe mal weil es sich ein bisschen nach Zurigo=Zürich anhört.

Gruss, Mirea

Gruezi Mirea,

danke, ich glaube dass hier viel von der Politik (gewöhnlich von den Rechten) hochgespielt wird. Wir in Österreich haben ja auch Sprachminderheiten.
http://de.wikipedia.org/wiki/Minderheitensprachen_in…
Während aber z. B. im Burgenland, wo die Rechten nie eine große Rolle spielten, es kaum Konflikte gibt, gab und gibt es diese in Kärnten sehr wohl. Hier war ja auch Jörg Haider lange Zeit Landeshauptmann (Ministerpräsident). Hier wird noch immer von den Rechten der Konflikt am Köcheln gehalten. Das bringt Stimmen.
Siehe weiter unten
‚Regelungen zu topographischen Aufschriften’

Gruezi und Servus
Herbert

Hallo Herbert

Zwei Regionen, in denen - säuberlich getrennt - zwei Sprachen gesprochen wurden und werden (nehme ich mal an), hat man zu einem Land zusammengefügt - Belgien.

Auf dem Gebiet der heutigen Schweiz haben sich aber schon seit jeher die unterschiedlichsten Völker getummelt und zum Teil vermischt: Römer, Gallo-Romanen, Kelten, Germanen, Gothen, Alamannen, Hunnen, Burgunder und wer weiss was für welche noch. Zudem wurden alle diese Regionen unter die welchsende Herrschaft der geschichtlich relevanten weltlichen und kirchlichen Fürsten Europas gestellt. Es gab schon sehr früh keinen, der sich Einsprachigkeit erlauben durfte.

Falls Du Französisch kannst (E siehe rechts), empfehle ich Dir diese Website: http://www.memo.fr/article.asp?ID=PAY_SUI_MOY_000 - und vor allem - 001.

Auf Deutsch:
http://www.geschichte-schweiz.ch/ - siehe unten, Zeitmap / Chronologie

http://www.swissworld.org/de/

Die heutige Situation wird auf dieser Seite wiedergegeben:
http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D24596.php

„Die Geschichte der Schweiz“ meint auch immer „Die Geschichte Europas“. Du erfährst hiermit also nicht einfach etwas vom Werdegang eines exotischen Kleinstaates, sondern von einem Gebiet mittendrin im Geschehen.

Dass die Deutschschweizer ein etwas verkrampftes Verhältnis zum Hochdeutschen haben, kommt daher, dass es ausschliesslich zum Schreiben verwendet wird, sozusagen als Brücke zum grossen Deutschland.

Deutsch ist für die Deutschschweizer aber das, was sie beim Grenzübertritt (bei den traditionellen Einkaufstouren nach Deutschland) zu hören bekommen – überhaupt nichts Fremdes. Sie können getrost bei ihrer Mundart bleiben. Sie verstehen und werden verstanden. DAS bedeutet für sie Deutsch bzw. Deutschland. Deshalb heissen bei den Schweizern ALLE Deutschen im Volksmund „Die Schwaben“.

Meine eigene Mutter war auch Deutsche, hat aber ihrer Lebtag nie Hochdeutsch gesprochen, wozu auch!

Es lebe die Vielfalt!

Gruss: Maggie

Gruezi und Servus Maggie,

danke für die erhellende Auskunft :smile:

im übrigen, ‚in Vielfalt vereint’ wäre auch ein gutes Motto für Österreich, nur dass die meisten unserer Vorfahren ihre alte Sprache nicht weitergegeben haben. Auf jeden Fall ist es doch auch ein Motto für Europa?

Gruezi und Servus
Herbert

Hallo Mirea
Bin auch nahe der deutsch-französischen Sprachgrenze aufgewachsen.

Lange Zeit arbeitete ich in Graubünden. Wir hatten Mitarbeiter aus verschiedenen Gegenden Italiens. Die nannten - mehr oder weniger liebevoll - ALLE Deutschsprachigen Zucchini. :wink:

Maggie

Was haben die Schweizer besser gemacht?

Hoi Herbert

… nicht spotten, Herbert! Ich musste das doch auch alles erst nachlesen, da ich in der Schule oft nicht aufgepasst hatte.

Was ich einfach sagen wollte: Die Schweizer haben nichts besser gemacht; es ergab sich so aus der Geschichte.

Es grüsst: Maggie

Gruezi Maggie,

wie? Ich spotte nicht, zumindest nicht absichtlich :smile:

Nein, im Ernst, ich fand Deine Auskunft wirklich gut.
Und wenn die Schweizer was besser gemacht haben, dann dass sie in diesem Fall nichts verbockt haben. Und dafür gibt es genug Möglichkeiten, wie wir z. B. in Belgien oder in Kärnten (Kärntner Slowenen mit ihren Ortstafeln) sehen. Auch die Burgenländer haben – nichts, und damit es gut gemacht.

Gruezi und Servus
Herbert